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4. März 2020

Wir diskutieren über Radgaragen

Klar ist, dass wir große und sichere Radabstellanlagen an allen Verkehrsknotenpunkten brauchen. Aber wir wollen eben auch welche in Wohngebieten haben. 

Diesen Haushaltsantrag haben wir bei den Haushaltsberatungen vor zwei Jahren gestellt. Die Verwaltung hat dies aufgenommen und nach Garagen gesucht. Eine Firma hat einen Vorschlag (Foto weiter unten) gemacht, den wir unter der Paulinenbrücke sehen können. Solche Kontainer sollen auch am Hauptbahnhof aufgestellt werden. Alle anderen sollten eingeschossig (Höhe 1,50 m) sein und dürfen nicht auf dem Gehweg oder in Grünflächen stehen, sondern nur auf Fahrbahnen.

Für größere Verwerfungen hat die Präsentation vorn Fahrradgaragen im Stuttgarter Westen gesorgt.
Hier warten ungefähr 200 Anwohner/innen seit zwei Jahren auf die von uns beantragten sicheren Radgaragen in ihren Straßen, wo sie ihre Fahrräder abstellen können, wenn sie keinen Keller haben oder die man nicht in den Keller tragen kann. Die Stadtverwaltung hat aber nun nur paar Orte im Westen gefunden, wo man die doppelstöckigen Kontainer aufstellen könnte, am Rand von Grünflächen. Das enstpricht aber nicht der ursprünglichen Idee.

Sie ist übrigens so auch nicht zu verwirklichen. Denn das Ordnungsamt gibt keine Genehmigung dafür, sozusagen öffentliche Parkplätze für eine Radgarage umzuwidmen, die dann von bestimmten Familien für ihre Fahrräder privat genutzt wird (das war ja unsere Idee). Würde man das zulassen, könnten alle, die in der Straße wohnen, ebenfalls beantragen, solche nur für sie nutzbare Radgaragen auf Stellplätze aufstellen zu dürfen, und dann könnte ja - O-Ton des städtischen Vertreteters bei der Bezirksbeiratssitzung im Westen - plötzlich die ganze Straße voller Radgaragen stehen. Mir würde das gefallen, man muss aber schon zugestehen, dass das Ordnungsamt auch darauf achten muss, dass Menschen mit Autos vorerst noch in ihren wohnortnahen Straßen parken können. Die Autos sind ja nicht plötzlich weg. Der Umbau von Autostadt zu Fahrradstadt braucht Zeit.

Diese Radgaragen wurden dann im Gestaltungsbreirat vorgestellt.
Das ist ein Gremium aus Architekt/innen und Stadtplaner/innen unter anderem aus der Schweiz und aus Österreich, das beurteilt, was schön ist und was eher unschön ist. Es guckt nicht mit pragrmatischem sondern mit einem ästhetikversessenen Blick auf die Stadtmöblierung und auf Gebäude. Die riesigen Radgaragen am Rand von Grünanlagen fanden sie nicht so schön. Der Raum unter der Paulinenbrücke hat ihnen auch nicht so gefallen, aber hauptsächlich wegen der Vielfalt von Gehwegmöblierung mit Masten, Pollern, Bänken, Mülleimern, Verkehrszeichen, Radbügeln und so weiter: Stuttgarter Mischmasch mit Gehweg als Resterampe, nur damit die Autos überall parken können.

Dennoch gab es auch großes Lob. 
Das gab es dafür, dass wir in Stuttgart uns daran machen, Radgaragen in der Stadt in Wohngebieten aufzustellen (nicht mal in Wien ist man schon auf diese Idee gekommen). Diese Garagen könnten zu Blaupause für alle anderen deutschen Städte werden. Sie müssten allerdings konsequent im Fahrbahnbereich an der Stelle aufgestellt werden, wo sonst Autos parken (auch das enspricht unserem ursprünglichen Haushaltsantrag). Und dort dürften sie nicht doppelstöckig sein. Zum einen, weil Frauen die Fahrräder oft nicht auf die oberen Stallagen kriegen, zum zweiten, weil es optisch nicht geht. Wenn sie aber nur 1,50 hoch sind, können die meisten Erwachsen über sie hinwegblicken, so wie über Autos. Jeder Sprinter und die jeder SUV ist höher. Die Fachleute empfahlen, einen Desginwettbewerb anzustrengen, damit man Radgaragen hat, die lange stehen und lange von Passant/innen und Anwohnern als optisch wenig störend oder gar schön empfunden werden.

