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24. Oktober 2021

Das Unrechtsregime des Autoverkehrs

Ich radle die Alte Weinsteige hoch, zwei Autos kommen mir entgegen, ihre Fahrer sind am roten Schild mit weißem Querbalken ungerührt vorbei gefahren. 

Einer sucht nicht mal eine Lücke in der geparkten Autoreihe auf seiner Seite, sondern hält auf mich zu, obgleich die Fahrbahn für uns beide nicht breit genug ist. In einem ähnlichen Fall hat sich einmal eine Radlerin geweigert, Platz zu machen. Auto und Rad standen sich zwanzig Minuten gegenüber, bis die Polizei kam. Die Radlerin war zwar im Recht, aber weil es für sie unkomplizierter war, Platz zu machen, als für den Autofahrer bis zu einer Parklücke zurückzusetzen, musste sie ihr Fahrrad beiseite heben, damit der Autofahrer weiterfahren konnte. Und eine Radlerin wurde in Stuttgart in so einer Situation sogar geschlagen, erhielt aber keinen Beistand von Polizei und Staatsanwalt. So feixt am Ende der, der den Regelverstoß begangen hat, weil er im großen, dicken und unflexiblen Auto sitzt, und es knickt das Rechtsgefühl der Radfahrerin. Hupt ein Autofahrer eine Radlerin an den Rand, wird nicht er wegen Nötigung von der Polizei ermahnt, sondern die Radlerin, die anhält und ihn fragt, was er für ein Problem hat. 

Wir hören immer wieder Ermahnungen, lieber auf unsre Vorfahrt zu verzichten, weil wir halt keinen Blechpanzer um uns herum haben, aber wir hören keine unermüdlichen Appelle an Autofahrende, auf ihre Vorfahrt uns Radfahrenden gegenüber zu verzichten, weil sie die gefährlicheren sind. 

Ist der Ruf erst ruiniert, fährt sich's völlig ungeniert. Über 60 Prozent der Autofahrenden, geben zu, Regeln zu brechen. Und so stehen auf den Radstreifen die Autos, auf Gehwegen sowieso, je teurer das Auto, desto unverschämter. Unrechtsbewusstsein scheint kaum vorhanden, Radfahrenden schlägt oft der Hass entgegen, wenn sie anmahnen, dass dem Auto nicht alle Flächen gehören. Passiert ein tödlicher Unfall, weil ein Autofahrer einer Radfahrerin die Vorfahrt genommen hat, dann lesen wir in den Kommentarfächern sofort die Behauptung: Die Radfahrerin war schuld, sie habe dem Auto die Vorfahrt genommen, und überhaupt hielten sich Radfahrende ja ein keine Regeln und rasen auf Gehwegen herum. 

Nichts kann einen Autofahrer aufhalten.  Grundsätzlich verhält sich ein gewisser nicht großer, aber auch nicht verschwindend kleiner Prozentsatz von Autofahrenden so, als gehöre ihnen  die Welt, also die Stadt, also jede ebene Fläche, auf der man mit vier Reifen fahren kann, so wie hier in der autofreien Eichstraße beim Rathaus: Sie fahren überall rein und überall lang, in und durch Fußgängerzonen, über Wiesenflächen seitlich um Schranken herum, sie überholen rechts über Gehwegflächen, sie fahren nicht nur auf Radstreifen, sondern auch mal über eine Fahrradbrücke, die daraufhin erst einmal unbrauchbar ist. Verbietet ein Rotlicht die Einfahrt unter den Österreichischen Platz, weil dort das Wasser meterhoch steht, fahren sie trotzdem rein (zu ihrem eigenen Schaden). Nichts kann einen Autofahrer oder eine Autofahrerin aufhalten, wenn er weiterfahren will, Verkehrszeichen und Ampeln sind dann wirkungslos, da helfen nur massive physische Sperren. 

