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8. März 2025

Gelten im Park die gleichen Radfahr-Regeln wie auf Gehwegen?

Mit einem Kind unter acht Jahren, das auf dem Gehweg radeln muss, darf ein Elternteil ebenfalls auf dem Gehweg radeln. 

Was aber ist, wenn wir mit unserem radelnden Kleinkind an einen Park kommen, in dem Radfahren verboten ist, weil dort entsprechende Schilder stehen.  Die Regel bei Gehwegen: Kinder unter acht Jahren müssen auf dem Gehweg radeln bis zehn dürfen sie es (StVO § 2 (5). Nur Kinder unter 8 Jahren dürfen von einer Person dort begleitet werden. Sie werden Fußgänger:innen gleichgesetzt und müssen beim Überqueren einer Straßeneinmündung absteigen.* Gilt das aber auch für diesen Park oder für eine Fußgängerzonen? Die Frage stellte sich mir, als mir ein Blogleser schrieb, dass seine Frau, die mit zwei Kleinkindern zu einem Spielplatz im Killesbergpark radelte, von der Polizei mit einem Bußgeld belegt wurde. Das Alter der Kinder ist mir übrigens nicht bekannt. An dem Park stehen an den Zufahrten überall die Gehwegschilder, es handelt sich aber hier nicht um straßenbegleitende Gehwege. 

Wie üblich ist das gar nicht so einfach herauszufinden, denn mit dem Radverkehr beschäftigen sich einschlägige Seiten zur StVO immer nur am Rande und oft unvollständig und fehlerhaft. 

Eines ist sicher, Kinder unter zehn Jahren dürfen auch in Fußgängerzonen auf dem Kinderfahrrad bleiben, weil diese Räder nicht als Fahrzeuge gelten (StVO §24 (1). Aber die Begleitperson auch? In der pfälzischen Stadt Landau vertritt der Moblititätsderzernent die Ansicht, dass Kinder und eine Begleitperson auch in den Sperrzeiten (tagsüber) durch die Fußgängerzone radeln dürfen. Dagegen gibt es aber den Widerspruch, die StVO gebe das nicht her (der Zeitungsartikel dazu befindet sich leider hinter der Bezahlschranke). 

Der Bußgeldkatalog meint dazu: "Die Fußgängerzone wird mittels Verkehrsschild gekennzeichnet. Wer genau hinsieht, erkennt, dass es einem anderen ähnelt: dem Zeichen 239. Dieses ist rund und weiß umrandet. Auf dem blauen Hintergrund sind ebenfalls die zwei weißen Figuren – ein Kind und eine Frau (Fußgänger) – auf dem Schild zu sehen. Allerdings hören hier die Ähnlichkeiten auch schon auf. Das Verkehrszeichen 239 markiert laut Straßenverkehrsordnung einen Gehweg. Es schreibt vor: Nur Fußverkehr darf diesen Weg benutzen. Erlaubt ist das Befahren des Weges jedoch unter einer Voraussetzung: Es handelt sich um ein Kind bis zu einem Alter von 10 Jahre, das mit dem Fahrrad unterwegs ist. Auch Begleitpersonen dürfen dann durchaus den Fußgängerweg befahren." Nachdem ein Blogleser mich in den Kommentaren darauf aufmerksam gemacht hat, dass nur Kinder unter 8 Jahren von einer Person auf dem Rad begleitet werden dürfen, stimmt der letzte Passus schon mal nicht.* Sind die Verkehrszeichen aber nun mit allen Konsequenzen für radelnde Kinder und ihre Begleitperson gleichbedeutend oder nicht? Dies Frage bleibt offen. 

Eine eindeutige Antwort wagt der ARCD: "Kinder bis zehn Jahre und deren Begleitperson dürfen wie auf Fußgängerwegen auch mit dem Drahtesel trotzdem in der Fußgängerzone fahren." Auch hier stimmen die 10 Jahre nicht. Und ob das auch justiziabel ist, dafür lege ich meine Hand nicht ins Feuer, denn ein Beleg durch die StVO fehlt. Die regelt das nämlich nicht ausdrücklich.  

Am Killesbergpark stehen allerdings gar keine Fußgängerzonenschilder, sondern die Gehwegschilder, die wir üblicherweise an straßenbegleitenden Gehwegen nur dann sehen, wenn eine Radfreigabe darunter hängt, sonst nicht, denn der Gehweg ist durch Bordsteine als Gehweg definiert. Wenn keine Schilder an ihm stehen, ist radeln verboten, außer eben für Kinder und eine Begleitperson. Aber gilt das auch, wenn das blaue Fußgängerschild an einem Gehweg steht? Es gibt tatsächlich auch straßenbegleitende Gehwege, in denen das Zeichen 239 bekräftigt, dass auf ihnen Radfahren verboten ist, zum Beispiel hier am Beginn der Fahrradstraße am Marienplatz. Für Fahrradstraßen gilt allerdings auch, dass Kinder unter acht Jahren auf Gehwegen radeln müssen, wenn sie vorhanden sind, und damit dort auch von einer Person begleitet werden dürfen. Folglich erlaubt dieses Verkehrszeichen immer Kindern mit einer Begleitperson dahinter weiter zu radeln. Das muss dann auch für den Killesbergpark gelten. 

