Seiten

20. Mai 2025

Im Schwabtunnel geben die Auto-Rambos den Ton an

Im Februar hat sich Blogleserin Katharina an mich gewandt, die täglich mehrmals mit Kindern auf dem Rad durch den Schwabtunnel radeln muss und es beängstigend findet. Und nun stehen Radfreigaben für die Gehwege. 

Katharina schilderte mir das aggressive Fahrverhalten leider ziemlich vieler Autofahrenden. Sie halten sich nicht ans Überholverbot, das generell im Tunnel gilt, auch gegenüber Radfahrenden, was mit einem Extraschild bekräftigt wird, und überholen teils "im Eichhörnchenabstand", wie es das Kind einer anderen Mutter formulierte. Anfang Mai griff die Stuttgarter Zeitung das Thema auf und berichtet, dass die Angst von Katharina auf dem Fahrrad im Schwabtunnel kein Einzelfall ist. Nachdem auch die Polizei immer wieder Kinder über 10 Jahre, die auf den Gehwegen radelten, vom Rad holen musste, aber nicht auf die Fahrbahn schicken mochte, so gefährlich erschien auch ihr das Radeln dort, beschloss die Stadt, die Gehwege fürs Radfahren freizugeben. Die stehen nun an beiden Seiten und erlauben jeweils in Fahrtrichtung rechtsseitig das Radeln auf dem Gehweg. Das aber bringt Fußgänger:innen (und Radfahrende) in Bedrängnis, denn die Gehwege sind eng, und das Gebot, Schrittgeschwindigkeit zu radeln, ist eines, das man realistischerweise nicht einhalten kann. 

Diese Gehwegfreigabe ist eine Kapitulation von Polizei und Ordnungsamt vor dem Rowdytum der Autofahrenden. Wie krass es dort zugeht, habe ich an einem Mittwochabend gegen 18:30  Uhr eine knappe Viertelstunde lang beobachtet. 

Jede Tageszeit hat ihren besonderen Rad- und Autoverkehr. Gegen halb sieben abends sind viele offensichtlich routinierte Rad-Pendler:innen unterwegs. In meiner Beobachtungszeit wählte keiner bergauf (von Süd nach West) den Gehweg, alle blieben auf der Fahrbahn. Vielleicht auch, weil die meisten noch nicht realisiert haben, dass jetzt der Gehweg freigegeben ist. Fast alle Radfahrenden wurden auf ihrem Weg durch den Tunnel von Autofahrenden überholt. Ich habe nur eine:n Autofahrer:in gesehen, der/die den ganzen Weg hinter dem Radler blieb, obgleich kein Gegenverkehr kam. 

Einige Pkw-Fahrer:innen überholten auch feindselig. Sie fuhren schnell von hinten ran, einige ließen ihre Motoren im Tunnel aufheulen, einige schnitten die Radfahrenden beim wieder Einscheren (weil Gegenverkehr kam). Dieses schnell von hinten an die Räder ranfahren, scheint mir auch dem Bedürfnis geschuldet zu sein, nicht abbremsen und beschleunigen zu müssen, sondern in einem Zug am Radfahrer vorbeizukommen. Das tat dieser Autofahrer (Bild rechts), obgleich ihm auf der Gegenfahrbahn ein Radfahrer entgegenkam. Er schoss zwischen beiden durch. Nach meiner Erfahrung fahren Leute mit Autos übrigens dann besonders schnell, wenn sie wissen, dass sie was Verbotenes tun. 

Überholt einer, folgen ihm andere nach. So gesehen bei diesem Radfahrer (Dreierbild rechts). Er wird von drei Autofahrenden mitten im Tunnel überholt. Der erste Fahrer in dem dunklen Auto fährt erst eine Weile hinter ihm her und überholt dann. Ihm folgen die beiden anderen Autofahrenden. 

Diese Verkehrsverstöße aus irgendeiner Art von Ungeduld heraus erscheinen übrigens auch deshalb besonders sinnlos, weil in der Regel nach dem Tunnel der Radfahrer an der Ampel an der Reinsburgstraße wieder neben dem Auto steht, das ihn gerade überholt hat. Darauf hat mich eine Passantin aufmerksam gemacht. Sie erzählte, sie habe mal die Polizei am Ende des Tunnels stehen sehen, als sie auf dem Rad von einem Autofahrer überholt wurde. Passt, habe sie gedacht, die Polizei hat's gesehen und winkt den jetzt raus. Pustekuchen! Es kümmerte die Polizei nicht. 

Ein eher zweifelhaftes Glück hatte diese Radfahrerin (Viererbild rechts), die mit einem Standardrad fuhr und das ziemlich langsam und extrem am rechten Bordstein entlang. Überholt wurde sie nicht, denn der Bus kam hinter ihr und blieb auch hinter ihr. Sehr langsam! Das zwang den Pedelec-Radler hinter dem Bus, ebenfalls viel langsamer zu fahren als er hätte fahren können. Die Autos hinter diesem Tross konnten immerhin nicht überholen. Dennoch beneide ich diese Radlerin nicht um diesen Glücksfall, denn man braucht sehr starke Nerven, wenn hinter einem ein Bus schnaubt. 

Obgleich es bergab, also von West nach Süd, leichter ist, durch den Tunnel zu radeln und Autofahrenden leichter fällt, nicht zu überholen, weil man mit dem Rad schneller ist (oder einfach nur schneller wirkt), habe ich in meiner Viertelstunde immerhin einen Essens-Lieferanten drüben auf dem Gehweg Richtung Süd radeln sehen.Die kennen ja normalerweise keine Regeln, sie radeln allerdings auch ungerührt auf Fahrbahnen (allerdings überall anders auch).  

Auf die Gehwege steuerten aber die drei E-Scooter-Fahrenden, die nie, auch bei einer Radfreigabe nicht, auf Gehwegen fahren dürfen. Keiner fuhr mit dem E-Scooter auf der Fahrbahn durch den Tunnel. 

Die beiden E-Scooter-Fahrer (unten im Dreierbild) zeigen übrigens auch, an welcher Stelle man nach dem Freigabeschild auf den Gehweg hochfahren kann. Das muss man aber wissen, wirklich sehen kann man es im Vorbeiradeln nur schwer. Der Bordstein ist hier am Tunneleingang zufällig abgesenkt. Einer der beiden E-Scooter-Fahrer geriet bei der Auffahrt allerdings ins Schlingern und wäre beinahe gestürzt. Die meisten Radler:innen, die Richtung West immer schon trotz Verbots auf dem Gehweg fuhren, sind am Zebrastreifen an der Ecke, wo die Schwabstraße beginnt und die Schickardtstraße nach rechts ins Wohngebiet abknickt, auf den Gehweg hochgefahren. Die Gehwegfreigabe gilt aber dort eben noch nicht. Den Gehwegradelnden stellt sich auch die Frage, wo sie wieder runter auf die Fahrbahn kommen. Auf der Westseite ist der Bordstein erst noch ziemlich hoch, nach der Fahrbahnerweiterung um eine Rechtabbiegespur gibt es dann eine Hinterhofausfahrt mit niedrigem Bordstein. Vom Gehweg vor die Autos runter zu fahren ist in jedem Fall komplex. 

