25. Juni 2014

Wenn man anfängt nachzudenken

So manche Streckenführungen werfen Rätsel auf, wenn man mal anfängt, darüber nachzudenken, wer hier eigentlich Vorrang hat. 

Es gibt - hier in Wangen im Allgäu gesehen - ja diesen Zwang für Radler, auf Gehwegen zu fahren. Um die Autofahrer zu warnen, zieht man dann eine rote Radspur quer über eine einmündende Straße.

Radler, die entlang er Vorfahrtstraße geradeaus wollen, haben hier eindeutig Vorrang, so wie übrigens auch Fußgänger. Abbiegende Fahrzeuge müssen acht geben und warten.



Was ist aber mit dem Autofahrer der aus der Straße von rechts kommt? Wo ist seine Haltelinie? Und müssen Radfahrer, die auf dem Gehweg fahren und nun eigentlich am Bordstein warten oder nicht? (Sie fahren ja parallel zur Vorfahrtstraße) Fußgänger müssten warten und den Autofahrer vorfahren und hinausfahren lassen. Aber Radler auch? Sind sie hier Fußgänger oder Radfahrer?
Der Autofahrer sieht die rote Radspur. Der Radler sieht sie auch. Wie werden sich beide nun entscheiden? Und was ist richtig? Der Radler fährt dem Auto vor den Kühler? Der Autofahrer fährt über die rote Radspur vor, damit er in die Kreuzung hineinblicken und abbiegen kann? Der Fußgänger wartet, der Radler donnert dem Autofahrer fluchend in die Seitentür.

Wenn hier jemand eine Antwort aus der Straßenverkehrsordnung präsentieren kann, ich nehme sie gerne. Aber selbst, wenn es eine eindeutige Antwort gibt: Man sieht hier die enorme Schwäche von Radführungen über Gehwege. Sie zwingen den Radler sich zu entscheiden, ob er sich an bestimmten Ecken wie ein Fußgänger benehmen muss (hier warten) oder wie ein Radler, der sich auf roter Spur im Vorrang wähnt.

Kommt der Radler auf eine Radspur auf der Fahrbahn, scheint alles eindeutiger, sofern er sich auf einer Vorfahrtsstraße befindet. Fährt er auf dem Fußgweg in Fahrtrichtung links, so sieht er sich dem Problem erneut gegenüber. Er kommt als Fußgänger und muss als Fußgänger auf dem Gehweg weiter, denn auf der linksseitigen Radspur sollte er definitiv nicht radeln. (Hier ist der Gehweg linksseitig in Fahrtrichtung übrigens nicht freigegeben. Er wird aber trotzdem beradelt. Wer sieht schon das Fehlen eines Schilds, wenn er eine rote Radspur sieht?)

Solche Regelungen sind auch deshalb schlecht, weil sie die Pfadfindermentalität des Radlers fördern. Er muss sich selber denken, was richtig ist, er schlängelt sich durch und hinterlässt konsternierte Autofahrer, die auch nicht so genau wissen, wie hier die Regel lautet.

Hier in Degerloch (Jahnstraße Einmündung Reutlinger Straße) Richtung Fernsehturm scheint alles total klar. Denn es gibt eine Ampel. Radler teilen sich das Ampelsignal mit den Fußgängern. Wenn beide Rot haben, müssen beide warten.

Aber wie sieht das aus, wenn die Ampelanlage mal ausfällt? Fußgänger würden immer warten, denn sie laufen auf dem Gehweg, sie kriegen nicht mit, dass sie sich an einer Vorfahrtsstraße entlanggehen und die Autofahrer aus der Reutlinger Straße ein Vorfahrt-achten-Schild haben. Aber der Radler? Fährt er auf der Fahrbahn, was er darf, denn der Gehweg ist kein verpflichtender Radweg, ist die Situation für ihn klar. Er darf fahren, er befindet sich auf einer Vorfahrtsstraße. Kommt er auf dem Gehweg und fährt auf die Fahrbahn, ist er dann wie die parallel fahrenden Autofahrer vorfahtsberechtigt den Autofahrern aus der Reutlinger Straße gegenüber oder nicht? Ist er hier Fußgänger oder Radfahrer. Und was bedeutet dann letztlich der rote Radstreifen für die Autofahrer, die aus der Reutlinger Straße kommen? Radfahrer vorbeilassen oder eben gar nichts?

