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23. Juli 2024

Wenn die Seele ihren Weg findet

Radfahren bei Nacht ist aufregend. Besonders, wenn die Straßenbeleuchtung aufhört. Dann sind wir plötzlich allein in einer schwarzen Blase und folgen dem wackligen Schein unserer Beleuchtung. 

Ich radle eher selten bei Dunkelheit (im Winter natürlich öfter als im Sommer), und wenn, dann bin auf auf dem Heimweg und fahre durch bekannte, jetzt stillere Straßen. Es sind weniger Radfahrende unterwegs, der Autoverkehr hat weitgehend aufgehört, riesige Kreuzungen liegen verwaist vor mir, an den Masten tanzen die Ampeln von Rot auf Grün und Gelb zu Rot, irgendwo am anderen Ende fährt ein Auto. Die Nebenstraßen sind still, alle Autos sind geparkt, die Leute zuhause. Manchmal quert ein Fuchs die Fahrbahn. 

Geht es raus aus den Stadtlichtern in den schwach erleuchteten, teils stockfinsteren, Schlossgarten oder durch den Wald oder über Feldwege, dann verschwindet plötzlich die Welt um mich herum in Finsternis, und ich folge dem Schein meiner Radlampe, und weil der Schein nicht weit reicht, tauchen die Dinge unverhofft auf, schwarz gekleidete Spaziergänger:innen, Büsche, Poller oder Steine. Ich bin ganz Auge und Ohr. Links und rechts raschelt es im Finstern. Da erwachen Urängste, denen ich heftig treppelnd davonradle. Selten komme ich erfrischter zuhause an als nach einer Nachtradfahrt. Und wenn der Vollmond scheint, wird die Welt etwas durchsichtiger, bleibt aber unwirklich. 

Schneefahrt, Foto Blogleser Achim
Vielleicht gibt es unter euch welche, die Radtouren bei Nacht unternehmen. Oder die regelmäßig bei Dunkelheit durch den Wald und über Felder radeln. Dicerning Cyclist hat Zitate von Nachradler:innen gesammelt wie "Eine Radfahrt bei Nacht ist der beste Weg, den Geist zu reinigen und Frieden zu finden" oder "Wenn ich im Mondschein fahre, bin ich auf einer himmlischen Reise" und "Mondscheinfahrten: wenn die Straße verschwindet und die Seele ihren Weg findet". 

Falls ihr Nachtradler:innen also auch etwas zur besonderen Stimmung von Nachtfahrten zu sagen habt, bitter sehr! 




10 Kommentare:

  1. Ich liebe es,nachts mit dem Rad unterwegs zu sein! Besonders im Wald - Fuchswelpen, Dachse, Rehe, nachts ist viel los. Und je später, desto weniger Autos auf den Straßen... Ein gutes Licht hab ich inzwischen. Einmal bin ich nachts bei Neumond mit ausgefallenem Licht die Waldebene Ost lang, das war auch ein Erlebnis;-) muss ich aber nicht wiederholen...

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  2. Nachts radeln finde ich oft sehr entspannend. Seit wirklich gute Scheinwerfer habe sind die Überraschungen so wenig geworden, dass man die Ruhe noch besser genießen kann. Dadurch, dass die Wahrnehmung auf das naheliegende begrenzt ist, finde ich leichter zu einem Rhythmus der fast was meditatives hat.
    Früher musste auf dem Heimweg 5km Landstraße fahren, das war im winterlichen Berufsverkehr nicht so angenehm, da war ich zu angespannt um die Situation zu genießen.

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  3. Sehr selten, vielleicht einmal im Jahr, gibt es diesen Tag im Winter, bei dem es auf meiner Pendelstrecke S-Sifi zusätzlich zur absoluten Dunkelheit noch dichter Nebel bzw. tiefhängende Wolken hat. Dann sieht man nicht mal mehr die Silhouetten der Bäume über sich. Nur noch den kleinen Lichtkegel vor sich, der sich nach ein paar Metern im Nebel verliert und ein paar Meter Straße. Geräusche gibt es keine und auch die eigenen sind sehr gedämpft. Sehr magisch.

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  4. Stuttgart ist prädestiniert für Nachtfahrten. Einen Vorteil müssen die Hügel ja haben. Mein Lieblingsnachtweg geht von der Innenstadt auf den Kappelberg, anschließend wieder runter und am Hang entlang zur Grabkapelle am Rotenberg. Durch die Weinberge, immer mit Blick Richtung Stuttgart. Nachts wird Stuttgart zur Schönheit. Die Stadtautobahnen sind eine bunte, bewegte Lichterkette und nicht mehr häßliche Stadtschluchten die man tagsüber meidet.
    Meine schönste Nachtfahrt war eine Alpenüberquerung in der längsten, klaren Vollmondnacht des Jahres. In der Dämmerung die Via Mala hoch um dann bei Vollmond den Splüggenpass zu fahren. Der Vollmond taucht die Berge in ein fein abgestuftes Grau. Die Konturen sind klar zu erkennen. Eine völlige Ruhe, nur ein Auto passierte mich. In der 2. Nachthälfte dann den Berg runter und am Morgen einen italienischen Espresso zum Frühstück. Alles bevor der Autoverkehr loslegt. Unabdingbar sind gutes Licht, nicht zu fest befestigt um es nach oben wegen der Fernausleuchtung verstellen zu können. Auch ein Blinki gehört neben normalem Rücklicht zur Standardausrüstung nachts auf Landstrassen sowie eine Warnweste wegen der großen reflektierenden Flächen.
    In Berlin gibt es seit einigen Monaten Gravel-Grouprides um gemeinsam die Nacht erleben zu können. @ Zweirat, wär das nichts für Euch?
    Andreas

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  5. Wenn ich im dunklen durch Schneegestöber radle, dann stelle ich mir immer vor ich fliege durch den Sternenhimmel. Alles glitzert.
    Caro

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