Auf der Westseite des Tunneld gibt es ebenfalls einen wegen Gerageneinfahrten abgesenkten Bordstein, den man leicht auf den Gehweg hochkommt. Das muss man nicht wissen, das sieht man. Hat man den Tunnel durchquert und kommt im Süden raus, gibt es keine Abfahrt auf die Fahrbahn. Deshalb gilt die Freigab bis zur Fußgängerampel. Erst dahinter steht das Schild, das den Gehweg als reinen Fußweg ausweist. Auf dem Foto rechts sieht man den Essens-Lieferanten dort lang rauschen. Er wird nicht auf die Fahrbahn runterfahren, sondern auf dem Gehweg bleiben. 

Mit anzusehen, wie rüde an dieser Stelle zu dieser Tageszeit die überwiegende Mehrheit der Autofahrenden (etwa zwei Drittel) Radfahrende behandeln und wie selbstverständlich sie geltende Verkehrsregeln missachten, hat mich jetzt doch bestürzt. (Dabei wirft man doch uns Radelnden immer vor, wir hielten uns an keine Regeln.) Dass die Leute zu Fuß über Radelnde auf dem Gehsteig nicht glücklich sind, versteht sich von selbst. Und die Rückkehr vom Gehweg auf die Fahrbahn ist nicht unkritisch. Viele Radelnde dürften auf dem Gehweg bleiben.

Eine halbstündige Zählung an einem Dienstagmorgen zwischen ungefähr 7:30 und 8 Uhr durch ein Team des ADFC hat ein etwas anderes Bild ergeben (der Verkehr ist zu jeder Tageszeit anders). Es radelten etwas mehr auf den Gehwegen und es wurde deutlich weniger regelwidrig überholt, was aber vermutlich daran lag, dass insgesamt viele Autos durch den Tunnel fuhren und es weniger Lücken im Gegenverkehr gab. Richtung Süd (bergab) waren 23 Prozent der Radfahrten Gehwegfahrten. Bergauf waren es 40 Prozent, die den Gehweg nahmen (einige auch den linksseitig). Insgesamt radelten etwa 30 Prozent auf dem Gehweg. Die meisten Fußgänger:innen (60 Prozent) waren übrigens auf der, in Richtung Westen gesehen, rechten Seite des Gehwegs unterwegs, also der Seite, die für die Radfahrenden die Bergaufseite ist und auf der eher auf den Gehweg ausgewichen wird. Unter den Fußgänger:innen gab es Kinderwagenschiebende und mehr Schüler:innen als auf Rädern unterwegs waren. 

So lassen kann man das nach meiner Auffassung nicht. Dass der unfreundliche Autoverkehr den Radverkehr auf die Gehwege scheucht, wo er dann die Fußgänger:innen stresst, ist keine Lösung und ein völlig falsches Signal an alle: Autofahrende, Radfahrende und Fußgänger:innen. Viele Autofahrende glauben bei Radfreigaben, der Gehweg sei der Radweg und behandeln Fahrbahnradelnde noch aggressiver. Auch viele Radfahrende halten den Gehweg mit Freigabeschild für einen Radweg. Die Situation wird nicht klarer, sondern unklarer und wieder einmal müssen Rad- und Fußverkehr auf engstem Raum Platzkonflikte austragen, nur weil der Autoverkehr nicht diszipliniert werden kann. Das grenzt schon an Amtsversagen. 

Was also tun? Seit mindestens 2014 ist das Problem Schwabtunnel immer wieder mal im Bezirksbeirat Süd Beratungsgegenstand, im Bezirksbeirat West übrigens auch. Es sind im Lauf der Zeit und Debatten viele Vorschläge gemacht worden, teils inoffiziell, teils in Anträgen an die Verwaltung. Auch meiner Sicht hängt eine gute Lösung für den Rad- und Fußverkehr davon ab, ob es gelingt, den Autoverkehr zu disziplinieren und geltendes Recht auch wirklich durchzusetzen. Und wohlgemerkt: Gäbe es diese Autofahrenden nicht, die sich nicht an die Verkehrsregeln halten und Radfahrende einschüchtern (aus Unwissenheit oder absichtlich), dann müsste man über den Tunnel gar nicht nachdenken. Es gibt sie aber, und nicht zu knapp. Alle Vorschläge wurden bislang mit einem Aber (❎) versehen, scheinen nicht zu gehen oder waren politisch nicht gewollt. Es gibt aber auch Argumente für (✅) die eine oder andere Lösung. 

