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19. Juli 2024

Der gute Radweg

In Deutschland könnten wir den Radverkehr verdreifachen, wenn wir unser Radinfrastruktur so ausbauen, dass niemand mehr Radfahren als gefährlich empfindet. Das ist bekannt. 

Das Geld für Radwege muss allerdings überlegt ausgegeben werden. Nur Farbe und Pfeile auf der Fahrbahn, Kreisverkehre im Mischverkehr und Fahrradweichen sind wenig hilfreich. Wenn Radwege oder Radstreifen urplötzlich aufhören und Radfahrende sich zwischen schnellen Autos wiederfinden, schreckt das ab. Wenn Radwege oft von Autofahrenden gekreuzt werden, erhöht das die Gefahr von Zusammenstößen. Und dann heißt es: Radfahren ist gefährlich. Die Seite We Love Cycling zeigt krasse Beispiele, wie unüberlegt, lieblos und zynisch Radwege angelegt werden können, im Zickzack, durch Fußgängeraufstellplätze, plötzlich endend. Solche Beispiele haben wir auch in Stuttgart, bis hin zu Radspuren, die gegen ein Gerüst führen, weshalb ich hier ein paar Bilder einfüge, die die fünf Punkte, die Discerning Cyclists für eine gute Radinfrastruktur auflistet, konterkarieren. 

Eine Mutprobenstrecke
1. Gute Radwege verlaufen getrennt vom anderen Verkehr

Sie werden getrennt von den Autofahrspuren angelegt, aber auch getrennt von Gehwegen. Als Trennelemente kommen Poller, Kübel und Bordsteine in Betracht. Oder man baut sie gleich abseits von Gehwegen und Autostraßen. 

2. Gute Radwege sind Teil eines ganzen Wegenetzes

Autofahren ist ja deshalb so leicht, weil es ein riesiges weit verzweigtes Netz gib, auf dem man von Zuhause bis zu beinahe jedem Ziel fahren kann. Ein Radnetz, das vielerlei Wege von der Quelle bis zu wichtigen Zielen miteinander verbindet, trägt entscheidend dazu bei, dass Leute Radfahren praktisch und bequem finden und mit dem Rad auch größere Entfernungen zurücklegen. 


3. Gute Radwege sind breit

Sie erlauben es, dass man auch mal nebeneinander radelt oder dass schnellere Radler:innen die Langsameren überholen können, ohne dass Gefahr besteht, dass sich die Lenker berühren. Breite Radwege erlauben es dann auch jedem und jeder, im eigenen Tempo zu fahren. Übrigens auch mit breiteren Spezialfahrrädern. Und sie tolerieren kleinere Fahrfahler.   

4. Gute Radwege haben klare Markierungen und Beschilderungen

Hauptradoute 1, Kreuzung Eberhardstr.

Radwege ohne klare Markierungen können gefährlich werden. Sind die weißen Begrenzungstreifen abgefahren, sehen Autofahrende die Grenze zum Radstreifen nicht mehr. Sind Radfahrende von Vorfahrtsregelungen betroffen, müssen das die Bodenmarkierungen deutlich zeigen. Auch Radfahrende sollte vor engen Kurven und versteckten Ein- und Ausfahrten gewarnt werden. An Kreuzungen müssen Wegweiser stehen (die man auch im Heranradeln lesen kann). 

5. Gute Radwege werden in Ordnung gehalten

Ein glatter und gut gepflegter, von Laub und reinhängen Zweigen freigehaltener - im Winter geräumter - Radweg bedeutet Sicherheit und ermutigt, ihn auszuprobieren. Radfahrende wollen und sollen sich genauso darauf verlassen, dass ihre Wege immer (von Unwettererreignissen abgesehen) risikofrei befahrbar sind, wie Autofahrende. Deshalb muss regelmäßig geschaut werden, ob die Farbe verblasst ist, nirgendwo das Wasser steht oder Schlaglöcher aufgetaucht sind. 

Gute Radwege nützen übrigens allen, auch den Autofahrenden. Denn die fahren auch nicht gern hinter einem Radler oder einer Radlerin her und überlegen, wie sie an ihm oder ihr vorbeikommen. Sie nützen auch deshalb denen, die aufs Auto angewiesen sind, denn wer Fahrrad fährt, steht schon mal nicht vor ihnen im Stau. 

