27. Juni 2016

Tödlicher Fahrradunfall in Weilimdorf

Kreisverkehr Möhringen mit Radlerin
Der Unfall hat sich Mitte Juni auf einem Kreisverkehr ereignet. Der Achtzigjährige Radfahrer erlag eine Woche später im Krankenhaus seinen schweren Kopfverletzungen, die er trotz Helm erlitten hatte. 

Die Karte zeigt den Kreisverkehr. Eine Mercedes-Fahrerin (36) fuhr aus der Landauer Straße in den Kreisverkehr ein und hat dem Pedelecfahrer die Vorfahrt genommen. Es goss in Strömen. Der 80-Jähre befand sich schon im Kreisverkehr. Die Autofahrerin erwischte ihn und brachte ihn zu Fall.


Der Kreisverkehr Landauer/Deidesheimer Str. 
Es ist sehr selten, dass in Stuttgart ein Radfahrer zu Tode kommt. Hier hat wohl der starke Regen auch eine Rolle gespielt. Aber das ist keine Entschuldigung für die Autofahrerin. Wenn man wegen verregneter Scheiben nichts sieht (es war Mittag, also hell!), muss zur Not die Scheibe runterkurbeln. Hast und Eile kann tödlich sein, und wenn der Unfallgegner ein Radfahrer ist, dann ist sie für den Radfahrer tödlich. Und so eilig hat man es doch niemals, dass man das Risiko eingehen muss, dass ein anderer stirbt.

Ich weiß nicht, wie dieser Unfall genau abgelaufen ist. Aber nach meinen Erfahrungen gehört der Kreisverkehr zu den gefährlichsten Verkehrsanlagen für Radfahrende. Ich mag sie zwar, weil ich dann nicht an einer Ampel warten muss, aber ich weiß, dass Autofahrende mit Kreisverkehren meist ziemlich überfordert sind. Sie haben immer das Gefühl, sie müssten so schnell wie möglich hineinfahren und vergessen vor lauter Stress oder aus Desinteresse dann das Blinken beim Rausfahren. Und sie können überhaupt nicht beurteilen, ob ein Radfahrer die nächste rausfährt oder seinen Weg um den Kreis herum fortsetzt.

Das zu beurteilen wird für Autofahrende vor allem dann besonders schwer, wenn der Radler auch noch am äußersten Rand des Kreisverkehr fährt. Der Kurs des Radlers ist dann für den Autofahrer nicht mehr vorhersehbar.

Kreisverkehr Niederlande. Foto: Blogleser Christian.
Deshalb, liebe Radfahrende:
Einen Kreisverkehr immer in der Fahrbahnmitte durchfahren. Richtungswechsel zur Ausfahrt anzeigen.

Und liebe Autofahrende:
Langsam machen, wenn ein Radler durch den Kreisverkehr fährt, abwarten, ob er abbiegt oder weiterfährt, und ihn niemals überholen! Blinken vorm Rausfahren! 

21 Kommentare:

  1. Auf meinem Weg zur Kita liegt ebenfalls ein Kreisverkehr. Er ist besonders gefährlich weil dort eine Hauptstraße durch führt und die anderen beiden Ausfahrten on Wohngebiete münden. Ich fahre immer von einem Wohngebiet ins andere, aber viele Autofahrer rechnen kaum damit das man an der Hauptstraße nicht ausfährt. Noch letzte Woche musste ich wieder mal eine Vollbremsung im Kreisverkehr hinlegen weil eine Dame mittleren Alters mich sonst voll abgeschossen hätte als sie mit ca. 40 km/h in den Kreisverkehr einfuhr. Kreisverkehre sollten so gestaltet werden, das man nicht fast gerade durchbrettern kann sondern verlangsamen muss.

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    1. Welcher Kreisverkehr ist das denn?