  • Den Kontrolldruck auf Autofahrende erhöhen.  ❎Geht nicht, denn die Polizei betont, ihr fehlten die Leute dafür, es gebe auch andere Stellen in der Stadt, wo es mit dem Autoverkehr schief läuft und kontrolliert werden muss, aber auch nicht oft genug kontrolliert werden kann. Außerdem hat die Polizei alle Hände voll mit Unfallaufnahmen zu tun. 
  • Radstreifen oder Schutzstreifen anlegen.  ❎Geht nicht, Fahrbahnen zu schmal. 
  • Den Tunnel für den Autoverkehr sperren und für den Umweltverbund öffnen, also für Busse, Fahrräder und E-Scooter.  ✅Ginge. ❎Dafür gab es im Gemeinderat bisher keine Mehrheit. Die autofreundlichen Fraktionen argumentieren, dann müssten Autofahrende größere Umwege fahren und bliesen mehr CO2 in die Luft. Das Argument, dass es derzeit eher die Radfahrenden sind, die weite Umwege über die Silberburgstraße oder Hohenstaufenstaße fahren, wenn sie im Tunnel Angst haben, zieht bei denen nicht. ❎Ich vermute, die Verkehrsbehörde würde da auch nicht mitmachen, mit dem juristischen Argument, dem Autoverkehr dürfe keine Straße entzogen werden. ❎Ein weiteres Problem sehe ich auch: Man müsste diese Sperrung für den MIV konsequent durchsetzen. Die Polizei hat dafür keine Kräfte übrig und eine physische Sperre kann man wegen des Busses nicht aufstellen. ✅Allerdings kann man eine Blitzersäule aufstellen und unerlaubte Durchfahrten fotografieren. Das geht. So einer wurde an der neuen Fahrradstraße vor dem Cannstatter Bahnhof aufgestellt und wird wohl demnächst in Betrieb gehen, wenn die Straße als Fahrradstraße ausgeschildert ist. Das ist  wirkungsvoll und gerecht, denn dann würden alle ohne Ausnahme erfasst, die da falsch fahren. 
  • Die Bergaufspur (Süd nach West) für den Autoverkehr sperren und für Rad und Bus freigeben.   ✅Ginge. ❎Bislang politisch aber abgelehnt.. ✅Auch hier wäre der Blitzer die einzige Option um illegale Durchfahrten zu unterbinden.  
  • Ampeln an beiden Tunnelenden aufstellen, die mal den Autoverkehr bergauf, mal bergab und im Gegenzug den Radverkehr bergab und bergauf durchlassen.  ❎Geht nicht. Das kostet alle, den Rad- und Autoverkehr, viel zu viel Zeit, sie stehen minutenlang an roten Ampeln. Ich halte das für nicht praktikabel. 
  • Den Gehweg auf nur eine Tunnelseite verlegen, verbreitern und fürs Rad freigeben.  ❎Eine teure und langwierige bauliche Maßnahme. ❎Sie zwingt außerdem Fußgänger:innen zu einem Umweg und Halts an Ampeln, wenn sie von der anderen Seite kommen und ihr Ziel auch auf der anderen Seite liegt. Das gilt auch für Radfahrende. Auch sie müssen dann über Ampelanlagen auf die andere Seite wechseln. Nur die Autofahrer:innen dürfen wieder Mal umstandslos und ohne Halt durchfahren. 
  • Baken auf der Mittellinie könnten das Überholen unmöglich machen.  ❎Geht nicht, weil die Fahrbahn dann für den Bus zu schmal wird. ✅Bestenfalls eine frisch weiß markierte durchgezogene Linie und/oder Reflektorknöpfe  (Markierungsnägel mit Reflektoren) auf der Mittellinie kann ich mir als praktikabel vorstellen. 
  • Radzeichen auf den Fahrbahn platzieren, damit allen klar ist: hier dürfen Radfahrende fahren. ✅Ginge. Dies ist ein dringender, von der Verkehrsbehörde nicht befolgter Vorschlag des Bezirksbeirats Süd. Eine Radzeichen kette zeigt allen, dass hier Radfahrende fahren dürfen und sollen. ❎Wird aber nicht am verbotenen Überholen hindern. 
  • Ein Banner aufhängen, auf dem den Autofahrenden erklärt wird, dass sie nicht überholen dürfen. ❎Geht bisher nicht, weil der Tunnel unter Denkmalschutz steht und der Tunnelmund nicht verhunzt werden darf.  ✅Wird aber wohl gerade erwogen und abgeklärt. Ich halte die Wirkung für begrenzt, die Banner in der Fahrradstraße Eberhardstraße halten Autofahrende auch nicht davon ab, reinzufahren. 
  • Blitzer im Tunnel installieren.  Geht nicht, der Tunnel ist zu eng, heißt es. (Im Schwanenplatztunnel geht es, die hängen oben an der Wand, die ist allerdings senkrecht, kein Gewölbe.) ❎Abgesehen davon, was sollen die Blitzer blitzen? Verbotene Überholvorgänge (das haben wir noch nie gemacht) oder Tempoverstöße (die dürften kaum so eklatant sein, mit 40 km/h kommt man gut an einem Fahrrad vorbei)?
  • Tempo 30 im Tunnel anordnen.  ❎Ging bisher nicht, weil die Busfahrer argumentierten, dann verlören sie zu viel Zeit (mehr als ein paar Sekunden können es allerdings nicht sein ) ✅Darauf könnte es aber jetzt durchaus hinauslaufen, denn die Stadt kann leichter Tempo 30 anordnen. Und eine Schule ist da ja auch, an der alle vorbeifahren. ❎Ob allerdings Tempo 30 am illegalen Überholen hindert, scheint mir fraglich, wenn im Tunnel das Tempo nicht kontrolliert werden kann. 
  • Die Schickardtstraße, Schwabstraße und Schwabtunnel bis zur Kreuzung Reinsburgstraße zur Fahrradstraße mit Kfz-Freigabe machenGinge. ❎Ist politisch aber noch nicht ernsthaft angedacht, dauert auch sehr lange und muss viele bürokratische Hürden überwinden. ✅Auf Fahrradstraßen ändert sich aber tatsächlich das Verhalten von Autofahrenden. Auch deshalb, weil der Radverkehr zunimmt und dem Autoverkehr sehr präsent wird. ✅Außerdem schließt eine Fahrradstraße Tempo 30 mit ein.
  • Nachtrag aufgrund eines Facebookkomentars: Bodenwellen, die zum Langsamfahren zwingen. ❎Geht nicht. Das lupft die Insass:innen des Busses jedes Mal aus den Sitzen. Und die Radfahrenden aus den Sätteln. 
  • Den Tunnel verbreitern (siehe Kommentar unten) ❎Geht auch nicht. Der steht unter Denkmalschutz. 
Wer will findet Wege, wer nicht will, findet Gründe. Gründe haben wir derzeit genug angeführt. Wir müssen deshalb unseren Blick auf das richten, was wir wollen. Und das kann nur der Schutz von Fußgänger:innen (einschließlich Schüler:innen) vor dem Radverkehr und der Schutz des Radverkehrs (einschließlich des Schulradverkehrs) vor denjenigen Autofahrenden sein, die ihn einschüchtern und bedrängen.  

Ich persönlich bin für eine Fahrradstraße nach Stuttgarter Art. Davon können wir ohnehin nicht genug haben. Sie ziehen Radfahrende an, zeigen Autofahrenden, dass es uns gibt und sie uns respektieren müssen, und sie unterbinden dennoch den Autoverkehr nicht komplett. Noch besser würde mir natürlich die Sperrung des Tunnels für den Autoverkehr (ausgenommen Busse) gefallen. Aber das ist konfliktbehaftet. Das muss man als Stadt und Gemeinderat wollen, um es gegen die zunächst aufgebrachten Bürger:innen zu vertreten, die ihre Privilegien retten wollen. 

Nachtrag, 27. Mai 2025: Die Stuttgarter Zeitung hat das Thema noch einmal aufgenommen und weiter Radfahrer:innen zu Wort kommen lassen. Die Rede ist von "krasser Ungleichbehandlung" von Radelnden und Autofahrenden. Die Kommentare unter solchen Artikeln darf man nicht lesen, sie oszilieren zwischen "Gängelung der Autofahrenden" (durch ein Überholverbot? Hm!) und "Das Auto in Stuttgart ganz abgeschafft werden". Maß Halten geht anders. Es geht schließlich nur um ein Überholverbot und dass man hundertfünfzig Meter mit dem Auto mal langsamer fährt als man dürfte und könnte. 


42 Kommentare:

  1. In Düsseldorf gibt es Konflikt durch Fußgänger die dauernd auch die Fahrbahn der Schadowstraße lautschen, jetzt will man versuchen die Radfahrer aus der Stadt zu schmeißen, nachdem man für Bahn und Autos für 1mrd Euro einen Tunnel gebaut hat. Autofahrer und Bahnfahrt haben ja eine Alternative, Radfahrer nicht.

