14. Januar 2017

Die gesetzliche Ampelfalle

Vielleicht sollte man das mal ernst nehmen, dass Radfahrende ab diesem Jahr sich nicht mehr nach Fußgängerampeln richten dürfen. 

Blogleser Michael hat mir ein paar Fotos von Kreuzungen geschickt, wo das sehr schwierig wird. Wenn Radfahrende Regeln kennen und sich sogar an Regeln halten wollen, dann sollten  die Verhältnisseso eigentlich so sein, dass das geht. Sonst erzieht man Radfahrende zu regelwidrigen Fahren.

Die Regel lautet: Radfahrende werden ab Jahresanfang nicht mehr wie Fußgänger behandelt, sondern wie Fahrzeuge.
Das heißt, sie müssen sich an Kreuzungen nach den Autoampeln richten und dürfen sich nicht mehr nach Fußgängerampeln richten, es sei denn, sie sehen auf den Streuscheiben Radzeichen oder sie haben eine extra Radampel. Wenn die Autos stehen, müssen also Radfahrende ebenfalls warten, auch wenn der Radweg auf dem Gehweg liegt. (Und obgleich sie die Ampel für Autos oft gar nicht sehen können.) Sie dürfen jedenfalls nicht losradeln, wenn die Fußgänger grün bekommen. Sonst kostet es 60 Euro. Passiert ein Unfall, dann kostet es sogar 180 Euro. Für Autofahrer bedeutet das übrigens, dass sie damit rechnen müssen, dass ihnen ein Radler vom Radweg vor den Kühler fährt, wenn sie rechts abbiegen, auch wenn sie sehen, dass die parallele Fußgängerampel bereits Rot hat. Autofahrer müssen, solange sie selbst Grün haben, jederzeit mit geradeaus fahrenden Radlern auf ihrer rechten Seite rechnen. Dass das bei Linksseitigen Radwegen schon mal nicht klappt, habe ich bereits beschrieben.

Leider hat auch Stuttgart es nicht geschafft, Fußgängerfurten an viel befahrenden Radrotuen und auf Radwegen so zu regeln, dass Radler keine Regelverstöße begehen müssen. Und das tun sie an solchen Überwegen, egal, ob sie bei Fußgängerrot fahren oder bei Grün.

Auf dem Foto ganz oben sieht man den Überweg an der Heilbronner Straße, dort, wo die Mönchaldenstraße runter kommt. Anders als Autos können Räder hier über die Schienen hinüber Richtung Pragfriedhof. Das ist schön. Allerdings müssen Radler die Fußgängerampel benutzen. Sie müssen, denn sie befinden sich auf einem benutzungspflichtigen Radweg. Was also tun? Gilt  die Ampel nun für mich oder nicht? Muss ich absteigen, wenn ich sie benutze (und das auf einem Radweg)? Oder kann ich bei Fußgänger-Rot fahren, wenn die Straße frei ist?

Dieses Foto zeigt auf der Heilbronner Straße am Pragfriedhof den Übergang über die Friehofstraße stadtauswärts. Radler befinden sich hier auf dem Gehweg, der für sie als verpflichtender Radweg ausgewiesen ist. Was tun? Eine Autoampel ist nicht sichtbar. Das Fußgängerrot darf der Radler missachten! Es gilt ja nicht für ihn. Autoampeln für den Geradeausverkehr sind hier nicht sichtbar.

Das heißt, rechts abbiegende Autofahrer (sie haben eine Schwarzampel fürs Rechtsabbiegen) müssen hier damit rechnen, dass Radler ihnen vor den Kühler fahren, obgleich die Fußgängerampel Rot zeigt und ihre eigene Ampel nicht Rot (also gar nichts). Hier wird's also richtig gefährlich.

Am Löwentor haben wir noch mal so eine Ampel für Radler auf ihrem Radweg die Löwentorstraße hinunter Richtung Rosensteinpark. Auf diese roten Fußgängerampeln müssen/dürfen Radfahrende nicht mehr achten. (Foto von Blogleser Michael) Sie können also bei Fußgängerrot radeln, wenn kein Auto kommt. Oder doch nicht?

