13. Mai 2015

Radfahren statt Feinstaub

Stuttgart ist Feinstaub-Hauptstadt. Im Grunde weiß jeder, was man dagegen tun kann: weniger Autos in der Stadt, öffentliche Verkehrsmittel und vor allem den Radverkehr fördern. Aber so recht kommen all diese Maßnahmen nicht in Gang. Warum? 

Weil die Maßnahmen im politischen Häckmäck untergehen und mit Vorurteilen abgehakt werden: Grüne gegen Autos, CDU/FDP natürlich dafür. Grüne wollen Parkplätze streichen, CDU pocht auf Autostadt wegen Daimler und Porsche. Schon tobt der Kampf zwischen Radfahrern und Autofahrern. (Interessanterweise kämpft niemand mehr gegen Fußgänger, das gilt als politisch nicht korrekt.) Dabei haben haben wir dasselbe Ziel: Den Autoverkehr in Stuttgart aus dem Stau befreien.

Feinstaubmoloch Neckartor. Trotz Tempoanzeigen
stoppen Autofahrer noch an der Ampel.
Denn jeder Radler ist ein Autofahrer weniger auf Stuttgarts Straßen.

Dazu muss man den Radverkehr aber energisch fördern, sehr energisch. Und man muss auf Radler/innen hören, bevor man irgendwo irgendeinen Radstreifen baut, der gleich wieder versickert. Angebote an Radler, das ist das eine. Aber es wird nicht gehen, ohne es Autofahrern etwas unbequemer zu machen. Dazu gehört eine Reduktion von Parklätzen auf den Straßen der Innenstadt.

Wer wagt sich da jetzt mal ran? Oder haben die Bedürfnisse der Autofahrer/innen immer noch ein unüberwindbar hohes Gewicht?

Im Gedächtnis des www habe ich einen Beschluss aus dem Jahr 2006 der Stadt gefunden, für den Radverkehr zu werben. "Mit einer Informationskampagne lenkt die Landeshauptstadt die Aufmerksamkeit der Bürgerinnen und Bürger auf das Thema Feinstaub. Stadtweit wird ab dem 15. November mit Plakaten und Brücken-Bannern, einem Rathaustransparent, einer neuen Broschüre und vielen Infos im Internet für die Änderung des persönlichen Mobilitätsverhaltens geworben. Die Aktion steht unter dem Motto Stuttgart atmet auf. Der Bürgermeister für Städtebau und Umwelt, Matthias Hahn, und der Bürgermeister für Sicherheit und Ordnung, Dr. Martin Schairer, haben zusammen mit dem Vorstandsprecher der SSB, Dr. Peter Höflinger, dem Geschäftsführer des Verkehrsverbunds Stuttgart (VVS), Dr. Witgar Weber, und dem Geschäftsführer des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS), Dr. Manfred Krieck, im Rathaus den Startschuss zur Kampagne gegeben." Niedlich! Die Links führen alle ins Leere. Irgendwie ist da nichts draus geworden.


Immerhin hat sich die Zahl der Radler/innen in Stuttgart wohl vor allem wegen des Pedelec-Booms deutlich vermehrt. Man erkennt das Bedürfnis vieler gut situierter Stuttgarter/innen, mit dem Rad zu fahren. Dank der Elektromotoren ist das endlich problemlos möglich. Auch die Radrouten (Radwege, Radstreifen, Sicherheitsstreifen, Beschilderung etc.) sind besser geworden.

Kretschmann: "Fahrrad birgt ein gewaltiges Potential", schreibt der ADFC über seine Landesversammlung: „Das Fahrrad ist schon lange nicht mehr der langsame Drahtesel, mit dem man sich durch den Straßenverkehr quält. In Baden-Württembergs Straßenverkehr fahren zehn Millionen Räder neben sechs Millionen Pkw“, so Ministerpräsident Winfried Kretschmann. „Das Fahrrad birgt ein gewaltiges Potential, um Feinstaub und Staus, CO2 und Lärm deutlich zu reduzieren und die allgemeine Lebensqualität zu heben. Radpolitik hat einen zentralen Stellenwert zur Verbesserung des Verkehrsgeschehens, für dessen Kosten und dessen Folgen. Wir brauchen keine autogerechte, sondern eine verkehrsgerechte Stadt durch die Verknüpfung aller Verkehrsträger.“
Nach meiner Beobachtung hindert viele am Radfahren in Stuttgart allerdings immer noch:
  • die Angst vor dem Autoverkehr und der Mangel an sichtbaren Radspuren und Radwegen mit Vorrang vor Autos,
  • der mangelnde Schutz von Radwegen vor parkenden Autos und Fußgängern,
  • der Mangel an durchgängigen und logischen Radrouten durch die Stadt. 
  • Und wer schon viel Rad fährt, beschwert sich über das Chaos im Schlossgarten
Vorgbeigedrängel von Autofahrern. Unnötig. An der nächsten
Ampel trifft man sich wieder.
Radfahren in Stuttgart wird von Leuten, die eher mit dem Auto unterwegs sind, als kompliziert empfunden. Es ist auch kompliziert. Man muss sich gut auskennen, um die geeigneten Wege zu finden. Man muss sich Routen, etwa von Zuhause zur Arbeit, an einem Sonntag erarbeiten. Drauf los fahren im Vertrauen, dass man schon radgemäß durch die Stadt geleitet wird, geht nicht, es sei denn, man radelt schon jahrelang und kennt sich gut aus.

