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16. April 2018

So beschenken wir Radler den Autoverkehr

Der Autoverkehr kostet die Kommunen das Dreifache des Öffentlichen Nahverkehrs und der Radverkehr bekommt die geringsten Zuschüsse. 

Das ist das Ergebnis einer Forschungsarbeit über die Kosten von Mobilität für den Steuerzahler, die der Kasseler Verkehrswissenschaftler Carsten Sommer bereits 2015 unternommen hat. Er liefert zugleich eine Grundlage für die Berechnung der realen Kosten in jeder einzelnen Stadt für die verschiedenen Verkehrsarten. Wird ein Radweg gebaut, redet die Öffentlichkeit vor allem über die Kosten. Auch der Öffentliche Nahverkehr wird bei uns in der Regel als Kostenfaktor wahrgenommen, doch die  eigentlichen Kosten werden von Autos und Lastwagen verursacht, wobei die Schäden durch den Lkw-Verkehr für die Gemeinschaft am teuersten sind. Das wissen wir eigentlich schon lange.


Viele Kommunen wissen allerdings gar nicht so genau, welche Straßenarten sie eigentlich haben. In Stuttgart ist anscheinend gar nicht exakt kannt, welche Arten von Radinfrastruktur wir haben. Die Stadt führt vieles als Radweg auf, was gar keiner ist. Bei Untersuchungen in Kassel, Bremen und Kiel hat sich gezeigt, dass der Radverkehr am wenigsten Geld bekommt. Zugleich tragen die Nutzer des Öffentlichen Verkehrs am meisten von allen anderen zur Kostendeckung bei, sie zahlen vergleichsweise hohe Ticketpreise. Autofahrende dagegen bezahlen kaum etwas für die Infrastruktur, die sie nutzen, Straßen, Ampeln, Parkplatzflächen. Dazu kommen die so genannten externen Kosten wie  Luftverschmutzung, Krankheit durch Lärmbelastungen oder Unfälle, für die die Allgemeinheit bezahlt. Der Pkw-Verkehr erzeugt die höchsten Kosten, die von den Nutzern nicht selbst gezahlt werden, der Fußverkehr die geringsten. Wobei die Hälfte der Kosten, die er Autoverkehr verursacht, auf Unfallkosten entfallen, also vom Gesundheitssystem und der Wirtschaft getragen werden.

Im Autoverkehr stecken so viele versteckte Kosten, dass der VCD schätzt, dass wir alle - jeder Einwohner von Deutschland - 150 Euro im Jahr nur für den Autoverkehr und seine Folgen bezahlen. Würden wir 150 Euro im Jahr für den Öffentlichen Nahverkehr bezahlen, könnte der vermutlich überall kostenlos angeboten werden. 150 Euro im Jahr sind übrigens für jemanden, der ein Auto unterhält, nicht viel Geld. Das Auto ist nämlich auch für seinen Besitzer das teuerste Alltagsverkehrsmittel. Würde beispielsweise Kassel die Autofahrenden an den Kosten beteiligen, die sie verursachen, müssten Autofahrer 12,2 Cent pro gefahrenem Kilometer an die Stadt bezahlen (Lkw 55,9 Cent).

Mit dem Rad zum Markt
Wangen im Allgäu
Studien stellen zugleich immer wieder fest, dass Radfahrende (und Fußgänger) viele Kosten aufheben, weil sie eine positive Wirkung haben, sowohl für die Radfahrenden selbst als auch für die Gesellschaft. Wer sich selbst bewegt, ist gesünder und verursacht keinen Lärm, keine Luftverschmutzung und braucht nicht so viel Fläche, die mit Asphalt versiegelt wird, hat weniger Fehltage bei der Arbeit und schafft aufenthaltsfreundliche Räume in der Stadt.

Viele und durchgehende Radwege bringen viele Menschen aufs Fahrrad und senken Kosten für eine Gemeinde. 

Straßenrandparkplätze sind teuer
Investitionen in den Radverkehr sind für Städte grundsätzlich am günstigsten. Baukosten für einen Pkw-Parkplatz liegen bei rund 3.000 Euro (ein Tiefgaragenplatz kostet 25.000 Euro), hinzu kommen dann Grundstückskosten und Kosten für Reinigung, Beleuchtung, Beschilderung, Wartung, Entwässerung etc. von 2.000 Euro. Radabstellanlagen bieten auf der gleichen Fläche sechs bis acht Rädern Platz und kosten nur 200 Euro. Eine Erschließungsstraße kostet die Gemeinde das Zehnfache eines Radwegs. (Quelle Bundesumweltamt.)

So ein Radweg ist billig. Er verläuft parallel zur
 vielspurigen  Straße vom Foto ganz oben. 
Rad- und Gehwege sind auch im Unterhalt für die Stadt sehr viel billiger als Autostraßen, Schienen oder Busspuren. Das sieht man gut in Stuttgart überall dort, wo man Pflastersteine gelegt hat. Die Lautenschlagerstaße ist innerhalb von vier Jahren eine Hoppelpiste aus wackligen Steinen geworden, deren Spalten und Kanten für Rennradreifen inzwischen richtig gefährlich sind. In der Tübinger Straße beim Gerber klappern die Steine auch, und es sind viele Fläche mit Asphalt geflickt. Auch hier stehen Steinkanten hoch und haben sich Spalten gebildet. Darüber können auch Fußgänger stolpern. Und mal sehen, wann es in neu gepflasterten der Kronprinzenstraße soweit ist, dass die teuren Steine kippen, wackeln und brechen. Während auf diesem Pflaster nur Radfahrende und Fußgänger unterwegs, geschähe das nicht.


6 Kommentare:

  1. Radfahrende beschenken die Autogesellschaft mit unendlich viel Nachsicht, Rücksicht und Geduld, wenn ich beispielsweise an die weitgehend verhinderte Radverkehrspolitik in Stuttgart und sonstwo denke. Darüber hinaus beschenken wir die PS-gierigen Monster mit unendlich viel Vorsicht im Straßenverkehr, um nicht sinnlos über den Haufen gemäht zu werden. Und wir schenken ihnen große Teile des Straßenraums, den sie beispielsweise zum Parken zweckentfremden und damit die Anlage von Radverkehrswegen unterbinden. Ich finde, das Geld, das wir ihnen in all der Malaise auch noch hinterher werfen, sollten wir von den Steuerbehörden zurückfordern. :-)

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  2. Auf einem Parkplatz quer zur Fahrtrichtung werden hier vier Leipziger Bügel aufgestellt, also Platz für acht Räder, mit etwas Kreativität auch zwölf. Auf einem Längsparkplatz sind es meist fünf Bügel, wenn mehrere dieser 6m-Parkplätze mit Bügeln versehen werden, sehr sechs Bügle.

    Zu den Kosten für Fahrten innerhalb der City: In Skandinavien dürfte es eher auf 50¢ bis 1,5€ je Kilometer hinauslaufen, dabei ist allerdings zu berücksichtigen, das meist der Großteil der Stadtfläche kostenlos ist, Maut nur für die Innenstadt erhoben wird.

    12 bis 15¢ pro PKW-Kilometer, bitte flexibel nach Tageszeit (Rushhour teurer) und Luftbelastung (SMOG-wetterlagen kosten doppelt) gestalten, hielte ich für super. Liese sich sicher von findigen Entwicklern auch Datenschutzkonform umsetzen (ich hätte da einige Ideen für Systeme mit Falltür).

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  3. "Würden wir 150 Euro im Jahr für den Öffentlichen Nahverkehr bezahlen, könnte der vermutlich überall kostenlos angeboten werden."

    An meiner alten Uni (Kaiserslautern) enthält der Sozialbeitrag pro Semester (!) einen Anteil von 136 Euro, dank dem jeder Studierende freie Fahrt im gesamten Verkehrsverbund (VRN) hat. Umgerechnet auf den Monat sind das gerade mal 23 Euro. Da ist deine Schätzung von 150 Euro pro Monat schon recht hoch gegriffen.

    Und dass Pflastersteine (beliebt sind heutzutage sandhelle, quadratische Betonsteine) anfangen zu "kippeln", sobald viele Autos darüberfahren, sollte man als Planer oder Bauingenieur eigentlich wissen. Aber nein, die Stadtplaner wollen sie der Optik wegen, wohl weil sie hell und freundlich aussehen. Hinweise werden in der Haltung abgebügelt, bei uns passiert das doch nicht, bei uns wird anständig gearbeitet!
    Pustekuchen! Als vor einigen Jahren unsere Innenstadt aufgehübscht wurde, wurde eine Straße mit einigem Busverkehr auch mit diesen Steinen belegt, im Betonbett. Es hat kein Dreivierteljahr gedauert, da war an den Kurven und an den regelmäßigen Bremsstellen (Haltestellen, Ampeln, Zebrastreifen) alles lose.


    Carsten

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    1. Hallo Carsten, das mit der freien Fahrt im gesamten VRN stimmt so nicht. Denn es gibt da immer noch eine quer durch jenes Verbundsgebiet verlaufende Grenze, die das Ganze sehr unüberschaubar macht. Das ist bspw. grade für Studierende aus der Westpfalz, die in Landau eingeschrieben sind, extrem ärgerlich!

      ÖPNV ist eine Staatsaufgabe, eigentlich sollte das aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden - und somit auch kostenfrei sein. Dann könnte aber ja niemand mehr daran Geld verdienen. Ein einfaches Busticket für eine Wabe hat vor 20 Jahren hier noch nicht einmal die Hälfte gekostet (damals 1,30 DM, heute über 2,10 Euro!).

      Und dann müsste man halt zur Abwechslung mal die zur Kasse bitten, die in den letzten 20 Jahren massiv steuerlich beschenkt wurden. Das wird aber evtl. auch besserverdienenden Radfahrern nicht gefallen...!?

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    2. Ich ginde nicht, dass Mobilität gänzlich kostenlos sein sollte. Schienen und Bahnen verbrauchen auch Recourcen und Raum und machen Krach. Aber billiger sollte der ÖV sein, das ja.

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  4. "Die Lautenschlagerstaße ist innerhalb von vier Jahren eine Hoppelpiste aus wackligen Steinen geworden..."

    Das stimmt so nicht. In den ersten Jahren gab es überhaupt keine Probleme. Erst als der Abriss und Neubau eines Gebäudes begann, haben schwer beladene LKW innerhalb kürzester Zeit eine Spur in die Strasse gefahren. Kurz danach waren schon die ersten Steine total kaputt. Stuttgarter Stadtplanung in Reinkultur !

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