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1. Juli 2024

Muss erst was passieren?

Das ist die falsche Frage, wenn es um gefährliche Stellen im Straßenverkehr geht. Meistens passiert nichts, vor allem nicht an den Stellen, wo alle vorhersagen, dass etwas passiert. Aber Menschen haben Angst. 

Zum Beispiel, der Gehweg auf einem Schulweg wird regelmäßig zugeparkt, die Kinder müssen auf der Fahrbahn laufen, die Mutter findet, dort werde schneller als mit den erlaubten 30 km/h gefahren, die Elternschaft verlangt von der Politik und Stadtverwaltung einen freien Gehweg, die Stadt antwortet, das Gehwegparken sei zwar illegal, aber es sei ja bisher nichts passiert. Müssen die Eltern sich ernstlich wünschen müssen, dass etwas passiert, damit die Stadt das Verkehrsrecht durchsetzt? In Potsdam mussten 2018 Kinder nach der Schule auf einem schmalen Gehweg auf dem Bus warten. Die Elternschaft und Ortsvorsteher fanden das gefährlich, wenn Lkw hier viel zu schnell langfahren, Kinder springen herum und geraten auch mal auf die Fahrbahn. Es sei ja noch nichts passiert, argumentierte die Verwaltung, doch dann gab es vor Abschluss des Schuljahres 2018 zwei Unfälle mit Kindern. Dass sich daraufhin was geändert hätte, ist nicht dokumentiert. Schulwegechecks gibt es inzwischen vielerorts, und sie alle zeigen Gefahrenstellen auf und werfen genau diese Frage auf. Manchmal auch, weil etwas passiert ist, weil ein Kind angefahren wurde. 

Und was passiert, wenn dann was passiert ist?

Beispielsweise in Hessen gelten als Unfallschwerpunkte Streckenabschnitte oder Kreuzungen, wo innerhalb eines Jahres mindestens fünf Unfälle gleichen Typs passiert sind oder sich in drei Jahren drei Unfälle mit Schwerverletzten ereignet haben. Damit sind die Voraussetzungen zum Handeln sehr, sehr hoch gesteckt. An Kreuzungen, so bemängelt Darmstadtfaehrtrad.com, an denen sich öfter Radunfälle ereignen, wurde noch nie was zugunsten von mehr Radsicherheit verändert. Als Beispiel wird eine paradoxe Radwegführung samt Sichthindernissen genannt. Wenn es um den Autoverkehr geht, werden Unfallschwerpunkte auch in Baden-Württemberg regelmäßig gesichtet, analysiert und Maßnahmen ergriffen, um Tempo, gefährliches Überholen oder Wendemanöver zu unterbinden. Solche Maßnahmen kennen wir auch für den Radverkehr, etwa, wenn von ihm per Bodensignale und Warnschilder verlangt wird, langsam an eine Kreuzung heranzufahren (auch wenn er grün hat). Das aber ist nur eine Warnung vor Rechtsabbiegern, die Ampelschaltung wurde nicht geändert, Autofahrende und Radfahrende haben immer noch gleichzeitig grün. 

Hier wurde ein Kind angefahren (Schlossstr.)
Wer das größte Risiko hat, einen schweren (tödlichen) Unfall zu erleiden, ist nicht leicht zu ermitteln. Bezieht man das Risiko auf die zurückgelegten Kilometer schneiden langsame Verkehrsarten (Zufußgehen) schlechter ab, bezieht man sie auf die im Verkehr verbrachte Zeit (also pro Stunde), dann sinkt das Risiko von Fußgänger:innen oder Radfahrenden gegenüber dem Flugverkehr oder Bahnverkehr wieder. Und nicht mehr das Fliegen, sondern das Bahnfahren ist dann die sicherste Fortbewegung. Eine Stunde Zufußgehen ist genauso riskant wie eine Stunde Autofahren (für die Autofahrenden selber), Radfahren ist um das Dreifaches so riskant wie Autofahren, und Motorradfahren sprengt jegliche Vorstellung. Auf eine Billion Stunden pro Person sterben 25 Fußgänger:innen, 25 Autofahrende, 75 Radfahrende und 2 Zugfahrende, aber 440 Motorradfahrende. Schwere Unfälle sind also für den Einzelnen ein äußerst seltenes Ereignis. Und das ist auch gut so. Das bedeutet, dass auch an als lebensgefährlich betrachteten Stellen im Straßenverkehr nur selten schwere Unfälle passieren. Solange zu warten, bis das passiert (was ja auch zu keiner Änderung führt), bedeutet, dass Tausende Radfahrende eine gefährliche Stelle mit Angst (zumindest mulmigen Gefühlen) fahren, und viele darum meiden. 