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    2. https://goo.gl/maps/CneW9rSAAWr

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    3. Oh ja Carsten, das ist auch einer meiner Lieblinge: ich fahre meistens an der 3. Ausfahrt Richtung Wallgraben raus. Die Fahrzeuge von Vaihingen kommen zumeist sehr schnell daher, weil relativ gut überschaubar, sowie baulich möglich (Tunnelausweichroute für LKW) und rechnen überhaupt nicht damit, dass man nicht weiter auf der Möhringer Landstraße fahren will.

      Mein beinahe GAU war bisher auch eine Person mittleren Alters, die es für gar nicht möglich gehalten hat, dass ich nicht zur Hauptstraße hinausfahre, hat daraufhin den Karren abgewürgt und hat mich beim in den Kreisverkehr rollend angebrubbelt "wieso ich so etwas machte".
      Zeitgleich hat noch einer von Vaihingen herkommend gepennt und ist quietschend genau auf dem Zebrastreifen und gerade noch mit Zentimeterabstand zum Vormann zum Stillstand gekommen.
      Ein Glück fahre ich seit meinen nicht so glimpflich aufgegangen Kreisverkehrsunfall bei solchen Kreisverkehren immer bremsbereit und ehr defensiv und lasse mir ggf. auf die Vorfahrt nehmen. Ach ja in der Fahrbahnmitte fahre ich schon ab etwa 10-20m vor Einfahrt in den jeweiligen Kreisverkehr.

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  2. Der Blogbeitrag ist nur komplett wenn auch auf das Victim Blaming der Stuttgarter Zeitung hingewiesen wird: http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.e-bike-unfaelle-pedelec-fahrer-erliegt-seinen-verletzungen.350caab0-4e58-4525-a66b-b5c2e39b1ab3.html

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    1. Ja, es ist typischer Medienblödsinn, auf Schlagworte zu setzen und bei Pedelec und 80-Jährig sofort beides als Unfallursache anzunehmen, obgleich ein Autofahrer Schuld hatte. Dieser Unfall zeigt, wie die anderen auch, dass zu viele Autos in Stuttgart fahren und sie zu schnell sind. Punkt. Pedelecs sind keine Unfallursache, auch ist ihr Tempo in einem Kreisverkehr nicht höher als das eines Normalradlers. Dennoch finde ich es gut, wenn wir Radler selber durchdenken, wo Autofahrer mit uns Schwierigkeiten bekommen. Und das sind Kreisverkehre!

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    2. Den Ansatz finde ich gut. Wir sollten versuchen, Gefahren für uns zu vermeiden. Durch eine defensive Fahrweise, die Fehler anderer ausgleichen kann, und durch das Einfordern einer Infrastruktur die uns nicht gefährdet. Dieser Unfall ist schon makaber genug, von einem Grabstein mit der Inschrift "Ich hatte aber Vorfahrt" hat niemand etwas.

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  3. Lieber Anonym!
    Herzlichen Dank für den Link! Ich hab das nämlich auch gelesen und mich wahnsinnig geärgert. Auch besonders die Kommentare sind einfach eine Frechheit! Nur habe ich den Artikel nicht mehr gefunden.

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  4. Es wäre jetzt meine Frage gewesen, ob der Radler in der Presse mal wieder nur übersehen worden ist - und prompt kommt mit dem Link die Bestätigung. Die Kommentare, die jetzt drin zu finden, thematisieren doch zumindest mehrheitlich das Victim Blaming, wenn ich das richtig überblicke. Oder waren womöglich so unverschämte Kommentare drin, dass die gleich gelöscht werden mussten!
    Die Schuldzuschreibung an die Radler, die Pedelec-Fahrer, die Senioren, selbst die Kinder wird immer drastischer, habe ich den Eindruck!

