Seiten

17. September 2025

Pedelecfahrten ersetzen mehr als die Hälfte der Autofahrten

Pedelecs sind Fahrräder und werden bei der Verkehrsplanung gemeinsam gedacht. Allerdings werden sie unterschiedlich eingesetzt. Gerade E-Räder ersetzen deutlich öfter Autofahrten als Normalräder. 

Die taz berichtet (leider mit der unklaren Begrifflichkeit "E-Bike") über eine aufwendige Studie im International Journal of Sustainable Transportation, die auf Daten aus dem Jahr 2017 basiert, und findet es "überraschend", dass E-Räder deutlich mehr Autofahrten ersetzen als gedacht, und dass sie deshalb mehr sind als "schnellere Fahrräder". Fast jede zweite Fahrt (42,1 Prozent), die mit einem Pedelec gemacht wird, ersetzt eine Fahrt, die der Mensch sonst mit dem Auto gemacht hätte. Bezogen auf die zurückgelegten Kilometer sind es sogar sogar 63,2 Prozent. Fahrräder ohne E-Antrieb ersetzen knapp 20 Prozent der Autofahrten. Und die Datengrundlage ist acht Jahre alt. Inzwischen hat sich die Zahl der Pedelecs sicher mehr als verdoppelt und sie ersetzen vermutlich noch mehr Autofahrten. Insbesondere Lastenfahrräder.  2017 nutzten nach Ansicht der Studienautoren vor allem Menschen mit besonderem Interesse und Bedarf das E-Rad, heute ist das Spektrum der Nutzer:innen viel breiter. 

Für mich ist die Erkenntnis der Studie jetzt nicht so überraschend, denn ich beobachte schon lange bei mir und in meinem Umfeld, dass Pedelecs tatsächlich sehr oft wie Autos genutzt werden, also für Alltagsfahrten, die man vorher mit dem Auto gemacht hat. Und ich erlebe, dass Leute sich ein Pedelec kaufen, um damit zur Arbeit zu fahren, weil sie erkannt haben, dass der Weg eigentlich gar nicht so lang ist und dass es unbequem ist, vor Ort Parkplätze fürs Auto zu suchen. 

Pedelecs sind eine andere Fahrzeugsorte

Der Studienautor Leonard Arning von der Uni Wuppertal (der inzwischen in einem Kölner Ingeneursbüro arbeitet) entwickelt daraus den Gedanken, dass E-Bikes (eigentlich Pedelecs) nicht nur schnellere Fahrräder seien, sondern eine ganz andere Fahrzeugsorte. Pedelec-Fahrer:innen würden sich oft anders verhalten als Menschen auf konventionellen Fahrrädern: Sie fahren meist längere Strecken und lassen sich von mangelhafter Radinfrastruktur (und langen oder steilen Anstiegen) weniger abschrecken. Normalradler:innen dagegen würden dann eher mal auf ein anderes Verkehrsmittel umsteigen. 

Das kann ich bestätigen. In Stuttgart beispielsweise steigen etliche Biobiker:innen auf dem nächtlichen Heimweg vom Kessel nach Vaihingen hoch doch auch gern mal mit dem Fahrrad in die Stadtbahn oder S-Bahn. E-Rad-Nutzer:innen tun das eher nicht. Man kann zwar die Alte Weinsteige mit dem Normalrad hochächzen (und an Wochenenden tun das sportliche Rennradler gern mal), aber selbst in den 80er oder 90er Jahren sind eingefleischte Radler (meist männliche) dann doch nicht im Alltag aus dem Kessel die Alte Weinsteige hochgeradelt. Einer sagte zu mir, er sei mit dem Rad halt sehr langsam gewesen und die Autos hätten zu sehr gedrängelt und gestresst. Der Radverkehr auf der Alten Weinsteige hat erst seit der massenhaften Verbreitung von Pedelecs drastisch zugenommen. Wie überhaupt auf allen Anstiegen in Stuttgart. 

