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16. August 2024

Stürze von Radfahrenden besser dokumentieren

Für die Unfallaufnahme im Autoverkehr gibt es klare Regeln für die Polizei, was Befragungen von Beteiligten und Zeug:innen und Beweissicherung betrifft. Für den Radverkehr gibt es das anscheinend nicht. 

Darauf weist ein Fahrradsachverständiger in einem Artikel von Velo Total hin. Er sagt, oft vermerke die Polizei nur, dass ein Radfahrer zu Sturz kam. Wichtige Einzelheiten, mithilfe derer ein Gutachter die Ursache für den Sturz klären könnte, würden nicht dokumentiert: Wie war der Untergrund? Hat es geregnet? War das Fahrrad defekt? Warum hat ein Radfahrer oder eine Radlerin die Kontrolle über ihr Fahrzeug verloren? Fahrräder würden wohl oft zu schnell beiseite geräumt, ohne dass ihre Lage vorher fotografiert wurde, Schadensspuren würden zerstört oder verändert. Tatsächlich erscheinen sogenannte Alleinunfälle oft rätselhaft. Und bei Zusammenstößen erscheint zwar die Situation des Autofahrers klar (er/sie hat den Radfahrer "übersehen"), aber warum eigentlich, das bleibt oft im Bereich der Mutmaßung. Irgendwas wird der/die Radler:in schon falsch gemacht haben. 

So war das zumindest in meinem Fall. Ich wurde nie protokollierend befragt, sondern ins Krankenhaus abtransportiert, mein Fahrrad wurde in meiner Abwesenheit unterm Auto herausgezogen, der Polizist guckte, wie ich später erfahren habe, auf den Gang, der bei mir (einem Pedelec, keinem Standardrad) eingestellt war und unterstellte mir dann, ich sei von dem freigegeben Gehweg zu schnell (nicht mit Schrittgeschwindigkeit) auf den Radstreifen gefahren. Der Autofahrer hat mit Sicherheit aufgeregt betont, er habe mich nicht kommen sehen, plötzlich sei ich da gewesen. (Er hatte halt nicht geguckt.) Und das erschien der Polizei plausibel (rasende Radlerin). Dass ich langsam war, weil ich vorher eine enge Kurve radeln musste, hat sie nicht gesehen, dass ich an der Bordsteinkante stark abgebremst hatte, um zu gucken, ob der Autofahrer mich sieht, war nicht nachweisbar, und dass man mit dem Pedelec auch langsam in einem höheren Gang fahren kann als mit dem Standardrad, wollte sie auch im Nachgang nicht von mir hören. Wie genau die Polizei die Umstände meiner Radfahrt dokumentiert hat, kann ich allerdings nicht beurteilen, denn ich habe die Akte nie gesehen. 

Es wäre aber wichtig, die genauen Umstände von Zusammenstößen oder Stürzen besser zu verstehen, wenn man den Radverkehr risikoärmer organisieren wollte. Wenn Daten über den Zustand des Radwegs oder der Fahrbahn - Schlaglöcher, Hindernisse, rutschige Stellen, viel zu enge Kurven, Sichthindernisse - systematisch und flächendeckend erhoben werden, kann man daraus Lehren für den Bau von Radverkehrsanlagen ziehen, aber auch aktuelle Gefahren entschärfen. Wie genau beispielsweise der Sturz im Schlossgarten aufgenommen wurde, ist mir nicht bekannt, aber die Ecke dort ist gefährlich, das Pflaster rutschig und voller Rillen, die Kurve rechtwinklig und ein Begrenzungsgitter stoppt die Ausgleichsbewegung. Das könnte man ändern. Man hat es aber nie geändert. 

Damit die Dokumentation und Analyse von Stürzen und Crashs von Radfahrenden besser wird, hat Velo Total eine Liste für die Vorgehensweise von Polizei und Ersthelfern erstellt, die man sich hier angucken kann. Es sollte immer vermerkt werden, wie das Wetter und wie der Fahrbahnbelag ist, ob rutschig oder griffig, uneben oder eben, ob es Querrillen oder Kanaldeckel gibt, wie groß das Gefälle oder die Steigung ist, und ob es sichtbare Bremsspuren des Fahrrads gibt. Das Fahrrad sollte in unverändertem Zustand erfasst und beschrieben werden, bevor man es unter einem Auto hervorzieht oder beiseite räumt. 

