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11. Juni 2025

Geschwindigkeitsanzeige am Südheimer Platz

Schrittgeschwindigkeit bedeutet nach gängiger Auffassung, dass man ungefähr 7 km/h  schnell fährt. Bis 10 km/h scheint es eine gewisse Toleranz zu geben. Ab dann ist es zu schnell. 

Das zeigt zumindest die Geschwindigkeitsanzeige im verkehrsberuhigten Bereich (meist als Spielstraße bezeichnet) in der Burgstallstraße am Südheimer Platz so an. Sie misst die Geschwindigkeit von Autofahrenden und Radfahrenden und lächelt grün bis 7 km/h, zeigt  bis 9 km/h ein gelbes Grinsen und  ab 10 km/h rot das Trauergesicht. (Siehe Fotos ganz unten.) 

Der verkehrsberuhigte Bereich wurde vermutlich 1991 eingerichtet, um den Autoverkehr zu verlangsamen, nachdem der Heslacher Tunnel den größten Teil des Autoverkehrs von vom Südheimer Platz abgezogen hatte. Die Beschilderung bedeutet vor allem Schrittgeschwindigkeit. Fußgänger:innen und Menschen in Autos oder auf Fahrrädern sind gleichberechtigt. Fußänger:innen müssen nicht am Rand gehen, sondern dürfen die ganze Breite der Straße benutzen. Kinder dürfen spielen. Autofahrende müssen auch mal warten, behindern darf man sie aber auch wieder nicht und muss Platz machen. Schrittgeschwindigketi gilt übrigens auch für Fahrräder oder E-Scooter und alles andere, was fährt. 

Autos sind in dem verkehrsberuhigten Bereich am Südheimer Platz immer noch unterwegs und sie stehen dort herum. Vor allem aber gibt es hier inzwischen reichlich Radverkehr, denn dieser Abschnitt ist Teil der Hauptradroute 1, die eine der meist beradelten Strecken Stuttgarts ist. Natürlich fahren Autofahrer:innen hier nicht nur 7 km/h schnell, Radfahrende tun es auch nicht. Meistens haben Menschen zu Fuß jedoch mehr Angst vor Radfahrer:innen als vor schweren und potenziell tödlichen Autos, die überall fahren. Womöglich steht deshalb neuerdings die Geschwindigkeitsanzeige dort.  Geschwindigkeitsanzeigen helfen tatsächlich, Autofahrende daran zu erinnern, dass sie zu schnell sind. Womöglich funktioniert das auch bei Radfahrenen. 

Allerdings ist die Nutzung dieses Bereichs als Spielfläche ziemlich gering, und zwar deshalb, weil hier immer noch die Autos dominieren, nicht nur, weil sie fahren, sondern auch weil sie auf markierten Flächen herumstehen und Platz wegnehmen. Hinzu kommt, dass dies eine Durchgangsstraße für den Radverkehr ist, eine echte Hauptverkehrsroute etwa so wie es die B14 für den Autoverkehr ist. Nur wird der Radverkehr eben nicht als echter Verkehr betrachtet, sondern als einer, der sich immer wieder der Fußgängergeschwindigkeit anpassen muss, auch auf einer Hauptradroute, und das nicht nur hier, sondern auch an etlichen anderen Stellen.

Für Autofahrende ist Schrittgeschwindigkeit ungefähr 20 km/h. Da haben sie schon den Eindruck, dass sie schleichen. 2016 habe ich mal gezählt und festgestellt, dass nur jeder zehnte Autofahrer sichtbar sehr langsam fuhr. Da die Radfahrenden von den Autofahrenden damals drastisch ausgebremst wurden, wäre meine Zählung verfälscht worden. Radfahrende fahren langsam nur auf Sicht, also wenn sie Fußgänger:innen sehen. Viele Fußgänger:innen haben aber den Eindruck, sie würden nicht gesehen und die Radfahrenden rasten rücksichtslos da durch. Das ist sicher nicht der Fall. Aber Schrittgescchwindigkeit ist eben auch für Fahrräder sehr langsam. Ich vermute, die meisten Radfahrenden denken sich nicht viel dem Geschwindigkeits-Emojis, sie werden annehmen, dass die für den Autoverkehr dort stehen. Hier mit 7 km/h lang fahren, wenn kein spielendes Kind zu sehen ist, erscheint völlig unsinnig, so wie das Schrittgeschwindigkeitsgebot auf menschenleeren Gehwegen, die für den Radverkehr freigegeben wurden. 