Pedelecs sind Treiber der Verkehrswende

Deshalb sollten, so die Forderung des Studienautors, E-Räder als eigene Kategorie in der Verkehrsplanung berücksichtigt werden. Denn gerade sie helfen bei der Verkehrswende hin zu einer gesünderen Mobiltiät für sie selbst und für die Umwelt. *(Zitat aus der Arbeit siehe Fußnote) Welche Verkehrsplanung er sich vorstellt, hat die taz nicht erfragt.  Ich habe  Leonard Arning per Mail gefragt und dabei spekuliert: Wenn Pedelecs eher Autoersatz sind, während Standardräder eher Sport- oder Freizeitgeräte sind (natürlich nicht nicht alle in allen Fällen), unterscheiden sich auch die Routen und die Ansprüche an die Routen. Mit Normalrädern geht es eher abends und am Wochenende in die Freizeit und raus aus der Stadt ins Grüne (vielfach werden dazu inzwischen auch Pedelecs genutzt), mit Pedelecs werden häufiger tagsüber (aber auch abends) Pendlerstrecken und Care-Arbeit- und Einkaufsstrecken etc. gefahren, also im Stadtgetümmel. Dafür braucht es auf den Fahrwegen (egal sie sie aussehen eine Atmosphäre der Sicherheit, Bequemlichkeit und Stressfreiheit und an den Zielen Rqdbstellplätze. Leonard Arning hat mir geantwortet, die Konsequenzen für die Verkehrsplanung seien nicht Teil der Studie gewesen, da gebe es weiteren Forschungsbedarf. Es könnten aber die von mir angedachten sein. 

Es braucht eine Radinfrastruktur für Alltagsradler:innen

Im Alltagsradverkehr wird immer deutlicher, dass Radwege und Radfahrstreifen heutzutage breiter sein müssen, insbesondere Zweirichtungsradwege, denn es sind halt jetzt viele schnellere Pedelecs unterwegs. Sie brauchen Untergründe und Kurvenradien, die für ein höheres Fahrtempo taugen. Wenn wir in Kolonne auf dem Zweirichtungs-Radweg auf der König-Karls-Brücke fahren, spüren wir alle, dass er altertümlich schmal ist. Die Entgegenkommenden müssen Spur halten (und vorausschauend radeln), damit man unbeschadet aneinander vorbeikommt, langsamere Radler:innen Überholen ist bei viel Radverkehr oft nicht drin. Dass Radrouten auf engster Fläche im Mischverkehr mit Fußgänger:innen und Schrittgeschwindigkeitsgebot enden (Foto ganz oben), ist geht eigentlich gar nicht bei Fahrrädern, die nicht im Freizeitmodus, sondern im Erledungsmodus gefahren werden. Autofahrer schieben sich ja heute auch nicht mehr durch enge Citystraßen, sondern rauschen auf der B14 schnell durch die Innenstadt. Leute mit Pedelecs als Autoersatz wollen auch zügig, direkt, umstandslos und ohne lange Ampelwartezeiten fahren. 

Diese Erkenntnisse sind auch nicht neu. Neu ist aber schon der Gedanke, dass es für die andere Nutzung von Pedelecs im Gegensatz zu Normalrädern eine eigene Verkehrsplanung bräuchte. Das habe ich selber so noch nicht gedacht. 

Aber wie sähe eine Verkehrsplanung aus, die berücksichtigt, dass Alltagsfahrten mit dem Pedelec statt mit dem Auto gemacht werden und das unterstützt? Antwort darauf ist eigentlich auch nicht revolutionär: Man muss entlang aller typischen Wege, die Autofahrende nehmen (aus der Peripherie in die Stadt, zu den Einkaufszentren, zu Sport- und Kulturstädten und so weiter Radstreifen oder Radwege anlegen, auf denen man schnell und direkt radeln kann. Auch wenn Pedelecradelnde sich nicht so sehr vor dem Mischverkehr mit Autos scheuen (weil sie vor allem an Anstiegen schneller sind), bräuchte es nach meinem Dafürhalten, Radstreifen entlang aller Hauptverkehrsachsen der Stadt und innerhalb der Stadtviertel (für die Care-Arbeits-Fahrten, die meist noch Frauen erledigen), zumindest aber an großen Kreuzungen eine Radinfrastruktur, die es unnötig macht, über Gehwege und Fußgängerampeln zu queren. Wenn Pedelecs Autofahrten ersetzen, dann müsste man auf mehrssurigen Fahrbahn eine Autosspur durch eine Radspur ersetzen. 

