19. Juni 2013

Gefährliche Zwerge - Radampeln

Nach meinen Erfahrungen gehören diese Spielzeugampeln für Radfahrer zum Gefährlichsten, was die die Verkehrsplanung für uns bereit hält. Das ist eine Entwicklung, die man dringend überdenken sollte.

Ampeln sind an sich das, was ein Radfahrer am meisten hasst. Denn er oder sie muss halten und den Fuß abstellen. (Autofahrer bleiben an Ampeln ja immer gemütlich sitzen.) Bei Radfahrern ist das Halten bei Normalhöhe des Sattels ein kleiner Balanceakt, weil man auf der Fußspitze steht.

Aber das ist das kleinere Problem. Das größere ist, dass es drei Sorten von Ampeln für Radler gibt. Radler müssen ihr Konzept ständig ändern, manchmal an derselben Kreuzungsanlage. Mal agieren sie als Fußgänger, mal als Radler. Und am sichersten sind sie, wenn Sie wie ein Auto agieren dürfen und Autoampeln auch für sie gelten.

Mit Haltering. Man sieht die Ampel kaum, wenn
man sich da festhält. Eine Fehlkonstruktion
Die eine Ampelsorte ist uns sehr vertraut: nämlich die Fußgängerampel. Und neuerdings tauchen auf ihnen jetzt auch über dem Männchen ein Rädchen auf. Wir wissen, wir sind mitgemeint.

Entscheidend aber: Die Fußgängerampel schickt uns ihr Signal (Halt/Fahren) von der anderen Straßenseite herüber. Ich schaue also vom Bordstein hinüber und stürze los, sobald da was grün wird.

Wenn ich das an einer Radwegampel mache, bin ich im Zweifelsfall tot. Denn Radwegampeln stehen auf meiner Seite, dort wo ich warten soll. Ist sie rot, aber weiter hinten auf der anderen Seite was grün, und fahre ich los, weil ich wie ein Fußgänger denke (was ich ja meistens tun muss), dann erwischt mich der Autoverkehr. Das ist beispielsweise hier am Stuttgarter Wilehlmsplatz schon kritisch. Ich muss den Kopf in den Nacken legen und auf meine Ampel schauen (siehe Bild). Während gegenüber das Rädchen auf der Radampel noch grün ist. Die Grünphase der Ampel über mir dauert genau eine Sekunde. Dann ist sie wieder rot. Viele Radler nehmen darum den parallelen Fußgängerüberweg und schleusen sich nach gewohntem Muster durch die einzelnen Phasen hinüber.

Lebensgefährlich ist es am Wilhelmsplatz in Cannstatt, wenn man von der König-Karl-Brücke her kommt und sich noch nicht auskennt.

Man wurstelt sich vom Radweg auf den Gehweg, der unter der Eisenbahnbrücke hindurch führt, kapiert entweder, dass man die Bussspur auf der Busspur nehmen darf oder schlängelt sich weiter auf dem Gehweg durch Passanten und landet an der Ampelanlage.

Schaue ich im Fußgängermodus nach drüben, habe ich Grün. Aber da steht rechts noch eine kleine Ampel, und die hat Rot. Beim ersten Mal bin ich hier losgefahren und wäre fast von einem Lastwagen erwischt worden.


Wenn Sie das Foto mit einem Mausklick vergrößern, sehen Sie neben dem Plakat zum Blutspenden die grüne Radampel. Reagiert man im Fußgängermodus, fährt man jetzt los. Die kleine Ampel am Gehweg auf der eigenen Seite, sieht man nur rechtzeitig, wenn man auf der Bussspur angefahren ist. Kommt man vom Gehweg, übersieht man sie leicht. Sie steht aber auch für den Radler, der vom Radweg her kommt nicht wirklich im Blickfeld. Er schaut eher links hinüber. Sehr gefährlich.

Die kleinen Radlerampeln stehen in der Regel viel zu dicht neben mir, manchmal hängen sie auch irgendwo an der Seite, wo halt gerade sowieso ein Ampelpfosten ist. Oft muss man sie kennen, um sie zu sehen. Die großen hängen dagegen viel zu hoch. Übrigens sind die Grünphasen von Radlerampeln blitzkurz. 

Die Ampel steht nicht im Blickfeld des Radlers. Er muss
extra nach rechts schauen, obwohl er geradeaus will. 
Am Wilhelmsplatz in Stuttgart dauert sie eine Sekunde. Man kommt nur bei Grün hinüber, wenn man bereits gewartet hat und schnell antritt. Aus Sichtentfernung eilig heranradeln klappt nicht. (Wobei alle anderen Ampeln übrigens noch grün sind, nur eben die an meinem Startbordstein nicht.) Die meisten Radler nehmen entweder gleich die Ampeln am parallelen Fußgängerüberweg, oder sie fahren forsch bei Rot auf den Radweg, schauen nach dem Autoverkehr und fahren die lange Strecke hinüber.