Die Frage "Muss erst etwas passieren?" hilft also kaum jemals weiter, wenn es um furchterregende Stellen im Straßenverkehr geht, denn die Wahrscheinlichkeit ist zum Glück sehr gering. Die eigentliche Frage ist: Müssen Menschen, die nicht im Auto sitzen, Angst im Straßenverkehr haben? Angst um ihre Kinder oder um sich selbst.  Und müssten wir nicht alles tun, damit Menschen, die zu Fuß gehen oder Rad fahren, keine Angst haben? Denn wenn Eltern Angst um ihre Kinder haben, die auf dem Schulweg eine unübersichtliche Stelle überwinden müssen oder an einer Hauptverkehrsstraße entlang gehen oder an einer Bushaltestelle warten müssen, dann entscheiden sie sich vermehrt, die Kinder mit dem Auto zur Schule zu fahren. Sie entziehen sie der Situation, sie nehmen sie von der Straße und setzen sie in die privaten Autos. Und die schiere Menge und Dichte an Autoverkehr macht die Straßen für alle, die nicht im Auto sitzen, dann noch gefährlicher. 

Die eigentliche Frage lautet: Warum eigentlich wird Fußgänger:innen und Radfahrenden zugemutet, dass sie Angst haben? Selbst wenn die Angst angesichts der generell geringen Wahrscheinlichkeiten für tödliche Verkehrsunfälle unbegründet erscheint. Warum tut die Verkehrsplanung nicht alles Erdenkliche dafür, dass Eltern keine Angst um ihre Kinder auf dem Schulweg haben? Warum werden Straßen und Verkehrsführungen nicht so optimiert, dass sich Fußgänger:innen und Radfahrende wohl und sicher fühlen? 

Zuweilen ändert sich auch mal was. Ein bisschen mag sich das Sicherheitsgefühlt von Radfahrenden in der Herzogstraße verbessert haben, nachdem einbiegende Autofahrende durch gelbe Bodenschwellen darauf aufmerksam gemacht wurden, die Kurve im vorgeschriebenen Radius zu nehmen. Und der besonders furchterregende und über Jahre konfliktträchtige Sicherheitsstreifen auf der Böblinger Straße in Kaltental wurde durch einen breiten Radfahrstreifen ersetzt. Gut so. Aber mehr davon! Auf dem Mittelradstreifen zum Wilhelmsplatz wurde bereits mindestens ein Radler von einem Autofahrer angefahren, entschärft wurde hier nichts. Es radeln dort auch nur wenige, denn die Strecke ist extrem unangenehm. Und solange viele Menschen das Gefühl haben, Radfahren sei gefährlich, igeln sie sich in ihren gepanzerten Autos ein, so großen wie möglich. 

Die gefühlte Sicherheit ist der entscheidende Faktor dafür, ob Menschen zu Fuß gehen oder mit dem Fahrrad fahren und ihre Kinder zu Fuß oder mit dem Fahrrad losschicken. Niemand will mit Angst radeln oder gehen. Es für Zufußgehende und Radfahrende - für alle, die nicht im Auto unterwegs sind - angenehm zu machen, das ist doch die vornehmste Aufgabe einer modernen Verkehrsplanung. Und wenn Eltern oder Radfahrende der Politik und Verwaltung die Frage stellen, "Muss erst etwas passieren", kann die Antwort nicht lauten, "es ist aber nichts passiert", sondern muss lauten: "Oh, Sie haben Angst auf diesem Gehweg, beim Überqueren einer Straße, an dieser unübersichtlichen Straßeneinmündung? Dann müssen wir das schleunigst so ändern, dass Sie und ihre Kinder sich sicher fühlen können." 