Dem Wunsch nach einem Desgingerobjekt stehen Erfahrungen der Statplaner/innen mit Vandalismus gegenüber. 
Im Moment schlägt die Verwaltung Holz oder graues Lochblech für die Wände vor. Zum einen, weil man aus Erfahrung weiß, dass knallige Farben und ausgefallene Formen auffälliger sind und sich daran die Geister scheiden, zum andern, weil die Stadt viel Erfahrung mit Materialien hat, die beklebt, verkratz, besprüht oder zerstört werden. Glas, Plexiglas und glatte Flächen leiden demnach stark unter Vandalismus. Lochblech nicht. Holzlamellen auch nicht.

Wir haben immerhin kleine Wiesen dort, wo sonst Autos parkten.
Die Konainer sind in der Gestaltung ziemlich variabel (übrigens wird hier die Firma, die die Bild-Beispiele erstellt hat nicht automatisch den Auftrag kriegen, es wird eine öffentliche Ausschreibung geben). Auf dem Dach werden sie begrünt.

Ich kenne selber reichlich Beispiele von Radkontainern oder Radgaragen, Radparkhäusern, Radtürmen oder was auch immer, und mir haben viele Blogleser/innen Fotos von abschließbaren Radbehältern geschickt. Was man aber bedenken muss: Die hübschen, leichten, durchsichtigen Radgaraten halten einem robusten tagtäglichen Gebrauch in der Öffentlichichkeit nicht stand.  Die Dinger müssen schon auch eine gewisse Stabilität besitzen (und Plexiglas wird zerratzt und beklebt). Schlüssel kann man nicht ausgeben, sie müssen entweder per Münzeinwurf (bisher nicht vorgesehen) oder per App oder Codenummer zu öffnen sein. Sie müssen es aushalten, dass jemand drauf klettert, und sie dürfen nicht sogleich Schrott (und die Räder darin gleich mit) sein, wenn ein Auto dagegen fährt. Solche Kästen sind dann notgedrungen eben Kästen. Und immer noch besser als diese Einezlboxen, die wir auch an der Schwabstraße am U-Bahn-Abgang kennen.
Skizze, Alexanderstraße

Wir wollen das Fahrradfahren in der Stadt sichtbarer machen. Ich will das. Dann dürfen Radgaragen am Straßenrand auch sichtbar sein. Sie dürfen sich optisch von Autos unterscheiden, die wie eine Wand zwischen Gehwegen und Fahrbahnen stehen, und die nicht hässlich zu finden, wir uns inzwischen angewöhnt haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass - egal welcher Designer - jemals eine Form finden wird, die alle befriedigt. Je auffälliger ein Desgin, desto lauter die Kritiker/innen. Und ich finde, ehrlich gesagt, einen Designerwettbewerb viel zu langwierigt, zumal man dann auch noch einen Hersteller finden muss, der die Garagen rasch und in größerer Stückzahl baut. Da warten wir dann noch mal zwei bis zehn Jahre drauf. Ich möchte aber nicht mehr warten.

Aber wir diskutieren noch. Das heißt, in den Bezirksbeiräten wird diskutiert, ob man Plätze findet, wo die Radgaragen nötig (fast überall) sind und aufgestellt werden könnten und wie sie aussehen könnten. Übrigens, es ist leicht, einen Vorschlag zu kritisieren und hässlich zu finden. Es ist schwierig, einen Vorschlag zu machen, der die Billigung der meisten Menschen findet. 

Ich meine, an den Hauptbahnhof und an andere Bahnhöfe sollten so schnell wie möglich die Radkontainer oder Radgaragen hin, und zwar ohne große Diskussionen.  Und für die Gestaltung der Wände der Radkontainer könnte man sich ja an der Kunstakademie und bei den Graffiti-Künstler/innen umhören. Man kann die Wände anstelle von Litfaßsäulen nutzen, man kann Bänke daneben stellen und kleine Parkletts drum herum bauen, und so weiter. Und oben drauf sind sie grün.

Aber anfangen müssen wir jetzt damit mal, finde ich.

4 Kommentare:

  1. Lochblech hat den Nachteil, das die Sprayer auch das Fahrrad mit besprühen. Von der Gestaltung her gehört unser Stadtlogo mit Pferd drauf, und natürlich ein Fahrrad Piktogramm. Ich finde die Idee immer noch super, solange das teure Rad dort sicher untergebracht ist.

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  2. Ralph Gutschmidt4. März 2020 um 20:52

    Ja, Fahrrad sichtbar machen ist wichtig. Es muss deutlich sein, dass es keine Häuschen für Mülltonnen sind, sondern Fahrradgaragen.

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  3. Mein Posaunenlehrer hat immer gesagt: "You've got to krabble before you can walk"
    Sind Fahrradgaragen wirklich das dringlichste Thema für Radfahrer in Stuttgart?
    Ich denke, wir sollten damit beginnen, uns Menschen zu schützen, damit wir nicht dauernd erniedrigt, verletzt oder umgebracht werden.

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    1. Warum sollte man nicht beides lernen? Krabbeln muss genauso gekonnt sein wie laufen.

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