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26. Dezember 2017

Der größte Irrtum: Nur Radfahrer fahren ständig bei Rot

Die Hamburger Polizei wollte es wissen: Radfahrer fahren immer bei Rot. Stimmt das überhaupt? Nö, stimmt nicht.

Wie der Stern in seinem Artikel schildert, stellten sich 148 Hamburger Polizisten am 21. November von 6 bis 22 Uhr an Kreuzungen und kontrollierten. Sie zählten 226 Autofahrer, die bei Rot fuhren und 22 Radfahrer, die das auch taten.

Klar, sind mehr Autos als Radfahrer unterwegs. Aber es ist auch klar, dass Rotlichfahrten unter Autofahrern durchaus verbreitet sind. Autofahrer versuchen meist, bei Gelb oder Rot noch über eine Kreuzung zu rutschen. Wie gefährlich das ist, habe ich selber als Radfahrerin erlebt. Ein Autofahrer wollte unbedingt noch eine Fußgängerampel in der Rotebühlstraße passieren, als für ihn schon rot war, und beschleunigte dabei. Ich stand an einer Einmündung, wo man darauf wartet, dass die Fußgänger Grün bekommen, um dann die Rotebühlstraße zu queren. Ich sah, dass die Fußgänger Grün bekamen und fuhr los. Das Auto raste da erst heran. Zum Glück fuhr mir gegenüber auch ein Auto los, der den Autofahrer bremste, der bei Rot weiter gerast war. Sonst hätte er mich erwischt.



Rotlichtfahren von Autofahrern sind sehr gefährlich für alle anderen, vor allem, wenn sie losrasen, um es noch zu schaffen. Rotlichtfahrten von Radfahrern sind erstaunlich ungefährlich, sogar für sie selbst, in jedem Fall aber führen sie nicht zu schweren Verletzungen beim Autofahrer, falls es zu einem Zusammenstoß kommt. Deshalb wiegt der Rotlichtverstoß beim stärkeren Verkehrsmittel, dem tonnenschweren Auto, schwerer als der von Fußgängern oder Radfahrern. Das sollten sich Autofahrer unbedingt klar machen, wenn sie aufs Gaspedal treten, wenn die Ampel von Gelb auf Rot springt. Es könnte auch ein Kind sein, das im selben Moment losgeht, um über den Fußgängerüberweg zu gehen.

Auch wenn man mit einrechnet, dass meist weniger Fährräder als Autos unterwegs sind, findet der Rotlichtverstoß von Autofahrern im Alltag unseres Straßenverkehrs de facto zehn mal häufiger statt als der eines Radfahrers. Dass Risiko für andere Verkehrsteilnehmer, von einem Auto erfasst zu werden, das bei Rot gefahren ist, liegt beim Zehnfachen des Risikos, mit einem Radfahrer zusammenzustoßen, der bei Rot fährt. Geschwindigkeit und Gewicht (eigentlich Masse, aber das lassen wir hier mal außen vor) des Autos verzwanzigfachen das Risiko für Fußgänger und Radfahrer noch, durch die Rotlichtfahrt eines Autofahrenden verletzt oder getötet zu werden.

Während die Hamburger Polizisten an diesem Tag bei den Radlern sonst weiter keine Verstöße feststellten, zählten sie bei Autofahrern weitere Verstöße. 4 fuhren ohne Führerschein, 64 telefonierten mit dem Handy am Ohr, 60 waren nicht angeschnallt, 31 wendeten verkehrswidrig oder bogen verbotenerweise ab, 40 Fahrzeuge hatten technische Mängel.

Interessant, dass die Hamburger Polizei keine Gehwegradler gesehen hat. Das mag daran liegen, dass in Hamburg sehr viele Radwege auf Gehwegen verlaufen. Interessant auch, dass die Polizei keine Parkverstöße aufzählt: Parken auf Gehwegen, Radwegen oder Zuparken von Straßenecken. Mag sein, dass die Polizei den ruhenden Verkehr auch hier nicht so recht als ihre Sache betrachtet hat.

Ohne Zweifel begehen Radfahrende ebenfalls Regelverstöße, aber offenbar skandalisieren wir die gerne über die Maßen, während wir die vielen Regelverstöße, die viele Autofahrer begehen, fast achselzuckend hinnehmen, dieses Missachten von Anliegerstraßen, das verbotene Abbiegen über Stadtbahnschienen hinweg (fast jeden Monat  kracht eine Stadtbahn in ein Auto), das Stehen in zweiter Reihe, das Reinfahren in Fußgängerzonen und so weiter. Weil so viele Autos unterwegs sind, sehen wir Radfahrenden ständig Autofahrer, die Regelverstöße begehen. Und Autofahrer sehen dann wieder nur Radfahrer bei Rot fahren, nicht aber den Autofahrer, der vor ihnen noch durchgerast ist.



1 Kommentar:

  1. Ist das so überraschend ? Schließlich wurden "spätgelb", "dunkelgelb" und "kirschgelb" nicht für Verhalten von Radfahrern erfunden.

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