Genauso ist es auf der König-Karl-Straße in Cannstatt in der Bahnunterführung geschehen. Es waren so viele Fahrräder (meist Pedelecs) auf dem viel zu schmalen Gehweg unter der Brücke unterwegs, dass man eine Fahrspur dem Rad- und Busverkehr zugeschlagen hat. Auch der Radstreifen auf der Böblinger Straße ist die Konsequenz aus dem zunehmenden Pedelcverkehr. Es radeln einfach mehr nach Vaihingen hoch und von Vaihingen runter. Der Ausbau von Fahrradstraßen trägt dem ebenfalls Rechnung. Pendler-Strecken (meist radial von außen ins Zentrum) werden also durchaus zukunftstauglich gemacht. Allerdings fehlen gute Radverbindungen zwischen den Stadtteilen, was der Konflikt um den Schwabtunnel zeigt (übrigens auch der Konflikt um den Flughafentunnel). Autofahrende akzeptieren Radfahrende nicht auf der Fahrbahn, schüchtern sie ein und überholen verbotenerweise.

Alternativ dazu könnte man übrigens auf so gut wie allen Straßen Stuttgarts Tempo 30 anordnen, dann spart man sich die Anlage von Radinfrastruktur, denn die Geschwindigkeitsunterschiede zwischen Pedelec und Auto sind dann nicht mehr so groß. Im Alltags- und Radpendlerverkehr werden Pedelecs durchaus mit 25 km/h gefahren (wo es geht), im Gegensatz zu den meisten Normalrädern, die je nach Radtyp und Fahrtyp mit zwischen 14 und 17 km/h unterwegs sind (Rennräder auch schneller).  

Die Hauptfrage aber bleibt: Wie bringt man die Stadtpolitik dazu, das Potenzial der Alltagsradelei mit Pedelecs auch wirklich zu nutzen? Es scheint (auch in Stuttgart) von Menschen mit ehem rückwärtsgewandten Weltbild ja gar nicht gewollt zu sein, dass das Pedelec auf kürzeren Strecken wirklich das Auto ersetzt. Sie wollen Autos in der Stadt haben, weil sie, wenn auch antiquierte, Symbole des Wohlstands und Aufschwungs des vorigen Jahrhunderts sind. (Während heute eigentlich tatsächlich Pedelec und E-Lastenrad die Insignien bürgerlichen Wohlstands sind). Warum sonst ist es so mühselig und zeitrauebend, fürs Fahrrad zu planen und zu bauen? Eigentlich müssten die Städte sich doch ungeheuer beeilen, das Radfahren so attraktiv zu machen, dass deutlich weniger Auto gefahren wird.   


* (Zitat aus dem Paper von Arning) Diese Erkenntnis, zusammen mit den signifikanten Unterschieden in den Modellkoeffizienten zwischen E-Bikes und herkömmlichen Fahrrädern, deutet darauf hin, dass E-Räder einzigartige Verhaltensmuster und Nutzerpräferenzen aufweisen, die nicht erfasst werden können, wenn man sie in Verkehrsmodellen einfach als schnellere Fahrräder behandelt. Diese Unterschiede unterstreichen vielmehr die Notwendigkeit, E-Räder sowohl in politischen Rahmenbedingungen als auch in der Verkehrsmodellierung als eigenständiges Verkehrsmittel zu konzipieren. Für politische Entscheidungsträger(innen) bedeutet dies, dass sie gezielte Infrastrukturen, Anreizprogramme und Vorschriften entwickeln müssen, die die spezifischen Merkmale und Bedürfnisse von E-Rad-Nutzenden widerspiegeln. Für Fachleute im Bereich der Verkehrsmodellierung unterstreicht dies die Bedeutung der Trennung von E-Rädern und herkömmlichen Fahrrädern, um das Reiseverhalten, die Dynamik der Verkehrsmittelwahl und das volle Potenzial von E-Rädern für einen nachhaltigen Mobilitätswandel genauer zu erfassen. Das rasante Wachstum der Marktanteile von E-Bikes, ihre deutlichen Unterschiede zu herkömmlichen Fahrrädern und ihr Potenzial zur Förderung einer aktiven, umweltfreundlichen Mobilität erfordern, dass politische Entscheidungsträger der Elektrifizierung des Fahrradverkehrs mehr Aufmerksamkeit schenken.