Mein Vorschlag: Nie wieder solche Mischungen aus Gehweg-Radführungen und roten Radstreifen über Straßeneinmündungen anlegen! Die sind nicht nur unklar, sie sind auch gefährlich für Radfahrer, die vom Gehweg kommend hier geradeaus wollen. Sie sind zu schnell, als das der hier abbiegende Autofahrer sie sieht. Das sind genau die wirklich gefährlichen Stellen für Radler.

Radfahrer gehören auf die Fahrbahn, dann ist alles eindeutig, und sie werden von Autofahrern auch gesehen.

Und hier die Antwort, die mir Joachim in Facebook gegeben hat: Der Vorrang des Radfahrers ergebe sich aus dem Verkehrszeichen 205 ("Vorfahrt achten"), welches den Autofahrer aus der untergeordneten Straße heraus verpflichtet, die Vorfahrt des Radfahrers zu beachten. Dabei sei es nicht erheblich, ob der Radfahrer auf der Fahrbahn, einem benutzungspflichtigem Radweg oder dem "Gehweg, Radfahrer frei" unterwegs ist. Das Zeichen 205 regele die Vorfahrt von Fahrzeugen aller Art. " ADFC

Damit ist also klar, Fußgänger müssen warten, Radfahrer nicht. Ich würde aber trotzdem empfehlen, auf den Autoverkehr zu achten.

4 Kommentare:

  1. Radfahrer sind Radfahrer, Fußgänger sind Fußgänger. Was soll also die Frage? Radfahrer, die auf einer Vorfahrtstraße fahren, haben Vorfahrt. Die rote Farbe bedeutet nichts, außer dass hier vielleicht schon häufiger gekracht hat und man hier besser nicht radfahren sollte.
    Radspuren auf der Fahrbahn gibt es nicht. Das Ding auf dem 3. Bild ist ein Radfahrstreifen, verläuft zwischen der Fahrbahn und dem Gehweg. Gehört zu der miesen Sorte, welche zu Gehwegradlerei verleitet und daher Konflikte mit Fußgängern schürt.

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  2. Ja, schon. Aber dieser Sicherheitsstreifen verbindet halt zwei Gehwegteile. Da stellt sich schon die Frage, wer Schuld hat, wenn es kracht. Ich bin ja nun auch bekanntermaßen gar kein Fan einer solchen Regelung. Und wenn man darüber nachdenkt, ist sie nicht nur gefährlich, sondern auch juristisch mit dem gesunden Menschenverstand nicht durchschaubar. Beim besten Willen nicht. Deshalb: Radler müssen runter auf die Fahrbahn.

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  3. Die Streifen heißen Radfurten, die abgebildeten gehören zur jeweiligen Vorfahrtstraße. Daher haben Radfahrer hier die normalen Vorfahrt- und Vorrangregeln zu beachten. Zweck soll sein, die i.A. spärlich beleuchteten Radler zu führen und den nachrangigen Querverkehr darauf hinweisen, dass hier bereits vorfahrtberechtigte Radfahrer kommen können. An besonders gefährlichen Stellen (z.B. Geisterfahrwege) werden sie zusätzlich rot angefärbt.

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    1. Vielen Dank. FB-Leser hat mir auch die Antwort gegeben, die besagt, dass Radler fahren dürfen (Fußgänger aber warten müssen). Vermutlich wird es in den meisten Fällen auch so klappen. (Wer denk schon groß nach, beim Fahren.)

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