    Vielleicht sollte man den Antrag der CDU hier aus Düsseldorf nutzen um Tempo 10 im Schwabtunnel zu fordern, dass hat die CDU und früher schon mal die FDP gefordert.

    Und eine Sperrung für Autofahrer, die können ja außen rum Fahren, ein kleiner Umweg nur. Sie haben ja Autos.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Und weil die Stadt Düsseldorf Radfahrer aus der Stadt schmeißen will, hat sie ein Teilstück des Wehrhans als Verlängerung der Schadowstraße jetzt zur Fahrradstraße ausgebaut.
      Wenn man sich über Fußgänger beschwert, die „dauernd auch die Fahrbahn der Schadowstraße lautschen“, dann darf man gern auch Radfahrer erwähnen, die z. B. trotz Fahrverbots in der Weihnachtszeit, die Strecke nutzen oder diejenigen, die regelwidrig aus Seitenstraßen in die Schadowstraße einfahren (z. B. aus Liesegangstr. trotz VZ 250).

      Löschen
    2. Darf man natürlich. Hat wer gesagt, dass man das nicht darf?
      Ändert natürlich nichts daran, dass nur Motorfahrzeuge verwundbare Verkehrsteilnehmer nennenswert gefährden, Fahrrradfahrer, die sich nicht an Regeln halten, gefährden Fußgänger kaum mehr, als umgekehrt.

      Löschen
    3. Dass nur Motorfahrzeuge verwundbare Verkehrsteilnehmer nennenswert gefährden?! Interessant.

      Löschen
    4. Das ist statistich erwiesen (zumindest laut Untersuchungen in UK, cf. Chris Boradman). Sie haben eine größere Chance vom Blitz erschlagen oder von einer Kuh getötet zu werden (oder die Lotterie zu gewinnen) als von einem "schuldhaften" Fahrradfahrer in einem "Unfall" getötet zu werden.

      Löschen
    5. Dann zählt als nennenswerte Gefährdung also nur, wenn man im Ergebnis tot auf der Straße liegt. Alles klar.

      Löschen
    6. Meine G... das ist doch nicht schwer zu verstehen oder. Was für Tote gilt, gilt proportional auch für alle anderen. Aber es scheint eh, als wollten Sie hier nur einen Popanz aufbauen.

      Löschen
    7. Wenn das so trivial ist, dann erklären Sie das doch bitte dem 4jährigen Mädchen, das auf der Schadowstraße von einem Radfahrer angefahren wurde und schwer verletzt ins Krankenhaus musste.

      Löschen
    8. Das ist natürlich schlimm, mein herzliches Beileid, sollten Sie persönlich davon betroffen sein.

      Aber auch das ändert nichts an den o.g., belegten Tatsachen über die relative Gefährlichkeit von Kraftfahrzeug- und Radfahrern.

      Löschen
    9. Ich habe nicht behauptet, dass Kraftfahrzeuge im Vergleich zum Radverkehr gleich- oder weniger gefährdend sind. Die Daten von z. B. Statista belegen aber auch, dass es eine (in meinen Augen) signifikante Anzahl an Unfällen mit Personenschaden gibt, bei denen Radfahrer Hauptverursacher waren.
      Ursprünglich ging es aber darum, dass eben nicht nur Fußgänger auf der angesprochenen Schadowstraße Konflikte verursachen.

      Löschen
    10. Es ist nicht so klar, was sie mit "signifikant" meinen, vermutlich nicht "statistisch signifikant" (das hätte wenig mit der Menge und mehr mit der Existenz zu tun), sondern "subjektiv hohe Anzahl". Üblicherweise ist diese Zahl sehr deutlich von den Alleinunfällen dominiert bei denen der erfasste (!) Verursacher natürlich auf dem Rad unterwegs war. Bei Unfällen zwischen Radverkehr und Fußverkehr gibt es jedes Jahr eine (sehr) niedrige zweistellige Zahl von Fällen bei denen FußgängerInnen schwer verletzt oder getötet wurden und Radfahrer als Hauptverursacher erfasst sind (die Zahl mit umgekehrter Rollenverteilung liegt vergleichbar).
      Ob man das bei Statista lesen kann weiß ich nicht, ich habe die Zahlen aus den amtlichen Jahresberichten (allerdings nicht aktuell, da ich dort gerade noch nicht die entsprechenden Tabellen finden konnte).

      Ohne zu verharmlosen: Das "schwer verletzt" bedeutet erstmal "mind. 24h Krankenhaus", das geht bei Beobachtung wegen eines Verdachts los bis hin zu sofort lebensbedrohlichen Verletzungen.

      Genauer zu ihrem Beispiel aus Düsseldorf, Jahr 2022: "Ein vierjähriges Mädchen, das an dem neuen Brunnen auf der Schadowstraße in Düsseldorf-Stadtmitte spielte, ist plötzlich auf den nahen Fahrradweg gelaufen und von einem Radler erfasst worden. Die Kleine wurde schwer verletzt." und "Das Mädchen fiel zu Boden und verletzte sich schwer." (siehe (1)). Ohne zu verharmlosen: Einigermaßen wahrscheinlich ist, dass das Kind zur wegen Verdacht auf Gehirnerschütterung zur Beobachtung im Krankenhaus war. Wäre das Mädchen von einem Auto angefahren worden, wäre die Wahrscheinlichkeit geringer "ihr noch etwas erklären zu können" (warum auch immer sie das wollen).
      (1) https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/blaulicht/duesseldorf-stadtmitte-vierjaehrige-nach-unfall-mit-radfahrer-schwer-verletzt_aid-72107725

      Löschen
  2. Die Autorowdys auf die B27a!

    AntwortenLöschen
  3. Genau, wie immer.
    Radverkehr muss man zuerst wollen, und dann - richtig - machen.
    Man will ihn aber erstens nicht, und macht ihn deshalb zweitens, wenn überhaupt, falsch.

    AntwortenLöschen
  4. Wie wärs mit Tunnel verbreitern?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. War vermutlich nicht ernst gemeint. Der Tunnel steht unter Denkmalschutz. Er ist der erste Stadtbahn- und dann Autotunnel Stuttgarts.

      Löschen
    2. Alle anderen Vorschläge scheinen ja nicht zu funktionieren. Das Thema Schwabtunnel ist nun schon seit vielen Jahren ungelöst und erscheint immer wieder in deinem Blog Christine. Vielleicht ist jetzt Zeit für ungewöhnliche Vorschläge. Es kann ja nicht sein dass der Denkmalschutz höher gewichtet wird als die Sicherheit der Radfahrenden und Fussgänger. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit bis mal ein schlimmer Unfall passiert im Tunnel.