Autofahrende wissen, ihnen kann nichts geschehen. Wann wird schon mal wirklich und wie vor Jahren angekündigt ein Auto abgeschleppt, das auf dem Gehweg oder Radstreifen steht? Das ist so selten, dass es im Einzelfall einen Fahrer nur einmal in seinem Leben trifft. Und regelmäßig lesen und hören wir das Wort "Abzocke", wenn von neuen Tempoblitzern die Rede ist, die irgendwo aufgestellt wurden, weil dort Autofahrende notorisch rasen und sich Unfälle häufen. Von "Gängelung der Autofahrenden" ist sogleich  die Rede. Als sei die Forderung, sich immer an Verkehrsregeln zu halten, eine Zumutung. Insgeheim sehen fast alle Autofahrenden das so, auch die Presse, die von "Verkehrssündern" spricht (als sei Rasen oder falsch Abbiegen nur eine Sünde, die immateriell, also beispielsweise durch Beichte ausgebügelt werden könnte). Die Probleme der Autofahrenden scheinen der Presse (und vielen von uns) auf dem für sie vorgesehenen Verkehrsraum, der Fahrbahn nicht lösbar, und so erscheint das Parken auf Radstreifen oder das Hochfahren mit dem Auto auf den Gehweg (selbst dann, wenn ein Kind dabei angefahren wird), allzu verständlich und damit selbstverständlich. Irgendwo müsse man doch halten und parken, höre ich immer wieder. Dass man dafür streng bestraft werden sollte, fordern eigentlich nur die Angehörigen toter Fußgänger:innen oder Radfahrer:innen. 

Der Ahndungsdruck ist ziemlich gering.  Rechtsverstöße durch Autofahrende werden im Verhältnis zu ihrer großen Häufigkeit nur selten geahndet. Die meisten, die beim Autofahren mit dem Handy in der Hand telefonieren, werden nicht erwischt (ich sehe vom Fahrrad aus, wie viele das sind), unbehelligt fährt man bei Rot noch schnell durch, überholt werde ich auf dem Fahrrad, egal, ob es eine durchgezogene Linie gibt oder das Schild "Überholverbot von Radfahrenden" da steht. Wenn ein Autofahrer durch die für Autos gesperrte Eberhardstraße fährt, muss er nicht mit einem Bußgeld rechnen, nicht einmal dann, wenn dort gerade Polizei unterwegs ist (die Kontrolldichte nimmt dort allerdings zu). Dass zwischen zwei Blitzern einer auf 70 beschleunigt, wird auch niemals von der Polizei geahndet werden. Bei täglichen Fahrten durch für den Kraftverkehr gesperrte Straßen wird man auch höchstens einmal im Jahr gestoppt, und dann gerne auch nur verwarnt oder ermahnt, nicht aber mit einem Bußgeldbescheid belegt. Die Alte Weinsteige ist beispielsweise ein völlig rechtsfreier Raum. 
Stadtbahnunfälle im 2-Wochen-Takt
Und Abbiegeverbote, die werden sowieso ignoriert (was man an den vielen Zusammenstößen mit der Stadtbahnun sieht). Wenn am Radweg kein Poller steht, nimmt man kurzerhand den als Abkürzung - es kümmert ja keinen - und in Spielstraßen bremst man auch nicht auf 10 km/h ab, die Polizei steht da ja so gut wie nie. Die Warnfigur, die Anwohner aufstellen, muss auf städtische Anordnung wieder verschwinden. Wo kämen wir denn hin, wenn Autofahrer wirklich langsam fahren müssten oder andernfalls ihr Blech durch eine Plastikfigur beschädigt würde, die die Fahrer:innen nicht gesehen haben, weil sie viel zu schnell waren? 

Auch Fußgänger:innen und Radfahrende halten sich an viele Regeln nicht. Auch sie neigen, wie der Autoverkehr es uns allen vormacht, dazu, Verkehrszeichen für Empfehlungen zu halten, nicht für Verbote oder Gebote. Kein Wunder übrigens, dass Radfahrende mit der Mentalität der Autogesellschaft unterwegs sind, die meisten dürften früher Auto gefahren sein oder immer noch gelegentlich Auto fahren. Und als Autofahrer:in weiß man, dass man sich nur dort an die Geschwindigkeitsbegrenzungen halten muss, wo Blitzer stehen, oder über rote Ampeln nicht fährt, wenn man weiß, dass eine Kamera dort steht. Alles andere entscheidet man nach Gutdünken, und das tun eben auch Fußgänger:innen und Radfahrende. Die Regeln übrigens bestimmen nicht sie, sondern der Autoverkehr und seine Organisator:innen. Nur für den Autoverkehr braucht man Rechts vor Links und Ampelanlagen, Vorfahrt-achten, Einfahrtverbote und Einbahnstraßen. Für den Rad- und Fußverkehr braucht man das nicht. Fußgänger:innen und Radfahrende organisieren ihre Begegnungen grundsätzlich anders. 