Verkehrsregeln für Radfahrende sind irgendwie immer widersprüchlich und passen nicht. Vermutlich werden sie von Leuten gemacht, die nie regelmäßig im Alltag durch eine Stadt radeln. Sie befördern die Mentalität, nach eigenem Gutdünken zu fahren. 

Link zur Stelle auf Google Maps
Blogleser Dirk hat mir noch dieses Foto geschickt. Sie befindet sich in Remseck an der großen Kreuzung an der U-Bahnhaltestelle Neckargrönigen/Remseck am Radüberweg über die Ampelanlage. Die erste Streuscheibe zeigt die Kombizeichen (rad und Fußgänger), die zweite und mittlere nur den Fußgänger, und die dritte wieder die Kombizeichen. Da hat eine schlaue Verwaltung gespart. Aber - mal so ganz ehrlich - Wir würden gerne ernst genommen werden.

Dieser Artikel hier beschreibt, wie schräg das in Hamburg an einer Kreuzung läuft.

Nach wie vor sehen sich Radfahrende drei verschiedenen Ampelsystemen gegenüber: der Autoampel, der Radampel und der Kombi-Fußgängerampel. Das Gefährliche bei diesem Systemwechsel ist, dass Fußgänger-/Radampeln (Kombiampeln) jenseits der Kreuzung stehen, Radampeln aber diesseits. Übersieht man eine kleine Radampel, weil sie nicht in Blickrichtung (oder Fahrrichtung) steht, und lässt sich von Fußgängergrün locken, dann fährt man in den Querverkehr. So grundsätzliche Systemwechsel mutet man weder Autofahrern noch Fußgängern zu. Eigentlich gehörten jetzt mal an alle Radwege und Radstreifen extra Radampeln. Das ist der eigentlich Sinn dieser Neuregelung. Städte sollen eine Radinfrastruktur schaffen, die Radfahrende wie Fahrzeuge und nicht mehr wie Fußgänger behandelt.

27 Kommentare:

  1. Wenn ein Radweg die Fahrstraße kreuzt, und keine Vorfahrt geregelt ist durch Schilder oder Ampeln, gilt aus Sicht der Radfahrer rechts vor links. Wenn nun aber ein Autofahrer grün hat, darf auch er davon ausgehen Vorfahrtberechtigt zu sein. Wie dann, wenn beide Verkehrsteilnehmer sich entsprechend verhalten und es zum Unfall kommt die Schuldfrage geregelt wird, dürfte spannend sein.

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    1. Die Frage nach der Vorfahrt habe ich mir auch gestellt. Gegenthese: Der Autofahrer hat in beide Richtungen Vorfahrt, weil man als Radler einen Bordstein runter muss was zählt wie eine Ausfahrt/"Vorfahrt gewähren".

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    2. Es gibt ja auch so etwas wie eine Einschätzung der Situation mit gesundem Menschenverstand. Entlang einer Vorfahrtsstraße hat auch der Radler Vorrang, und er muss ja auf die Ampeln des Autoverkehrs achten. Wenn also die parallele Straße Rot hat, muss auch der Radler warten. Dass man die Autoampel womöglich gar nicht sieht, wenn man zum Bordstein vorgefahren ist, ist vermutlich kein gültiges Argument im Streitfall.

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    3. Bei unseren Fahrradregelungen ist der gesunde Menschenverstand oft das, was uns am Leben erhält.

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    4. Im obersten Bild sieht man explizit am blauen Schild, das der Radweg die Fahrbahn kreuzt. Man fährt also auf dem Radweg, nicht auf dem Gehweg. Mangels Schildern die die Vorfahrt regeln hat man gegenüber Autos von links Vorfahrt - egal was die Fußgängerampel zeigt.

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    5. @Steffen: Hast Recht, Paragraph 10 StVO regelt die Vorfahrt zugunsten der Motoristen

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    6. Heisst das, die Ampel gilt für mich als Radfahrer nicht, ich werde also nicht bestraft, wenn ich bei Rot fahre? Andererseits bin ich rechtlich nicht geschützt und Vorfahrt habe ich auf keinen Fall, weil der Autofahrer sich auf "sein" grün verlassen darf.