Dringend nötig also:
  • Die Durchgängigkeit und Schlüssigkeit und Markierung der Radrouten und Radwege. 
  • Ampelschaltungen, die der Fortbewegung von Radlern angemessen sein müssen.
  • Mehr Vorrang für Radler (etwa auf der Tübinger Straße / Radhauptoute 1) vor dem Autoverkehr / keine Stoppschilder für Radler). 
  • Innovative Maßnahmen, um den Radverkehr flüssig zu halten: weniger Ampeln, kein Leiten des Radverkehrs über Fußgängreampeln, grüne Welle für Radler, Roll-Stopp-Erlaubnis, Gelber Pfeil
Autos rangieren auf Rad- und Fußweg


10 Kommentare:

  1. Also das letzte Bild "Autos rangieren auf Rad- und Fußweg" ist aber schon etwas aus den Kontext gerissen!

    Das ist eindeutig an der Hofener Straße und somit nicht gerade belastet mit Feinstaub, damit hat sommers bei "Sonntags-Radler-Sperrung" ehr die gegenüberliegende Seite in Münster zu kämpfen!

    Als auch in der Achse der Blickrichtung ist die Ausfahrt vom Ruder- sowie Golfclub. Daher muss der schwarze BWM hier über den Radweg abbiegen!
    Gut der weiße Golf im Hintergrund scheint sich wirklich merkwürdig zu verhalten, aber den Scheinwerfern nach ist dieser zumindest in Bewegung und parkt zum Glück nicht dort nicht. Wie auch immer man sich diesen Platz zum Rangieren aussuchen kann?

    Wann wurde denn dieses "Rangier-Chaos" aufgenommen? Schein ja der Vegetation und dem Licht nach im Herbst oder Winter zu sein. Gehört das Schild rechts der Joggerin zur Golfclub-Eröffnung - also Anfang Okt'14?

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    1. Lieber Anonymus, schön, dass du dich so gut auskennst. Das Foto der Hofener Straße Ausgang Ruderclub ist eigentlich nur ein Beispiel dafür, wie oft Radwege und Radführungen von einem ganz anderen, hier Freizeitverkehr, blockiert werden. Ist klar, dass Autos über den Radweg abbiegen, allerdings sollten sie dabei gucken, ob Radler kommen, und die nicht ausbremsen. Und dieses stehen und den Verkehr abwarten auf dem Radweg, ist auch nicht nötig. Man steht ja auch nicht auf einer Fahrbspur der Fahrbahn, beim Abwarten des Verkehrs.

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  2. Übrigens steht der Weiße Pkw einfach so auf dem Gehweg.

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  3. Die Punkte sind alle richtig. Man könnte aber auch alle Stuttgarter Ölheizungen mit Feinstaubfilter versehen, denn freiwillig macht das Volk hier nichts.

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    1. Man könnte viel machen, allerdings geht es hier ums Radfahren. Und ohne eine Rduktion des Autoverkehrs mit klassischen Verbrennungsmotoren geht gar nichts. Feinstaubfilter (falls es die überhaupt gibt) für Heizungen würden uns nicht retten. Feinstaub haben wir ja auch im Sommer.

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    2. OT, aber trotzdem. Weil wir auch im Sommer Feinstaub haben machen wir im Winter nichts dagegen?
      Ich nutze das Rad ganzjährig und achte außerdem darauf dass ich nicht alle 1-2 Jahre eine Menge Sondermüll produziere (mein MTB ist jetzt 16 Jahre alt, hat ca. 100.000 Kilometer und muss erst jetzt einem neuen Rad einen Teil der Aufmerksamkeit abgeben) in der Zeit wurde lediglich ein Akku für die Beleuchtung dem Recycling zugeführt.
      Aber das erste Mal in 2015 wurde der Höchstwert für Feinstaub wann überschritten?
      Da fahren keine Autos! Also braucht es auch andere Maßnahmen.

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  4. „‚Wir brauchen keine autogerechte, sondern eine verkehrsgerechte Stadt‘“

    Nein, auch die brauchen wir nicht. Wir brauchen eine menschengerechte Stadt.

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    1. Ich möchte einfach nur sagen, dass Du eine wichtige und großartige Arbeit machst. Beste Grüße Stefan K.

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    2. Danke, lieber Stefan. Vermutlich habe ich die besten Blog-Follower in der Blogwelt. Denn ohne euch würde ja auch alles nichts nützen.

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