Und können Radfahrende überhaupt alle Regeln einhalten? Wer auf einem schmalen Schutzstreifen radelt, macht immer wieder die Erfahrung, dass er oder sie viel zu knapp überholt wird. Auf manchen Straßen radelt man mit nackter Angst, weil man weiß, dass es genau hier immer wieder schwere Radlerunfälle gibt. Auf den Gehweg darf ich nicht, aber wenn ich auf der Fahrbahn bleibe, fühle ich mich meines Lebens nicht sicher und bin es auch oft nicht. Manche Kreuzungen sind ohne Angst, zumindest aber ohne sehr starken Nerven, überhaupt nicht beradelbar. Abgesehen von dem Dilemma, dass wir zwischen Angst und regelwidrigem Radeln abwägen, sind auch viele Radverkehrseinrichtungen nicht intuitiv erkennbar oder voller Hindernisse. Sie werfen bei Radfahrenden in regelmäßigen Abständen Fragen auf: Auf dem Radstreifen liegt Laub oder Schnee: Muss ich da jetzt radeln? Die Radroute hört auf: Soll ich wirklich da rüber auf den Gehweg? Ich komme aus einer Fußgängerzone (freigegeben) an einen Fußgängerüberweg mit Ampel: Darf ich von dem auf die Fahrbahn einbiegen und wenn ja, wann? Da steht ein Radwegschild an einer Ecke, worauf bezieht es sich eigentlich? Eine Einbahnstraße ist für mich freigegeben, aber es fehlen die Abbiegefreigaben für Radfahrende an der Ampel: Wie komme ich da jetzt legal hin? Die Radabstellanlagen befinden sich in einer Fußgängerzone, muss ich mein Rad dorthin schieben? Da stehen Verbotsschilder neben dem Radweg, muss ich mich an die Verkehrszeichen jetzt halten oder nicht? Die Radinfrastruktur ist Stückwerk, immer wieder unterbrochen (Radler:innen sollen auf Gehwegen weiterfahren oder sich unter die Autos mischen), unverständlich ausgeschildert oder verworren in der Streckenführung und Polizisten kennen sich nicht aus und maßregeln Radfahrende oder drohen Bußgelder an, obgleich sie völlig falsch liegen und die Radverkehrsinfrastruktur missverstanden haben. 

Kurzum: Wir begegnen widersprüchlichen Verkehrschildern, nicht befahrbaren Umleitungsstrecken, an Baustellen wird die Raddurchfahrt vergessen, Radwege verschwinden unter Baustellen usw. Immer wieder ist unsere Radinfrastruktur unterbrochen, immer wieder wechselt sie von Fahrbahn auf den Gehweg, wir fahren mal mit Autos über Kreuzungen, dann wieder werden wir mit den Fußgängern darüber geleitet, immer wieder gelten andere Ampelsysteme für uns. Und weil wir schmal sind, werden wir, wenn wir dem Rechtsfahrgebot folgen, von Autofahrenden viel zu eng überholt. Wer das verhindern will, muss mittig radeln und begibt sich ins Unrecht. Die Polizei kennt sich mit den Regeln für den Radverkehr nicht gut aus, versteht die Infrastruktur nicht und maßregelt lieber den Radfahrer als den Autofahrer, wenn es zu einem Konflikt kommt. 

Radfahrende werde in Unsicherheit gehalten. Widersprüchliche Situationen, falsche oder vergessene Schilder, uneindeutige Regeln, schnell wechselnde Verkehrs- und Ampelsysteme und nicht geahndete Aggressionen von Autofahrenden schaffen eine Situation der Unsicherheit für uns Radfahrende. Und das unterscheidet unsere Lage drastisch von der der Autofahrenden. 