      Löschen
  5. Vielleicht wäre es ein Schritt in der Überzeugungsarbeit ausführliches Videomaterial von den Überholungen zu haben und zur Vorbereitung auch systematisch auszuwerten. Konkret meine ich, dass z.B. mit Hilfe des ADFC, VCD o.ä. so eine Aktion wie in dem Beitrag https://dasfahrradblog.blogspot.com/2025/01/adac-hat-rotlichtverstoe-gezahlt-und-wo.html beschriebene Aktion an einem Hotspot wie dem Schwabtunnel aufziehen und mit deren Reichweite zu veröffentlichen und zu nutzen -- natürlich soll es dabei nicht um Ampeln gehen, sondern darum Fehlverhalten und Gefährdung durch Kraftfahrer anschaulich zu belegen.

    So eine Aktion in einem Tunnel ist sicherlich organisatorisch und technisch anspruchsvoll (hinreichend viele Helfer, Kameras, schwierige Tonaufnahme, rechtliche Vorbereitung, ...) aber im Ergebnis kann ich mir gerade bei einem Tunnel vorstellen, dass auch ein Gefühl der Gefährdung transportiert wird.

    AntwortenLöschen
  6. Darüber denke ich schon länger nach. Videos wirken, wenn sie zeigen, wie unerträglich eine Situation ist. Aber das zu zeigen, ist nicht wirklich einfach.

    AntwortenLöschen
  7. Warum keine grössere Kampagne (institutionelles Bündnis ... ?) mit dem Ziel gewalttätige Autofahrende systematisch und in großem Stil anzuzeigen? Geeignete Actioncams (Loop-Modus) sind ja mittlerweile nebst Halterungen sehr günstig erwerbbar.
    Wann dabei Quantität in Qualität (nachhaltige Wirkung) umschlägt kommt natürlich auf die Menge der Anzeigen an, der Bereitschaft der Exekutive und Judikative zu Sanktionierung, und vor allem auf die begleitende Öffentlichkeitsarbeit, bei der m.E. sehr strikt darauf zu achten ist, dass sich die Kampagne nicht gegen Autofahrende richtet, sondern gegen regelwidrige Engstüberholer:innen, was aus Sicht der Radfahrenden ein Angstüberholen bzw. Überholtwerden ist.
    Dass solche Situationen in aller Regel nicht zu Unfällen führen ist dabei erstmal zweitrangig, es würde dabei um die Ächtung und Sanktionierung von automobiler Gewalt gehen mit dem Ziel den grassierenden Trend zur gewaltsam durchgesetzten automobilen Alleinherrschaft auf unserem allgemeinen(!) Fahrbahnnetz rück abzuwickeln, also sowas wie 'Stop den Autoterror'.
    Alfons Krückmann

    AntwortenLöschen
  8. Hallo Christine

    Diese Problem sind überall gleich. Die Abwesenheit von Sanktionen fördert Anarchie. Da haben wir doch schon tolle KI, kann diese nicht über Kameras Vorfälle erfassen und automatische Sanktionieren? Der BKat gibt das ja alles her! In Amsterdam fahren Autos seit Jahren rum, die die Kennzeichen fotografieren und automatisch Auswerten wer die Parkgebühren bezahlt hat. Alles eine Frage des Willens Tatbestände im fliessenden und ruhendem Verkehr effizient zu Sanktionieren. Binnen Wochen würden sich alle an die Regeln halten, weil sie unter Beobachtung stehen. Warum ist das nicht möglich? Gefahrenabwehr ist doch das Argument! Damit kann man ja schnelle Razzien durchführen und Grenzkontrollen errichten! Aber klar, der arme, gebeutelte Autofahrer braucht ja "noch Luft zum atmen" und der kleine Mann von Welt muss sich doch irgendwo austoben dürfen...Ja, und dann noch der Datenschutz! Kann man nix machen! Müsste ihr halt die Gewalttäter im Blechkleid weiter ertragen, bis ein Kind im Schwabentunnel totgefahren wird?

    Grüsse
    Michael

    AntwortenLöschen
  9. Schwabtunnel ist wirklich saugefährlich - fahre ihn jeden Tag mit Kind. Danke für die Aufklärungsarbeit!

    AntwortenLöschen
  10. Hier handelt es sich um Straftaten mit bis zu 5 Jahren Gefängnis (§315c Abs. 1 Nr 2a), keine Ordnungswidrigkeiten! Da geht die Ausrede "mangelndes Personal" nicht mehr, sondern die Vertreter der Vollzugsbehörden "surfen" da ganz nah an der Strafvereitelung im Amt.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Gibt es da Urteile die auf das Szenario "Auto überholt Fahrrad mit zu geringem Abstand"? Ich vermute (als Laie), dass es sehr schwer ist auf der Basis etwas zu erreichen. Gefunden habe ich auf die Schnelle nur https://www.burhoff.de/rspr/texte/bx_00007.htm (es werden Autos vor einer Kuppe überholt und es gibt Gegenverkehr).
      Über Nötigung scheint das leichter zu sein, aber alles andere als sicher : https://forumwk.de/2023/02/28/vor-gericht-sind-radfahrer-immer-die-boesen/. Immerhin gibt es ein Urteil aus Dresden, dass die Nötigung nicht von der Radfahrerin ausgeht wenn sie in der Spur fährt weil der Platz zum Überholen zu schmal ist: https://www.t-online.de/nachrichten/panorama/gesellschaft/id_100491642/dresden-radaktivistin-erstreitet-urteil-mittig-fahren-ist-keine-noetigung.html

      Löschen
    2. Es ist in Stuttgart nicht möglich mit einem Kraftfahrzeug einen Radfahrer durch dichtes Überholen im Sinne von §315c zu gefährden.
      Enges Überholen bei hohen Geschwindigkeiten, zwingen zu einer Vollbremsung, sogar Abdrängen von der Fahrbahn mit Berührung: Es liegt nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Stuttgart keine Gefährdung im Sinne dieses Paragrafen vor.