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  5. Deutsche Kreisverkehre sind meist zu eng, d.h., der Abstand zwischen den Einmündungen ist sehr kurz. Da wird dann in der Eile schnell mal "entschieden", dass der andere ja noch gar nicht im Kreis ist und demnach auch keine Vorfahrt hat. Ich habe auf meiner Pendelstrecke auch so einen Unsinnskreisel. Dort ist nicht einmal die äußere Begrenzung des Kreisverkehrs markiert, die Mittelinsel besteht nur aus einer Linie (nicht einmal ein Schild steht in der Mitte) und die Abstände zwischen den Einmündungen sind zu kurz. Da erlebt man täglich hanebüchene Situationen. Leute, die direkt links abbiegen, Leute, die im Kreisel plötzlich den von rechts kommenden Verkehr durchlassen, Leute, die einfach durchballern weil früher dort eine "normale" Vorfahrtsregelung existierte, usw.

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    1. Mach mal ein paar Fotos und schick sie mir mit der genauen Ortsangabe.

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    2. Radfahren erfordert Mut und Überzeugung gegenüber der Dominanz und manchmal auch der Aggressivität oder Ignoranz der Autofahrer. Jeder Radfahrer muss wissen, was er tut, und der leider erwischte Kollege wusste es nicht. An seinem tragischen Schicksal zeigt sich möglicherweise, dass wenig routinierte Gelegenheitsfahrer ganz besonders gefährlich leben. Denn als Radfahrer ist bereits die Teilnahme am so genannten Straßenverkehr - der innerstädtisch faktisch ein Autoverkehr mit überhöhter Geschwindigkeit ist - definitiv gefährlich. Kreisverkehre halbwegs sicher zu befahren ist zusätzlich gefährlich und keinesfalls einfach. Sich bei vermeintlich schlechtem Wetter aber auf die Reaktion Dritter zu verlassen, ist für einen Radfahrer schon beinahe gedankenlos und lebensmüde. Es gibt ein paar Regeln, die Radfahrer verinnerlichen müssen, um zu überleben. Dazu gehören: sich niemals auf andere zu verlassen, dass sie einen gesehen haben, möglichst zu jeder Situation wissen, wohin man ausweichen, also bei Kollisionskurs flüchten kann, immer für andere gut sichtbar und offensiv fahren, aber vor allem sich im Zweifel niemals bewusst in eine schlecht kalkulierbare Gefahrensituation begeben. Seitdem die Autofahrer aber auf Empfehlung der so genannten Verkehrssicherheitsbehörden selbst bei einer winzigen Wolke vor der Sonne ihr Licht einschalten, sehen sie gar nichts mehr, was ihnen ohne Mega-Flut-und-Blinklicht-Pop-up-Aufmerksamkeitserreger entgegenkommt, erst recht nicht einen Radfahrer bei Regenwetter. Der Unfall hat aus meiner Sicht weder mit dem Alter des Piloten noch mit der Nutzung eines Mofas zu tun. Aber an der Berichterstattung der Stuttgarter Zeitung habe ich nichts auszusetzen, Recherche und Text sind für mich völlig nachvollziehbar. Und ob ich morgen der nächste Radfahrer bin, der umgenietet, verletzt oder sterben wird, keine Ahnung. Vielleicht.

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    3. Lieber Stefan K, ich finde an der Berichterstattung folgendes auszusetzen: Gegenstand ist ein Unfall, bei dem der Radfahrer keine Schuld hat und sich richtig verhalten hat. Es wird ein Fahrsicherheitstraining für Radfahrer besprochen, ein regelmäßiges Training der Vorfahrtsregelung für Motoristen wäre jedoch in dieser Situation deutlich hilfreicher gewesen. Und möglicherweise regelmäßige Sehtests für Motoristen, damit sie uns Radfahrer auch sehen können.