Autofahrende verletzten die Regeln nicht, weil sie Angst haben oder weil sie unklar wären, sondern aus Bequemlichkeit und Ungeduld. In meiner Kindheit wurde mein Vater noch von der Polizei angehalten, weil er nicht geblinkt hatte. Solche Kleinigkeiten kümmert die Polizei heute nicht mehr: nicht geblinkt beim Anhalten, über den Gehweg ausgewichen, auf Schutz- oder Radststreifen gefahren, mal schnell in zweiter Reihe angehalten, halb auf dem Gehweg geparkt, nicht am Stoppschild gehalten, über eine durchgezogene Linie gefahren etc. Doch genau diese scheinbaren Kleinigkeiten können gravierende Folgen für andere haben. Bei Fahrten über oder auf den Gehweg wird auch schon mal  ein Kind angefahren oder gleich eine ganze Kindergartengruppe. Oder: nicht am Zebrasttreifen gehalten und ein Kind ist tot. Vor dem Rechts- oder Linksabbiegen nicht geschaut, und ein jugendlicher Radfahrer ist schwer verletzt oder viel zu oft auch tot. Vorfahrt-achten nicht beachtet und eine Radfahrerin muss srterben

Weil diese vermeintlich kleinen Fehler uns menschlich und darum verzeihlich vorkommen (kann jedem Mal passieren), werden Autofahrende dafür fast immer nur mit Geld- und Bewährungstrafen bestraft, selbst dann, wenn ein Mensch ums Leben kam. Es war ja nicht Absicht. Es war tragisch, so die einhellige Meinung, so als ob es sich um eine Verkettung unglücklicher Umstände handelte, bei denen der Autofahrer keine Entscheidungsfreiheit hatte. Der/die sei gestraft genug, heißt es dann, er/sie müsse ja damit leben, einen Menschen getötet zu haben. Dass Familie und Freund:innen (in der Regel ca. 15 Menschen) der getöteten Person auch damit leben müssen, dass ihnen nun ein Mensch fehlt, findet selten Erwähnung. Schmerzensgelder bei Verletzungen sind gering. Das Hinterbliebengeld beträgt 10.000 Euro, aber nur, wenn keine Mitschuld des Opfers festgestellt wird. 

Der Autoverkehr im Nimbus  der Unschuld. Unsere Autoverkehrsgesellschaft pocht jedenfalls mit großem Erfolg auf das "ich habe es ja nicht gewollt", selbst wenn ein anderer stirbt. Wir klammern uns an das Wort "Unfall", das verschleiert, dass der Tod eines Radfahrers oder einer Fußgängerin (oder eines Kindes in einem Auto) meistens nicht die Folge einer Verkettung tragischer, also unbeinflussbarer Umstände ist, sondern die Folge des Fehlverhaltens eines Menschen im Auto, der zu schnell gefahren ist oder ohne zu gucken abbog. Wir wollen den Schuldigen einfach nicht benennen, weil wir uns nicht eingestehen wollen, dass Autofahren für andere tödlich sein kann, wenn ich als Fahrer Fehler mache. Als Tragödie stellt deshalb auch die Seite Bußgeldkatalog die Tötung im Straßenverkehr dar, voller Mitgefühl für den armen Autofahrer, dem so was passiert. 

Bei tödlichen Verkehrsunfällen wird meist der Straftatbestand der "fahrlässigen Tötung" geprüft, auf sie stehen bis zu 5 Jahre Haft. Aber die drohen nur wüsten Raser:innen, sie werden nicht etwa gegen den verhängt, der betrunken einen Radfahrer totfährt oder der zu schnell fährt und einen Fußgänger tötet, deren Strafen werden zur Bewährung ausgesetzt. Wie schwierig es ist, zwei Wettrennen-Raser wegen Mordes zu verurteilen, zeigt dieser Prozess. Dass es wahrscheinlich ist, dass man bei Wettrennen in der Stadt jemanden tötet, reicht juristisch nicht für den Vorwurf der Tötungsabsicht. Also bleibt nur der Vorwurf der fahrlässigen Tötung. Er kommt dann zum Tragen, wenn es sich um Todesfälle handelt, die vermeidbar gewesen wären, hätten sich die Autofahrenden an die geltenden Regeln gehalten. Das gilt auch für den, der mit einem SUV über eine rote Ampel rast und auf dem Fußgängerüberweg zwei Fußgänger tot fährt. Mehr als fahrlässige Tötung ist bei dem auch nicht drin. (Gibt auch nur 3 Punkte in Flensburg, die nach 10 Jahren verjähren, und der Richter kann auch ein halbjähriges Fahrverbot oder einen Führerscheinentzug verhängen.) 

