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31. März 2023

Der Erfolg der Pedelecs hat Gründe

Pedelecs sind erfolgreiche Hybridfahrzeuge, die auf dem Zusammenspiel von menschlicher Muskelkraft und elektrischer Unterstützung basieren. 

Darin steckt eine Zukunftsvision, die aus den neunziger Jahren stammt. Während E-Autos eher langsam in Schwung kommen, erfahren E-Räder einen regelrechten Boom. Dieser Artikel von 2021 nennt zehn Punkte, die den Erfolg erklären. Ich werde hier nicht alles wiederholen. Als ich 2006 mein erstes Pedelec kaufte, wurde es von Transvelo aus Reutlingen nach Stuttgart gebracht. Es war ein Rad von Flyer, der schweizerischen Pioniermarke. Das Unternehmen hatte bereits in den 90er Jahren begonnen, Elektroräder zu bauen. In Deutschland kam der Erfolg erst ab Ende der 10er Jahre. Während die großen Fahrradmarken abwarteten, fingen Firmen wie Riese & Müller und Haibike ebenfalls mit E-Rädern an. Die Firmen Brose, Bosch, Yamaha und Panasonik erkannten den Trend und bauten Antriebssysteme. Heute ist Bosch am weitesten verbreitet und Shimano noch dazu gekommen. 

Als ich damals mit meinem Flyer - gefühlt als einzige mit Pedelec - in Stuttgart herumradelte, schauten die Leute noch verwundert auf den klobigen Motor, der unter die Kurbel gehängt war. Ein Radler, der neben mir an der Ampel wartete, schaute zu mir herauf und sagte: "Das ist ja Beschiss!" Pedelecs galten als Räder für Frauen und Alte. Für mich war es die Lösung meines Heimwegs von der Arbeit, der zehn Minuten den Berg rauf führte. Schon knapp zehn Jahre später traf ich am Marienplatz junge Mountainbiker, von denen einige Pedelecs hatten und mir erklärten, damit komme man halt leichter den Berg wieder rauf. Inzwischen hat das E-Rad das Image des Fahrrads für Unsportliche verloren, weil es sich gut für längere Pendelstrecken zur Arbeit eignet. 

Mein Flyer wird übrigens immer noch gefahren. Ich habe ihn mehrfach verliehen, und als im vergangenen Jahr in meinem Viertel Pedelecs geklaut wurden, gab ich ihn den Beklauten. Ich habe ihn selber sechs Jahre gefahren und innerhalb dieser Zeit einen Akku nachgekauft. Dann habe ich mir ein Pedelec mit stärkerem Bosch-Antrieb zugelegt. Die Auswahl war damals bereits groß. Auch dieses Pedelec fährt noch, ich habe es verkauft, als ich mir ein Gobax-Transportrad ohne Gangschaltung mit Hinterradmotor und Rekuperation kaufte. Die Firma Gobax ging ein, es gab keinen Akku mehr zum Nachkaufen und am Hinterrad war wegen der Felgenbremse die Felge durchgescheuert, aber keine Radwerkstatt wollte die aufwändige Reparatur machen. Also habe ich es der Radstation in Fellbach überlassen. Ich vermute, auch dieses Rad wird immer noch gefahren. Inzwischen fahre ich ein Pedelec aus Bambus mit Shimano-Antrieb. 

Auch wenn die Fahrradhandlungen inzwischen gelernt haben, dass sie für die E-Räder einen funktionierenden Werkstattbereich brauchen, ist es für Radfahrende nicht so einfach, für ihr Rad eine Werkstatt zu finden, die auch Termine frei hat oder bereit ist, sich um Rad zu kümmern. Im Einzelfall bleibt die Frage spannend, ob eine Werkstatt mein Fahrrad auch wirklich zur Inspektion nimmt. In meinem Fall lehnte es Transvelo ab, weil die sich mit Bambusrädern nicht auskennen. Pech gehabt! 