      Und im anderen Fall, wenn die für mich sichtbare Fußgängerampel grün zeigt, "meine" nicht sichtbare Straßenampel aber rot, dann fühle ich mich nach "gesundem Menschenverstand" sicher beim Überqueren und ich behindere niemanden, aber ich zahle Strafe und bekomme einen Flensburg-Punkt. Habe ich das richtig verstanden?

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    7. In Hamburg kennt die Polizei diese Regelung noch nicht. Ich vermute, auch Stuttgart ist das so. Als Radler musst du dich nach der parallelen Autoampel richten. Wenn kein Radzeichen auf irgendeiner Streuscheibe sichtbar ist.

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    8. Haben die Autos Rot, darfst du auch über den Fußgängerüberweg nicht radeln, wenn dort Rot ist. Der Konflikt entsteht, wenn die Fußgänger schon Rot haben, die Autos aber noch nicht. Das passiert, weil manbeim Fußgängerverkehr die langen Räumzeiten einrechnet. Radler haben aber kürzere Räumzeiten.

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  2. Fährt der Radfahrer dann nicht vom Gehweg auf die Strasse und wieder auf den Gehweg? Damit hat der Autofahrer ja Vorfahrt, da der Radfahrende auf die Strasse "runter" fährt? (Sehr doof für den Radfahrer auf seinem "Radweg")

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    1. genau so dachte ich mir das auch.. man verlässt den radweg und muss auf der fahrbahn fahren. damit entfällt dann imho die zumutbarkeit des radweges komplett..

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  3. Also meiner Ansicht nach wäre so ein Radweg dann ja in regelmässigen Abschnitten nicht mehr benutzbar. Lt. einiger Publikationen (http://bernd.sluka.de/Radfahren/rechtlich.html) ist das auch so. Mein Vorschlag wäre dann konsequent auf der Strasse zu fahren. Wenn ein Blaumann ein Knöllchen ausstellt, dies dann zum Anlass nehmen ein Musterurteil zu erreichen (nur mit Rechtsschutz Versicherung natürlich!). Ich glaube ich lasse es drauf ankommen.

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    1. Du müsstest halt nur wissen, wo noch die falschen Ampeln stehen, um so argumentieren zu können.

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    2. hat es hier im kreis bietigheim-bissingen massenhaft. die haben mit ihren "radwegen" so richtig blödsinn veranstaltet.. keine hat ein rad symbol und alle stehen an richtig fetten kreuzungen.

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  4. Ich habe in den letzten Tagen in Stuttgart zwei Ampeln gesehen nur mit Fußgängerscheibe und weißem Zusatzschild "Radfahrer bitte Fußgängerampel beachten".

    Ist dieses Zusatzschild verbindlich? Oder so viel Wert wie "Radfahrer absteigen"?

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    1. Es ist eine Bitte. Mehr nicht.

      Anscheinend gibt es keine Kombischeiben mehr in Stuttgart? Oder man ist sich nicht sicher, wie diese Stelle rechtlich zu bewerten ist. Und eine solche Bewertung dauert halt ...

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    2. das frag ich mich bei den grünen radwegschildern auch immer.. das sind ja eigentlich keine "radwege".. besonders lustig, wenn die einen zu "geisterradlern" machen.. oder über eine fußgängerampel schicken.. (zb. beim brückenhaus in freiberg).

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    3. Ich bin keine Juristin. Aber wenn Schilder nicht in der StVO und ihren Anlagen aufgeführt werden, sind sie keine gültigen Schilder nach der StVO. Und so ein Schild, das Radler bittet, die Fußgängerampeln zu beachten, ist nach meiner Einschätzung ja eine Aufforderung zu rechtswidrigem Verhalten.

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    4. Wenn es nur eine Bitte ist, ist es nicht rechtsbindend, d.h. ich darf streng genommen solchen Ampeln gar nicht beachten.

      Diese grünen Schilder schicken einen sehr oft regelwidrig irgendwo hin. In Aachen gibt es z.B. eine Kreuzung (ohne jegliche Radführung), an der einen der grüne Pfeil nach links schickt, nach der Vergkehrsbeschilderung darf man aber nur geradeaus und rechts. Und in Monschau in der Eifel schickt einen der grüne Pfeil entgegen der Einbahnstraße (nicht für Radfahrer freigegeben).