Sie nützen aber auch den Radfahrenden. Denn laut einer Studie von People vor Bikes, so das Argument von Discerning Cyclists, verringern Radwege, die vor Autos geschützt sind, die Zahl der Verletzungen von Radfahrenden um 75 Prozent. Dass schwere Verletzungen von Radfahrenden mit guter Radinfrastruktur halbiert werden könnten, hat das Baden-Württembergische Verkehrsministerium errechnet. Die Zusammenstöße auf Landstraßen zwischen Autofahrenden und Radfahrenden scheinen im vergangenen Jahr zugenommen zu haben: kein Wunder, es radeln mehr Menschen und es fehlen Radwege und Radstreifen außerorts. Investitionen in den Radverkehr verringern also Krankenhauskosten. Sie entlasten aber auch Städte vom Autoverkehr, weil dann mehr Leute radeln, und sie haben wirtschaftliche Vorteile für den Einzelhandel, ganz abgesehen davon, dass Radfahrende im Durchschnitt gesünder und glücklicher sind als Autofahrende. Die Seite verweist auf die spanische Stadt Sevilla, die in rund zehn Jahren in der Innenstadt ein Radwegenetz entwickelt und damit die Zahl der Radfahrten an Werktagen um 450 Prozent gesteigert hat. Das geht offensichtlich! 

"Warum ist die Radinfrastruktur so schlecht?", fragte auch das ZDF zum Tag des Fahrrads. Den Beitrag kann man hier lesen. 

8 Kommentare:

  1. Jörg
    "Das Geld für Radwege muss allerdings überlegt ausgegeben werden" Leider erleben wir oft Lieblosigkeit. Der Sommer ist Straßenbauzeit. Neuer Aspahlt wird für viel Geld verteilt. Ohne irgendwie zu denken wird die alte nicht mehr zeitgemäße Markierung neu in frischem weiß aufgetragen. Man beruft sich auf Bestandsschutz und man habe nichts geändert. Wirklich? Auf der frischen dunkelgrauen Fläche ist neue Farbe aufgebracht worden - ist das alt?
    Selbst an der Böblinger Straße ist bergauf bei der Engboldstraße ein schmaler Radstreifen ohne Abstandsstreifen neben einer überbreiten Autofahrbahn neu markiert worden. Bei soviel Liebe zum Detail weiß ich nicht wie wir nett über die zuständigen Ämter und deren Führung sprechen können.

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  2. 6. Gute Radwege haben nur moderate Steigungen.( Und nicht mehr als nötig)
    Viele Radwege Außerorts sind sehr steil. Die Straße schlängelt sich den Berg hoch und der Radweg geht fast gerade oder die Straße ist flach und der Radweg geht hoch und runter. Das ist für viele nicht zu schaffen.

    Christiane

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    1. Das Argument wird inzwischen mit dem Hinweis auf Pedelecs vom Tisch gewischt...

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    2. Nicht jeder fährt Pedelec. Die sind auch teuer als normale Fahrräder.

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    3. Das stimmt, Christiane, das fehlt in der Auflistung und hätte mir auch einfallen können. In Stuttgart ächzen die Radfahrenden die Alte Weinsteige hoch (was auch mit Pedelec anstrengend sein kann), während die Autofahrenden die Neue Weinsteige mit mäßiger Steigung haben. Und die EM-Umleitung um den Schlossgarten war auch mit heftigen Anstiegen verbunden, während die Autos auf der B14 rollten.

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    4. p.s.:
      zum im Artikel verlinkten ZDF-Beitrag.
      Ja, in Köln sind tatsächlich recht positive Tendenzen zu erkennen. Es wird allerdings dort in etlichen Fällen keine zusätzliche Separation in die Landschaft asphaltiert oder vom Fußverkehr abgeknappst, sondern eine Kombination von Push(!)&pull gewählt mit Rückgang der Kapazität und Reisezeit für den MIV (siehe auch 'Ring frei').
      Das ist bei Betrachtung des Gesamtverkehrs quasi das genaue Gegenteil vom so beliebten 'obendrauf' mit dem üblichen 'Ab in den Wald' und ab auf die zusätzlichen von der landwirtschaftlichen Fläche abgeknappsten einseitigen Nierigkapazitäts-Mini-Radwege)

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    5. yeah.
      fuck you.

      karl g. fahr

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  3. gute Radwege haben keine Umlaufsperren. Umlaufsperren ist ein sicheres Zeichen, dass der Radweg nicht angelegt wurde um den Radverkehr zu fördern.
    Aber was soll man erwarten, wenn ein Großteil der Kommunalpolitiker meint, dass wenn man einen wirklich einen Alltagsradweg bauen muss doch die Bänke für die Pause nicht vergessen soll.

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