14 Kommentare:

  1. Hä???
    Da ist so viel falsch in der Argumentation, in der Darstellung der historischen Tatsachen etc., dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll.

    Nur ein paar Punkte: Erstens geht einem schon der belächelnde Ton, mit dem zunehmend über Radfahrer, die keinen Motor benutzen, geredet wird, immer mehr auf die Nerven.

    Woher kommt dieser arrogante Ton eigentlich? Schnell wird es klar: E-Bikes als Statussymbol! Man muss es mindestens zweimal lesen: Statussymol, wirklich? Von Statussymbolen sollten wir doch langsam genug haben, oder ? Das ist doch gerade das toxische in unserer Verkehrswelt, dass es da zuerst mal um Status geht, um Kraft- und Machtgefälle. Es muss also erst ein Typ von Zweirad zu einem "Insignium von bürgerlichem Wohlstand" ( ich kann gar nicht sagen, wie mlr so ein Satz die Nägel aufdreht), damit sich was ändert? Im Gegenteil, so ändert sich genau nix!!!

    Dann: Trennung von E-Bikes und Fahrrädern, wirklich??? Also noch ein Fass aufmachen, wo das eine noch nichtmal halbwegs in die Gänge gekommen ist??? Eine vernünftige Radinfra für Fahrräder - die wenn auch nicht bergauf, durchaus genauso schnell bzw. schneller als E-Bikes sein können - ist eine gute Infra für E-Bikes, Punkt.

    Bzw. sollte es eigentlich überhaupt keine gesonderte Infra für irgendjemand brauchen und geben, wenn wir nicht ständig in einer übelriechenden Wolke von Status- und Machtdemonstrationen unterwegs wären.
    Wir brauchen nicht mehr unterschiedliche Infra, sondern weniger. Und wenn der Weg dahin offenbar sein muss, Statussymbole abzuschaffen, dann weg auch mit den E-Bikes, wenn die eh nichts besseres sind. Es gibt kein energie-, material-, raumeffizienteres, reparierbareres, haltbareres Verkehrsmittel als das Fahrrad, Punkt.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Schon der Grundansatz, das E-Bike als "Verkehrsmittel, das Autofahrten ersetzt" ist falsch. Das ist ja gerade das Problem, dass das Auto die Wege so weit gemacht hat, dass sie nicht mehr normal, ohne Motor, bewältigt werden können.
      Ein Umsteuern hin zu einer Gesellschaft der kurzen Wege wird durch das E-Bike, und die Art wie dafutin der Studie und im Artikel argumentiert wird, nicht kommen, im Gegenteil.

      Löschen
    2. Ich wäre schon froh, wenn ich keine privaten Autos mehr auf den Straßen sehen müsste. Da ist das Pedelec eine wichtige relativ kurzfristig umsetzbare Alternative. Unsere Gesellschaft wird sich in den nächsten 50, 100 oder sogar mehr Jahren nicht in die kleinteilige Form rückführen lassen. Die Städte sind nun einmal da, und die Mobilitätsnöte und -wünsche auch.
      Wir können gerne grundsätzlich argumentieren, aber das Machbare im Blick behalten, die Frustration aufgrund des Schneckentempos der Verkehrswende ist ohnehin hoch.