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    4. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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    5. Eigentlich zeigt der Unfall vor allem, dass zu viele Autofahrer/innen unterwegs sind, die nicht der Situation angepasst fahren. Und genauso gut könnte man sagen, Autofahrende müssten jetzt alle mal ein Training bekommen, wie mit Radfahrenden im Straßenverkehr umzugehen ist, wie man ihre Geschwindigkeit einschätzt, und wie man sich bei der Einfahrt in Kreisverkehre verhält. Klar liegt es nahe, dass man dem Verkehrsteilnehmer, der das größere Risiko hat, bei einem Zusammenstoß getötet zu werden, gerne ein Schutzverhalten empfehlen würde. Aber dieser Radler ist nicht schuld, es ist hier der Autofahrer (in dem Fall eine Fahrerin), der nich aufgepasst hat. Die Presse hätte auch schreiben können: In Fahrschulen muss der Umgang mit Radfahrenden endlich besser gelehrt werden, Führerscheinbesitzer müssen eine Nachschulung nachweisen oder so ähnlich.

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    6. Hallo Christine, ich zitiere Dich: "Eigentlich zeigt der Unfall vor allem, dass zu viele Autofahrer/innen unterwegs sind, die nicht der Situation angepasst fahren". Und ich muss sagen: Ja, exakt so sehe ich das auch, und zwar generell und unabhängig von der Kombination von Auto- und Radverkehr. Die Diagnose gilt auch für das Verhalten der Autofahrer untereinander, z.B. auf Autobahnen. Deswegen betone ich so gerne und immer wieder § 1 der Straßenverkehrsordnung. Ich habe aber keine Idee, wie sich der Sachverhalt mangelnder Vorsicht und Rücksichtnahme bei gleichzeitig hohen Geschwindigkeiten kurz- oder mittelfristig ändern ließe. Nur aus diesem Grund rate ich allen Radfahrern, sich zwar selbstsicher zu zeigen, aber möglichst gleichzeitig auf alles vorbereitet zu sein. Du arbeitest daran, ich weiß, und das ist und bleibt großartig!

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  6. Foto ist kein Problem, ich weiß nur nicht, ob das so hilfreich ist, da es sich nicht um Stuttgart handelt. Aber gerne liefere ich ein Foto oder auch ein Video.

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  7. Am Freitag den 15.7. findet der Ghost Bike Ride mit Kranzniederlegung zu Ehren des Opfers statt. Treffpunkt 18:30 ab Feuersee. https://criticalmassstuttgart.wordpress.com/2016/07/07/ghost-bike-ride/

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  8. Der Einschätzung von Kreisverkehren kann ich mich nur anschließen. Einer meiner "Lieblinge" ist auf der Löwentorstraße/Auf der Steig.

    https://www.google.de/maps/@48.8130596,9.2033472,19z?hl=de

    Die PKWs auf der Löwentorstraße fahren viel zu schnell in den Kreisverkehr ein, müssen die Geschwindigkeit kaum verringern. Nirgendwo sonst wurde ich (gut sichtbar, mittig zügig fahrend) bisher häufiger in einem Kreisverkehr zu Vollbremsungen oder harten Ausweichmanövern genötigt. Wohl gemerkt, im Kreisverkehr fahrend.

    In den letzten drei Jahren hatte ich hier zwei "Vollkontakte". Ohne mein Ausweichen hätten wir uns nicht seitlich berührt, sondern ich läge drunter. Der VW Sharan (Frau) ist ausgewichen und weitergefahren, und der Mercedes Sprinter (Männer) kam trotz Vollbremsung nicht rechtzeitig zum stehen.

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    1. Deshalb teile ich auch nicht die Begeisterung so Vieler für Kreisverkehre. Die Stadt Stuttgart übrigens auch nicht. Es sollen keine weiteren gebaut werden. Argument: "Die Stuttgarter Autofahrer verstehen die nicht." Können also damit nicht umgehen. Das ist auch meine Beobachtung. Die Löwentorstraße radle ich eher selten, aber ich finde den von dir beschriebenen Kreisverkehr (den letzten) auch haarig. Hast du mal ne Gelbe Karte geschrieben? Wenn wir Radler, die dort immer wieder in kritische Situationen kommen, das nicht der Stadt melden, dann erfährt das Ordnungsamt auch nie davon, dass es da kritisch ist. Es hilft. Auch wenn die Antwort der Stadt den Schreiber der Gelben Karte nicht immer befriedigt. Sowas kommt an.

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