Was macht Radfahrenden Angst und zuweilen echte Todesangst? Zum Beispiel: 

  • Auf Landstraßen ohne Radweg oder Radstreifen fahren müssen
  • Zu eng durch Autofahrende überholt werden (die manchmal böse hupen und ihr Auto als Strafinstrument zur Einschüchterung einsetzen) 
  • Radwege, über die Autofahrende abbiegen
  • Kreuzungen, auf denen es keine Radinfrastruktur gibt
  • Fahrradweichen, die zwischen zwei Autofahrspuren führen
  • Ein- und Ausfahrten, die über Radwege führen
  • Senkrechtparkbuchten oder Grunstücksstellplätze, aus denen Autofahrende rückwärts hinausfahren
  • Kurven, die von Autofahrenden regelmäßig geschnitten werden
  • Abgänge vom Radweg auf die Fahrbahn, wo man wegen Kurven nicht sieht, was kommt
  • ...



26 Kommentare:

  1. Landstraßen ohne Radweg/Radfahrstreifen, Kreuzungen ohne Radinfrastruktur, Ein- und Ausfahrten, vom Radweg auf die Fahrbahn, ..., sind an für sich kein Problem, es sind die Autoraser dort, die Angst und echte Todesangst verursachen. Man kann es regelmässig auf der Critical Mass erleben, dort wird nämlich die Geschwindigkeit der Autofahrer auf die der Radfahrer heruntergebremst und schon geht es sehr gut mit dem Miteinander auf der Fahrbahn. (Psychopathen ausgenommen)

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    1. Ganz meine Meinung! Angst machen mir auch Polizisten (m/w), welche automobile Vergehen pflichtwidrig unverfolgt bzw. ungeahndet lassen, man denke nur an Natenom und die Polizei in Pforzheim.
      Thomas

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  2. Systemische Risiken kann man nicht punktuell beseitigen.

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    1. Kann man nicht, aber wenn man aufhört, Fahrradweichen zu bauen oder Landstraßen mit Radwegen versieht - wenn man den Radverkehr vom Autoverkehr (und Fußverkehr) trennt, Abschnitt für Abschnitt, kommt man auch vorwärts und Schritt für Schritt raus aus der systhemischen Verkehrsgewalt gegen Radfahrende.

