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20. Juli 2022

Bußgeldirrtum der Polizei

Die Polizei Mittelfranken hat eine bemerkenswerte Klarstellung zu Bußgeldern für Radeln auf nicht freigegebenen Gehwegen veröffentlicht. 

Man hatte wohl ein Sharepic gepostet, indem es hieß, Radeln auf Gehwegen könne teuer werden. In den Medien und in online-Portalen werden meist für verbotenes Gehwegradeln die 55 Euro genannt. Das hat wohl auch die Polizei Mittelfranken so gemacht. Doch die generelle Aussage, "fahren auf dem Gehweg kostet 55 Euro" sei falsch, korrigiert die Polizei sich selbst. Zwar fielen Fahrräder generell unter den Begriff Fahrzeuge (§2 Abs. 1 StV, TBNR. 102100), jedoch gelte für den gesamten Bußgeldkatalog im Allgemeinen Teil Ziffer 7.4.8 (§2, Abs. 4. BKatV): "Bei Fußgängern soll das Verwarnungsgeld in der Regel 5 Euro und bei Radfahrern 15 Euro betragen, sofern der Bußgeldkatalog nichts anderes bestimmt."

Missachten Autofahrende das Fahr-, Halte- und Parkverbot auf Radverkehrsanlagen, dann gilt der Spezialtatbestand mit der  Tatbestandsnummer 141163: das bedeutet ein Bußgeld von 50 Euro oder mehr. 

Bei Radfahren in der Fußgängerzone oder auf dem Gehweg gelten die TBNR. 141169 141172 und damit ein Bußgeld von 25 Euro (bei Unfällen oder anderen Vorfällen mehr, aber eben nicht mehr als 40 Euro). Und wer auf einem freigegebenen Gehweg schneller als mit Schrittgeschwindigkeit radelt, muss höchstens 15 Euro bezahlen (TBNR 141196). Zur Orientierung: Der ADFC Baden-Württemberg stellt hier ausführlich und mit einer Tabelle die Bußgeldsätze für verbotene Aktionen mit dem Fahrrad dar. 
Leider irrt sich die Polizei im Ordnungsdienst, also die Beamt:innen in den Streifenwagen manchmal, was die Regeln für den Radverkehr betrifft. Polizist:innen müssen viel wissen und sie sind ja oft auch ziemlich jung. Da sind die Regeln und Bußen für Autofahrende präsenter als für Radfahrende. Und manchmal schätzt die Polizei eine Situation auch völlig falsch ein. 

Ich erinnere mich, dass mir ein Radler berichtete, dass in Stuttgart die Polizei mal bei Radfahrenden, die durch den Höhenpark Killesberg radelten, 55 Euro kassiert habe. Sie macht auch gelegentlich Kontrollen auf der Königstraße, wo Radler:innen gerne mal von der Buswendeplatte über die Königstraße Richtung Kronprinzenstraße radeln, was verboten ist. 

 


9 Kommentare:

  1. Ralph Gutschmidt20. Juli 2022 um 08:03

    "Polizist:innen müssen viel wissen und sie sind ja oft auch ziemlich jung."

    Dennoch wundere ich mich, dass sie oft nicht einmal das Wissen eines Fahrschülers haben. Die haben doch alle einen Führerschein?

    Neulich sprach ich welche an, die bei einer privaten Besorgung auf dem Gehweg standen. Die waren überzeugt, das sei bis zu drei Minuten zulässig. Und das war schon nach der StVO-Reform.

    Im Freiberger Einkaufszentrum haben sie sich mit einer kuriosen Meinung in einen Verkehrsunfall eingemischt und es so dem Opfer erschwert, an seine Entschädigung zu kommen. Die Zeitung berichtete groß darüber.

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  2. Vermutlich legt man bei der Ausbildung von jungen Polizist:innen keinen großen Wert auf die Kenntnis von Verkehrsregeln, weil man annimmt, die hätten sie ja seit der Führerscheinprüfung intus. Und dann verfestigen sich halt diese Auffassungen, dass man überall drei Minuten "halten" könne, was ja nicht stimmt, denn sobald man das Fahrzeug verlassen hat, parkt man. Politzist:innen sind halt auch nur Menschen, leider welche, die doch eine erhebliche Macht haben, anderen mit falschen Entscheidungen Ärger zu machen.

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  3. Wenn man vom Eckensee über den Schlossplatz zur Königstraße fährt, steht übrigens nirgends ein Fußgängerzonenschild. Darf ich von dort kommend dann auf der Königstraße radeln?

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    1. Darüber amüsiere ich mich auch immer, Verbote an den Enden, aber offene Zufahrtsflanken. Ich denke, vor Gericht würde man Recht bekommen, wenn die Verkehrszeichen fehlen, allerdings nicht, wenn sich herausstellt, dass man sich auskennt und deshalb weiß, das man mit dem Rad nicht die Königstraße befahren darf. Eine Beschilderung für den Radverkehr ist überall inkonsistent und lückenhaft oder falsch, was der Radinfrastruktur entspricht.

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    2. Rad-Beschilderung, auch die Freigaben und Verbote von Gehwegen ist immer richtungsgebunden. Eine Freigabe gilt nicht automatisch in Gegenrichtung. Verbote gelten also auch nicht automatisch in Gegenrichtung. Daher würde ich mit nicht zutrauen vorherzusagen, was ein Gericht entscheiden würde. Die Polizisten in Stuttgart entscheiden jedenfalls willkürlich aus dem Bauch heraus. Auf der Königstraße würden sie ein Knöllchen ausstellen. An anderen Stellen, wo Rad fahren mangels Freigabe-Schild eigentlich verboten ist, haben sie mir zugesichert, kein Bußgeld verhängen zu wollen. Sie haben aber auch aufgegeben, beim Ordnungsamt als Verkehrsbehörde eine Verbesserung der Beschilderung zu erwirken.
      Holger

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  4. In der Polizeiausbildung wird tatsächlich Verkehrsrecht gelehrt. Aber Verkehrsrecht ist halt nicht nur Verkehrsregeln, sondern auch Zulassungsrecht, Güter, Fahrerlaubnisrecht etc. Da sollten sich Polizisten im Verkehrsbereich halt überall auskennen. Aber allein das Thema Fahrerlaubnis ist mittlerweile so kompliziert, dass sich da selbst der Gesetzgeber nicht mehr auskennt und bei jeder Aktualisierung weitere Fehler und Widersprüche einbaut.
    Karin

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  5. Lustig. Bei uns in Bayern wird jeder benutzungspflichtige, gemeinsame Geh/Radweg offiziell als "für den Radverkehr freigegeben" bezeichnet und als Beitrag zum lokalen "Radwegenetz" gefeiert. Ohne diesen supergefählichen Mist würde das sog. "Radverkehrsnetz" wie ein Kartenhaus in sich zusammenbrechen.

    Die Polizei ist regelmäßig bei Vor-Ort-Besichtigungen beteiligt und benutzt das gleiche Vokabular. Von dem korrekten Terminus "Fahrbahnbenutzungsverbot für Radfahrer" ist dabei niemals die Rede, immer nur von "Freigabe".

    Ist das bei euch in BW anders?

    S. Schwager, Fürstenfeldbruck, Bayern







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  6. Das mit der "Freigabe" ist wohl nicht nur in Bayern so. Hier ein Beispiel aus NRW:

    https://twitter.com/KreisCoesfeld/status/1549685812266119174

    Orwellsches Neusprech.

    S. Schwager, Fürstenfeldbruck, Bayern

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  7. Streifenhelfer würde helfen: https://www.streifenhelfer.com/index.php/downloads/

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