Pedelecs bringen Leute wieder aufs Fahrrad, für die Bergstrecken zu anstrengend sind. Gerade in Stuttgart sind sie für den anhaltenden Fahrradboom verantwortlich und Teil der Mobilitätswende weg vom Auto, hin zum Fahrrad für Alltagsstrecken. Inzwischen ist im Wohnumfeld tendenziell interessanter, welches Pedelec oder E-Lastenrad sich die Nachbarn angeschafft haben als welches Auto sie fahren. Gerade die bürgerliche Schicht sieht so für sich Möglichkeiten, den eigenen Anspruch an ein klimagerechtes Verhalten zu erfüllen. So avanciert das Fahrrad zu einem Statussymbol. Und es eröffnet auch Mobiltitätseingeschränkten ganz neue Möglichkeiten, länger Strecken selbständig zurückzulegen, ist also ziemlich inklusiv. Technische Fahrassistenten werden entwickelt und können da noch mal helfen. 

Pedelecs eröffnen aber auch im Freizeitbereich und für den Radtourismus neue Kundschaft. Das wiederum ist für Tourismusregionen ein Wirtschaftsfaktor, genauso wie für die Zulieferindustrie. Es wird viel Geld in diesen Bereichen verdient, das auch wieder investiert werden kann. Die Innovationen im Bereich Fahrrad und Fahrradantrieb, aber auch Fahrradtyp und Fahrradarchitektur beginnen gerade erst und sind ungeheuer dynamisch. Wir werden in den nächsten Jahren jede Menge große und kleine Innovationen sehen, von denen sich einige vermutlich auch durchsetzen werden. Vor allem der Bereich mehrspuriger E-Räder, Lastenräder und miniauto-ähnlicher Räder wird ausgebaut werden.

Pedelecs lassen sich im Gegensatz zu E-Autos übrigens auch leichter laden, den Akku kann man herausnehmen und in der Wohnung laden. Für lange Strecken kann man einen Austauschakku mitnehmen. Man kann ihn aber auch an einer Ladestation anschließen, die allmählich zunehmen. Und sie lassen sich noch fahren, wenn der Akku leer ist. Man kann sie auch - wenn sie einspurige Fahrzeuge sind - in Stadtbahnen und Zügen transportieren. Außerdem steht man mit ihnen halt nicht im Stau, in dem das E-Auto auch steht, sondern kommt fast überall durch. 



18 Kommentare:

  1. Das erste E-Bike wurde von Panasonic bereits 1979 vorgestellt. Der Verkauf startete aber erst 1996. Yamaha hat bereits 1993 in Japan begonnen, E-Bikes zu verkaufen. Beide Firmen hatten eigens entwickelte Antriebssysteme.
    Der Firma Flyer, die 1995 mit einer Kleinserie begann, den Titel 'Pionier' zu geben, ist da etwas großzügig ;) Dieses erste Modell hatte tatsächlich einen Scheibenwischermotor als Antrieb.

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    1. Danke für diese schönen zusätzlichen Informationen .

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    2. In jedem Fall waren die Panasonics sehr robuste Motoren. Nicht so durchzugsstark wie z.B. Bosch, aber Garant für Langlebigkeit.

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  2. Ich finde die Pedelecs auch einen Gewinn. Ein Mountainbike-Pedelec, als Sportgerät aus dem Sportladen, finde ich eher befremdlich. Mountainbikes sind in den meisten Fällen Sportgeräte ohne Straßenausrüstung. Aber mit Elektroantrieb ist das für mich so wie ein Trimmrad mit Antriebsmotor. Wo bleibt da der Sporteffekt?
    Karin

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  3. Jörg
    Das Pedelec ermöglicht "Radfahren" in Stuttgart ohne das es in Sport ausartet. "..für die Bergstrecken zu anstrengend sind." Das spricht viele Leute an. Es erweitert bei den Gelegenheitsradler den Radfahrradius. Ein Einkauf mit 10 oder 20 kg Gewicht ist mühelos zu transportieren. Nun kommt es darauf an die Straßen und Wege angenehmer zu gestalten.
    Vor gut 10 Jahren hatten wir eine junge sportliche Praktikantin. Den Weg Möhringen Hohenheim ist sie bei Wind und Wetter geradelt. Die Strecke Möhringen - Bad Cannstatt kam für sie nicht in Frage. Kraft und Kondition wären bei ihr vorhanden gewesen, aber nicht der Wille sich in Sportklamotten zu packen.
    Ob sie heute mit dem Pedelec gefahren wäre? Wer weiß es? Als Studentin wohl kaum, als junge Arbeitnehmerin vielleicht schon, schätze ich. Das Problem eine angenehme am besten noch saubere Strecke zu finden, bleibt bestehen. Dabei wäre offenporiger Asphalt auf Hauptwegen im Wald sogar besser für die Vegetation als die heutigen Schotterpiste, mit Bodenverdichtung. Die Undurchlässigkeit für Wasser und Luft ist an den Pfützen in den Schlaglöchern zu erkennen.
    Bei uns in der Nachbarschaft nehmen die Pedelecs zu. Die Leute sind alle recht begeistert davon.

