20. Juni 2013

Was zum Festhalten

Stuttgart hat was Nettes für Radfahrer, um ihnen das Halten an roten Ampeln zu erleichtern: Die Halteringe am Ampelmasten. 

Man kann an allem rummäkeln, auch daran. Eigentlich ganz schön, wenn auch - schlimmer noch als eine Türklinke - sehr abgegriffen. Man möchte vielleicht doch lieber nur mit Handschuhen zufassen oder ist hygienetechnisch sehr unerschrocken. Anderseits fasst man in der Straßenbahn auch alles an.

Und man muss sich auf dem Rad schon leidlich sicher sein, wenn man sie benutzen will. Denn in der Regel stehen sie sehr weit vorn am Bordstein. Das heißt: Hinfahren, bremsen, zufassen und Totalstopp. Sonst ist man mit dem Vorderrad auf der Fahrbahn draußen. Und wenn man sich am Haltering installiert hat, sieht man oft die Radampel nicht mehr richtig, so wie hier am Rosensteinbunker, weil man ja mit der Schulter neben dem Masten ist.
Außerdem sollte ich bei dieser Ampel mit Rechts zugreifen und parallel zum Bordstein bleiben. Daraus ergibt sich ein zweites Problem. Der Zug für meine Hinterradbremse ist an meinem rechten Lenkergriff. Ich möchte den Haltering also linker Hand haben, damit ich mit der anderen Hand an der Bremse den Stopp vollziehen kann. Aber diese Halteringe sind nur zufällig links. Sie werden ja nicht für uns Radfahrer aufgestellt, sondern nur an die Masten geschweißt, die es halt schon gibt. Mal rechts, mal links.

Und manchmal ist darunter mit Drücker für die Ampel. Auch ein schöner Balanceakt: bremsen, mit der Hand auf den Drücker schlagen, dann schnell den Ring ergreifen, gleichzeitig Totalstopp und nicht über den Bordstein rausschießen.

Wobei der Fußgänger die Ringe offensichtlich auch ganz bequem findet. Und weil Fußgänger hinten keine Augen haben und an Ampeln sowieso keine Radfahrer wahrnehmen, hat der auch nicht gemerkt, dass ich genau hinter ihm auf meinem Radweg stehe.

Lieber wäre es mir, ich müsste nicht die Hand vom Lenker nehmen. Ich ziehe Wartepositionen vor, bei denen ich den Fuß auf einen Bordstein oder auf den Rand eines Blumenkübels oder eine Treppe - oder was auch immer erhöht ist - stellen kann. Das ist auch die wesentlich stabilere Position beim Warten.

Ich ahne aber, warum wir in Stuttgart diese schicken Haltegriffe haben. Weil nämlich der, der das durchgesetzt hat, als Rennrad-Fahrer denkt und fühlt. Rennradler nehmen ihre Füße ungern von den Pedalen, denn sie haben die Schuhe dort eingerastet. Wenn sie starten, müssen sie mit dem Fuß die genaue Position erst wieder finden und den Schuh neu einrasten.

Merke: Der Radfahrer, den die Stadt ernst nimmt, ist männlich und sportlich.

Aber ich bin weiblich, sportlich und in der Stadt Pedelecfahrerin. Ich hätte gern statt etwas Ekligem zum Festhalten doch lieber was zum Fußabstellen. Kleine Bordsteine für Radlerfüße sind vermutlich auch viel billiger. Man muss es ja nicht gleich so schön machen wie die Stadt Kopenhagen.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen