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21. April 2018

Stuttgart hat einen Radentscheid

Die Gruppe Zweirat und ihr Sprecher Thejs Lucas haben am vergangen Dienstag der Öffentlichkeit ihr Vorhaben vorgestellt. Auch Stuttgart wird wahrscheinlich einen Radentscheid bekommen.

Es geht um Sicherheit für alle (auch Kinder, Mobilitätseingeschränkte und Ältere), um gute Alltagsrouten, Pflege der Radwege, Öffentlichkeitsarbeit, geeignetes Personal und Radabstellanlagen. Hier die Internetseite.

Untersdchriften werden ab Ende Mai gesammelt. Es geht  darum, 20.000 Unterschriften zu sammeln, um den Volksentscheid beantragen zu können. Wer selber Unterschriften sammeln will, melde sich beim Radentscheid: hallo@radentscheid-stuttgart.de
Wenn alles gut geht, könnten Stuttgarter Wählerinnen und Wähler dann gleichzeitig mit der Kommunal- und Europawahl darüber abstimmen, ob die Stadt Stuttgart mehr für den Radverkehr tun soll und was. In Berlin hat der Radentscheid dazu geführt, dass das Parlament die Ziele übernommen hat, ohne dass Volksentscheid notwendig wurde, in Bamberg ist das auch so passiert, wenngleich die Verhandlungen über die konkreten Umsetzungen immer wieder auch zu scheitern drohten.

Grundsätzlich befördern Radentscheide und die dahinter aktiven Radfahrenden die öffentliche Diskussion über den tatsächlichen Zustand der Radinfrastruktur und über die Wünsche von Menschen, die sich unter besseren Bedingungen trauen würden, mit dem Fahrrad statt mit dem Auto zu fahren. Sie verbreiten Kenntnisse und Einschätzungen unter der Bevölkerung. Die meisten Menschen auch in Stuttgart sehnen sich nach weniger Autos, weniger Krach, mehr Ruhe, weniger Verkehrsstress, und das Fahrrad kann das herbeiführen, je mehr Rad fahren, desto angenehmer wird das Leben in einer Stadt.

Hier noch mal die Internetseite: radentscheid-stuttgart.de

Die zehn Punkte des Stuttgarter Radentscheids lauten im Einzelnen:

1. Sicheres Radfahren auf allen Straßen für alle.
Alle können sicher, zügig und komfortabel radeln, auch Kinder und Senioren. An allen Straßen mit
Geschwindigkeiten über 30 km/h bietet die Stadt vom Fuß- und Kfz-Verkehr baulich getrennte Rad-verkehrsanlagen an. Als Mindestmaße sind die in den Regelwerken genannten Regelbreiten zuzüglich der jeweiligen Sicherheitstrennstreifen zu verwenden. Bei Straßen ohne Trennung von Rad- und Kfz-Verkehr wird der Kfz-Durchgangsverkehr minimiert, vorzugsweise durch die Einrichtung von Fahrrad-traßen. Dies setzt die Stadt jährlich an mindestens 30 km Straße um.

2. Hauptradrouten für den Alltags- und Pendelverkehr umsetzen.
Von den Hauptradrouten des städtischen Radverkehrskonzepts werden pro Jahr mindestens 33 km umgesetzt. Die Entwurfsgeschwindigkeit beträgt mindestens 30 km/h. An Knotenpunkten mit Hauptverkehrsstraßen sind die Routen gleichberechtigt zu diesen, sonst werden sie konsequent bevorrechtigt geführt. Radschnellwege werden geplant und zügig umgesetzt.

3. Mängel und Gefahrenstellen im Fuß- und Radwegenetz beseitigen.
Mängel- und Gefahrenstellen werden umgehend, spätestens innerhalb eines halben Jahres, behoben. Bei Unfällen mit Beteiligung von zu Fuß Gehenden oder Radfahrenden wird untersucht, inwiefern die Infrastruktur zu dem Unfall beigetragen hat.

4. Mindestens 31 Kreuzungen und Einmündungen pro Jahr sicher gestalten
An allen Knotenpunkten, Einmündungen und Grundstückseinfahrten sind freie Sichtachsen sicherzustellen. An Lichtsignalanlagen wird ein zeitlicher und räumlicher Vorlauf für Radfahrende eingerichtet. Radfahrende und zu Fuß Gehende können nach möglichst kurzer Wartezeit (unter einer Minute) in einem Zug über eine Kreuzung fahren bzw. gehen. An den Hauptradrouten werden grüne Wellen für Radfahrende eingerichtet.

5. Radverkehrsinfrastruktur pflegen.
Die Radverkehrsanlagen werden konsequent von Verschmutzungen, Schnee und Hindernissen befreit und an den Hauptradrouten priorisiert gegenüber den Hauptachsen des Kfz-Verkehrs geräumt.

6. Radabstellmöglichkeiten verbessern.
5000 neue Radabstellplätze pro Jahr werden sowohl in Wohnungsnähe, an Schnittstellen des Umweltverbunds, ÖPNV-Haltestellen als auch an den Zielorten des Radverkehrs installiert. Auf Wunsch der Anwohner werden diese überdacht und gegen Vandalismus und Diebstahl geschützt.

7. Personal in den städtischen Ämtern für Radverkehr stärken und sensibilisieren.
Die Stadt stellt den Bürgern in jedem Stadtbezirk mindestens eine Ansprechpartnerin oder An-sprechpartner für Themen des Radverkehrs bereit. Bei allen Ämtern, die mit Verkehr zu tun haben, wird für eine  ausreichende Personalausstattung mit entsprechender Radverkehrskompetenz gesorgt, um die hier geforderten Ziele zu erreichen.

8. Radangebot und Radattraktivität fördern.
Die Stadt startet ein Anreizprogramm, um für mehr Fahrradfahren im Alltag zu werben. Die Stadt sorgt dafür, dass in jedem Stadtbezirk mindestens 2 entleihbare E-Lastenräder bereitgestellt werden.

9. Stuttgart für den Fuß- und Radverkehr sensibilisieren.
Die Bevölkerung wird von der Stadt über die Rechte und Pflichten aller Verkehrsteilnehmer im ge-genseitigen Umgang informiert unter besonderer Beachtung der Rücksichtnahme auf schwächere Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer.

10. Monitoring und Fortschreibung der Radverkehrsplanung.
Ein jährlicher Bericht über den Umsetzungsstand der Maßnahmen wird erarbeitet und öffentlich vorgestellt. Das Radverkehrskonzept der Stadt wird weiterentwickelt, sodass es eine langfristige nachhaltige Planung auch über 2022 hinaus gibt.

Die zehn Ziele müssen noch rechtlich geprüft und mit der Stadt abgestimmt werden.
In diesem Prozess können noch Änderungen notwendig werden.




10 Kommentare:

  1. Wo und wann kann man unterschreiben?
    Gruß
    Kalle

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    1. Hallo Kalle,

      wir wollen mit der Unterschriftensammlung Ende Mai/Anfang Juni beginnen. Derzeit suchen wir nach Unterstützern, die dann bei der Sammlung helfen, im Freundeskreis fragen, auf der Arbeit, in der Familie oder mit und aktiv auf die Sammlung in ganz Stuttgart gehen.

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    2. Benjamin Wisehart11. Juni 2018 um 12:22

      Hallo,

      Mache ich gerne. Hatte damit gerechnet gestern beim Übermorgenmarkt meine Unterschrift unter die Liste setzen zu können und war erstaunt, dass niemand Unterschriften gesammelt hat. Ich denke, dass gerade solche Veranstaltungen lohnend wären.

      Grüße

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  2. Der Radentscheid ist eine sehr gute Idee. Ich hoffe, dass er erfolgreich ist und etwas bewirkt.
    Bei Stadtradeln.de habe ich gerade die Gruppe "Radentscheid"und mich gleich angemeldet. Das ist eine gute Gelegenheit zu zeigen, wie viele bereits jetzt regelmäßig in Stuttgart Fahrrad fahren.
    Wer ist noch dabei?

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    1. Ich bin dabei... aber gabs die Gruppe noch gar nicht?

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  3. Großartig, ein erfolgreicher Radentscheid wäre ein Meilenstein. Besonders wichtig erscheint mir allerdings Punkt zehn der Agenda, denn nach meiner Kenntnis hat der Gemeinderat zwar die Einführung eines Radwegenetzes (Hauptradrouten) grundsätzlich beschlossen, jedoch verweigert er im Wesentlichen die konkrete Umsetzung. Deshalb ist ein regelmäßiger und qualifizierter Projektstatusbericht des „städtischen Verkehrsministers“ erforderlich, um die Öffentlichkeit und die Radfahrergemeinde über die Blockaden und ihre Ursachen zu informieren. Sollte das bisherige Tempo der Umsetzung beibehalten werden, hat ein Mensch mittleren Alters keine Chance, die Realisierung des Stuttgarter Radroutennetzes noch zu erleben. Viele Grüße.

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    1. Das sehen wir auch so un ddarum ist dieser unscheinbare Artikel am Ende der Liste so wichtig. Er ist nach dem ersten vielleicht sogar der wichtigste. Denn unser Gemeinderat wird sich auf dem Radentscheid nicht ausruhen können. Er wäre ein gewaltiger Anstoß, aber noch längst nicht der ganze Weg ans Ziel.