      Löschen
    3. Für mich hat 2006 mein erstes Pedelec tatsächlich die Autofahrt zur Arbeit und zurück ersetzt. Damals galten Pedelecs noch nicht als Statussymbol. Es gab fast keine. Und für mich war es das auch nicht, sondern endlich die Lösung meines Heimwegs, der 15 Minuten bergauf ging, und das ziemlich steil. Ich bewundere Leute, die dies Strecken ohne E-Motor machen, ich kann das nicht. Dass Pedelec-Radelnde und Bio-Biker:innen einander zunehmen mit Ablehnung (bis hin zu Verachtung oder gar Hass) begegnen, habe ich nie verstanden und verstehe ich auch nicht. Das sind Gefühle, die wir nicht brauchen, die nur schaden, bei jeder Diskussion. Ja, ich weiß, dass das "E-Bike" auch ein Statussymbol sein kann, so wie das teure Auto. Aber was kümmern mich eigentlich die Haltungen andere Leute? Autofahrenden wirft man ja auch nicht vor, dass das Auto für etliche ein Statussymbol ist.

      Löschen
    4. Auch so, es wäre nett, ihr würdet eure Namen nennen, liebe Kritiker:innen

      Löschen
    5. Ne ey, Christine hat da ganz Recht. Als ich angefangen hab mit dem Rad im Alltag zu fahren, hab ich mich oft falsch verhalten, das war ne Entwicklung. Das is halt so, weil das Fahrrad am Anfang noch das Spielzeug aus der Kindheit im Kopf ist. Und wenn viele Leute Fahrrad fahren wirste dicb auch wundern, da fluchen wir alle irgendwann übereinander. Aber es wird nicht ansatzweise so asozial wie mLeute im Auto fluchen, weil man sich näher ist.
      Tim

      Löschen
    6. Hallo Zusammen,
      ich fahre in und um München mit dem Rad. Hier sehe ich sehr viele Pedelec Fahrer im Alltagsverkehr. Die allermeisten fahren wie Radfahrer ohne Unterstützung nur eben flotter und in die Arbeit statt nur zum Biergarten.
      Natürlich gibt es auch unter den Pedelec Fahrern solche die sich daneben benehmen, aber davon sehe ich sehr wenige. Was ich aber sehe sind Fußgänger die sich aufregen wenn Pendler auf Fahrrädern auf Radwegen klingeln weil die Fußgänger meinen der Radweg wäre der Aufstellraum um vor der Ampel auf Grün zu warten, oder der RAdweg wäre nur ein anderer Teil des Gehwegs. Weit mehr als die Hälfte der Ereignisse in denen jemand meint sich über Pedelec Fahrer oder flotte Alltagsradler beschweren zu müssen sind es Menschen die den Radweg nicht als Verkehrsfläche wahrnehmen. Das können Fußgänger sein oder Radfahrer die in der Freizeit langsam, sich mit dem Partner unterhaltend fahren und dabei nicht von anderen gestört werden wollen die gerade einfach nur nach Hause oder in die Arbeit wollen.
      Wer so oft von Pedelec Fahrern weggeklingelt wird, dass er / sie meint mit Hass und Verachtung reagieren zu müssen, sollte evlt sein eigenes Verhalten reflektieren. Im Straßenverkehr kommt es oft zu Konflikten, die Ursachen liegen oft in der Infrastruktur die schon geringes Fehlverhalten zum Problem werden lässt, aber die Auslöser sind eben dieses oft geringe Fehlverhalten aller möglichen Verkehrsteilnehmer. Wenn jemand besonders oft Konflikte mit Vertretern einer bestimmten Gruppe hat, dann liegt das oft nicht nur an denen sondern auch am eigenen Verhalten.
      Ein positiver Effekt der Pedelecs als Alltagsfahrzeuge ist, dass es damit eine größere Gruppe Radler gibt, die schneller als 15 km/h fährt, bei schlechtem Wetter unterwegs sind und sich nicht verhält wie Spaziergänger die an Kreuzungen lieber absteigen um ja keinen Konflikt mit KFZ Fahrern zu haben. Ich habe das Gefühl in den letzten Jahren das Gefühl seltener von Linksabbiegern geschnitten zu werden und dass andere Radler weniger erschrecken wenn ich vorbei will. Tatsächlich wird neue Infrastruktur meist so gestaltet, dass man nicht maximal Schritttempo
      fahren darf um dort einigermaßen sicher zu sein, und davon profitieren auch Bioradler die als Alltagsradler auch nicht langsamer sind als Pedelec fahrer.
      Für mich sind Pedelecs keine eigene Fahrzeugkathegorie. Die Unterschiede bestehen zwischen Freizeitradlern die im Alltag maximal bis zum nächsten Bäcker fahren und Alltagsradlern mit und ohne Motor.
      Freizeitradler haben andere Ansprüche an Radwege, stehen Umwegen weniger ablehnend unterwegs (weil der Weg das Ziel ist) und sind oft der Meinung, dass Radfahrer Konflikte zu vermeiden haben.
      Alltagsradler wollen flott fahren (ggf mit Unterstützung), meiden Umwege und wollen als Verkehrsteilnehmer akzeptiert werden, denn nur so kann man einigermaßen sicher, mit akzeptabler Fahrzeit sein Ziel erreichen. Durch Pedelecs kann man zum Alltagsradler werden ohne dass man extrem fit ist, und das ist das große Potential der Technik, damit sind Alltagsradler nicht mehr solche Exoten wie noch vor 15 Jahren.
      lG Rolf

