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28. April 2024

In eigener Sache

Ich trete wieder an bei den Kommunalwahlen am 9. Juni für den Stuttgarter Gemeinderat. Ich stehe auf der Liste von Bündnis 90/Die Grünen auf Platz 14. 

Das kann so oder so ausgehen. Ein sicherer Listenplatz ist das nicht. Bei den Gemeinderatswahlen kann man panaschieren und kumulieren. Das heißt, man kann die 60 Stimmen, die man hat, verteilen. Man kann Kandidat:innen bis zu 3 Stimmen geben (kumulieren) und man kann dies auf verschiedenen Listen tun (panaschieren). Mehr als 60 Stimmen darf man allerdings nicht vergeben. Wer nicht zählen und rechnen will, kann auch eine ganze Liste wählen, auf der 60 Kandidat:innen stehen.  

Ich setze mich für die Verkehrswende ein. Mehr Fahrrad, mehr Fußverkehr und die entsprechend gute Infrastruktur dafür. 

Zu Fuß gehen wir alle, egal, ob wir zum Auto gehen oder zur Stadtbahnhaltestelle oder ob wir tatsächlich mehrere Kilometer zur Arbeit oder zum Einkaufen laufen. Deshalb müssen Gehwege frei von Hindernissen sein. Und frei von Radfahrenden. Ich halte die Trennung vom Rad- und Fußverkehr für sehr wichtig. Fürs Fahrrad ist die Fahrbahn da, aber dort muss es dann auch eine Radinfrastruktur geben, die als sicher und bequem empfunden wird und ohne Umwege zum Ziel führt. Sie muss durchgängig und leicht zu verstehen sein, damit deutlich mehr Menschen gern mit dem Fahrrad fahren als es derzeit tun. 

Zu viele Politiker:innen unterstützen derzeit noch den falschen Verkehr, nämlich das Auto. Egal, ob es um sichere Schulwege für Kinder geht oder um eine Radverbindung durch den Flughafentunnel oder um Radstreifen oder Radabstellanlagen, immer endet die Diskussion bei den Parkplätzen oder Autofahrspuren, die dafür wegfallen sollen. 

Die Mehrheiten für die Verkehrswende ist im Gemeinderat knapp und nicht immer sicher. Mir kommt es darauf an, dass wir tun, was wir tun müssen, schnell und pragmatisch, damit Stuttgart eine Stadt wird, die nicht mehr vom Auto beherrscht wird, sondern in der sich Menschen ohne Blech um sich herum sicher und vergnügt bewegen können. Ich bin für Tempo 30 in der Stadt, weil dann weniger Menschen im Straßenverkehr sterben und Lärm reduziert wird. Ich bin für autofreie Straßen in der City, auch weil das dem lokalen Handel hilft, den Radfahrende kaufen öfter und mehr lokal ein und Menschen sind lieber dort, wo keine Autos sind. Ich bin für Stuttgarter Ecken, damit die Kreuzungen übersichtlich sind und die Schulwege sicherer werden. Ich bin für deutlich mehr Radabstellanlagen und geschützte Radgaragen in Wohngebieten, denn die Mobilität beginnt vor der eigenen Haustür und es darf nicht leichter sein, ein Auto auf der Straße abzustellen als ein Fahrrad. Und natürlich bin ich für einen schnelleren Ausbau der Radinfrastruktur. 

Es geht nicht um alles oder nichts. Ich bin nicht gegen Autos und gegen das Autofahren. Manche müssen, ungefähr 30 Prozent wollen unbedingt mit dem Auto fahren. Es gibt aber ein Potenzial von ungefähr 60 Prozent, die würden mit dem Fahrrad fahren, wenn sie unseren Stadtverkehr nicht als zu gefährlich empfinden würden. Um die müssen wir uns kümmern. Alle von 8 bis 80 sollen in Stuttgart Radfahren können und brauchen dafür Radwege. Und wenn letztlich die Hälfte davon mehr Fahrten mit dem Fahrrad statt mit dem Auto macht, dann reduziert sich der Autoverkehr sehr deutlich und alle, die Auto fahren müssen (auch die, die es unbedingt wollen), stehen seltener im Stau und kommen leichter durch. Es geht also um ein mehr vom einen und ein weniger vom anderen, mehr Radfahren, weniger Autofahren. Und dafür müssen die Wege für Radfahrende besser ausgebaut sein. Die meisten Menschen fahren nämlich ganz gern Fahrrad. Und sie freuen sich, wenn sie sich im Alltag mehr selber bewegen dürfen. Für Kinder ist das sogar sehr wichtig, damit sich Motorik und Sehfähigkeit gut entwickeln. 

Eine lebendige nicht-motorisierter Mobilität in Stuttgart hilft allen. Wenn wir in Stuttgart die Modernisierung des Verkehrs nicht schaffen, werden wir für dringend benötigte Arbeitskräfte schnell an Attraktivität verlieren. Menschen wollen nicht nur arbeiten (bei Daimler, Bosch, Mahle, in Kitas, Krankenhäusern oder in der Verwaltung, bei Versicherungen etc.), sondern auch Freizeit genießen und nachts ruhig schlafen. Und wir müssen den CO2-Ausstoß schnell deutlich reduzieren, damit künftige Generationen auf unserer Erde noch friedlich leben können. Das ist mir wichtig, und deshalb muss es die aktive Mobilität in Stuttgart leichter haben als derzeit. Das was wir schon erreicht haben, reicht noch lange nicht. 