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  4. Weshalb dürfen nur Stuttgarter Wähler daran teilnehmen? Ich pendle 4x wöchentlich aus dem Kreis BB nach Stuggi und retour und hätte größtes Interesse an einer echten Verbesserung des Radverkehrs - auch und gerade in Stuggi.
    Danke für das Engagement und viel Erfolg!

    Gruß
    Pit

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    1. Hallo Pit,

      den Radentscheid unterstützen und daran mitwirken darf jeder und jede. Das Radentscheid-Team hat aktive Mitglieder aus der ganzen Region. Gerade weil der Verkehr in Stuttgart ohne unsere Nachbarkomunen nicht zu denken ist, legen wir großen Wert darauf.

      Wir bitten auch ausdrücklich darum, bei er Unterschriftensammlung zu unterschreiben, selbst wenn deine Stimme nachher nicht vom Rathaus gezählt wird. Die gültigen Unterschriften raus zu filtern obliegt dann uns und der Stadtverwaltung. Wir wollen aber jeder Stimme soviel Gehör wie möglich verschaffen und wenn Du neben deiner Unterschrift auch noch ein paar Stuttgarter Unterschriften (mit Hauptwohnsitz in Stuttgart, mindestens 16 Jahre, EU-Bürger/in) beisteuern kannst ist dem Bürgerbegehren sehr geholfen.

      Dass das Rathaus für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nur Stuttgarter Unterschriften wertet liegt an der Gesetztgebung. Es handelt sich formal um einen Verwaltungsakt, der nur das Verwaltungsgebiet der Stadt Stuttgart betrifft, daher dürfen hier nur Stuttgarter*innen mitstimmen. Mitreden aber, finden wir, sollten alle.

      Wir haben dazu vielleicht zwei für dich interessante Veranstaltungen:

      Morgen, am Donnerstag den 26.04. laden wir Initeressierte zum Treffen von Radentscheid Stuttgart ein. Der Abend soll einen möglichst unkomplizierten Einstieg in die Mitarbeit am Radentscheid für jedes Arbeitspensum ermöglichen.
      https://www.facebook.com/events/209738866425766/

      Und am 2./3.Juni laden wir zum Vernetzungstreffen Baden-Württemberg. Dabei geht es vor allem anderen Städten und natürlich auch der Region Stuttgart Wissen zu vermitteln und Hilfestellung zu gebebn, wie politische Radinitaitve gehen kann und wie jeder selbst aktiv werden kann. Wir werden dabei von Changings Cities, dem Nachfolgeverein vom Volksentscheid Fahrrad, aktiv unterstützt.
      https://www.facebook.com/events/2009558182695737/

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  5. Zum Ziel 6 bzw. 10:

    Mir fehlt das operative Management des Verkehrs.
    Die IVLZ hat eigentlich den Auftrag, auch die Radverkehrsströme zu steuern.
    Dieser Aufgabe wird sie derzeit noch nicht gerecht.

    Der Ist-Stand des Radverkehrsaufkommens auf dem gesamten Netz wird noch nicht gemessen bzw. angenähert, was z.B. durch die Strava-Daten (frei verfügbare Heatmap sowie kostenpflichtig Strava Metro) leicht möglich wäre.

    Stuttgart nutzt noch keine Daten zu der durchschnittlich gefahrenen Streckenlänge der Radfahrer, Stuttgart nutzt noch keine Daten zu dem Geschwindigkeitsprofil der Radfahrer in Stuttgart.

    Das sind alles Informationen, die notwendig sind, um den Verkehrsraum zielgerichtet anpassen bzw. umwidmen zu können und um effizient zusätzliche Infrastruktur aufbauen zu können.

    Es gibt keine Wirkkontrolle von Maßnahmen, z.B. in welchem Umfang Verbesserungsmaßnahmen wie der Rückbau der Fahrradstraßen den Fahrradverkehr in Stuttgart gefördert (oder gar behindert) hat.

    Es gibt noch keine jährliche Erfolgskontrolle mit Darstellung der Planabweichung, welcher resultierende modal mix sich eingestellt hat.

    Zum Ziel 8:
    Ich begrüße es, dass keine Werbeveranstaltungen für das Radfahren aufgenommen wurden. Radaktionstage und Sternfahrten sind aktuell Augenwischerei und das Anpreisen der jetzigen Infrastruktur wäre leicht durchschaubarer Etikettenschwindel, der Interessenten abschrecken würde.

    Sobald die Radinfrastruktur (zumindest mal die Hauptradrouten) so weit ausgebaut ist, dass sie die Kapazität für 20% Anteil am modal mix
    bietet, dann kann man auch eine Sternfahrt o.ä. auf der Radinfrastruktur organisieren. Das wäre dann Werbung - ansonsten stellt man nur ernüchtert und frustriert fest, dass die KFZ-Infrastruktur extrem viel besser ausgebaut ist.

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