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    2. Ich habe da Zweifel.
      Diese 'systemische Verkehrsgewalt gegen Radfahrende' wird ja nicht etwa ursächlich beseitigt, sondern das Ziel der systemischen Verkehrsgewalt gegen Radfahrende - also die Abwicklung eines möglichst von allen Hindernissen ungebremsten Autoverkehrs - wird auf höherer Stufe realisiert, indem den impliziten, teils soziopathisch ausgelebten, Forderungen der 'Automobilen Gewalt' vollumfänglich nachgegeben wird.
      Die Autobahnisierung unseres immer noch in Teilen allgemeinen Verkehrsnetzes frisst nicht nur in immer größerem Umfang Natur und Ackerflächen auf, es wird durch die Separierung en passant auch die Kapazität des MIV auf den mittleren und längeren Distanzen erhöht.
      Beides, Bodenversiegelung und MIV Reisezeitgewinne, konterkariert übergeordnete ökologische Zielsetzungen, und es wird zudem zusätzliche Zersiedelung gefördert, was weitere negative Folgen zeitigt und die automobilen Pfadabhängigkeiten stärkt.
      Wir leben nunmal in einer Welt komplexer, oder zumindest komplizierter Zusammenhänge, wodurch es m.E. erforderlich ist, eine saubere und möglichst vollständige Folgenabschätzung zu betreiben, um nicht gutwillig vom Regen in die Traufe zu kommen. Die Betrachtung von Einzelaspekten wird unter Einbezug größerer Zusammenhänge nicht selten in neuem Licht stehen.
      Rebounds und Backfireeffekte machen mittlerweile einen großen Batzen bei der Folgenabschätzung aus, der immer noch unterschätzt und unterschlagen wird.
      Im Übrigen ist die gängig gewordene These, dass die Sicherheit Top1 der Verkehrsmittelwahl darstellen würde empirisch nicht darstellbar.
      Bei nahezu allen Umfragen dominiert da nach wie vor eindeutig die Reisezeit bzw. die zurückzulegende Entfernung alle anderen Entscheidungskriterien. 'Sicherheit' hat regelmässig einen Stellenwert unter 'ferner liefen', auch wenn zunehmend darauf fokussiert wird, nicht zuletzt um ein zusätzliches zweites aspaltiertes Straßennetz in die Landschaft zu bauen und so die Kapazitäten des Straßenverkehrs bei gleichzeitigem Rückbau der Schiene zu erhöhen.
      Bei Kindern, betagten Menschen, Mobilitätseingeschränkten usw. sieht das teils anders aus, da stehen u.U. tatsächlich die Sicherheitsaspekte stärker im Vordergrund, wobei allerdings zB bei Kitas, Grundschulen, Gesundheitseinrichtungen, etc. zu beobachten ist, dass mittlerweile auch da, bedingt durch Abbau der räumlichen Versorgungsdichte, der Aspekt 'Entfernung' stärker in den Vordergrund rückt und das 'zu weit' als primäres Verkehrsmittelwahlkriterium wachsende Bedeutung für die Alltagsbewältigung vieler Menschen erhält.
      Privilegierte Subgruppen, etwa die 'creative class' in den verdichteten teuren Kernbereichen bilden da eine Ausnahme, aber das ist nicht die Mehrheit.
      Insgesamt gebe ich zu bedenken, dass die angestrebte Totalseparation noch nirgendwo zum Rückgang des Autoverkehrs geführt hat (außer in den teuren dann gentrifizierten Stadtkernen), und dass diese 'Lösung' bzw. das Ausweichen vor der automobilen Gewalt seinerseits eine autogerechte Lösung darstellt, die zwar in beschränktem Umfang das Kriterium 'subjektive Sicherheit' verbessern kann, was selbstverständlich sehr sinnvoll ist, aber gleichzeitig erhebliche Rebounds und Backfireeffekte auslöst, die es in Zeiten der ökologisch/sozialen Multikrise zwingend zu berücksichtigen gälte.
      Alfons Krückmann

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    3. Sicherheit ist aber beim Radfahren ein Argument, wenn es um die Abwägung Auto oder Fahrrad geht. Im Auto fühlen Leute sich sicherer als auf Fahrrädern. ich kenne viele, die sich nicht trauen oder viele Strecken nicht zu radeln trauen, weil zu viele Autos fahren und das Verhalten der Autofahrenden ihnen unberechenbar erscheint. Es geht übrigens auch gar nicht um die objektive Sicherheit, sondern um die gefühlte. Es geht darum, dass Radfahrende keine Angst haben wollen. Warum auch sollten sich Menschen mit Angst in der Öffentlichkeit bewegen müssen?

