Fußgängerzone Stuttgart (nicht ohne Auto) |
Und das ist aber im Grunde widersinnig, schreibt Jan Schmitz auf der Seite come-on. Wenn man Menschen zu Fuß nicht überholen darf (denn dann ist man ja schneller als Schrittgeschwindigkeit), kann man auch gleich schieben oder zu Fuß gehen. Der Autor hat in seinem Beitrag ausführlich aus meinem Blog-Post "Schrittgeschwindigkeit ist Unfug" zitiert, was ich geschrieben habe über die Unmöglichkeit, auf längeren Strecken als ein paar Metern, Schrittgeschwindigkeit zu radeln.
Das Paradoxon einer Gehweg-Radfreigabe fällt dem Autor auf, weil in Lüdenscheid offenbar von der Stadtverwaltung noch keine Gehwege für den Radverkehr freigeben wurden. In Stuttgart haben wir davon ungefähr 120 km, teils ohne echte Alternative wie etwa auf dem Neckardamm (Gehweg mit Radfreigabe) zwischen Cannstatt und Hofen, sogar so organisiert, dass man nur noch über die Gehwegecke auf die Fahrbahn gelangen kann.
Diese freigegebenen Gehwege werden von so gut wie allen Radfahrenden als Radwege missverstanden. Etliche, auch seit langem routiniert Radelnde glauben, dass man Schrittgeschwindigkeit nur dann fahren müsse, wenn Fußgänger:innen dort sind. Das ist ein Irrtum, man muss auch auf einem menschenleeren Gehweg Schrittgeschwindigkeit radeln (nicht schneller als 7 km/h). Wenn eine Stadt wie Stuttgart Hauptradrouten auf freigegebene Gehwege legt, zeigt sie tiefe Verachtung für den Radverkehr. In Lüdenscheid hat man - weil Radfahrende das offenbar nicht kennen - die Radfreigabe für die Fußgängerzone deshalb mit dem einem erklärenden Zusatzschild versehen, auf dem steht: "Rad frei 20 -11h Schritttempo". Wobei das Schild damit auch noch einen Rechtschreibfehler enthält, denn das "h" für "hour" braucht ein Leerzeichen nach der Zahl. Macht mich schmunzeln. Auch in Aschaffenburg ist die Fußgängerzone (sogar tagsüber) für den Radverkehr freigegeben. Und auch hier wird unter der Freigabe noch mal mahnend "Schritttempo" notiert. Was aber natürlich nichts nützt, denn man kann mit dem Rad nicht längere Strecken so langsam fahren, wie Fußgänger:innen gehen. Es geht einfach nicht.Ich vermute aber, das wird in Lüdenscheid nicht so bleiben, denn natürlich fahren die Räder zu schnell und auch E-Scooter-Fahrende wissen nicht, was die Radfreigabe bedeutet und scheinen nun vermehrt durch die Fußgängerzone zu düsen. (E-Scooter dürfen nur auf Radwegen und Fahrbahnen fahren, nie auf Gehwegen.) Und dem Radverkehr nützt die Freigabe nichts, wenn die Polizei alle anhält, die schneller sind als 7 km/h. Dann kann man auch schieben oder radelt besser gleich einen Umweg.
Hallo,
AntwortenLöschenSchrittgeschwindigkeit ist bei uns in Deutschland leider nicht konkret mit einem Zahlenwert definiert. Das ist schon ein Problem.
https://www.adac.de/verkehr/recht/verkehrsvorschriften-deutschland/schrittgeschwindigkeit/
Gepaart mit der weit verbreiteten Unsitte vieler Autofahrer, anzunehmen jeder müsste sofort auf die Seite springen, ergeben sich in einem oft von mir besuchten verkehrsberuhigtem Bereich im Scharnhäuser Park eigentlich jedes Mal stressige Situationen.
Aber ich sehe in unserer Demokratie auch keine Mehrheiten für Regelungen die die Vorherrschaft von Autos unterbinden.
Selbst Ur-Grüne in meinem Bekanntenkreis sind der Meinung, man könnte hier im ländlichen Bereich, den Menschen das Auto "nicht wegnehmen".
Hat zwar niemand gefordert, aber egal!
Mir wäre es schon recht, wenn das Auto für eine Mehrheit nicht immer das einfachste und günstigste Verkehrsmittel wäre!
Grüße
Laut Google: "Dem Amtsgericht Leipzig oder dem OLG Hamm zufolge kann ein Tempo zwischen 10 und 15 km/h hingegen ebenfalls noch als Schrittgeschwindigkeit angesehen werden (Amtsgericht Leipzig – 215 OWi 500 Js 83213/04 bzw. OLG Hamm – VRS 6, 222)."
AntwortenLöschenDiese Urteile sind, wie mir scheint, alle auf Autofahrende gemünzt. Grundsätzlich halten wir bei Autofahrenden ja Geschwindigkeiten für sehr langsam (15 bis 20 km/h), die wir bei Radfahrenden für irre schnell halten. Ich denke, wenn es um Radfahrende geht, wird ein Gerichtsurteil stets anders ausfallen.
LöschenDas AG Leipzig geht immerhin darauf ein, dass gerade Radfahrer typischerweise nicht beliebig langsam fahren können: https://www.verkehrslexikon.de/Texte/Rspr5269.php (ganz oben und nochmal im Entscheidungsgrund III). Der dort genannte Grenzwert von 15km/h kommt aus dem Verständnis des Begriffs Schrittgeschwindigkeit als eine Geschwindigkeit deutlich unter 20km/h, welches in Urteilen und Literatur einigermaßen gängig erscheint.
LöschenNatürlich kann jetzt ein Urteil, bei dem es um Radfahrende geht anders ausfallen, vielleicht auch je nachdem ob es um freigegebene Gehwege, freigegebene Fußgängerzonen, verkehrsberuhigte Bereiche oder noch etwas anderes geht. Ich bin zwar etwas optimistischer, aber letztlich scheint Rechtssicherheit auch eine der Sicherheiten zu sein, die Radfahrenden nicht regelmäßig zugestanden werden.
^^ Gruß, Hannes
LöschenEgal ob 11h oder 11 h, beides steht für 11 Stunden und niemals 11 Uhr! 🤷♂️
AntwortenLöschenEben nicht! Es ist nach StVO die einzig zulässige Bezeichnung der Uhrzeit. Würde "Uhr" oder ähnliches dran stehen, wäre es komplett ungültig.
LöschenUnd um dem Radfahrer-frei-Schild zu noch mehr Sinn und Klarheit zu verhelfen, hat man mit der StVO-Novelle E-Scooter-Fahrern eine Legitimation geschaffen, ebenso wie Radfahrer gegen die Fahrtrichtung in Einbahnstraßen fahren zu dürfen, wenn das Zusatzzeichen „Radfahrer frei“ vorhanden ist.
LöschenWenn das Zusatzzeichen in Verbindung mit Fußgängerzonen oder Gehwegen steht, dürfen Sie nicht.
Liebe E-Scooter-Fahrer; merke: Manchmal gilt das Zeichen, manchmal nicht.