      Irgendwo las ich mal, dass man bei einer solchen Beschilderung als Radfahrer davon ausgehen darf, dass man auch so fahren darf wie man geschickt wird und der Regelverstoß nicht verfolgt werden kann. Ob das so korrekt ist weiß ich nicht. Aber es zeigt das Dilemma, in das man als Radfahrer von den Behörden geschickt wird, sehr deutlich!

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    5. Für deine Vermutung habe ich bislang noch keine Bestätigung gefunden (ich suche aber weiter), es spricht jedoch einiges dafür. Besonders, wenn es zum Schwur vor einem Gericht kommt. Schließlich kann man auch Radfahrenden nicht wirklich zumuten, dass sie an jeder Kreuzung zu Verkehrsrechtsexperten werden, wenn sie sich widersprüchlichen Beschilderungen und Situationen gegenübersehen. Mobilität muss intuitiv organisiert werden, nicht als Denksportaufgabe, bei der es darum geht, durch Schnelligkeit zu punkten.

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    6. Die grünen Schilder sind doch lediglich Wegweiser ("hier lang würdest Du dorthin gelangen"). Die sagen gar nichts darüber aus, ob man da fahren darf, vermute ich. Das ist Analogschluss zur Straßen-Beschilderung. Wenn da ein gelbes Wegweiser-Schild steht und dazu ein Einfahrt-Verboten (z.B. auch nur temporär wegen Baustelle), darf ich da nicht reinfahren, auch wenn das die Richtung zu meinem Ziel ist, egal ob per Auto oder Fahrrad.

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    7. Und beim Fahrrad wäre das dann nicht temporär, sondern dauerhaft, systemisch, sozusagen.

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    8. @Holger: Ich habe noch kein einziges Auto-Wegweiserschild gesehen, das NICHT mit der Straßenbeschilderung übereinstimmt!! (mal abgesehen von Baustellen; dann wird das Ziel aber oft mit Klebeband durchgestrichen, also temporär korrigiert)

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  5. Es gibt diese Regel, die Parallelverkehr auf anderen Spuren die gleichen Rechte wie einem selbst gibt. "Verkehr" meint hier alles, was auf Rädern unterwegs ist und kein Spielzeug ist. Das heisst: Paralleler Radverkehr hat prinzipiell die gleichen Rechte und Pflichten wie der motorisierte Verkehr. Das heisst, das für den Rad fahrenden auf dem Rad-Fussweg zwar die Radwegebenutzuzngspflicht gilt, aber nicht die Fußgängerampel, sondern die Ampel für den Fahrbahnverkehr.

    Es handelt sich also im Prinzip um eine Vereinfachung der Parallelverkehrregelung, um die Betonung, das Radverkehr dem motorisierten Verkehr gleichgestellt ist, wenn nicht Schilder explizit Ausnahmen vorsehen. Nur: Bring das mal in Nicht-Rad-Städten der Exekutive bei. Die Judikative ist tendenziell offen für diese Form der formalen Vereinfachung, aber wer klagt schon wegen einer mündlichen Verwarnung oder 10€ Verwarnungsgeld?

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    1. Eine bessere Schulung der Exekutive in Sachen Verkehrsrecht für Radfahrer wäre nicht schlecht. Vielleicht sollte auch im Prüfungsbogen der Führerscheinprüfung mehr dazu drin sein um das wissen in die Bevölkerung zu tragen.

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  6. Zu einer Ampel gehört ja eine Haltelinie. Die müsste irgendwo sein. Auf dem Rad/Gehweg ist keine im Bereich der Autoampel. Der Bürgersteig ist die Haltlinie für Fußgänger. Also wo halten. Jedenfalls wenn ich die Haltelinie passiert habe, ist die Ampel für mich passé. Also mit Recht in den Tod.

    Gruß, Christoph

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  7. Zu einer Lichtzeichenanlage gehört per Gesetz keine Haltelinie. Rotlicht bedeutet lediglich "Halt vor der Kreuzung". Optionale Haltelinien können jedoch diesen Ort näher definieren, z.B. um eine Furt freizuhalten oder Raum für einbiegende Fahrzeuge zu lassen.

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