      Löschen
  11. Um Radfahrende zu kontrollieren und zu sanktionieren, hat die Polizei offensichtlich genug Zeit: https://dresden.network/@zweirat0711@verkehrswende.social/114538968532055754
    Es wäre schon schön, die Polizei wäre auf Seiten des Rechts und der Gefährdeten, nicht Hand in Hand mit den Gefährderinnen und Gefährdern.
    Thomas

    AntwortenLöschen
  12. Es fehlen entscheidende Fakten in Deinem Artikel: Die Verkehrsmenge von 15.000 - 20.000 Kfz/24h ist schon ne Ansage. Andererseits ist der Tunnel nur 125 Meter lang! 125 Meter! Die Zeitdifferenz bei 30 Km/h und 40 Km/h beträgt 3,7 Sek. Das ist ja komplett albern. Der ADFC muss sich schon fragen lassen, warum er das nicht schon längst vor dem VG abgeräumt hat. Gegenwärtig sind mir zu viele Emotionen im Spiel. Klaus

    AntwortenLöschen
  13. Waum nicht statt Blitzer Kameras außen aufhängen? Es gibt doch ein Überholverbot im Tunnel. Wer vorne in den Tunnel hinter dem Radfahrer reinfährt und hinten vor ihm wieder rauskommt, hat im Überholverbot überholt. Das ist eine ganz einfache Schlussfolgerung. Man muss dann nur die Kamerabilder auswerten.
    Man könnte vielleicht sogar ein Forschungsprojekt daraus machen, so wie die intelligente Videoüberwachung in Mannheim, die gestützt von KI die Bilder live auswertet und bei Straftaten (z.B. typische schnell Bewegungen) anschlägt. Dann würden nur die Paarungen aufgezeichnet, auf denen (indirekt) das Überholen dokumentiert ist.
    Das wäre doch ein Win-Win-Situation. Radfahrer würden geschützt und Forscher könnten sich eine neue Technik ausdenken.
    Karin

    AntwortenLöschen
  14. Hallo Christine

    "Außerdem hat die Polizei alle Hände voll mit Unfallaufnahmen zu tun." steht in deinem Text mit Bezug auf mangelnde Kapazität der Polizei. Ist es nicht der Ur-Sinn von Prävention und Sanktionierung (=Vorsorgeprinzip nach Art. 20aGG) Gefahren für Leib und Leben abzuwehren, bevor sie enstehen? Verhindert man so nicht die Bindung von viel Polizei und Rettungskräften-Personal, öffentlichen Geldern, verhindert man damit nicht unnötigen Schmerzen, Tod, Leid, und wenn Auto-Michel will das hohe Gut "Stau wegen Unfall" und "Der Täter blieb unverletzt" ? Es ist oberste Aufgabe aller Polizeiorgane die Gefahr abzuwehren, steht in jedem § 1 oder §2 sämtlicher Polizeigesetze der Bundesländer! Trotzdem wird dies überall private delegiert, die Verantwortung auf Kinder!!!! abgegeben, die 3 Affen gemacht gegenüber erwachsenen Führerscheinbesitzern. "Luft ist sauber genug und gibt doch wengier Verkehrsunfälle, warum dann weiter T30 statt T50?" hiess es neulich aus Berlin (https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2025/04/berlin-hauptstrassen-tempo-30-cdu-aufheben.html). Man nennt das das Präventionsparadoxon: Würde man Prävention und Sanktion umsetzen, d.h. wirklich Vision Zero realisieren, würde es wohl in der Praxis heissen "Die Polizei hat nix zu tun, gibt ja keine Unfälle, Toten, Leidenden, dann kann man ja da Stellen kürzen!!"? Was sind die wahren Gründe, statt mit wenig Aufwand und den bereits vorhandenen Gesetzen die Ursachen im Keim ersticken, statt immer nur die Symptome, die Ergebnisse des eigenen Versagens sind, mit viel Aufwand zu bekämpfen? Ist doch alles so logisch, und trotzdem wird nix gemacht...

    Grüsse
    Michael

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Die Gründe kennen wir alle, Michael. Die Gesellschaft will, dass der Autoverkehr rollt und dass Autofahrende möglichst nichts bezahlen müssen (etwa, wenn sie Verkehrsregeln übertreten). Das Primat des Autovekrehr ist der Grund, warum die von der Gesellschaft getragene und gewählte Politik nichts unternimmt, um Menschen zu Fuß und auf Fahrrädern eine angstfreie Teilnahem am Straßenverkehr zu ermöglichen. Die würde nämlich drastische Einschränkungen für den Autoverkehr bedeuten. Die Gründe sind also ideologisch, warum nicht wirklich was zugunsten der Leute passiert, die nicht in Autos sitzen.

      Löschen
    2. Leider hast du zu 100% recht. Man kann deinen Text von "Autoverkehr" und und "Fuss und Fahrrad" auf "Konsumgesellschaft" und "Umwelt" abändern und schon weiss man, warum wirksamer Umwelt- und Klimaschutz nicht wirklich umgesetzt wird...

      Löschen
  15. Ich lese deine Artikel regelmäßig und finde es grundsätzlich super, dass sich hier jemand für die Interessen der Radfahrenden in Stuttgart einsetzt – das ist wichtig und notwendig. Stuttgart hat in meinen Augen noch viel Potenzial als Fahrradstadt, aber es wird leider nach wie vor viel zu wenig daraus gemacht. Es gibt gute Ansätze, und man merkt, dass dazugelernt wird. Neulich habe ich sogar Polizisten beobachtet, die in der Tübinger Straße den „Anliegerverkehr“ kontrollierten – ich war so beseelt, dass ich im Vorbeiradeln glatt „Danke“ gesagt habe.

    Was mir in deinen Artikeln allerdings häufiger auffällt: Es fehlt mir manchmal an Selbstreflexion und Differenziertheit in der Darstellung. Oft schwingt stark eine Opferhaltung mit – als wären Radfahrende bloß ausgelieferte Verkehrsteilnehmer:innen ohne eigene Handlungsmöglichkeiten. Dabei sind wir genauso steuerzahlende Verkehrsteilnehmer:innen mit einem vollen Recht auf gefahrlose Teilnahme am Straßenverkehr. Und genau das müssen wir auch einfordern – aktiv.

    Gerade im Schwabtunnel oder auf Straßen, auf denen kein gefahrloses Überholen möglich ist, heißt das: Radfahrende müssen ihre Spur beanspruchen – auch wenn sich dahinter der Verkehr staut. Wer sich ängstlich an den Rand drückt, lädt zum gefährlichen Überholen geradezu ein. Wer dagegen mittig fährt, macht klar: Ich bin hier, ich habe das Recht hier zu fahren, und ich zwinge dich – wenn überhaupt – zu einem sicheren, vollständigen Überholmanöver über die Gegenfahrbahn. Das ist keine Provokation, sondern Selbstschutz.

    Wichtig ist dabei auch: frühzeitig Handzeichen geben, nach hinten schauen, Präsenz zeigen. Wer kommuniziert, wird auch besser wahrgenommen.

    Leider beobachte ich immer wieder, dass sich viele Radfahrende „klein machen“, als hätten sie kein Recht auf den Raum. Besonders in Baustellenbereichen, wo Radwege auf die Fahrbahn verlegt sind (z. B. Böblinger Str. Richtung Vaihingen), oder in engen Straßen wie der Burgstallstraße, ist das deutlich zu sehen. Natürlich ist es nicht schön, wenn hinter einem Autos warten oder hupen – aber das ist eben Teil eines gemeinsamen Verkehrsraums. Wenn eine gefahrlose Durchfahrt anders nicht möglich ist, dann gehört dieser Raum in dem Moment eben uns.