Nach Alleinunfällen von Autofahrenden macht man das alles akribisch. Da dokumentiert man die Situation und dann untersucht ein Gutachter genau, wieso der Fahrer oder die Fahrerin die Kontrolle verlor und aus der Kurve raste oder gegen eine Wand krachte. Da wird fotografiert, Maß genommen, der Schaden dokumentiert. Und oftmals räumt man dann auch etwas aus dem Weg. Unvergessen ist mir beispielsweise, wie der ADAC in den siebziger Jahren gegen Bäume am Straßenrand und Alleen zu Felde zog. Straßen für den Autoverkehr werden regelmäßig und konstant sicherer gemacht, es werden Warnschilder aufgestellt, die Geschwindigkeit begrenzt, Kurvenradien verändert, Leitplanken aufgestellt, Hindernisse beiseite geräumt. So eifrig ist man bei Radwegen und Radstreifen nicht. Vielleicht auch, weil die Daten fehlen, die belegen, dass es bauliche Gründe für einen Fahrfehler gab, der zu einem Sturz führte. 

17 Kommentare:

  1. wurde einmal von einem autofahrer, der mir die vorfahrt nahm umgefahren und bekam einen strafzettel.
    das andere mal war's der fahrer vom oettinger. da haben sie mich gleich verhaftet.

    #keinerechtekeinepflichten

    karl g. fahr

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  2. Ich empfehle folgenden Beitrag:
    https://joachimfunke.de/2009/06/03/fahrradunfall/
    Kurz zusammengefasst: Ein Radfahrer stürzt "alleinbeteiligt" auf einer Brücke. Ursache eine Kante in der Fahrbahn. Er verletzt sich schwer. Wendet sich an Stadt und Polizei -> keine Maßnahmen nötig, kein Unfallschwerpunkt. Er veröffetnlicht seinen Unfall in der Presse-> es melden sich mehrere Radfahrer (>20), die ebenfalls dort gestürzt sind. Die Kante wurde dann endlich entfernt.
    Es ist wichtig, dass nicht nur Stürze aufgrund von Infrastrukturmängeln bei der Polizei gemeldet werden, sondern auch bei Mängeln die Stadt informiert werden muss, sonst tut sich erst etwas, wenn jemand wirklich schwer verletzt wird und das muss nicht sein.
    Christie, ich bewundere Dich, das Du Deinen Unfall so hingenommen hast. Ich würde vermutlich Sturm gegen solche Unterstellungen laufen und eine lückelose Aufklärung des Unfallgeschehens fordern. Unterstellungen haben hier sowieso nichts zu suchen. Hier zählen nur Fakten.
    Karin

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    1. Meine Überlegung war: Ich will mich nicht über Jahre juristisch herumstreiten und mir dadurch das Leben vergiften. Ich bin nicht Kohlhaas. Andererseits bedarf es wohl dringend einer größeren Öffentlichkeit für diese ungerechten Beurteilungen von Ereignissen von Verkehrsgewalt zu Ungunsten von Radfahrenden. Das sehe ich an euren Kommentaren.

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  3. Am 9. August 2019 fahre ich vom Schillerplatz in Vaihingen Richtung Heslach. Dort ist einer dieser "Schutzstreifen" der das Gegenteil bewirkt von dem wie er benannt ist. Heute ist dort das Überholen von Fahrrädern verboten.
    Ich fahre mittig, da sich die Fahrbahn von 6m auf 3,6m (Bewuchs rechts) verengt und ich dort nicht überholt werden wollte.
    Ein Mercedesfahrer überholt dennoch und kollidiert in der Verengung seitlich mit mir.
    Seine Aussage (Ich hätte den Schutzstreifen unvermittelt verlassen und wäre gegen sein Auto gefahren) reicht der hinzugezogenen Polizei. Ich darf nichts zu Protokoll geben. Der Beamte weigert sich, die Breite der Fahrbahn an der Unfallstelle zu messen. Eine später bei der Polizei abgegebene Strafanzeige gegen den Autofahrer wird nicht bearbeitet (Ich bekam keine Empfangsquittung und hörte auch nie was von der Staatsanwaltschaft). Nach Aktenlage war ich für die Versicherungen der Unfallverursacher. Selbst die eindeutigen Aufnahmen der Dashcam konnten das Bild nicht drehen.
    Das ist alles wie Pudding. Man wird nicht ernst genommen, ignoriert und der Radfahrer wird schon irgendwie selber schuld sein.
    Ob das heute besser ist, kann ich nicht sagen.