Schaut man sich das Strafmaß bei anderen Straftaten an, kommt man ins Grübeln. Einem gewerbsmäßigen Wettbetrüger drohen beispielsweise auch bis zu 5 Jahre Haft, ebenso jemandem der sich der Wehrpflicht durch Verstümmelung entzieht oder Störpropaganda gegen die Bundeswehr verbreitet. Ein Einbruchdiebstahl kann schon bis zu 10 Jahre kosten. Bei diesen Taten, die zwar anderen schaden, sie aber nicht töten, geht man von einer verbrecherischen Absicht aus. Beim Autofahren aber geht man von lauteren Absichten aus, wobei nur leider ein Unfall passiert ist, weil man einen blöden kleinen Fehler gemacht und Verkehrsregeln (absichtlich oder unabsichtlich) verletzt hat. Das könnte man auch anders bewerten. Denn allemal die Absicht, eine Regel zu brechen, die dem Schutz anderer dient, bedeutet, dass man in Kauf nimmt, dass anderen was Schlimmes passiert. 

Radfahrende erleben, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. Ein Blogleser schrieb mir: "Vor 4 Jahren hat mich ein Raser, der unbedingt noch vor mir über den Radweg einbiegen musste, fast umgebracht. Seitdem bin ich erwerbsunfähig und existenziell vernichtet. Seine Strafe trotz Vorsatz lediglich 400 Euro und gefährliche Körperverletzung war vom Tisch. Er ist Luxusimmobilienmakler. Mir ist nun kürzlich ein Mädchen beim Fangen-Spielen von hinten mit Inlineskates von einem Seitenweg in den Radanhänger gelaufen und hat sich dabei eine Schürfwunde zugezogen. Strafe für mich nun 1.400 Euro bei einem Sozialhilfe-Empfänger und extremste Vorverurteilung und bewusst falscher Unfallermittlung von Seiten der Polizei. Man verliert den Glauben an das Land, wenn man miterlebt, wie unterschiedlich Recht gesprochen wird und wie stets der Autofahrer verteidigt wird."

Wir wollen nicht anerkennen, dass das Herumfahren mit schnellen, schweren, gepanzerten Fahrzeugen an sich eine Gefahr für andere darstellt. Die Toten nehmen wir billigend in Kauf. Es interessiert uns als Gesellschaft nicht ernsthaft, Autofahrende zu zügeln oder, anders gesagt, mit allen Mitteln dazu zu zwingen, dass sie achtsam fahren. Für Geschwindigkeitsbegrenzungen gibt es höhe formale Hürden, für Verkehrskontrollen nicht genügend Personal. Und man will ja auch nicht "jeden Spaß verderben". Der Deutsche (Mann)  hat ein erotisches Verhältnis zum Auto. Und man will doch den Boliden auch mal ordentlich ausfahren. Und kaum eine falsche Parole dürfte so bekannt sein wie "Freie Fahrt für freie Bürger" (vielleicht nicht zufällig ungegendert). 

Gesetze und Strafen für Autofahrende wurden und werden von denen gemacht und festgesetzt, die das Auto für eine unabwendbare Notwendigkeit halten und die, weil sie Menschen sind, selbst Gefahr laufen, beim Autofahren kleine Fehler mit großen Folgen zu begehen, und die dafür selbst nicht allzu hart bestraft werden wollen. Während man für sich annehmen kann, dass man keine räuberische Erpressung (keinen Raubüberfall auf eine Tankstelle) begehen wird, kann man für sich selbst eben nicht ausschließen, dass man im Auto mal einen Radfahrer oder eine Fußgängerin "übersieht". Und so eine "Sache" soll doch dann das eigene Leben (das des Autofahrers oder der -fahrerin) nicht auch noch "zerstören", also beeinträchtigen, etwa durch einen längeren Gefängnisaufenthalt oder einen lebenslangen Führerscheinentzug. 