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    1. Ich denke, die Strecke Möhringen - Bad Cannstatt wäre sie mit dem Pedelec geradelt, den der Berg wäre ihr nicht mehr als Hindernis erschienen. Früher war es so, dass wir oben auf der Filderebene herumgeradelt sind, aber nicht in den Kessel runter und wieder rauf gefahren sind, und das geht halt mit den Pedelecs heute locker.

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    2. ... oder man nimmt /nahm zurück die Zacke ;-)

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  4. Ich bin nach wie vor skeptisch.
    https://fahrradzukunft.de/30/pedelec-versus-muskelkraft-umfassende-kritik

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    1. Ich fürchte, ohne die Pedelecs hätte in Stuttgart der Radverkehr nicht so zugenommen, dass man die Politik - mühselig, aber immerhin - davon überzeugen kann, dass es eine nennenswerte Zahl an Radfahrenden gibt, die dringend mehr Wege für sich braucht. Nicht alle, die Rad fahren, wollen sportlich unterwegs sein, viele wollen einfach nur das Auto ersetzen. (https://dasfahrradblog.blogspot.com/2021/11/pedelec-mobbing-ist-unsportlich.html)

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    2. Das Internet ist auch Teufelszeug, ich bleib bei Fax und Telfonzelle. @marmotte

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    3. @Micha Schau dir mal den Ressourcenverbrauch von Handy & Co. an... (wenn sich Argumente interessieren).

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  5. sieht verdammt schnell aus. Hoffentlich läuft da nicht gerade ein Fußgänger oder gar ein Kind über den Weg.

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    1. An diesen Stellen, wo Fußgänger:innen und Radfahrende sich mischen, passiert so gut wie nie irgendetwas. Sie Unterstellung, dass Radfahrende Fußgänger:innen nicht sehen, ist so eine typische Unterstellung, die man bei Autofahrenden nie macht, und die sehen wirklich viel zu oft Menschen zu Fuß nicht und fahren sie an, mit größere Masse und mit größerer Geschwindigkeit.

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    2. @Anonym klar, Radfahrer rasen immer (100kmh) und gefährden Fußgänger. Außer ein Autofahrer fährt hinter ihnen, dann schleichen Radfahrer enorm (5kmh). Das Problem mit gefühlten Fakten.

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  6. Ich fahre selbst seit 3 Jahren ein Pedelec, um den Arbeitsweg zu bewältigen. Es hat sich als die einzig sinnvolle Lösung herausgestellt, um diese Strecke mit dieser Topografie zu bewältigen. Klar, es ginge auch ohne E, aber ich habe ja auch noch ein Leben außerhalb von körperlichen Höchstleistungssport. Das Pedelec ist eine Wunderwaffe, um Leute aufs Rad zu bringen, die insbesondere wegen der Topografie es vermieden haben, Radzufahren. Und das Argument von "Faulheit" kommt grundsätzlich von Leuten, die sich selbst am Wenigsten bewegen. LG Micha

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  7. Der Artikel passt hier schön rein. Pedelec ist der gesunde Sport. https://efahrer.chip.de/news/wie-gesund-ist-taegliches-e-bike-fahren-sportmediziner-von-ergebnis-ueberrascht_1012168?layout=amp

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  8. Für was man alles es eine "wissenschaftliche Untersuchung" braucht. Es liegt doch auf der Hand. Für mich (Ü65) ist es DAS ideale Trainigsgerät. Dank den unterschiedlichen Unterstützungsstufen, kann ich "pulsgerecht" fahren. Ich arbeitete früher in Tübingen und bin ca. 1-2x die Woche hin u. zurück gefahren. Hinzus mit etwas mehr Unterstützung, zurück mit so viel Unterstützung, dass ich entspr. "ausgepowert" zu Hause ankam. Zudem noch an der frischen Luft !

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