Zudem fragt man sich schon, wie es sein kann, dass eine Hauptradroute und viel genutzte Radpendel-Strecke durch eine verkehrsberuhigte Zone geführt wird (macht man doch bei Hauptverkehrstraßen für den Autoverkehr auch nicht). Und die Frage wird noch lauter, wenn die Burgstallstraße endlich Fahrradstraße geworden ist. Spätesten dann sollten sich die zuständigen Gremien und Ämter wirklich überlegen, ob man die Flächen hier nicht anders organisieren kann. Muss das Auto die Fläche dermaßen beherrschen, muss es hier Autoabstellflächen geben? Könnte man den Abschnit tnicht ganz für den Autoverkehr sperren. Der Radverkehr allein würde nur die Hälfte der Fläche brauchen, die derzeit der fahrende und ruhende Autoverkehr beansprucht. 


19 Kommentare:

  1. Wäre hier nicht die Einrichtung einer Fahrradstraße eine Lösung?

    Gruß Volkmar

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    1. Das Ganze wird Teil einer Fahrradstraße sein. Deshalb muss man sich für den Abschnitt auch was überlegen. Der Grund, warum das ein verkehrsberuhigter Bereich ist, ist der Südheimer Platz gleich nebenan, ein Platz für Aufenthalt und Spielen und Sport.

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    2. Die Gestaltung des Patzes finde ich schon spannend. Vom Spielplatz zur Burgstallstrasse ist eine recht gute Barierre mit Hecke und so. Als Radfahrer muss man keine Angst haben dass Kinder vom Spielplatz auf die Fahrbahn springen.
      Zur anderen Seite wo Bälle hinrollen können und Autos 40 km/h fahren dürfen, ist alles offen.

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    1. Dieser Kommentar und der beantwortete Kommentar darf/kann/sollte gelöscht werden, da er eine Antwort auf einen anderen Kommentar war.
      Vielen Dank.

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  3. Ich habe ein paar mal versucht, keinen roten Smiley zu bekommen. Unter 12 km/h habe ich es aber nicht gebracht.
    So eine Anzeige wird ja nicht ohne Grund aufgestellt. Und sie dient ja immer auch zur statistischen Erfassung und Auswertung (werden Grenzen eingehalten, wird oft zu schnell gefahren) und je nach Ergebnis Maßnahmen ergriffen oder nicht.
    Für diese Stelle habe ich keine Idee, worauf das gegebenenfalls hinauslaufen soll. Jemand anderes vielleicht?

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  4. Noch mal für alle! Kritische Kommentare in sachlichem Ton finde ich supergut. Abfällige Kommentare lösche ich, und bei Kommentaren, in denen politische Parteien pauschal verächtlich konnotiert erwähnt werden, prüfe ich. Das ist jedenfalls keine Seite für Leute, die Radfahrende verachten oder hassen, die nicht themenbezogen spötteln oder völlig abschweifen.

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    1. Wenn dem so wäre, dann würde der Beitrag zum Stuttgarter Verkehrsfinden hier noch zu finden sein. Dein Meinungskorridor hat offensichtlich eine ziemliche Schlagseite!

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    2. Ein von einem OB ausgerufenen/herbeigesehnter/was auch immer "Verkehrsfrieden"?
      Das ist schon als Vorstellung so lächerlich, dass man sich um Ihre Qualitäten als Troll (nie sehr hoch, hier aber geradezu unterirdisch) ernsthaft Sorgen machen muss.

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    3. Frieden ist in deinen Augen "lächerlich"?

      Das ist nun wirklich starker Tobak, gerade in Zeiten wo täglich in der Ukraine Menschen durch die Terrorangriffe im russischen Angriffskrieg sterben.

      Und bezogen auf unsere Situation: es wäre doch in hohen Maße erstrebenswert, wenn es aufhört, dass die Verkehrsteilnehmer gegeneinander ausgespielt werden, oder?

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    4. Das Thema "Verkehrsfrieden" hat eigentlich nichts mit diesem Thema zu tun. Und es wurde vom OB mit der Intention ausgesprochen, dass es jetzt doch mal gut sei mit dem Radverkehr und Autofahrende künftig keinen Platz mehr hergeben sollen müssen für den Fußverkehr oder den Radverkehr. Und wie gesagt, mit Geschwindigkeitsmessgeräten hat das gar nichts zu tun. Derzeit beansprucht der Autoverkehr die meiste Fläche, obgleich zur selben Stunde in der Stadt mehr Menschen in Stadtbahnen und zu Fuß unterwegs sind als in diesen Autos sitzen. Der Radverkehr bekommt in Stuttgart nur ungefähr 3 bis 6 Prozent der gesamten Verkehrsfläche zugesprochen. Und auf den Flächen, die er gemeinsam mit dem Autoverkehr nutzen muss, geht es leider gar nicht friedlich zu, und die Aggressionen kommen von Seiten der Menschen, die im Auto sitzen. Auf den Flächen, die der Radverkehr gemeinsam mit den Fußgänger:innen nutzen muss, ärgern sich die Fußgänger:innen. Verkehrsfrieden würde bedeuten, dass Radfahrende in Frieden genauso gut und sicher vorankommen wie Autofahrende, ohne dabei Fußgänger:innen ärgern zu müssen. Also viel mehr Radinfrastruktur, bis der Verkehrsraum gerecht verteilt ist.