Es sieht so also aus, als hätten wir (im gesellschaftlichen Konsens) das Gesetz für Autofahrende so gestaltet, dass für uns als autofahrende Täter:innen die Strafen so gering wie möglich ausfallen. 

Auch Radfahrende begehen Regelverstöße, aber sie töten nicht. Gerne, wenn auch nicht oft, kontrolliert die Polizei Fahrten durch verbotene Parks, in Fußgängerzonen oder ohne Licht. In der Presse findet das auch sofort Erwähnung. Die Zahlen, die dabei genannt werden, können einem hoch oder niedrig vorkommen, entscheidend ist, dass kein Fußgänger zu Tode kommt, weil ein Radfahrer ohne Licht fährt. Und auch dann, wenn Radfahrende auf verbotenen Gehwegen, durch Fußgängerzonen oder durch einen Park radeln, stirbt so gut wie nie ein Fußgänger oder eine Fußgängerin bei einem Zusammenstoß. Wenn es zu einem Zusammenstoß kommt, stürzt meist auch der Radfahrer, und im schlimmsten Fall kommt die Fußgängerin ins Krankenhaus. Es kommt allerdings durchaus vor, dass zu Fuß Gehende bei einem Zusammenstoß mit einem Radfahrer oder oder einer Radlerin zu Tode kommen (ca. 5 Mal im Jahr in Deutschland). Todesursache ist meist eine schwere Kopfverletzung beim Sturz auf den Asphalt. Übrigens werden Radfahrende bei tödlichen Unfällen mit Fußgänger:innen aus Unachtsamkeit auch nicht härter bestraft als Autofahrende. Wir haben, wie es scheint, ein Faible für den rollenden Verkehr und kein Mitleid mit Fußgänger:innen. Die Disziplinierung von Radfahrenden steht uns in unserer Verkehrswelt noch bevor, je mehr sie zu einem dominierenden Verkehrsmittel in Städten werden und  wenn die Verkehrsführung und Regeln klarer sind. Momentan werden Radfahrende zwischen den Infrastrukturen (Fahrbahn, Radweg, Gehweg) zerrieben und müssen sich ihre Wege suchen.  

Diejenigen, die überhaupt niemanden im Straßenverkehr töten können, sind Menschen, die zu Fuß gehen. Ihr Tod im Straßenverkehr ist uns wiederum keine hohen Strafen wert. Wir nehmen ihn  - dem einfachen Rechtsempfinden nach - im Grunde billigend in Kauf, wenn wir zu schnell fahren, am Lenkrad auf dem Handy daddeln oder ohne zu gucken abbiegen. Juristisch ist das billigend in Kauf Nehmen aber nicht einmal haltbar. Denn wir gehen in unserem Rechtssystem davon aus, dass alle, die sich ins Auto setzen, nicht nur darauf vertrauen, dass alles gut geht, sondern sogar davon ausgehen, dass sie niemanden gefährden, dass sie also reinen Herzens fahren. Den Tod anderer würden Autofahremde nur dann, juristisch definiert, billigend in Kauf nehmen, wenn sie sich sagen würden: "Autofahren ist gefährlich, ich hoffe zwar, dass nichts passiert, aber wenn, dann ist es eben so." Wenn sie also vorher im Kopf durchspielen würden, dass sie ein Kind auf dem Zebrastreifen übersehen, dies aber achselzuckend für unabwendbar halten, weil sie eben Auto fahren wollen. 

