Seiten

5. März 2018

R.I.P. - Wir tragen schon mal die Fahrradstraße zu Grabe

Requiescat in pace! Ab Sommer gibt es die Fahrradstraße nicht mehr so wie jetzt. 

Wenn der Österreichische Platz saniert wird, wird der Umleitungsverkehr über die Tübinger Straße geführt. Außerdem wir die Autosperre an der Feinstraße wieder aufgemacht.

Damit ist die Fahrradstraße zwischen Feinstraße und Cottastraße erst einmal weg. Sie wird dem Autoverkehr geopfert. Das wollen wir nicht. Ein breites Bündnis aus Zweirat, VCD, ADFC, Greenpeace und Radfahren in Stuttgart ruft deshalb zu einer ersten Demonstration auf.

Wir  tragen schon mal die Fahrradstraße zu Grabe. 
Und zwar am Samstag, 10. März. Wir treffen uns auf dem Marienplatz und reihen uns dann in angemessen fantasievoller Trauerkleidung  hinter dem Sarg zum Trauerzug bis Feinstraße ein. Dort legen wir Kränze nieder, falls wir welche dabei haben.

Der Sachverhalt:
Wie bereits beschrieben, muss der Österreichische Platz saniert werden. Der Autokreisel ist deshalb für den Teil des Autovekehrs gesperrt, der von der Paulinenbrücke nach rechts auf die Hauptstätterstraße oder in die Feinstraße will. Dieser Autoverkehr wird auf der Paulinenbrücke in die Marienstraße abgeleitet und über die Silberburgstraße hinunter auf die Tübinger Straße geführt. Dort staut er sich bis zur Cottastraße vor und wird über die Cottastraße links und rechts auf die Hauptstätterstraße geleitet.

Was bisher hier Fahrradstaße war, wird mit Radfahrstreifen versehen, die am Rand der Straße entlang laufen. Die Parkplätze  werden eingezogen. Die Cottastraße bekommt bergauf (also gegen die Einbahnrichtung) erstmals einen durchgäniggen Fahrradstreifen zur Tübinger Straße (was ich super finde). Das möge bitte so bleiben. Aber Radfahrende, die aus der Tübingerstraße vom Marienplatz her kommen, müssen sich mit Autos, die auch von dort kommen und jetzt rechts in die Cottastraße abbiegen müssen, auseinandersetzen.

Und die Autosperre an der Feinstraße, die uns so viele Kämpfe gekostet hat, bis sie funktionierte und für Radfahrende ausgelegt war, wird wieder aufgemacht, damit Autofahrer von der Silberburgstraße und über die Fangelsbachstraße durch die Tübinger Straße dorthin fahren und nach rechts in die Parkhäuser des Caleido und der WGV in der Feinstraße abbiegen können. Autos dürfen aber dann, anders als früher, auch noch geradeaus weiter zum Gerber fahren. Der Fahrradstreifen liegt am rechten Fahrbahnrand. Das heißt, die Abbiegerrei erfolgt über ihn hinweg. Dass das für Radler gefährlich ist, zeigt, dass die Schleuse an der Feinstraße vor dem Umbau, nämlich 2014 noch ganz anders organisiert war. Damals wurden Radler links vom Abbiegeverkehr gerade aus geschickt. Allerdings war es Autofahren damals verboten, geradeaus zu fahren, was sie aber natürlich trotzdem taten. Hier entsteht eine gefährliche Stelle für Radfahrende.  So eine Stelle, wo Eltern mit ihren Kindern nicht mehr radeln.

Ich meine, beide Maßnahmen sind nicht nötig. Es gibt andere Umleitungsstrecken. Sie haben nur den einzigen Nachteil, dass Autos vielleicht 100 - 200 Meter weiter fahren müssen. Von der Paulinenbrücke kann man den Autoverkehr auch über die Hohenstaufenstraße und den Marienplatz umleiten. Das hat den Vorteil, dass er auf reinen Autostraße fährt (an de Hohenstaufenstaße liegt auf halber Länge Dinkelacker anstelle von Wohnbebauung (korriert, 6.3.)). Und die Parkhäuser zwischen Paulinenbrücke und Feinstraße können auch übers die Gerber- und Paulinenstraße angefahren werden. Ich finde das ist zumutbar in Anbetracht dessen, dass es wir Radfahrenden sind, die etwas zur Verbesserung des Stadtklimas beitragen, die für Ruhe und bessere Luft und damit Lebensqualität sorgen. Deshalb darf man Fahrradstraßen nicht dem Autoverkehr opfern, der uns so viel Schaden zufügt. 

Die Uleitungs-Alternativen habe ich in diesem früheren Artikel ausführlich mit Plänen dargestellt. ADFC hat bereits einen Offenen Brief geschrieben. Und ich habe einen Antrag an die Stadtverwaltung gestellt, diese Alternativen zu prüfen. Darüber hat auch die Stuttgarter Zeitung unter dem Titel "Widerstand gegen Umleitung über Fahrradstraße" berichtet (Artikel nicht online verfügbar).

Leider sieht die aufwändige Fahrbahnumgestaltung mit den Radfahrstreifen und Pfeilen für den Autoverkehr auf den Plänen nicht so aus, als werde man sie jeweils nur für sechs Wochen Sommerferien so machen und dann wieder beseitigen. Auch sind die Sommerferien eigentlich kein geeigneter Zeitpunkt für die Schließung der Fahrradstraße. Zwar sind viele Leute im Urlaub und deshalb weniger Berufspendler in Autos und auf Fahrrädern unterwegs, aber im Sommer fahren dafür mehr Familien mit ihren Kindern mit Fahrrädern, und es ist die Zeit, wo wir gerne draußen sind und das Leben auf der Straße genießen. Und just da wird ein zentraler Abschnitt der Fahrradstraße dem Autoverkehr geopfert, der laut, drängelig, stressend und gefährlich ist. Der gerade erst für teures Geld neu gestaltete Platz zwischen Caleido, St. Maria und Karlsgymnasium wird nach nur einem einzigen Jahr schon wieder vom Autoverkehr beherrscht.

Also zeigen wir doch der Politik und der Stadtverwaltung, dass wir für unsere Interessen zum Nutzen der Stadtgesellschaft einstehen. Radeln wir am Samstag für die Fahrradstraße und ein Lebensqualität in der Stuttgarter Innenstadt.


4 Kommentare:

  1. Handelt es sich um eine dauerhafte Lösung oder nur bis die Umbauten am Österreichischen Platz abgeschloßen sind?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich habe versucht, es im Artikel zu beschreiben. Angekündigt ist, dass jeweils nur in den Sommerferien am Österreichischen Platz gebaut werden soll, und das in den nächsten drei Jahren. Allerdings macht der Blick auf die doch sehr aufwändige Umgestaltung der Fahrradstraße etwas misstrauisch: So was immer nur für sechs Wochen? Wobei ich auch meine, wenn es doch nur für sechs Wochen ist, dann müssen Autos nicht unbedingt durch die Fahrradstraße fahren, dann können sie auch ein klein wenig längere Umwege in Kauf nehmen. Aber das hast du ja alles gelesen.

      Löschen
    2. Und würde es drei Jahre dauern, wäre das zwar nur vorrübergehend, aber gravierend. Dann wäre die Fahrradstraße praktisch tot. Die Umgewöhnung danach für die Autofahrenden wäre ein ähnlicher Kraftakt wie die Einrichtung der Fahrradstraße auch. (Der Kraftakt hat 10 Jahre gedauer!)

      Löschen
  2. Vielen Dank für die Aufklärung.

    AntwortenLöschen