Übrigens: Ich finde es dieses Jahr besonders wichtig, wählen zu gehen und dabei eine demokratische Partei zu wählen. Ich habe Verständnis dafür, dass manche sich ärgern, dass es in den Koalitionen, die regieren, nicht schneller in die gewünschte Richtung geht. Aber Politik ist Verhandlung und Kompromisse suchen, denn Verkehrswende, Klimaschutz und Sozialpolitik haben nirgendwo eine absolute Mehrheit. Welche Mehrheiten es gibt, hängt eben von den Wählenden ab. Aus Protest nicht wählen stärkt nur die rechtsextremen Parteien. Wir brauchen aber in Stuttgart eine starke Mehrheit für eine moderne Stadtentwicklung - menschenfreundlich, modern und klimafreundlich. 

14 Kommentare:

  1. Viel Glück, hoffentlich klappt's!

    Kleine Anmerkung noch:
    mit der Fokussierung auf 'Sicherheit' wird zugleich das autogerechte Narrativ vom unsicheren Radverkehr bestätigt und verstärkt.
    So funktionieren unsere Gehirne halt.
    Hilfreich für eine wenigstens ansatzweise gelingende Verkehrswende (weniger MIV) ist das m.E. nicht unbedingt, eher im Gegenteil wird der Marketingansatz von 'Radfahren ist gefährlich' noch weiter bestärkt und fixiert.
    Auch objektiv/empirisch ist das nicht schlüssig, da der Faktor Nr.1 für die Verkehrsmittelwahl stets die Reisezeit ist, und da sind halt andere Fokussierungen sinnvoll:
    - Radverkehrsbeschleunigung
    - Abkehr von der autogerechten Raumplanung (Pfadabhängigkeit!)
    - sytematische Verschiebung der Erreichbarkeitsradien mit Schrumpfung für den Autoverkehr und Ausweitung für den Radverkehr (und wo sinnvoll auch für den ÖPV)
    - etc.
    Aber ich gebe zu, dass ich nicht weiss wie sich das auf den Erfolg bei der WählerInnenansprache im 'Autoländle' bzw. in der Daimler-Metropole auswirken würde.
    Alfons Krückmann

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    1. Danke für die Hinweise, Alfons. Stimmt, mir behagt die Fokussierung auf die Sicherheit auch nicht, wenngleich die Angst, die manche haben, meist als stärkstes Argument gegen das Radfahren gezogen wird. Das Radeln zwischen Autos empfinden viele als gefährlich, obgleich es gefährlicher sein kann, auf Radwegen zu radeln, über die oft Autos queren. Was ich hier im Blog schreibe, erreicht ohnehin die Wähler:innen nur begrenzt. 😊

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    2. Im ganzen Text geht es in gerade mal 2 (zwei) Sätzen um die Sicherheit..

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  2. Jörg
    Ich werde dich empfehlen.
    Bei allem muss man tatsächlich Mass halten. In den Diskussionen über den richtigen Weg gehen die Außenstadtteile ein wenig unter. Hier sind durchaus gemischte Wege möglich. Die strikte Trennung von Fuß und Radweg erscheint hier etwas übertrieben. Die Wege sollten nur breit genug sein. Getrennte Forst und Feldwege wird uns niemand bauen wollen. Ein Radweg auf der Schnellstraße ist wirklich nicht Jedermanns Traum. Hier muss es gemeinsam gehen und fahren.

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    1. Danke, Jörg. Ein Radweg befände sich immer neben der Schnellstraße (Radfahrstreifen würde man auf die nicht legen), und es geht auch nicht darum, im Wald getrennte Radwege anzulegen, aber es geht darum, von den 130 km freigegebenen Gehwegen in Stuttgart wegzukommen und den Radverkehr mit Infrastruktur auf die Fahrbahnen zu legen, auf denen dann weniger Autos fahren.

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  3. Cool, werde dich empfehlen, viel Glück! MfG, Georg

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  4. Wenn man Christine sehr gerne drin haben möchte, dann gibt man ihr 3 Stimmen und lässt die 57 anderen Stimmen verfallen.

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    1. So extrem muss man es vielleicht doch nicht machen. Aber ehe man gar nicht wählt ... 😊

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    2. Stimmt auch so nicht ganz, denn die Zahl der Stimmen pro Partei bestimmt die Zahl der Sitze der Partei. Also sollte man Christine drei Stimmen geben und anderen auf der selben Liste(die Grünen) eine Stimme, um sie zu unterstützen. Oder anderen Leuten mit ähnlichen Schwerpunkten, die dahinter antreten, auch drei Stimmen. (Z.B mir - Reinhard Otter 🦦 , Platz 26 - zwinkersmiley). In Verkehrsfragen teile ich Christines Standpunkte in den allermeistenFällen voll und ganz!

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    3. Nein, so funktioniert das nicht. Die Kommunalwahl ist eine Listenwahl. Die Anzahl der abgegebenen gültigen Stimmen für eine Liste ist ausschlaggebend dafür, wieviele Sitze die Liste bekommt. Die zustehenden Mandate werden dann auf die Personen verteilt, die auf der entsprechenden Liste die meisten Stimmen bekommen haben. Also: Drei Stimmen für Christine und die restlichen 57 auf die anderen Grünen verteilen. Viel Glück, Christine.

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    4. Es ist richtig, dass ohnehin meistens die ganze Liste abgegeben wird und die Stimmen für die jeweilige Partei sich daraus errechnen (also die Zahl der Sitze im Gemeinderat, die eine bestimmte Partei am Ende bekommt), aber man kann eben auch über mehrere Listen hinweg springen und den Personen Stimmen geben, die man bevorzugt.

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