Die Seite Radbonus hat sechs Gründe aufgelistet, die gegen das Radfahren sprechen. Dazu gehört das Wetter, die Anstrengung und die Schnelligkeit, mit der man ankommt.
Aber das lest ihr am besten im Original, und ernst gemeint ist es natürlich nicht, weil ja nichts gegen das Radfahren spricht, sofern man es kann. Es gibt aber auch ernst gemeine Aufzählungen von Nachteilen, die eine Radfahrt zur Arbeit haben sollen, zum Beispiel: "Ein gravierender Nachteil ist die Unfallgefahr, sei es in einem städtischen oder ländlichen Gebiet."
Und schon sind wir beim "Radfahren ist gefährlich". Ja, ist es, nämlich ungefähr so gefährlich wie Autofahren oder zu Fuß gehen, und weniger gefährlich als schwimmen gehen oder Treppen steigen oder im Haushalt arbeiten (siehe hier). Das Risiko, auf dem Fahrrad eine Verletzung zu erleiden, ist vermutlich etwas höher als beim Autofahren. Der Spiegel nennt ein dreieinhalbmal höheres Todesrisiko und beruft sich dabei auf die Unfallversicherer, die Radfahren generell für irre gefährlich halten. Das scheint mir aber nicht haltbar. Transparente Statistiken dazu habe ich noch nicht gefunden.Aber, wenn es so wäre, was würde das überhaupt real bedeuten?
Wir sind Wahrscheinlichkeits-Idiot:innen. Seltene, krasse Ereignisse, über die die Medien berichten, halten wir für wahrscheinlicher als Alltagsgefahren. Das gilt vor allem fürs Autofahren. Die meisten von uns sind im Lauf ihres Lebens unendlich viele Autokilometer gefahren und die meisten haben bestenfalls einen Unfall selbst erlebt, viele sind dabei nicht einmal verletzt worden.Für mich ist es schwierig, belastbare Zahlen zu finden, was das Risiko einzelner Verkehrsarten (drunter eben auch das Radfahren) betrifft, aber auf einer Seite, die für die Sicherheit des Fliegens wirbt, lese ich, dass auf eine Milliarde Reisekilometer 30 Radfahrende und 30 Fußgänger:innen, 53 Motorradfahrende, aber nur 2,9 Autoinsass:innen ums Leben kommen. Ich habe aber auch andere Zahlenverhältnisse gefunden und in diesem Blogbeitrag beschrieben. Radfahrende haben wohl öfter kleinere Verletzungen als Autofahrende, Autofahrende dagegen schwerere. Ohnehin ist es sinnvoller, die Unfallrate auf die im Verkehrsraum verbrachte Zeit zu beziehen, statt auf die gefahrenen Kilometer. 800 Kilometer wird kein Radler in acht oder neun Stunden fahren, mit dem Auto geht das. Ein Radfahrer würde diese Strecke in vielleicht 40 Einheiten von einer bis anderthalb Stunden fahren. Damit verringert sich sein Risiko pro Strecke gegenüber dem Risiko von Autofahrenden.
Ohnehin ist der Gesundheitsgewinn durchs regelmäßige Radeln so hoch, dass er die Unfallrisiken mehr als aufwiegt. Radfahren verlängert das Leben.
Übrigens ist die immer wieder behauptete, aber nie wirklich belegte besondere Gefährlichkeit des Radfahrens der einzige Grund, der dagegen spricht, andere gibt es nicht. Ich habe keine Internetseite gefunden, in der andere genannt werden. Klar, das Wetter ist auch immer mal wieder ein Thema. Es spricht aber nicht generell dagegen, mit dem Rad zur Arbeit oder zum Einkaufen zu fahren, denn an den meisten Tagen im Jahr ist das Wetter eine beherrschbare Herausforderung. Und wenn es aus Kübeln schüttet, dann radelt man halt mal nicht, wenn man das nicht mag. Auch der so unendlich große Kofferraum des Autos, wird nirgendwo ernsthaft als Problem behandelt (außer bei Leuten, die es ablehnen, Rad zu fahren und nach Gründen suchen), denn wie oft macht man schon den Kofferraum rammelvoll? Und was Autofahrende ja nicht wissen, es gibt für Radfahrende entlang der Straßen, die man radelt, echt viele Geschäfte, in denen man für einige Tage Lebensmittel kaufen kann. Und falls der samstägliche Großeinkauf sein muss, dann nimmt dafür halt das Auto.
Ja, diese ganzen penetrant von Politk, Medien, ADAC, ADFC usw. in die Landschaft posaunten 'Radfahren ist gefährlich'-Kampagnen sind an Beklopptheit kaum zu überbieten.
AntwortenLöschenNach dieser Pseudologik wäre es am sichersten sein ganzes Leben auf dem Sofa zu verbringen, nur dass dieses Leben dann aufgrund der fatalen Folgen dieses unfallfreien Sofasitzens ein recht kurzes und von zahlreichen Krankheiten belastetes wäre, ein ziemlich ödes noch dazu.
Valide ist natürlich nach wie vor der empirisch gut gesicherte Faktor 'Reisezeit'.
Da müsste längst, wenn denn die Sonntagsreden von 'Verkehrswende' ernst gemeint wären, ein Shift erfolgt sein, die Reisezeit des MIV hätte verlängert werden müssen, was en passant die Unfallraten senken würde, und die Reisezeit des ÖPV, Rad- und Fußverkehrs hätte verbessert werden müssen.