Im Fall der Mutter, die mit ihren Kindern von der Polizei im Killesbergpark auf dem Weg zum Spielplatz angehalten und bebußt wurde, lohnt sich eine Anfrage beim Stuttgarter Ordnungsamt (oder bei einem Verkehrsjuristen), falls wenigstens eines der Kinder unter acht Jahre alt ist. Die Polizei scheint mir hier falsch gehandelt zu haben. 

Übrigens sind unsere Parks generell fürs Radfahren freigegeben, es sei denn, es wird durch Verkehrszeichen anders angeordnet. Das regelt die Grünflächenverordnung der Stadt Stuttgart. Bisher hat der Gemeinderat darauf bestanden, dass es einen fahrradfreien und damit für Fußgänger:innen stressfreien Park geben soll, nämlich den Killesbergpark. Versuche, wenigstens einen einzigen Weg für die Durchfahrt per Fahrrad nach Feuerbauch und zurück freizugeben, sind bislang gescheitert (auch am Misstrauen gegen Radfahrende. Die würden dann ja überall im Park radeln, so das Argument). Um das tatsächlich reichlich vorkommende illegale Radeln durch den Park zu verringern, wäre das aber vielleicht eine gute Maßnahme, denn die Wege auf den Straßen, die Radfahrende um den Park herum nehmen müssen, sind umwegig und teils von sehr unangenehmem Autoverkehr beherrscht. 

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*StVO 2(5) 1Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen, Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen. 2 Ist ein baulich von der Fahrbahn getrennter Radweg vorhanden, so dürfen abweichend von Satz 1 Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr auch diesen Radweg benutzen. 3 Soweit ein Kind bis zum vollendeten achten Lebensjahr von einer geeigneten Aufsichtsperson begleitet wird, darf diese Aufsichtsperson für die Dauer der Begleitung den Gehweg ebenfalls mit dem Fahrrad benutzen; eine Aufsichtsperson ist insbesondere geeignet, wenn diese mindestens 16 Jahre alt ist. 4 Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen. 5 Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. 6 Soweit erforderlich, muss die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr angepasst werden. 7 Wird vor dem Überqueren einer Fahrbahn ein Gehweg benutzt, müssen die Kinder und die diese begleitende Aufsichtsperson absteigen.

10 Kommentare:

  1. Es sollte verstärkt berücksichtigt werden, dass in einer alternden Gesellschaft und in einer Gesellschaft mit viel zu wenig freien Bewegungsräumen für Kinder das Recht auf ungestörte Mobilität zu Fuß nicht eingeschränkt wird. Die Situation des Fußgehens ist ohnehin schon problematisch genug geworden (Falschparker, unerträglich laute Kreuzungen, Querungen bei schnellem Autoverkehr, etc. etc. etc.).
    In Zeiten des Wechsels vom 'Bio-Fahrrad' hin zum motorisierten Radverkehr verstärken sich die Problematiken einer gemeinsamen Führung von Fahr- und Gehverkehr nochmal zusätzlich, da mit motorisierten Fahrzeugen schneller gefahren wird, der Vorteil geringerer Anstrengung bei geringerer Geschwindigkeit durch die Motorisierung weitgehend entfällt, und so in der Tendenz weniger Rücksicht genommen wird, bzw. das Bedrohungsgefühl gegenüber dem Radverkehr mehr Berechtigung, sowohl 'subjektiv' wie auch 'objektiv' erfährt.
    Wo Radverkehr auf schmalen Wegen erlaubt wird, ist das 'Flanieren', das erholsame Gedankenschweifenlassen weitgehend ausgeschlossen, da ein Teil des Gehirns auf 'Obacht' gestellt bleiben muss.
    Parks sollten Parks bleiben, der Erholung, Ruhe und Kontemplation dienen, einen sicheren Raum für spontane unberechenbare Richtungswechsel von Kindern auch quer über die Wege und Flächen bieten, und nicht als schnöde Verkehrsadern missbraucht werden.
    Wir haben nicht zu wenig Fahrverkehrsadern, sondern bereits deutlich zu viele, bzw. falsch genutzte. Ein weiteres Hineinwuchern von Fahrverkehr in die wenigen verbliebenen Räume ungestörten Flanierens sollte nach Möglichkeit verhindert werden. Existierende Defizite bei der Radverkehrführung (Umwege...) müssen - oder sollten - im Regelfall durch Reduktionen der exklusiven MIV-Verkehrsräume angegangen werden.
    Alfons Krückmann

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    1. Lieber Alfons, ich bin auch für Trennung von Fuß- und Radverkehr. Es gibt jedoch vielleicht zu viele Radrouten durch Grünanlagen, aber es gibt halt viel zu wenige, die für den Radfahrer sicher und bequem auf Straßen durch die Stadt geführt werden. Den Radfahrenden werden zu oft Umwege und indirekte Strecken angeboten, sie warten zu lange an Ampeln, sie fühlen sich von Autofahrenden bedrängt. Die Forderung muss lauten: Der Radverkehr muss auf die Straße und dort geschützt verlaufen.