    Und ja: man darf auch höflich sein. Wer sich am Ende einer brenzligen Situation freundlich bedankt, hat vielleicht beim nächsten Mal einen entspannteren Autofahrer hinter sich.

    Radfahren ist kein Bittsteller-Verhalten. Präsenz zeigen, klar positionieren, Rechte einfordern – das muss die Richtung sein.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. So sieht's aus. Rechte wahrnehmen, statt sich als Opfer anzubieten.
      Thomas

      Löschen
    2. Das ist m.E. eher eine Fehleinschätzung.
      Die systemische Gewalt gegen Frauen wurde nicht durch gnädige oder einsichtsvolle Männer gemildert, sondern durch den steten und mutigen Kampf zahlreicher Frauen und Frauenvereinigungen.
      Gleiches gilt im Bereich Rassismus.
      Siehe zB::
      https://de.wikipedia.org/wiki/Rosa_Parks
      GERADE auch beim Vorliegen von systemischer Gewalt kommt es doch darauf an, dass die Betroffenen selbst aktiv werden und für ihre Rechte einstehen?
      Wurden denn der Achtstundentag und die 5 Tage Woche von den Unternehmern erkämpft, oder von Arbeitnehmer:innen, die teils sehr mutig (und leider teils unter hohen persönlichen Opfern bis hin zum erschossen werden) ihre Rechte erkämpft haben?
      Ein Problem, und das stellt einen Teil der Unterschiede zu den oben genannten Konflikten/Diskriminierungen dar, existiert allerdings:
      ein Großteil der Radfahrenden besitzt ein Automobil und fühlt sich innerlich eher als Autofahrer:in, der/die AUCH Rad fährt, was m.E. ein Hauptgrund für die passiv erduldende Fahrpraxis vieler dieser Auch-Radfahrenden ist.
      Die meisten aus dieser Gruppe sind allerdings potentiell offen für Aufklärungskampagnen. Es ist vor allem der für Ärger und Gefährdung sorgende Bodensatz der Menschen mit Affinität zu 'Autombiler Gewalt', dem ohne wirksame Repression nicht beizukommen ist.
      Insgesamt denke ich, dass das Bewusstsein für die Rolle als Einwohnende, Radfahrende, Fußgehende und ÖPV-Nutzende zu stärken gilt, und dabei vor allem die fatalen und anti-sozialen Auswirkungen des 'Virus Auto' bewusst gemacht werden müssen ('Freie Fahrt für freie Bürger', etc.), auf dass die gegenwärtige Unwucht von einerseits staatlich und gesellschaftlich gewährten Privilegien für umwelt- und sozialschädliches Verhalten, sowie andererseits Diskriminierungen und Anfeindungen für sozial solidarisches und umweltgerechtes Verhalten, in ein zukunftsgerechtes und sozial/ökologisch verträgliches Lot kommt.
      Progressive Veränderungen fallen aber nicht in den Schoß, sondern mussten und müssen meist aktiv erkämpft werden, auch wenn das aus unterschiedlichen Gründen nicht für Alle in selbem Umfang möglich ist, sondern es in der Regel sowohl die notwendigen Aktivem als auch die (ebenfalls notwendigen) passiv wohlwollenden Nutznießenden der erkämpften Veränderungen gibt.
      Am Ende winkt ein Gewinn für (fast) alle, auch wenn die systematisch in Autoabhängigkeit getriebenen Automobilisten und Automobilistinnen (aka 'Wutbürger') i.d.R. erstmal vom Gegenteil ausgehen.
      Alfons Krückmann

      Löschen
    3. Ich bin mir nicht mehr so sicher, dass der 8-Stunden-Tag und dgl. wirklich von den Arbeitern erkämpft wurden, es scheint mir mittlerweile immer mehr so, dass sich die Herrschenden an bestimmten Momenten in der Geschichte einfach kurzzeitig nicht mehr dagegen wehren konnten.
      Sicher ist allerdings, dass die Herrschenden seit Jahrzehnten gegen diese Fortschritte ankämpfen und es schaffen, sie langsam aber sicher zurückzudrehen. Selbst die Infragestellung ebendieses 8-Stunden-Tages ist seit kurzem kein Tabu mehr... Wie es scheint geht langsam eine absolute Ausnahmeperiode in der tatsächlichen Jahrtausende langen Geschichte von Ausbeutung und Unterdrückung zu Ende.

      Dafür kann man nicht die individuellen Arbeiter verantwortlich machen, und genauso kann man nicht wie der TO diejenigen Radfahrer, die auf unseren Straßen Angst haben, dafür angehen, dass sie nicht einfach beherzt in primary position fahren, und C.Lehmann dafür, dass sie das thematisiert.

      Löschen
    4. Sich auf Straßen sein Recht nehmen und Platz beanspruchen, sagt sich halt so leicht. Ich bin gestern mit ungeübteren Radler:innen durch den Schwabtunnel gefahren, und einer (ein Mann) sagte, es falle ihm schwer "sich nicht klein zu machen", sondern eher mittig und selbstbewusst zu radeln. Dahinter steckt wohl, dass er die Autofahrenden nicht provozieren will. Ich habe im Schwabtunnel bei meiner Bobachtung einen Radler gesehen, der die Hand bremsend nach links rausstreckte und mittig radelte, um einen Autofahrer zu sagen, dass er nicht überholen darf. Dieser Autofahrer überholte trotzdem und das mit aufjaulendem Motor, also aggressiv. Ich finde, dass wir Radfahrenden eben nicht irgendwelche Einzelkämpfe auf Fahrbahnen austragen sollen müssen. Kampf ist auch eher was für Männer (und nicht mal alle) und eher weniger die Sache von Frauen (auch wenn es kämpfende Frauen gibt). Und es würden viel mehr Frauen Rad fahren, wenn sie solche Kämpfe nicht austragen müssten. Wir Radfahrenden jedenfalls können die Autofahrenden im Tunnel nicht daran hindern, knapp zu überholen. Und ich sehe und erlebe es leider eben nicht, dass jetzt viele Radfahrende bereit seien, mit mir am Tunnel gegen die Überholerei zu demonstrieren oder täglich zusammen massenhaft da durchzuradeln. Wir kämpfen eben doch meist unsere einsamen Kämpfe. Doch daraus kann nicht die Forderung enstehen, dass jede Radlerin und jeder Radler diesen Kampf kämpfen muss. Und Kinder und Jugendlich schon gleich gar nicht.