Tatsächlich tut unsere Auto-Gesellschaft aber genau das. Wir wissen, dass von Autos eine erhebliche Betriebsgefahr für andere ausgeht, vor allem dann, wenn die Fahrer:innen sich nicht an die Regeln halten. Trotzdem genehmigen wir das Autofahren, weil es einer Mehrheit von uns enorm wichtig ist und notwendig erscheint. Dass dabei derzeit jedes Jahr rund 3000 Menschen ums Leben kommen (und 300.000 verletzt werden), nehmen wir in Kauf. Unser Ziel ist es, dass jede:r (mit Führerschein) zu jeder Zeit überall hin fahren dürfen können muss. Übrigens ein durchaus egoistisches Ziel, bei dem wir nur an unseren eigenen Nutzen denken, nicht aber an den Schaden, den wir damit anderen zufügen, auch denen, die uns selbst keinen Schaden zufügen können, den Fußgänger:innen oder Radfahrenden. Verkehrsplaner:innen planen in der Regel für die Leichtigkeit des Autoverkehrs, also so, dass er möglichst ungehindert rollt. Und dann bekommt der Rechtsabbieger gleichzeitig mit dem parallelen Radweg Grün, da wird eine Abbiegespur mit weitem Radius für schnelles Abbiegen angelegt, Tiefgarageneinfahrten führen über Rad- und Gehwege. Es ist nicht die Absicht der Verkehrsplanenden, das Leben der Radfahrenden und Fußgänger:innen zu gefährden, aber sie tun es, und sie wissen auch, dass da etwas passieren wird. Aber sie bewegen sich in dem gesellschaftlichen Konsens, dass Autowege angelegt und leicht befahrbar gehalten werden sollen. Das fordert unsere Gesellschaft und ihre Gesetzgebung von ihnen, und dann passiert eben auch mal was. Bei mir entsteht so der Eindruck, als nähmen wir billigend in Kauf, dass Menschen durch die Art, wie wir Verkehrsräume organisieren, zu Tode kommen. Die Konsequenzen unseres Handelns sind uns auch durchaus bewusst. Und damit sind wir beim bedingten Vorsatz. Wir wissen uns aber geschützt von einer billigenden Gesellschaft, die Auto-Rowdytum duldet, die Verständnis hat für Hupereien, wenn vor einem einer "schläft", also langsam fährt, von denen die meisten selbst schon dort gefahren sind, wo sie nicht durften, auf Gehwegen geparkt haben und mal zu schnell waren, weil ja alles frei war, und die uns dann erklärt: "Bei uns gibt es eh zu viele Regeln." Die Gewalt des Autoverkehrs nehmen wir deshalb nicht wahr, weil wir sie nicht selten selbst ausüben und dafür einen guten Grund angeben können, und weil wir sie seit Jahrzehnten gewöhnt sind. Gewöhnung macht blind für das Absurde oder Ungerechte der Situation, in der man lebt. Deshalb merken auch die Medien nicht, wie absurd es ist, an einem Safety Day Radfahrende zu kontrollieren, statt Autofahrende, die sich gefährdend verhalten. 

Der Autoverkehr regiert unseren Alltag, sobald wir vor die Haustür treten. Niemand kann sich ihm entziehen. Er diktiert die Regeln, nach denen wir uns bewegen, er bestimmt vollständig, wie und wo wir uns bewegen können, ohne in Todesgefahr zu geraten, und nicht einmal dann, wenn wir uns auf den uns Radfahrenden oder Zufußgehenden zugewiesenen Wegen bewegen, sind wir sicher. Auf der Straße sind die Autos die Herren, deren Fahrer:innen sich auch mal was erlauben dürfen, ohne dass man sie zur Verantwortung zieht. Radfahrende sind die Darunterstehenden, die auf ihre Rechte auch mal verzichten und sich markieren (mit Helm und Warnweste) sollen, damit erkannt werden als das, was sie sind, nur Radfahrer:innen. Und Fußgänger:innen sind die ganz unten, die um die auf Gehwegen geparkten Autos herumgehen, stehen bleiben, wenn jemand aus seiner Einfahrt fährt, und dem Radfahrer auf dem Gehweg auch noch ausweichen. 

Es gilt ein Recht für den Stärkeren. Wir unterteilen dabei die Teilnehmenden am Verkehr in starke und schwache. Die Schwachen sterben dann und wann, weil ein Starker sie überrollt. Sonderlich hart wird der Starke dafür nicht bestraft, weil man ihm oder ihr unterstellt, dass er/sie reinen Herzens und ohne aggressive Absicht unterwegs war. Ist halt passiert. Die Frage mag einem kommen, ob unsere Verkehrsrechtssystem nicht die Starken zu sehr schützt und die Schwachen zu wenig, ob also bei uns im Straßenverkehr um Grunde das Recht des Stärkeren gilt. 