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    4. d'accord,
      das steht aber doch gar nicht in Widerspruch zu meinen obigen Ausführungen.
      Subjektive Sicherheit ist "ein" Argument bzw. ein Faktor, aber nunmal im Durchschnitt nicht der entscheidende, nicht der die Verkehrsmittelwahl determinierende Faktor, auch wenn das für einzelne Individuen und bestimmte Teilgruppen in letzter Zeit verstärkt emotional im Vordergrund stehen mag, und auch wenn dieser durchaus existierende Teilaspekt vor allem durch den Import des 'lets go dutch' stark popularisiert worden ist.
      Ich denke, dass unter den heutigen Bedingungen der existentiellen globalen Bedrohung durch die ökologische und soziale 'Multikrise' derartige Teilaspekte, spätestens wenn es um Schlussfolgerungen und abgeleitete Handlungsmaximen geht, in größerem Rahmen kontextualisiert werden sollten.
      Allzuleicht rutschen wir sonst in die Falle, die J.W.v.G im 'Zauberlehrling' so treffend aufgeworfen hatte.
      Allein: der 'alte Hexenmeister' einer ökologischen Verkehrswende ist noch nicht gefunden, wird auch nicht gefunden werden, da müssen's halt die vielen Lehrlinge richten.
      Ich denke, die Aufgabe sollte sein nach Lösungswegen zu suchen, die sowohl die Teilaspekte von subjektiver Sicherheit, Recht auf inklusive Mobilität für alle (-> Behindertenrechtskonvention einlösen), Gendergerechtigkeit, etc. berücksichtigen, als auch globale existentielle Notwedigkeiten von Bodenentsiegelung, Artenvielfalt, CO2 Begrenzung, globaler Gerechtigkeitsausgleich beim Klimaumbruch, Ressourcenkreislauf, etc. mit einzubeziehen.
      Das könnte zB bedeuten für einen ggf. vollzogenen Radwegebau an Landstraßen verpflichtend eine Entsiegelung von reinen MIV-Fahrbahnen in mindestens gleichem Umfang vornehmen zu müssen, Vorzug von Nutzungsumwandlung (Fahrradstraßen, T70 auf Landstraßen, ggf. T50 auf problematischen Landstraßen, etc.) vor Neuversiegelung, Orentierung am Ziel der Halbierung der MIV-Dichte um 50% bis 2035, etc.
      Allermindestens natürlich die Aufhebung nahezu aller Rad-Fahrbahnverbote (Benutzungspflicht von Radwegen).
      Das Gegenteil ist aber gegenwärtig der Fall:
      die meisten Planungen führen absehbar zu weiterer Ausweitung des MIV, und die gegenwärtigen Tendenzen und 'Rezepte' der Radförderung wirkt da eher MIV-bestärkend, als dass ein Beitrag zur Eindämmung des MIV geleistet würde.
      Im Gegensatz zum 'lets go dutch' gibt es da aber keine fertigen Marketing- und Planungs-Bundles, auf die aufgebaut werden kann.
      Radverkehrsförderung in eine realistische Perspektive von Reduktion des MIV einzubetten ist derzeit quasi ein weisser Fleck auf der Landkarte.
      Das zu konstatieren wäre ein guter erster Schritt, um vom gegenwärtig immer noch dominierenden altbackenen Prinzip der 'Autogerechten Radverkehrsförderung' endlich wegzukommen.

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  3. Bei Angst im Strasenverkehr werden von den Betroffenen dieselben Strategien angewandt, wie z.B. von Frauen bei Nacht in Parks und Unterführungen. Die betroffenen Stellen werden gemieden. Da Verkehrsplanung überwiegend von Männern gemacht wird, fehlt es hier an der entsprechenden Sichtweise auf die Bedürfnisse anderer "Zielgruppen". Und dann kommt es zu diesen Paradoxen, dass gefährliche Ecken nicht entschärft werden, weil die "Zielgruppe" die Ecke einfach meidet. Wobei meiden nicht nur Umweg sonddern auch "überhaupt nicht" bedeutet. Hat man als Ängstlicher Probleme mnit dem Fahren auf der Fahrbahn, dann fährt man vielleicht garnicht mehr mit dem Rad, oder fängt (als Autofahrer) erst garnicht damit an.
    Diese Problematik wird von den Verkehrsplanern garnicht als Problem erkannt. Sie sollten sich mal von der Wiener Verkehrsplanerin, die Plätze angstfrei gestalten lässt, schulen lassen. Nicht nur geschlechtersensible Städteplanung, sondern Zielgruppensensible Städte- und Verkehrsplanung. Das Probleme des Murkses betrifft ja u.a. auch Mobiltätseingeschränkte. Für diese muss auch mitgedacht werden.
    Karin