      Löschen
    5. HHallo Uwe

      ich kann sehr gut verstehen, was du meinst. Mich ärgert es oft, dass, wenn auch verständlich, viele, sei es auf Rad oder gar E-Scooter, lieber auf dem Gehweg fahren, als mit mir zusammen auf der Fahrbahn Präsenz zeigen. Gerne hätte ich hier den Schutz und Sichtbarkeit einer "Criticial Mass“. Schon wenn man zu zweit hintereinander Rad fährt auf der Fahrbahn/Radweg/Schutzstreifen, wird man weniger oft überholt, es gibt sogar sowas wie Wissen über den 1,5 m Abstand und mehr Respekt im Verhalten generell. Ich fahre auch bewusst mit Abstand zum Bordstein/Parkplatz und damit nicht in der Gosse oder/und im Dooring-Bereich zum Selbstschutz und Manövrier-Raum zu haben, falls jemand doch mit 0 cm Abstand überholt. Präsenz zeigen, Rechte und Pflichten wahrnehmen. Wenn das mehr Rad-/Scooter Menschen machen würden, dann wäre auch das Verhalten des MIV-Menschen anders.

      Grüße
      Michael

      Löschen
    6. Natürlich einverstanden, es ist aber auch sehr schade, wenn es da nicht gelingt (es gibt doch im Daimler-Kessel ADFC, VCD, etc. ...) Sollidarität statt Einzelkampf zu organisieren.
      Der Ball liegt auf dem Elfmeterpunkt, aber niemand geht hin?
      Es ist auch nicht zwingend nötig einzeln (korrekterweise) mittig zu fahren, die Montage einer actioncam (nach hinten gerichtet und ggf. auf Loop) und der Aufwand einer Anzeige hülfe doch auch, vor allem wenn es mehrere/viele Menschen machen vor allem mit begleitender Öffentlichkeitsarbeit.
      Auch eine Tunneldemo nebst Pressearbeit hülfe?!
      Handlungsperspektive zu schaffen, statt bloß Ohnmacht zu erfahren (dieser Blog mit seiner guten Öffentlichkeitsarbeit ist doch auch ein schönes Positivbeispiel) ist von Nöten.
      Mag es sein, dass Teile der 'Radentscheidbewegung' dabei eher bremsen, weil aus Radentscheid-Sicht das Einfordern eines 'Recht auf Fahrbahn' und eines zivilisiert/rechtskonformen Mischverkehrs (was doch zusätzlichen optionalen Radwegebau gar nicht ausschließt) das Separationsdogma (Rad braucht Radweg) konterkarieren würde, und dass Missstände im Mischverkehr incl. behördlicher Toleranz gegenüber 'Automobiler Gewalt' taktisch eher als Beleg für immer mehr Separation incl. Benutzungspflichten benutzt werden?
      Das wäre durchaus fatal, da das in Konsequenz die Grundlagen der 'Automobilen Gewalt' eher verfestigt, statt diese schrittweise abzubauen und zu tabuisieren, parallel zur mittlerweile deutlich voranschreitenden Perspektive des automatisierten 'Auto'-Verkehrs (immer mehr Länder/Städte führen im Taxigewerbe fahrerlosen MIV ein, auch wenn das hierzulande, warum wohl, grad keine Schlagzeilen macht).
      viele Grüße,
      Alfons Krückmann

      Löschen
    7. Hallo Christine,

      ich habe in meinem Beitrag nirgends von „Kampf“ gesprochen – genau den möchte ich ja vermeiden. Mir geht es um ein Miteinander und um Akzeptanz, und die entsteht vor allem durch klare, vorausschauende Kommunikation.

      Als (selten) Autofahrender ärgere ich mich übrigens genauso, wenn Radfahrende weder Schulterblick noch Handzeichen machen und mich dann pauschal als Gefahr sehen. Ich kann mich nur auf sie einstellen, wenn sie erkennbar und präsent am Verkehr teilnehmen – und umgekehrt. Darum geht’s, nicht um Einzelkämpfe.

      Und ja, Idioten gibt es überall ("aufheulende Motoren") – sogar unter Radfahrenden.

      Löschen
    8. Hallo Uwe,
      ein paar Beiträge weiter oben habe ich Urteile bzw. Berichte über solche verlinkt. Auch einen in dem es darum ging, dass ein Radfahrer seine Spur beansprucht hat da die Straßenbreite ein Überholen nicht hergab. In der Verhandlung wg. Nötigung durch den Autofahrer (viel zu dicht überholt, dabei Beschimpfung/Bedrängen, jeweils auf Video) wurde eben dieser frei gesprochen und dem Radfahrer vorgeworfen durch das Spur nehmen provoziert zu haben.
      Einige haben auch selbst Erfahrung mit dem Unrecht gemacht das auf motorisierte Gewalt folgt, ob Schwierigkeiten bei der Anzeige, Verfolgung oder Urteilsfindung. Solange das so ist, ist ein "sich selbstbewusst in den eigenen Rechten bewegen" nicht entfernt rational einforderbar. Gegen Menschen motorisierte Gewalt (aka "das Recht des Stärkeren) hilft nur mehr Gewalt (nämlich die staatliche).

      Bevor Du also von anderen den Sturm gegen gegen Windmühlen verlangst, verfolge besser effektiv die Verstöße gegen Deine Rechte wirkungsvoll und Berichte gerne darüber. Bei staatlichen Sanktionen habe ich (viel) eher Hoffnung Einsicht zu erreichen als über reine Präsenz, die von vielen eher als persönlicher Angriff interpretiert wird.
      Damit wären wir, glaube ich, auch näher an den historischen Beispielen.

      Was das Miteinander und Akzeptanz angeht: Ich habe meine Zweifel, dass das ein Weg ist mit Bullys umzugehen, deren Rangordnung offensichtlich auf angedrohter Gewalt basiert und die mit ihrem Verhalten eine Art obere Schranke für das allgemeine Verhalten setzen.
      Es ist richtig, dass es Arschlochverhalten (du schreibst Idioten, das möchte ich nicht) überall gibt. Es ist aber falsch das gleichzustellen ohne auf das wo zu schauen weil die möglichen Folgen eben nicht gleich sind. Außerdem würde ich die These, dass dieses Verhalten gleichverteilt wäre, schon in Frage stellen.

      Löschen
  16. "den Autoverkehr zu disziplinieren und geltendes Recht auch wirklich durchzusetzen"
    scheint mir die zwar mühselige, aber einzig zukunftsweisende Methode zu sein. In anderen Ländern (Kanada z.B.) funktioniert das doch auch - und gleichermassen für die Fussgänger.
    Thomas 9

    AntwortenLöschen
  17. Kalle: kann man nicht einen wöchentlichen fixen Demo-Tag initiieren, an dem eine halbe Stunde lang kollektiv von Radfahrern der Tunnel extensiv genutzt wird? In beiden Richtungen? So wie diese berüchtigten Montagsdemos? Und zwar so lange, bis sich was ändert?

    AntwortenLöschen
  18. hier der neueste Stand: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.ueberholmanoever-in-stuttgart-polizei-spricht-von-ausgepraegten-regelverstoessen-im-schwabtunnel.b2cbdfa1-0fa3-404c-aeed-cc6fd5c467b5.html#

    AntwortenLöschen