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    1. Boah, da könnt ich kotzen, wenn ich das lese! Hoffe, dass Du in Zukunft verschont bleibst.
      Was ist bei dir passiert?

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    2. "Ob das heute besser ist, kann ich nicht sagen."
      Nein, das ist heute nicht besser, von sehr wenigen Ausnahmen (vielleicht) abgesehen.
      #Autopolizei ist immer noch umfassend gültig, gleich ob im fahrenden oder im ruhenden Verkehr.
      Gilt genauso auch in der 'Fahrradhauptstadt' Münster.
      Alfons Krückmann

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    3. Hallo Zusammen,
      Das Thema treibt mich auch schon lange um. Oft heißt es, dass Autofahrer den vorfahrtberechtigten Radfahrer gar nicht sehen konnten, weil eine Hecke oder eine Wand im Weg war. Leider stehen weder die Eigentümer der Hecke noch der verantwortliche für die Benutzungspflicht der Wege vor Gericht. Bei Stürzen oder Kollisionen von Radfahrern an unübersichtlichen Engstellen wird auch nicht hinterfragt so eine Engstelle zu einem Weg für fließenden Verkehr passt.
      Ein anderer krasser Fall hier in der Gegend war ein Radfahrer der offensichtlich beim überholen abgeräumt wurde, aber angeblich vom Gehweg auf die Fahrbahn gesprungen ist: hier der eine Zeitungsartikel dazu:
      https://www.merkur.de/lokales/ebersberg/egmating-ort28622/egmating-polizeibericht-verletzter-rennradfahrer-will-seine-unschuld-beweisen-92857296.html
      In der ersten Meldung wurde die Schilderung der Autofahrerin als Unfallhergang übernommen, sowohl von der Polizei als auch von der Zeitung.
      Ein etwas älterer Fall zeigt auch wie voreingenommen die Polizei (manchmal) ist:
      https://www.merkur.de/lokales/wolfratshausen/icking-ort28838/icking-rennradler-schlaegt-delle-in-autotuer-fall-landet-vor-gericht-13181350.html
      Da geht es um einen Rennradfahrer der massiv gefährdet wurde, und dann vor Gericht landete weil er angeblich das Auto beschädigt hätte. Die Aussagen des als Zeuge geladenen Polizisten sind besonders aufschlussreich.

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    4. nach meiner Erfahrung (und den vielen Erzählungen, die ich gehört habe, zufolge) hat die Polizei eine Autofahrerperspektive. Ich kenne aber auch höherrangige Polizisten, die leidenschaftlich gern Rad fahren und denen die Situation von uns bekannt ist.. Die kommen halt nur nicht zur Unfallaufnahme.

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  4. was soll das für eine Stattistik sein. Kirgistan, Hintertupfingen, Paulanergarten. Absolut nichts nachvollziehbar. Trollerei halt.

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    1. Wenn Menschen sterben, ist dass immer eine ernste Sache - darüber sollte man sich nicht lustig machen, wenn Werte einem noch etwas bedeuten.

      Destatis ist auf jeden Fall eine seriöse Quelle - wenn du sie nicht kennst, ist das dein Problem.