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    1. Ja, Karin, da stimme ich dir zu. Es sind zu viele Männer im Verkehrsbereich bestimmend tätig, die sich gar nicht vorstellen können oder wollen, dass Frauen diese aggressiven Kämpfe im Straßenverkehr gar nicht ausfechten wollen. Wobei ich denke, das Wissen ist bekannt und leicht abrufbar, aber es wird nicht abgerufen oder, wenn es einem begegnet, negiert.

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  4. "Auf eine Billion Stunden pro Person sterben 25 Fußgänger:innen, 25 Autofahrende, 75 Radfahrende und 2 Zugfahrende, aber 440 Motorradfahrende."
    Wo bleiben die "sicheren Motorradwege" ?
    Und senkt der Bau einer gefühlt sicheren Radverkehrsanlage tatsächlich das objektive Unfallrisiko für Radfahrer ? Die Ergebnisse der Unfallforschung sprechen eher dagegen.
    Und die Liste ist zwar nett, aber nicht mit der Realität vereinbar. Z.B die 3 Punkte
    *Radwege, über die Autofahrende abbiegen
    *Kreuzungen, auf denen es keine Radinfrastruktur gibt
    *Fahrradweichen, die zwischen zwei Autofahrspuren führen
    An einer Kreuzung mit "Radinfrastruktur" lässt sich einer der anderen beiden Punkte nicht vermeiden




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    1. Wie du - liebe Anonyma oder lieber Anonymus - vermutlich tief in dir drinnen auch weißt, gehen Motorradfahrende mit ihren Maschinen durchaus bewusst ein höheres Risiko ein. Das schließt auch das Risiko ein, das sie für andere darstellen, es sind schwerer und schnelle und laute Maschinen. Nicht zu vergleichen mit Fahrrädern und Radfahrenden, die auch bei einem Zusammenstoß mit einem Motorrad immer den kürzeren ziehen. Und hier geht es ja um die Angst derer, die nicht in Autos sitzen, nicht so sehr um das objektive Unfallrisiko. Es geht um die gefühlte Sicherheit, die entscheidend dafür ist, ob Leute sich aufs Fahrrad setzen oder nicht. Eine objektive Sicherheit wird man auch deshalb nur schwer feststellen können, weil Radfahrende für sie gefährliche Straßen meiden und es allein wegen ihrer Abwesenheit nicht zu Zusammenstößen mit Autofahrenden kommt. Warum sollen Radfahrende und Fußgänger:innen Angst haben müssen?

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  5. Ich würde noch dazu fügen: Zugeparkte Fahrradwege und Ecken, Autofahrende die die Regeln nicht beachten. Leider ist es oft so, dass die Fahrrad- und Fuissgänger-infrastruktur von Autofahrenden für ihre Zwecke missbraucht wird. Bussen und Kontrollen helfen da wenig, da nicht dauernde jemand von der Verkehrsüberwachung vor Ort sein kann. Also sollten wir die Fahrrad- und Fuissgänger-infrastruktur mit baulichen Massnahmen, Pfosten, Bordsteine, Schranken, etc. schützen.

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  6. Jörg
    Die Mehrheit scheint noch für den Blutzoll bereit zu sein. Man kann immer hoffen das es nur die anderen trifft.
    Es heißt wer das Haus verlässt, lässt sich auf das allgemeine Verkehrsrisiko ein.
    Die Risikoverteilung bei Unfällen Fußgänger oder Fahrrad gegen Auto ist extrem ungleich. Fehler von Autofahrernden können andere töten und sie steigen unverletzt aus.
    Einige finden das unfair.
    Vor allem wenn den Gefährdenden mehr Rechte zugestanden werden, als den "Hasen".