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    5. Danke für diese Erklärung, warum dieses Herbeibeten eines Friedens durch den OB bestenfalls lächerlich, schlimmstenfalls zynisch ist (das ist bei manchen Leuten, im Zweifelsfall diejenigen, die das Wort am häufigsten benutzen, im Hinblick auf die Ukraine oder Gaza ganz genauso). Jetzt muss MTR das nur noch verstehen (wollen).

      So von meiner Seite jetzt Schluss mit OT.

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  5. Liebe Christine,

    eine kleine Korrektur: "Fußgänger:innen und Menschen in Autos oder auf Fahrrädern sind gleichberechtigt" stimmt so nicht, denn es gilt:

    "Zeichen 325.1
    Beginn eines verkehrsberuhigten Bereichs
    [...]
    2. Wer ein Fahrzeug führt, darf den Fußgängerverkehr weder gefährden noch behindern; wenn nötig, muss gewartet werden.
    3. Wer zu Fuß geht, darf den Fahrverkehr nicht unnötig behindern."
    (StVO Anlage 3 zu § 42 Absatz 2, Richtzeichen)

    Fußgänger sind also bevorrechtigt, auch wenn das in der Praxis eher schlecht als recht funktioniert, insbesondere sobald da irgendeine Art von Durchgangsverkehr vorherrscht.

    Gruß, Friedrich

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    1. Letzteres ist der Grund, warum David Hembrow immer gegen Shared Spaces war: in der Praxis setzt sich das Recht des Stärkeren immer und notwendigerweise durch.

      So funktioniert es überall, wo Machtgefälle und potentielle Konflikte nicht von vornherein herausdesignt werden. Shared Spaces designen diese Dinge geradezu hinein.

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    2. Habe ich zu flappsig formuliert, um zu sagen, dass Autofahrende (und Radfahrende) hier nicht bevorrechtigt sind. Allerdings dürfen halt Kinder auch nicht zu Ende spielen, wenn ein Auto kommt. Im Grunde können sie dort gar nicht spielen, weil ständig Autos und Fahrräder kommen. Menschen zu Fuß sind de Facto nicht einmal gleichberechtigt, geschweige denn bestimmen sie, wie schnell der Fahrverkehr ist und wann er warten muss. Diese verkehrsberuhigten Bereiche funktionieren in den meisten Fällen nicht, sie werden von Autos (stehend oder fahrend) beherrscht.

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    3. Hallo Christine

      "Spielstrasse", wie sie oft genannt wird, ist sie eben nicht, auch wenn das Verkehrszeichen es suggeriert. Nur mit Pollern kann man Verkehrsberuhigung schaffen, denn die StVO ist den meisten Autofahrern egal, wenn es um ihre Pflichten gegenüber schwächeren Verkehrsteilnehmern geht.

      Grüße
      Michael

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  6. Das eigentlich faszinierende an dieser Geschwindigkeitsanzeige ist, dass sie mal 3 Tage da ist, dann wieder eine Woche weg, dann wieder eine Woche da, aber in die andere Richtung zeigt, und dann wieder 2 Wochen abgebaut ist. Derzeit ist sie wieder mal weg. Das geht schon seit Anfang des Jahres so.

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    1. Deshalb habe ich sie kürzlich zum ersten Mal gesehen, obgleich ich da immer mal wieder lang radle. Danke für den Hinweis.

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  7. Das Problem hier ist aber auch, dass eben nicht nur auf dem Südheimer Platz Kinder spielen, wo der Ball ohne Abgrenzung auf die Straße rollen kann, sondern auch dass diese Straße überquert werden muss, um die Spielfläche auf der anderen Seite zu erreichen. Un das ist leider sowohl mit zu schnellen Autos und Radfahren in diesem Bereich kritisch. Selbst mit den eigenen Kindern dort einige kritische Situationen erlebt. Momentan geht es leider so nur mit gegenseitiger Rücksichtnahme. Ich fahre dort selbst.mit dem Rad durch und ja es nervt dort so runterbremsen zu müssen. In der jetzigen Lage in meinen Augen aber ohne Alternative.

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