      Grüße
      Mercedes Testa Rossa

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    2. Liebe Mercedes,
      dass man sich über Tote nicht lustigmachen sollte, da bin ich mit dir ganz einer Meinung. Aber warum erwähnst du dann die tausende Toten, die Autofahrer an Autofahrern verursachen, überhaupt nicht? Sind dir Menschen, die Auto fahren, so wenig wert?
      Thomas

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    3. Ich zitiere deine Quelle: „Die hier präsentierten Daten sind das Resultat einer ab Anfang 2013 laufenden deutschlandweiten Suchmaschinen-Recherche nach online-Pressemeldungen über Todesfälle mit Fahrrädern.“ Gruß Frank

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    4. Eigenunfall, wrd gerne von der Polizei genommen, wenn man einen toen Radfahrer findet. Gibt es keine offensichtlichen Unfallspuren, wird Eigenunfall angenommen. Es wird garnicht ermittelt, ob der Radfahrer vielleicht durch ein KFZ abgedrängt wurde oder durch schlechte Infrastruktur zu Fall kam. Das ist das Problem und das hat Christine beschrieben.
      Übrigens ist eine Statistik immer nur so gut, wie es die Erhebung der Daten zulässt und die Statistik ist auch nicht das Maß aller Dinge. NIcht umsonst "traue nur einer Statistik, die du selbst gefälscht hast".
      Karin

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  5. Das Problem: Kein Anwalt!
    Fahrräder sind zu billig für Versicherungen, die regulieren ohne große Recherche, Gutachten und co. Radfahrer als Opfer mit Körperverletzungen: klagen auch zu selten, können sich als Opfer selbst nicht genau erinnern, während der Autotäter oder die Täterin ausführlich interviewt werden oder schlechte Knallzeugen. „Der muss ja bei rot gefahren sein, kennt man ja von Radfahrern.“ Kenne ich auch von Autofahrern. Da sind aber nach dem Unfall beide schwer verletzt und der Polizeibericht offen, oder beide behaupten der andere wäre bei rot gefahren, auch hier bleibt es offen. Bei Auto gegen Radfahrer liest man im Polizeibericht oft die Schutzbehauptungen des Autofahrers, wie auch schon andere schrieben.
    Radfahrer stehen dann als vermeintliche Verursacher im Bericht, sind evtl. lange krank oder gar tot, Angehörige in Trauer keiner denkt an eine korrekte Strafanzeige, Strafantrag und vor allem an eine Zivilklage! Bei Autounfällen erledigen das teilweise die Versicherungen um den Schaden der anderen Versicherung in die Schuhe zu schieben oder einem der Beteiligten Fahrer. Daher gibt es auch größere Budgets für Gutachten. Das liegt am Wert der Autos, nicht an der erbärmlichen Gliedertaxe für Verlorene Extremitäten.
    Nehmt euch Anwälte und habt eine Rechtsschutzversicherung!
    Die vom ADFC ist nur für Strafrecht und nicht ausreichend alleine.
    Ein Anwalt ist oft billiger, als kein Anwalt auch ohne Versicherung.
    Dashcams sind hilfreich.
    Polizei muss Kameras von Autos z.B. Tesla immer auswerten, passiert auch oft nicht, Eile ist geboten, sonst sind die Daten gelöscht!
    Handynutzung des Unfallgegners sollte man prüfen lassen, wird aber leider aus „Datenschutz“ fast nie gemacht, dabei lassen sich viele heutige Unfälle nur so oder durch fummeln an AutoDisplays „Tesla und co“ erklären.
    Klagen und Schadensersatzforderungen sind wichtig für uns alle.

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  6. Danke für eure Schilderungen. Offensichtlich gibt es reichlich Erfahrungen unter uns Radfahrenden, dass wir bei der Unfallaufnahme extrem ungerecht behandelt werden. Ich überlege, wie ich daraus einen Blog-Artikel machen könnte, der aussagekräftig ist.

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  7. Und hier noch ein schönes Beispiel, wie ein Unfall als sog. Alleinunfall in die Statistik eingeht: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/11530/5847068
    Thomas

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  8. Ich erschrecke auch, wenn plötzlich eine Autotür aufgeht, auch wenn ich mit Abstand zu den geparkten Autos radle. Man überprüft automatisch, ob der Platz reicht. Gutes Beispiel wie Stürze zustandekommen, weil andere Verkehrsteilnehmer:innen sich falsch verhalten und man erschrickt.

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