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9. Januar 2025

Ändert sich was in diesem Jahr?

Wir dürfen jetzt Blinker an unsere Fahrräder bauen. Und Städte und Gemeinden können Radstreifen und Radwege anlegen, ohne vorher nachweisen zu müssen, dass es auf den Strecken zu Zusammenstößen zum Nachteil der Radfahrenden gekommen ist. 

Blinker waren bisher an einspurigen Rädern verboten. Seit Mai sind sie erlaubt. Sie sollen mehr Sicherheit schaffen. Derzeit gibt es Systeme zu kaufen, die man selber oder in einer Werkstatt einbauen kann. Sie kosten zwischen 30 und 200 Euro. Und sie machen den Lenker noch voller und vermehren die Zahl der Kabel entlang unserer Rahmen. Aber Hersteller von hochwertigen E-Rädern können aber jetzt Räder entwickeln, in denen diese Technik organisch integriert ist. Die wird es vermutlich in ein paar Jahren geben. 

Die StVO-Novelle erlaubt es, Radstreifen als Teil eines Radnetzes anzulegen und mit baulichen Maßnahmen dafür zu sorgen, dass darauf keine Autos fahren. 

Bisher ging das nur, wenn man zeigen konnte, dass "besondere Umstände" es "zwingend erforderlich machen". Auch Fahrradstraßen können einfacher gegen unerlaubten Durchgangs-Autoverkehr geschützt werden, etwa, indem man modale Filter, also Poller aufstellt. Die Novelle erleichtert es den willigen Behörden auch, Radparkplätze dort einzurichten, wo bisher Autos abgestellt werden  durften, um die Gehwege von abgestellten Rädern freizuhalten. 

Leider bleibt es dabei, dass in Städten flächendeckend Tempo 30 immer noch nicht angeordnet werden kann. Das darf nur an besonderen Gefahrenstellen passieren. Allerdings können Lücken zwischen solchen Stellen jetzt geschlossen werden, wenn sie nicht länger als 500 Meter sind. Auch im Umfeld von Zebrastreifen, Spielplätzen und vielgenutzten Schulwegen kann jetzt leichter Tempo 30 angeordnet werden. 

Ob sich in den kommenden Jahren was für uns ändert, hängt davon ab, wie schnell (und ob überhaupt) die Gemeinden die Erleichterungen nutzen und geschützte Radstreifen und Radwege anlegen. Wenn der Radverkehr tatsächlich in den kommenden zehn Jahren verdreifacht werden soll, dann braucht es schnell einen raschen Ausbau echter Radinfrastruktur, auf der sich auch diejenigen sicher fühlen, die sich jetzt nicht trauen, sich durch wechselnde Systeme und verschiedene Mischverkehre (Autos, Fußgänger:innen) zu schlängeln. Das Gefühl der Sicherheit und Bequemlichkeit ist entscheidend dafür, ob Leute vom Auto aufs Fahrrad für Alltagswege umsteigen. Kreuzungen und Radführungen, die Mut, zumindest aber große Routine erfordern, hemmen. Zum Sicherheitsgefühl gehört übrigens auch, dass ich mir sicher sein kann, selber fehlerfrei radeln zu können. Und das entsteht, wenn die Infrastruktur eindeutig gekennzeichnet und durchgängig ist, und wenn aus Radwegen nicht ständig Gehwege mit Radfreigabe werden, wo wir im Prinzip Schrittgeschwindigkeit fahren müssten. 

Was fehlt: Die für wichtigste Änderung der StVO, die aber niemand in Angriff nimmt, wäre, dass das Schrittgeschwindigkeitsgebot auf fürs Radfahren freigegebenen Gehwegen zumindest dann nicht gilt, wenn weit und breit kein Fußgänger unterwegs ist. Wobei Schrittgeschwindigkeit bei Begegnung mit einem Fußgänger paradoxerweise bedeuten würde, dass ich ihn eigentlich nicht überholen darf, denn dann wäre ich ja schneller. Realistisch wäre eine Regelung, in der steht, dass auf freigegebenen Gehwegen bei der Begegnung mit Fußgänger:innen abgebremst werden muss und diese in unter 10 km/h überholt werden dürfen. 

12 Kommentare:

  1. "Blinker waren bisher an zweispurigen Rädern verboten. Seit Mai sind sie erlaubt."

