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10. Juni 2017

Radfahren in Stuttgart feiert Geburtstag

Heute vor vier Jahren habe ich mit diesem Blog, Radfahren in Stuttgart, begonnen. 

Blogleser Philipp hat mir kürzlich folgenden Brief geschrieben und dazu dieses Foto geschickt.

"Guten Tag Frau Lehmann,
ich bin fleissiger Leser ihres Blogs. Auch wenn ich mich darin noch nie zu Wort gemeldet habe, bin ich vom Nutzen für uns Radler überzeugt. Ich Teile die meisten Ihrer Ansätze und bin von Ihrem Engagement beeindruckt.
Seit 11 Jahren bin ich jetzt täglich auf Stuttgarts Straßen unterwegs. Wenn ich zurück blicke hat sich vieles zum Guten entwickelt. Gerade in der Wahrnehmung andere Verkehrsteilnehmer uns Radler gegenüben haben wir deutlich an Stellenwert gewonnen. Das Radeln im Stuttgarter Straßenverkehr ist sicherer geworden. Natürlich muss noch viel passieren. Aber auch dank Ihrer Arbeit sind wir auf einen guten Weg. Im Angang habe ich Ihnen eine Stelle in Stg-Botnang, Ortseingang von Feuerbach kommend, angehängt. Ich denke das Foto ist selbst erklärend.  Jedes mal wenn ich dort vorbei komme muss ich an ihren Blog denken.
Viele freundliche Grüße von Philipp B. " 
Vielen Dank. 
Anlass für mein Blog war eine Fahrt mit dem Rad vom Ruderclub in der Wagrainstraße in den Stuttgarter Süden. Ich habe beobachtet, wie unglaublich oft sich meine Fahrsituation verändert hat. Erst auf dem Feldweg, dann Gehweg, dann Neckardamm, dann ein Stück Radweg, dann auf der Fahrbahn, ein kurzer Radstreifen, dann wie ein Auto an der Ampel links einordnen, kurz darauf eine Fußgängerampel ...

Jedes Mal galten andere Grundprinzipien für meine Fortbewegung, musste ich auf andere Sorten von Ampelanlagen achten, mal langsam, mal so schnell fahren wie ich konnte, je nachdem, ob ich Fußgänger vor mir hatte oder Autos hinter mir. Welche Regeln wann und wo gelten, war mir nur schwammig bewusst. Bei so viel Konzeptewechsel konzentrierte ich mich auf mich und meine Einschätzung der Situation. Und etliche Radler fahren dann auch schon mal bei Rot. Weil so vieles eben nicht passt auf unsere Situation.
Neckartal-/Voltastr. Neuer Radstreifen
Aber es hat sich auch viel getan in Stuttgart seitdem. Vor allem hat sich die Zahl der Radfahrenden gefühlt vervierfacht. Wo früher nur mein Fahrrad stand, stehen jetzt Dutzende, wo ich früher im Winter alleine radelte, begleiten mich andere und kommen mir Räder entgegen. Radfahren macht immer mehr Menschen Spaß.

Stuttgart ist sogar eine geniale Fahrradstadt, auch das habe ich eines Tages festgestellt. Wir haben den Schlossgarten, wo wir mindestens fünf Kilometer lang ampelfrei längs durch Stuttgart rollen können. Allerdings müssen wir uns die Strecke mit Fußgänger/innen teilen. Dennoch lieben viele Radler/innen den Park. Für die anderen, die vor allem an einem sonnigen Wochenende schneller längst durchs Tal wollen, fehlt allerdings doch der durchgängige Radweg außerhalb des Schlossgartens. Die Hauptradroute 1 ist fertig geworden, wird aber noch durch Baustellen unterbrochen. Noch immer stehen die Radler an der "langsamsten Ampel" Stuttgarts am Tagblattturm. Und noch immer fädeln sie sich am Marienplatz durch die Engstelle am Alten Rewe.
Und auch die Ampel auf der Möhringer Straße an der Karl-Kloß-Straße ist für Autos gaaaanz lang grün, für die Radler und Fußgänger aber nur kurz.

Dafür haben wir die zweite Fahrradstraße in der Tübinger Straße bekommen, sogar - dank unserer Stoppschildpartys - mit einem Stoppschild für Autos an der Autosperre Ecke Feinstraße, was alles in allem recht gut funktioniert.

Der Stuttgarter Radler, gebeutelt zwischen Autos und Fußgänger, hin und her geschubst und unerwünscht, das war mein Eindruck, als ich mit dem Blog anfing. Wenn in einer 30er-Zone hinter mir ein Auto hupt, könnte man meinen, das sei immer noch so, aber es sind eben nur einzelne Autofahrer, während die Stadtverwaltung selbst höchst bemüht ist, das Fahrrad fest in Stuttgart zu installieren und ihm die Wege zu ebnen.

Karl-Kloß-Str. Sonnenberg
Es wird aber auch die unaufhaltsam zunehmende Zahl der Radfahrenden sein, die den Prozess der Anpassung dieser Stadt ans Radfahren beschleunigt. Sie erobern sich immer mehr Straßen, einfach weil sie immer mehr Wege mit dem Fahrrad machen wollen. Kürzlich ist mir zum ersten mal (als ich auf dem Beifahrersitz eines Autos saß) ein Radler die Strecke am Waldfriedhof (Karl-Kloß-Straße) entgegenkommen. Es regnete, und er oder sie hat vermutlich den kürzesten Weg nach Degerloch hinauf gesucht.

Radfahrende tun der Stadt gut. Sie mindern Luftverschmutzung, Stau und Lärm. Ich wundere mich deshalb immer, warum manche Menschen so verbissen gegen Radfahrende und eine radfördernde Radinfrastruktur kämpfen.

7 Kommentare:

  1. Herzlichen Glückwunsch und vielen Dank für die tolle Arbeit!

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  2. Liebe Christine, Radfahren in Stuttgart hat sich zu einer Institution der Kommunikation und Orientierung über Radfahrpolitik entwickelt. Dein Blog ist einzigartig und unverzichtbar. Ich möchte mich ganz herzlich für deine großartige Arbeit bedanken und hoffe, dass auch viele Verkehrsplaner, Verkehrspolitiker und Verwaltungsbeamte jeglicher Couleur diese Seite regelmäßig besuchen und darin lesen. Sie alle und wir alle finden hier Wissen, Erfahrungen, Fragen, Ziele und Hindernisse, Wünsche und Erwartungen aus der Sicht der Radfahrenden, und zwar konkret und aus der Praxis und für die Praxis. Bravo! Und Blogleser Philipp möchte ich begeistert zustimmen.

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  3. Vielen Dank. Ohne euch Diskutanten würde das Blog ja auch nicht funktionieren. :-)

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  4. Schon vier Jahre? Respekt, herzlichen Glückwunsch und dir, für deinen unermüdlichen Einsatz, ganz vielen Dank!

    mfG
    Andreas K.

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  5. Hallo Christine,
    ich bin immer wieder begeistert, welche Vielzahl an Themen du ausgraebst.
    Mir gefaellt besonders, dass dein Blog mit viel Herzblut und Engagement, dabei aber ohne die in Radfahrerkreisen oft zu findende Ausgrenzung daherkommt.
    Ich kenne im deutschen Raum schlicht kein Fahrrad-Blog, das so interessant und vielseitig ist.
    Danke!
    Gruss - Matthias

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    1. "[...] ohne die [...] Ausgrenzung [...}"
      Ganz genau! Liebe Christine, ich lese dein Blog auch deshalb so gern, weil du auch die andere Seite siehst!
      Stephan

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