Leider ist das Gegenteil der Fall.
Aber 'Klima' ist ja seit Monaten eh auf dem Abstellgleis, erstmal muss die EU umfassend kriegstüchtig werden, und natürlich muss das Allparteien-Projekt 'Automobilindustrie retten' Formen annehmen.
Alfons Kückmann
Volle Zustimmung. Hinter dem Gefährlichschreiben des Radfahrens steckt m.E. eine klare Agenda. Nicht das Sofa ist der sicherste Platz, sondern der hinter dem Lenkrad. "Machen Sie unsere Straßen sicherer" war der Slogan und Appell der Verkehrsnachrichten von Radio Schleswig-Holstein in den 90ern.
LöschenEin Schuft der Böses dabei denkt.
Was man sich klar machen muss, ist dass die Kommunikation um Gefahren und Risiken ein Machtmittel ist.
AntwortenLöschenEtwas als gefährlich darzustellen dient sehr oft nur dazu, den Status Quo zu zementieren. Man rufe sich ins Gedächtnis, was los war, als Frauen im 19. Jahrhundert ebenfalls Radfahren wollten, wie absolut hysterisch große Teile der Gesellschaft darauf reagierten, wie alle möglichen Gefahren und Risiken komplett frei erfunden wurden, um das zu verhindern.
Fahrradfahren hat einen besonders befreienden Charakter, deshalb wird es auch so unfassbar beargwöhnt. Man lernt, auf sich selbst zu zählen, man kennt seine Stärke n und Schwächen, man ist im Kontakt mit der physischen Welt und mit sich selbst als physischem Wesen... und ist doch gleichzeitig fast befreit von diesen physischen Zwängen, lernt was alles moglich ist, wenn man sich nur vom herrschenden Diskurs befreit. Man sollte sich fragen, ob es Zufall ist, dass das Autofahren genau in dem Moment genau in dem Moment mit allen Mitteln so propagiert werden musste, als die Arbeiterschaft das Fahrrad als Massenverkehrsmittel erobert hatte....
Fahrradfahren ist nicht gefährlicher als andere Alltagstätigkeiten, aber nur Fahrradfahrer sollen sich ausstaffieren wie ein Waldarbeiter, einem der gefährlichsten Berufe überhaupt ??? Deshalb ärgere ich mich auch so über die Helmadvokaten unter den Radfahrern, die diesen Diskurs so unhinterfragt und unbedarft übernehmen, und damit dazu beitragen, ihre eigenen Kamaraden zu gängeln und kleinzuhalten.
Hier mal eine detailierte Auswertung von Unfällen in Berlin:
AntwortenLöschenhttps://x.com/Schlueter_Tom/status/1823975148656939109
Das wird anderswo nicht viel anders sein.
Danke, die habe ich immer wieder verwendet.
LöschenVielleicht erst noch mal kurz nachdenken, bevor man soluzionistische Rezepte raushaut: Bescheuerte fehlerintolerante Infrastruktur trägt zu Alleinunfällen bei: Wurzelaufwürfe, nasses Laub, oder beides in Kombination, schlechte Lichtverhältnisse blendende Autos im Gegenverkehr, über Steine, Poller und dergleichen an blöden Stellen hat Christine vor kurzem geschrieben Aber klar: Airbags sind die Lösung. Hajö.
LöschenMit der gleichen Argumentation kann ich auch Airbags in Autos ablehnen: Wenn niemand Fehler macht, dann passiert auch nix.
LöschenOffensichtlich ist das nicht besonders schlau!
Hier mal ein Bespiel:
https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.nach-unfall-in-kirchheim-unter-teck-radfahrer-verstirbt-tage-nach-sturz-im-krankenhaus.b6e9475f-a57c-4886-8908-731945c8e97b.html
Mit aktiver Sicherheitstechnik würde dieser Radfahrer noch leben!
"Mit der gleichen Argumentation kann ich auch..." Nein. Das ist nicht Stoßrichtung meiner Argumentation. Weil ich dafür plädiere, dass die öffentliche Hand, der Staat, die Politik, die Länder, Kommunen usw. ihren Beitrag leisten sollen. Obwohl in Deutschland mehr Menschen im Umfeld des eigenen Haushalts tödlich verunglücken (z. B. Stürze auf Treppen und von Leitern) als bei Radunfällen, fordert auch niemand die sofortige Helmpflicht. Bei genauerer Betrachtung, sieht man dann, dass das Risiko mit zunehmendem Alter signifikant steigt und die über 80jährigen die Mehrheit bilden. Diesen Ansatz als "nicht besonders schlau" hinzustellen, unterstreicht nur die fragwürdige Stossrichtung, dessen, was ich kritisierte. Und, ja: ich lese auch Zeitung. Hajö.
LöschenAnonym von 14:08 und 15:43 klingt sehr nach "Mercedes Testa Rossa"...
LöschenDas Fahrrad ist nach wie vor ein Stiefkind. 's heilig Bleche wird als Freiheitsversprechen angepriesen, dabei ist das Rad seiner Konstruktion nach viel weniger restriktiv. Es wird allein durch die Blechkistrn eingeengt. Wenn wir unseren Blickwinkel ändern, erkennen wir das. Leider möchte das die Macht nicht. Bin mal gespannt wie es in der Praxis mit den Parkplätzen vor der Markthalle ausgeht.
AntwortenLöschenLetzter Anonymus war ich.
AntwortenLöschen