    Moin Christine,
    da hast du dich verschrieben. Blinker sind nun auch an einspurigen Rädern erlaubt, dort waren sie vorher nicht gestattet.
    An zweispurigen Rädern waren sie vorher schon zugelassen.

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  2. Da habe ich es als Fussgänger einfacher, ich kann dann mit Schrittgeschwindigkeit andere Fussgänger, die ebenfalls Schrittgeschwindigkeit laufen überholen.
    christo.

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    1. Richtig. Die Frage ist ja immer, was ein Polizist, der dich mit dem Fahrrad einen Fußgänger überholen sieht, für Schrittgeschwindigkeit hält. Ich kenne die Aussage eines Polizisten, der sagte, wenn mich die Radler überholen, sind sie ja schneller als Schrittgeschwindigkeit. Das ist natürlich ein Irrtum. Was ist mit einem Jogger, der Fußgänger überholt? Wäre ein Jogger-Tempo auch noch Schrittgeschwindigkeit bei einem Fahrrad? Deshalb ist dieses Schrittgeschwindigkeitsgebot auf freigebenen Radwegen halt schwierig und nicht sinnvoll.

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    2. Schrittgeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit, die man beim Gehen erreicht, also immer ein Fuß auf dem Boden, oder so ähnlich. Joggen ist ja Laufen und nicht schreiten. Für Polizisten gelten offenbar aber verschiedene Schrittgeschwindigkeiten, z.B. 20-30 km/h für Autos in verkehrsberuhigten Bereichen oder Fußgängerzonen, oder nach rechts abbiegende LKW, da scheint es ja auch OK zu sein, wenn diese keine Schrittgeschwindigkeit von Fußgängern einhalten, sondern schneller fahren. Als Maßstab finde ich das Tempo einer Straßenkehrmaschine ganz gut, am besten wäre aber eine klare Regelung in km/h, zB. 5 km/h. Die Freigabe von Fahrrädern auf Gehwegen, gemeinsame Rad-/Gehwege und auf Gehwegen abgetrennte, baulich angelegte Radwege sollten wieder abgeschafft werden, die Fahrradinfrastruktur zurück auf die Fahrbahn verlegt werden. Das hat für Radfahrer und Fußgänger nur Vorteile.

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  3. Ich weiß nicht,ob eszielführendist an einem so grundsätzlich falschen Konzept wie freigegebenen Fußwegen noch herumzudoktern. Das erlaubt es doch nur Städten wie Stuttgart, die gar keine Lust haben in echt Radinfra zu investieren, weiterhin ihr Feigenblatt spazierenzutragen

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    1. Freigegebene Fußwege mag ich gar nicht. Kommunen wie Böblingen lieben das, da dann der Autoverkehr angeblich besser läuft.
      Aber Fahrzeuge haben nichts auf Gehwegen verloren. Dazu gehören auch das aufgesetzte Parken und vor allem Hauptradrouten.

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    2. Eine Gesetzesänderung herbeizuführen dürfte ungefähr genauso schwierig sein, wie in Stuttgart die 120 km freigegebener Gehwege in ein echte Radinfrastruktur umzusetzen. Zwar kann man, wenn man furchtlos ist, auch Fahrbahn fahren, aber etwa parallel zum Neckardamm zwischen Cannstatt und Hofen sind die Straßen umwegig und nicht sonderlich angenehm, auch wegen zahlreicher Ampeln. Würde man den aber in einen gemischten Geh- und Radweg umwandeln, bestünde wiederum Niutzungspflicht. Für das Konzept nicht benutzungspflichtiger Radwege haben wir im Grunde auch nichts, also kein Verkehrszeichen. Es würde sich also doch lohnen, sich über Ausschilderung und Regeln auf Wegen, auf denen man mit dem Fahrrad fahren darf (oder soll) mal ein alltagstaugliches Konzept zu entwickeln.