      Löschen
    7. „Autofahrenden wird nicht vorgeworfen, dass das Auto ein Statussymbol ist“ – wirklich?
      Das wird durchaus diskutiert, Greenpeace nennt etwa den „Prestigefaktor Motorleistung“ (https://www.greenpeace.de/klimaschutz/mobilitaet/autos-klimakrise).
      Und auch in Ihrem eigenen Artikel „Statussymbol: Auto oder Fahrrad?“ (https://dasfahrradblog.blogspot.com/2023/07/statussymbol-auto-oder-fahrrad.html) greifen Sie das Thema auf.
      Offenbar ist die Debatte lebendiger, als man meinen könnte.

      Löschen
    8. Hallo
      Dies ist eine Antwort auf den Beitrag vom 17.09 um 9:14
      Ich bin davon überzeugt, dass die Welt der kurzen Distanzen nicht verhindert wird weil es jetzt Fahrräder mit Unterstützung gibt. Denn die Distanzen sind ja überwindbar, und zwar mit den klassischen KFZ. Daher jedes Fahrzeug mit dem ein Teil dieser Fahrten im Alltag erledigt werden können, und das weniger belastend (Platz, Ressourcenverbrauch, Betriebsemmisionen, Gefährdungspotential) ist ein Schritt in die richtige Richtung.
      Außerdem kann man z.B in München gut sehen, dass Nahversorger wieder in der Innenstadt angesiedelt sind, denn dass sind Gegenden wo man nicht mit dem KFZ auf die grüne Wiese fährt um einen Wocheneinkauf zu machen. Und auch da ist das Rad oft praktisch, denn das "trägt" die Einkäufe nach Hause, und wenn es el. unterstützt ist, sogar wenn da eine Steigung zu überwinden ist.
      lG Rolf

      Löschen
  2. Dieser Blog ist ein Kleinod im Netz! Ich lese ihn immer gern. Diesmal allerdings hat sich mMn eine falsche Formulierung in die Überschrift geschlichen. Es muss wohl heißen, dass Pedelecfahrten zur Hälfte Autofahrten ersetzen, nicht die Hälfte der Autofahrten. Sonst wären wir ja schon fast im Radlerparadies angekommen und Staumeldungen wären nur noch im Archiv zu finden :-) Grüße aus dem Norden, Detlef Steuer

    AntwortenLöschen
  3. Stimmt auch wieder. Danke. Habe es korrigiert.