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    2. Die Aussage "Mit einem Kind unter zehn Jahren, das auf dem Gehweg radeln muss, darf ein Elternteil ebenfalls auf dem Gehweg radeln." ist falsch. Die Benutzung des Gehwegs ist nur gestattet, wenn das Kind das achte Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Steht auch in § 2 (5) StVO.

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    3. Bis 10 Jahre dürfen Kinder auf Gehwegen radeln und von einer Person begleitet werden, bis 8 Jahre müssen sie es.

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    4. Nein.

      § 2 StVo
      (5) ... Soweit ein Kind BIS ZUM VOLLENDETEN ACHTEN LEBENSJAHR von einer geeigneten Aufsichtsperson begleitet wird, darf diese Aufsichtsperson für die Dauer der Begleitung den Gehweg ebenfalls mit dem Fahrrad benutzen…

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    5. Nachtrag: Es geht um die Begleitperson.

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    6. Okay. Danke für den Hinweis. Es ist halt extrem kompliziert.

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  2. Kurz: nein, in Parks gilt die StVO (normalerweise) nicht

    Damit die Straßenverkehrsordnung in Parks überhaupt gilt, müssen die Wege ja dem öffentlichen Verkehr gewidmet sein. Ich würde erwarten, dass das bei Parks bzw. Wegen in Parks normalerweise nicht der Fall ist, womit dann wahrscheinlich Regelungen der Gemeinde relevant sind, zum Beispiel die Grünflächensatzungen. Im Beispiel Stuttgart ist das auch genau da geregelt (https://www.stuttgart.de/rathaus/verwaltung/stadtrecht/1/1-13-gruenflaechensatzung-der-landeshauptstadt-stuttgart.php, direkt https://www.stuttgart.de/medien/ibs/1-13.pdf):
    §3(1) Wege und Plätze in öffentlichen Grünflächen dürfen rücksichtsvoll mit Fahrrädern, Inlineskates, [...] und ähnlichen Sport- und Spielgeräten, die mit Muskelkraft bewegt werden, befahren werden. Dazu gehören auch sog. Pedelecs [...]. Fußgängerinnen [..] haben Vorrang.
    §3(2) Die öffentlichen Grünflächen dürfen nicht mit Kraftfahrzeugen [...] befahren werden. [...]
    und gesondert §4 Höhenpark Killesberg mit
    §4(1) [...] Die Benutzung von Fahrrädern, Inlineskates [...] ist nur Kindern bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr oder auf besonders freigegebenen Flächen erlaubt. [...]

    So gesehen, sind die blauen Gehwegschilder am Parkeingang formal nur bedeutungsloser Schmuck (daher sie entfalten keine direkte Wirkung), besser wäre wahrscheinlich ein Schild das die Regeln der Grünfläche zusammenfasst, wie es das in vielen Parks auch gibt.

    Hannes

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    1. Achso, das heißt natürlich auch, dass die Frau die ihre Kinder im Park begleitet hat selbstverständlich keine Ordnungswidrigkeit nach StVO begangen haben kann, dafür aber eine nach der Grünflachensatzung der Stadt Stuttgart, siehe unten.
      Das kann aber schnell ungünstiger sein, wenn die städtischen Ordnungsgelder ungünstiger als die aus der StVO sind.

      §11(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig [Punkt 10.] als Person nach Vollendung des vierzehnten Lebensjahres im Höhenpark Killesberg außerhalb der dafür besonders freigegebenen und gekennzeichneten Flächen Fahrräder [...] benutzt.

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    2. Lieber Hannes, danke für deine Überlegungen. Radfahren ist eine Wissenschaft und zwar eine Rocket Science, also sehr kompliziert, wie man daran sieht, wieviel Mühe es mich und dich jetzt gekostet hat, der gültigen Regel wenigstens auf die Spur zu kommen. Normale Menschen mit Kindern auf Rädern haben nicht die geringste Chance, die Regel herauszubekommen, wenn sie mal gelernt haben, dass sie mit einem unter 8-Jährigem Kind auf einem Gehweg radeln dürfen. Und das Verkehrszeichen "Fußweg" kennzeichnet die Fläche plötzlich als eine, in der die StVO gilt, denn das Schild ist ja Teil der StVO. Es soll aber in dieser Umgebung etwas anderes bedeuten als sonst? Sehr schwierig!

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