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    1. Das sehe ich auch so. Die Radinfrastruktur muss den Radfahrenden den Blechpanzer ersetzen, den Autofahrende um sich herum haben. Das heißt, sie muss Autofahrende so wirkungsvoll wie möglich davon abhalten, auf die Fahrwege von Radfahrenden (und eigentlich auch auf Gehsteige) zu fahren, also Radfahrenden nahe zu kommen. Auf einer Radinfrastruktur, die das weitgehend schafft, würden sich dann auch viel mehr Leute sicher fühlen als heute Rad fahren.

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    2. Ich halte es für weder wünschenswert noch hilfreich, die "normale" Straße für den Radverkehr aufzugeben. Dies würde bedeuten, die Regelverletzungen der Autofahrenden zu akzeptieren.
      Radfahrende müssen durch die StVO geschützt werden.
      Thomas

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    3. Sehen wir es doch mal anders. Wir installieren für den Rad-und Fußverkehr eine breite Infrastruktur, die Autofahrende nicht benutzen dürfen. Sie bekommen ihre Fahrwege abgesetzt davon zugeteilt.

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    4. Da müssen für Radwege aber viele Straßenzüge weggebombt werden, damit genug Platz für separierte Mobilitätsinfrastruktur gebaut werden kann.
      Für den Fußverkehr gibt es diese Infrastruktur übrigens bereits. Sie heißt "Gehwege"

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    5. Genau. Gehwege gibt es schon, Radwege aber nur wenige. Autowege gibt es auch. Also muss jetzt das Dritte - das Fahrrad -auch in unserer Straßenwelt mit durchgängigen eigenen Wegen installiert werden. Meine Rede seit Beginn dieses Blogs.

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    6. Kraftfahrstraßen sind in den allermeisten Städten doch die absolute Ausnahme, oder?
      Thomas

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    7. Ja. In Stuttgart haben wir die allerdings auf wichtigen Kurzverbindungen zwischen Stadtteilen, vor allem in den Tunnels, sodass Radfahrende immer über den Berg fahren müssen.

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    8. "Straßenzüge wegbomben"???
      Was die Diskussion auf diesem Blog (im Allgemeinen, letztlich schaut auch ein Troll immer mal wieder vorbei) auszeichnet ist eine "erwachsene" Haltung der Diskutanten. Also stellen Sie sich doch bitte nicht dumm.

      Das Stichwort hier heißt Entflechtung. Der Platz ist überall da, es geht nur im eine angemessene Verteilung.