Radfahrer bleiben geistig rege, denn sie müssen immer wieder das Konzept ändern. Oben sind sie Radler mit eigenen Verkehrszeichen, links Fußgänger und unten Radfahrer im Automodus. 

Radampeln sind gefährlich

  • weil sie irgendwo an Masten angebracht werden, statt genau dort, wo der Radler sie sehen muss.
  • weil man meist viel zu dicht neben ihnen warten muss
  • weil man hochschauen muss
  • weil sie von Schildern verdeckt werden
  • weil die gesamte Verkehrslage und ihre  Funktion unklar ist (siehe unten)
  • weil sie den Radler in falscher Sicherheit wiegen können
  • weil ihre Grünphase blitzkurz ist
  • weil die parallelen Fußgängerüberwege während er Rad-Rot-Phase oft mehrmals grün bekommen 
  • weil sie im Grün-Umlauf einer Kreuzung dem Autoverkehr immer nachgeordnet sind, anders übrigens als heute schon so mancher Fußgängerüberweg. 

Und bei dieser Ampel an der Ausfahrt aus der Nordbahnhofstraße über die Pragstraße Richtung Löwentorstraße sieht man so gut wie gar nicht, ob rot ist, wenn abends oder am Spätnachmittag die Sonne drauf scheint. Alle Flächen leuchten gleichmäßig. Erst, wenn es grün wird, erkennt man, was vorher angezeigt war.




Zu den unsichtbaren Radampeln gehört auch diese hier, die mitten auf der König-Karl-Brücke steht und den Überweg der Fußgänger zu Stadtbahnhaltestelle regeln soll. Radelt man Richtung Cannstatt, so ist die im Autoformat gestaltete Radampel lange Zeit hinter Schildern versteckt. Man sieht sie eigentich erst, wenn man am Fußgängerüberweg schon gehalten haben sollte. Wenn Fußgänger kreuzen achtet man eher auf sie, als auf die zu weit oben hängende Ampel.

Eine besonders gefährliche Radampel steht in Möhringen an der Rembrandt Straße beim Kaufland Möhringen (Fotos unten.) Nähert man sich ihr auf dem Radschutzstreifen, der an der Stadtbahnhaltestelle Riedsee beginnt, ist sie vermutlich unmissverständlich. Sie steht am Fußgängerüberweg. Vermutlich hat man sie eingerichtet, damit die zu bestimmten Zeiten massenhaft dort entlang radelnden Schüler halten, wenn die Fußgänger grün bekommen haben. So wie der Radler mit Hund es hier macht.

Anders als sonst, steht diese wie üblich spielzeugkleine Radlerampel nicht am Anfang des Geschehens, also an der Haltelinie, sondern etwas weiter weg, auf halber Strecke im Fußgängerüberweg. Man hat keinen Extramasten für die Radlerampel aufstellen wollen und sie am Masten für die hohen Auto-Fahrerampeln angebracht. (Und wieder haben wir es mit einer Konzeptänderung für uns Radler zu tun. Die Radlerampel spielt Autoampel.)
Auf diesen Radweg gelangt man nicht so ohne weiteres, wenn man von Sonnenberg her kommt. Ein  Z-Übergang an der Stadtbahnhaltestelle bei der Tailfinger Str. legt es einem nahe, die Propststraße rechtsseitig der Schienen geradeaus weiter zu fahren und erst später auf die Rembrandtstraße einzuschwenken. 

Mit diesem Blick (Foto rechts) fährt man auf diese Ampelanlage mit der Radlerampel zu. Überall sind Radzeichen im Gehweg. Zudem wird gebaut.

Ich dachte erst: Das ist aber mal intelligent - na ja zum Schutz der Schüler/innen -, die Ampel stoppt die Autofahrer und hilft mir als Radler hier auf die Straße oder gar hinüber.

Ein gefährlicher Irrtum. Bei Rot halte ich, bei Grün fahre ich. Doch bei Grün starten auch die Autofahrer, und ich starte genau vor ihre Kühler. 

Ich kann mir nicht erklären, warum das nicht ständig passiert. Vermutlich liegt es daran, dass die Schüler/innen die Ampel kennen, die Möhringer Radler auch. Und dass die meiste ehe auf dem Gehweg fahren und gar nicht auf die Straße wollen. Fremde aber haben keine Chance, es sei denn, sie ignorieren konsequent solche kleinen Radweg-Features und bleiben auf dem Gehweg. Auch dort, wo es dann nicht mehr erlaubt ist. 

Viele Features speziell für Radfahrer versteht man erst, nachdem man die Strecke mehrmals gefahren ist. Auf Anhieb versteht man vieles nicht. Und das ist saugefährlich im Straßenverkehr. 


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