4. April 2016

Vorfahrt für E-Busse, Räder und Fußgänger

Die neue Mobilität
ist vielfältig und bunt. Das zeigt die Auftaktveranstaltung des Reallabors für nachhaltige Mobilitätskultur der Uni Stuttgart gestern.

Der Tross zog von der Messe Flughafen über den Feuersee zum Marienplatz. Am Nachmittag gab es eine Podiumsdiskussion im Theater Rampe. Themen: Innenstädte ohne Autos schaffen mehr Ruhe, mehr Lebenslust und mehr Kauflaune. Auf einmal sind Kinder und Alte wieder zu sehen. Das soziale Miteinander funktioniert wieder. Menschen reden miteinander. Der lokale Handel blüht.  



Unser Städte, auch Stuttgart, werden vom Auto dominiert. Die Zulassungen nehmen zu. Dabei wird nicht unbedingt mehr gefahren, aber es stehen immer mehr Autos am Straßenrand herum. Autos brauchen sehr viel Platz.


Wir haben die Stadt für die Hälfte der Einwohner praktisch gemacht, in dem wir ihr Albstellflächen zur Verfügung stellen. Fußgänger/innen, Menschen ohne Auto bekommen keinen gleichwertigen Raum in der Öffentlichkeit zugestanden. Sie müssen um die Autos herum gehen.


Die oft genug sogar noch auf dem Fußweg stehen.


Das Parkraumwunder erobert für Passanten einen Platz am Straßenrand zurück und zeigt, dass Autobesitzer wie selbstverständlich davon ausgehen, dass der Straßenrand ihnen gehört und niemandem sonst.

Die Frage, wie man die Autos im öffentlichen Raum reduziert, ist eine der Hauptfragen. Es ist keine Frage mehr, ob wir das möchten. Wir müssen es tun, denn wir müssen CO2 reduzieren.

Dafür müssen wir Prioritäten setzen: Öffentlicher Nahverkehr, E-Autos, E-Taxis, Fußverkehr und Radverkehr brauchen Vorrang vor dem Individualverkehr mit mit Verbrennungsmotor. Ich bin überzeugt, viele Menschen würden ja ihr Auto stehen lassen, wenn sie wüssten, dass sie mit Bus und Bahn schneller vorankommen. Leider steht der Bus bei uns aber mit den Autos im Stau.

Auf Strecken unter 6 km sind sie mit dem Fahrrad immer schneller als alles andere. Aber auch diese Erfahrung muten sich Menschen nur zu, wenn sie vom Auto aus sehen, dass es Radspuren und Radwege gibt, auf denen sie sich sicher fühlen können.
Das heißt: Busspuren schaffen, Radinfrastruktur ausbauen, die Wartezeiten für Fußgänger an Ampeln verkürzen, einen lebens- und liebenswerten, entspannten und autofreien inneren Stadtbezirk schaffen. Alle Erfahrungen zeigen: Davon profitiert der innerstädtische Handel enorm. Nicht der Kofferrau, sondern der Fahrradgepäckträger ist die größte Einkaufstasche.

Beim innerstädtischen Transport spielen Lastenräder und Fahrradkutschen eine große Rolle. Kurze Wege, keine Parkplatzsuche. Allerdings sind die Verwaltungen und mit ihr der Gesetzgeber noch überhaupt nicht darauf vorbereitet, dass es außer dem Auto und dem Zweirad noch weiter Individuelle Verkehrsmittel gibt. Wir brauchen neue Verkehrsregeln. 
Der Personentransport mit Rikschas ist verboten (ein Rad darf keine Erwachsenen transportieren, nur Kinder), und die Radspuren und Radwege sind meist zu schmal und ihre Kurvenführung viel zu eng für Räder mit Kinderanhängern, für Lastender oder eben Rikschas.

Die kann man auch nicht, wie in Stuttgart üblich, mal kurz über Gehwege und Fußgängerampeln schicken. Solche Fahrzeuge brauchen, etwa am Charlottenplatz, die Möglichkeit, auf der Fahrbahn mit den Autos links abzubiegen, was für Fahrräder derzeit verboten ist.
Die können sich nicht über die Fußgängerampeln fädeln.

Hier muss in allen Verwaltungen unserer Städte schnell ein Umdenken einsetzen. Und zwar ganz schnell.

Wir in Stuttgart haben noch nicht einmal eine durchgängige und für Räder durchlässige Fahrradinfrastruktur abgeschlossen, da sehen wir bereits, dass die Dimensionen - etwa die geringe Breite von Radspuren, Sicherheitsstreifen und Radwegen (z.B. am Leuze) nicht ausreichen wird für breitere Räder und die vielen Menschen, die in Stuttgart bereit sind, Waren und Personen mit eigener Muskelkraft und einem Pedelec-Motor zu transportieren. Klar können die Fahrzeuge auf der Fahrbahn fahren: Aber sie kommen beispielsweise nicht durch den Schwanenplatztunnel von Stuttgart nach Cannstatt (nur für Kraftverkehr erlaubt, nicht für Muskelkraftverkehr). Da bleibt ihnen nur der Schlossgarten und enge Z-Übergänge über die Bahn und eine enge Umleitung am Leuze.

Dieser Fahrradbus käme da nicht lang.

Fazit: Es gibt viel zu tun. Der Anfang ist gemacht: Wir reden darüber. Wir müssen noch ganz viel darüber reden. Sehr viel. Es liegt an uns, den Reallabors des Alltags - uns Radfahrer(innen, Fußgänger/innen, Erfinder/innen, uns bekannt zu machen und zu erzählen, welchen Gewinn die Stadt hat, wenn sich weniger Autos durch sie drängen und die Straßenränder in Wände verwandeln.









2 Kommentare:

  1. Bislang kein Kommentar zu diesem Beitrag? Kein Wunder: Es gibt nichts zu nörgeln, nichts zum besserwissen und keine Gelegenheit, sich der kleinkariert obrigkeitsfrömmelnden Paragraphenreiterei hinzugeben. Umso mehr meine Anerkennung für die tolle Sache! Und ganz besonders klasse finde ich das S Pace Parkraumwunder: wirksam, einleuchtend, witzig und großartig. Einen herzlichen Dank an die Macher und an Dich für Deinen leidenschaftlichen Beitrag. Super!

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  2. Danke. Machnmal ist es für mich nicht vorhersehbar, welche Beiträge lange Diskussionen auslösen und welche nicht. Aber bei dem hier, war es vorhersehbar. Wobei es eigentlich schade ist, weil gerade solche Aktionen mehr Verbreitung durch Kommentare etc. bräuchten. Ich werde aber einzelne Themen noch mal aufgreifen. Danke noch mal für deine nette Würdigung.

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