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    9. "Der Platz ist überall da, es geht nur im eine angemessene Verteilung."
      Wenn es denn so wäre, der Platz für den Radverkehr also vom MIV genommen werden würde ...
      In der Realität wird gerade auch im Regionalverkehr der Platz stattdessen von den Resten der Naturflächen oder den rar werdenden Ackerflächen genommen, während zugleich der MIV von den 'Radhindernissen' befreit wird und somit zusätzliche Attraktivierung erfährt.
      Warum soll diese Tatsache so regelmässig unterm Teppich bleiben?
      Und:
      "durchgängige eigene Wege" werden doch bei genauem Hinsehen vor allem im Regionalverkehr bzw. dem Stadt/Umland Verkehr im Rahmen der 'Radverkehrsnetze' meist in Form gemeinsamer Geh/Radwege angelegt, sind also gerade keine 'eigenen' Wege, sind nicht mal Fahrbahnen, sondern dritt- oder viertklassige viel zu schmale Nebenanlagen, die mit Fußgehenden, Gassigehenden, usw. geteilt werden müssen, denen i.d.R. die Vorfahrt entzogen wird, und deren Oberflächen allenfalls als 'bedingt geeignet', oft genug aber als völlig untauglich bezeichnet werden muss, während die verbotene eigentliche Fahrbahn meist feinsten Oberflächenbelag ohne Baumwurzelaufbrüche und ähnliches ausweist. Dazu kommen die oft fehlende und im Dunkeln nicht nutzbare Wegweisung, das strukturelle Defizit im Bereich 'gefährliche Blendung', Zusatzsteigungen durch Verzicht auf angemessene Trassierung (Mulden auffüllen, Kuppen abschleifen), Entzug von sozialer Sicherheit durch Führung hinter Büschen oder durch naturnahe Räume, etc. etc. etc.
      Kurzum die gegenwärtige Version des separierten 'Radverkehrsnetzes' ist i.d.R. nicht geeignet für die Erweiterung der Erreichbarkeitsradien für den Radverkehr, sondern reduziert diese sogar in etlichen Fällen, ist nicht geeignet für inklusive Mobilität für alle Radfahrfähigen, wird den Erfordernissen der sich stark diversifizierenden Rad-typen (breite Lastenräder, schnelle e-Bikes, Pedelecs mit breiten Lenkern, langsame 'Muskelräder', etc.) und Nutzer:innengruppen nicht ansatzweise gerecht (ausser bei den stark flächenversiegelnden Radschnellwegen), würde im Erfolgsfall an viel zu geringen Kapazitäten (einseitiger Zweirihtungsverkehr auf viel zu schmalen Wegen) scheitern, und führt bei der Betrachtung der Entwicklung des Gesamtverkehrs zur klassischen pull&pull Politik, statt den ökologisch notwendigen Weg von push&pull einzuleiten.
      Siehe Niederlande mit steigendem Autoverkehr und zudem signifikant höherer Todesrate bezogen auf den gefahrenen Radkilometer.
      Wieso der Aufbau von grundlegender Separation mit zweitem Netz a la NL dann in Deutschland plötzlich zu besseren Ergebnissen führen soll?
      Tja.
      Auf parteipolitischer Ebene sieht das anders aus.
      Da kostet push&pull Wähler:innenstimmen, also wird in einer Allparteienkoalition aufs populistische pull&pull gesetzt. "Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass"
      Politisch verständlich, ökologisch fatal.
      Alfons Krückmann

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    10. Die Lösung ist: Die Breite der Wege für den Autoverkehr reduzieren und für den Radverkehr nutzen. Bis wir uns so was vorstellen können, wird es allerdings noch eine Weile dauern und etliche Unwetter nötig sein.

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    11. Ja genau, sofern sich diese Breitenreduktionen für den MIV dann auch in verlängerten Reisezeiten oder geschmälerten Kapazitäten niederschlagen, können im Idealfall Rebound- und Backfireeffekte wirksam unterbunden werden.
      Prinzipiell ginge das auch durch Pförtnerampeln, überwachte (!) Geschwindigkeitsverringerung, Reform der StVZO (Pflicht zum abregelnden Tempomat usw.), undsoweiter.
      Es liegt nicht an technischem oder organisatorischem 'Geht nicht', nicht am fehlenden Fachwissen von 'How to', sondern am politischen 'Will nicht' von Judikative, Legislative und Exekutive.
      Alfons Krückmann

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  7. Hier ein aktuelles Beispiel aus der Welt der separierten Radfahrinfrastruktur:

    https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/65853/5815500

    Thomas

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    1. Thomas, das Risiko von Abbiegezusammenstößen ist besonders hoch bei parallelen Radwegen, das ist bekannt. Man könnte es minimieren, indem man Autofahrenden nicht gleichzeitig Grün gibt mit den Radfahrenden. Wenn es keine Ampel gibt, dann könnte man die Kurvenradien enger machen. Meine Cousine ist übrigens von einem Lastwagenfahrer totgefahren worden, als sie auf der Hauptstraße auf einem Radstreifen von links kam. Der Lkw-Fahrer hatte sie nicht gesehen, obgleich sie auf der Fahrbahn fuhr. Grundsätzlich geht von Autofahrenden ein großes Risiko für Radfahrende aus, sobald sie unsere Wege queren. Diese Querungen müssen deshalb so gestaltet werden, dass Autofahrende echt langsam tun und nach Radfahrenden Ausschau halten müssen.

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