    AntwortenLöschen
  4. "Eigentlich müssten die Städte sich doch ungeheuer beeilen, das Radfahren so attraktiv zu machen, dass deutlich weniger Auto gefahren wird."
    Erst mal ist das ja intuitiv nachvollziehbar, wenn Hoffnung auf eine 'pull-Strategie' gesetzt wird. Die Niederlande werden da ja gern international als großes Vorbild genannt, wie Separation und Attraktivierung des Radverkehrs zur 'Verkehrswende' führt.
    Zahlen?
    Die aktuellen Zahlen in Bezug auf die PKW-Dichte sprechen klar gegen diese 'intuitive' Einschätzung. Die PKW-Dichte bezogen auf Einwohner (ca.2%) steigt dort mit beschleunigter Tendenz mittlerweile gegenüber Deutschland (0,8%) mehr als doppelt so schnell an .
    Auch dort geben die Menschen an das Pedelec als Autoersatz zu nutzen, der Radwegebau hat dort längst ein Ausmaß erreicht, wie es hierzulande bei verstärkter Finanzierung und Turbo-Asphaltierung vielleicht in 10-15 Jahren erreicht werden könnte.
    Fragt sich: warum sollte die verstärkte Radseparierung (oft mit zusätzlicher Versiegelung) hier zu besseren Resultaten führen als im großen Vorbild?
    Sinnvoll wäre es doch eher die durchaus vorhandenen Potentiale von Pedelecs/e-bikes so zu heben, dass zugleich ein mindestens komplementärer push-Effekt gegen den MIV gesetzt wird, statt wieder und wieder das Prinzip der autogerecht separierenden Radverkehrsförderung mit den sattsam bekannten Ergebnissen im Gesamtverkehr zu verfolgen.
    In den Niederlanden wird übrigens mittlerweile verstärkt überlegt die schnellen Räder auf die Fahrbahn zu verlegen und Geschwindigkeitsbeschränkungen/Pedelecverbote auf Radwegen einzuführen.
    https://www.velototal.de/2025/09/10/sicherheitsdebatte-auf-radwegen-niederl%C3%A4ndische-gro%C3%9Fst%C3%A4dte-fordern-pedelec-verbot/
    Eine schwierige und recht komplizierte Situation, bei der es zu überlegen gälte, wie dies im Sinne einer notwendigen ökologischen Verkehrswende (deutliche MIV Reduktion) zu handhaben ist, also Chancen nutzen, aber zu erwartende Rebounds und Backfireeffekte verhindern. Die im Artikel erwähnten Spurumwidmingen können u.U. mal Teil einer Lösung sein, nutzen aber nichts bei den vielen Landes/Kreisstraßen und vielen städt. Hauptstraßen. Zentrales Instrument müsste eine Regulierung und mit klaren Zielvorgaben flankierte Reduktion des MIV (Dichte und Fahrleistung) sein.
    (Die Überschrift '...ersetzen die Hälfte der Autofahrten' ist immer noch etwas ungünstig formuliert)
    Alfons Krückmann

    AntwortenLöschen
  5. Ich erinnere daran, dass ich Beiträge lösche - allemal, wenn sie anonym sind -, die sich pauschalisierend verächtlich über Menschengruppen äußern, die mit bestimmten Fahrzeugen unterwegs sind. Pauschal Leute in den Senkel stellen, hilft uns nirgendwo weiter in einer Diskussion auf der Suche nach Erkenntnis und pragmatischen Lösungen für unseren Alltag.

    AntwortenLöschen
  6. "Pedelecs sind eine andere Fahrzeugsorte"
    Motorräder ebenfalls, und ernsthaft wird erforscht, ob die nicht eine separate eigene Spur benötigen:
    | Will motorcyclists use segregated lanes?
    | "Users with higher risk perception are more likely to use the dedicated lane."
    |

    Deutlich erkennbar sind auch E-Scooter eine eigenständige Fahrzeugsorte.
    Wenn man den Separationsgedanken nur konsequent genug verfolgt, geht schnell gar nichts mehr.

    Viel schlüssiger ist, zumindest innerörtlich, ein menschengerechtes Maß wie Tempo 30 (bereichsweise ggf. niedriger) festzulegen und konsequent durchzusetzen, damit die Chance auf ein gedeihliches Miteinander überhaupt erst entsteht.
    Die Aufteilung der verfügbaren Flächen anhand der Möglichkeiten von Maschinen führt in eine Sackgasse.
    Thomas9

    AntwortenLöschen