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    3. ... stimmt, wir brauchen die Möglichkeit Radwege als nicht benutzungspflichtige Radwege auszuschildern (wie es sie in Österreich und Frankreich z.B. gibt) Und wir brauchen die Möglichkeit außerhalb geschlossener Ortschaften Radwege (meinetwegen Fußgänger frei) zu schaffen. Außerorts gibt es nur Rad / Fußwege und sobald die von Fußgängern genutzt werden, kann man da nicht mehr Fahren.
      Fußgänger dürfen die ganze Breite brauchen, ziemlich kreuz und quer laufen und quasi alles machen außer Radfahrer aktiv zu blockieren,
      : das passt nicht zum fließenden Verkehr. Viele dieser Wege wurden als (Alltags-) Radwege geschaffen und sind fürs Radfahren zu bestimmten Zeiten ungeeignet.
      Aber was wir definitiv nicht brauchen, sind Fußwege die für den Radverkehr freigegeben sind. Auch in Fußgängerzonen wäre eine ausgewiesene und gut erkennbare Radfläche für alle einfacher.
      Shared Space funktioniert nur dort, wo es für alle akzeptabel ist sich an die langsamsten anzupassen, das kollidiert aber mit Alltagsverkehr. RAdfahrer sind auch mal 6 mal so schnell wie Fußgänger, das bedeutet die Anpassung an normalen Fußverkehr ist für Radfahrer so, als müssten Autofahrer in der Stadt mit 8 km/h fahren. Also auch nicht mehr mehr als im Verkehrsberuhigten Bereich akzeptiert wird. An dem Vergleich sieht man, das Schritttempo und Alltagsradfahren nicht zusammenpasst, egal wie der Weg dafür ausgeschildert ist

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    4. ... es wundert mich dass so eine Gesetzesänderung nicht möglich sein sollte.
      Leider fordert nur Fuss ev konsequent die Verbannung der Radfahrer vom Fußgweg. Der ADFC scheint sich mit der Situation aggangiert zu haben auch wenn eigentlich jedem klar ist, dass gemeinsam genutzte Infrastruktur nicht nur gefährlich (sie Studie der Versicherer aus dem letzten Jahr) ist, sondern auch zu einem Großteil an den Konfliktsituationen zwischen Radfahrern und Fußgängern beiträgt.
      Und diese Konflikte sind meiner Meinung nach für das schlechte Image der Radfahrer verantwortlich.
      D.h die konsequente Trennung von Rad und Fußverkehr wird von vielen Stellen gewünscht oder sogar gefordert, das einzige was dagegen spricht ist das dann Radfahrern Platz auf der Fahrbahn eingeräumt werden muss und ggf mal wieder ein paar Parkplätze weichen sollen.

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  4. "Das Gefühl der Sicherheit und Bequemlichkeit ist entscheidend dafür, ob Leute vom Auto aufs Fahrrad für Alltagswege umsteigen."
    Ja, das kann auch(!) eine Rolle spielen, entscheidend ist aber die Fahrtdauer und die als zu weit eingeschätzte Entfernung dieser Alltagsstrecken.
    Reisezeit ist der entscheidende Schlüssel. Da muss es zu einer konsequenten Politik von push&pull kommen. Es braucht den Lückenschluss von erweitertem Erreichbarkeitsradius 'von unten' für den Radverkehr (->Beschleunigung, was Komfort i.d.R. automatisch beinhaltet) und verbessertem ÖPV-Angebot 'von oben' (->Beschleunigung, ->Taktung, ->Netzdichte, ->Zuverlässigkeit, ->soziale Sicherheit) um den Bereich wo der MIV einen Reisezeitvorteil hat einzudämmen bzw. zu schrumpfen und eine Vollversorgungsoption für den Umweltverbund zu schaffen, also ein Leben ohne Auto praktikabel zu machen, was mit bloßem Ausbau der 'Radinfra' keineswegs erreichbar ist.
    Alfons Krückmann

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  5. Da muss ich widersprechen, die wichtigste STVO Änderung ist grundsätzlich Tempo 30 innerorts. Die zweitwichtigste ist de neue Regelung in Spanien zum Überholtempo von KFz gegenüber Fahrrädern auch in Deutschland einzuführen: Überholen ist nur mit maximal 20km/h weniger als erlaubte maximale Höchstgeschwindigkeit erlaubt (also 30km/h wo 50km/h gilt).

    Aber die wichtigste Gesetzesänderung (jenseits der STVO) ist die Anpassung der Gefährdungshaftung. Zulassungspflichtige KFz sollten gegenüber Unfallopfern die "schwächere" Verkehsteilnehmer waren immer voll haften, mit der einzigen Ausnahme bei nachgewiesenem direktem Vorsatz des "Opfers" (dann war es streng genommen aber auch kein Unfall).

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