Für ein rechtstsaatliches System aber gilt, dass die grundsätzlich angelegte Gleichheit aller Menschen nicht verletzt werden darf. Unrechtssysteme kennzeichnet, dass sie nicht dem Recht verschrieben sind, sondern der Aufrechterhaltung der Herrschaft um jeden Preis. Die Rechtsstaatlichkeit kann auch dadurch untergraben werden, dass man für Minderheiten uneindeutige oder nicht einhaltbare Regeln aufstellt. Unser Verkehrssystem leidet unter einer Unausgewogenheit der Rechte und des Schutzes seiner Teilnehmer:innen. Die einen können sich mehr herausnehmen als die anderen, weil sie in stärkeren und sie selbst schützenden Fahrzeugen unterwegs sind, an die Schwächeren wird appelliert, im eigenen Interesse Platz zu machen, auch wenn sie Wegerecht haben. Insgesamt sind die Strafen für folgenschwere Vergehen im Straßenverkehr gering, was nur für die Starken von Vorteil ist. Die Diskussionen über härtere Strafen für Raserei (Führerscheinentzug) bei der Novelle der StVO haben gezeigt, dass diejenigen, die Auto fahren und fürchten müssen, selbst bestraft zu werden, dafür sorgen, dass ihre Härte gemildert und das Fahren, trotz schwerer Vergehen, ihnen nicht so schnell verboten werden kann. Damit Autofahrenden selbst so wenig wie möglich passiert, haben wir darüber hinaus Sicherheitsgurte und Airbags (bei Motorradfahrern den Helm) verpflichtend gemacht. 

Und was tun wir, um Opfer zu vermeiden? Ein Verkehrssystem kann entschärft werden, indem man Fahrgeschwindigkeiten verringert. Tempo 30 ist das Autofahrtempo, bei dem Kinder (natürlich auch Erwachsene und Radfahrende) nicht sterben, wenn sie mit dem Kopf gegen einen Kühler knallen (es sei denn, ein SUV hat die Front mit einem Bollwerk verstärkt). Deshalb fordern alle, die sich der Vision Zero (null Verkehrstote) verpflichtet fühlen, Tempo 30 in Städten. Und wo nicht 30 gefahren werden kann, braucht es eine gesicherte Radinfrastruktur und sichere Fußgängerüberwege. Auch technische Möglichkeiten gibt es. Man könnte Fahrzeuge mit Warn- und Bremssystemen ausstatten, damit beim Abbiegen keine Fußgänger:innen und Radfahrende überfahren werden (bei Lkw überlegt man das, eine Pflicht gibt es noch nicht). Man kann auch Elemente des autonomen Fahrens nutzen, um die mangelnde Aufmerksamkeit der Autolenker:innen auszugleichen (Kameras, Warnungen, autonomes Bremsen). Vor allem aber müssen Vergehen im Straßenverkehr, die andere in Gefahr bringen (Rasen, Falschparken, verbotene Straßen fahren, illegal Abbiegen etc.) entschlossen und massiv kontrolliert und geahndet werden. Empfindliche Strafen für das Befahren und Beparken verbotener Schutzräume (Gehweg, Radweg, Fußgängerzonen) helfen auch sehr bei der Disziplinierung und machen vor allem deutlich, dass uns der Schutz von Nicht-Autofahrenden wichtig ist. Und Polizei und Staatsanwaltschaften müssen offene Gewaltausübung (aggressives, einschüchterndes und gefährdendes Fahren mit dem Auto) im Straßenverkehr auch wirklich ahnden. 



12 Kommentare:

  1. Man kann diese Analyse auf die gesamte Gesellschaft übertragen, die diese Subsysteme ja hervorbringt.

    Es wird sich nichts ändern, nicht im Verkehr, nicht in der Wirtschaft, in der Erziehung, der Politik,... solange nicht das Gemeinwohl das Recht des Stärkeren als grundlegendes gesellschaftliches Prinzip abgelöst hat.

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  2. Ganz herzlichen Dank für Deinen trotz seiner sehr ausführlichen Länge lesens- und bedenkenswerten Grundsatzartikel!

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  3. genau so ist es - auf den Verkehr und wie Marmotte schreibt auf die ganze Gesellschaft zu beziehen. Das Recht des Stärkeren ist wohl so alt wie die Menschheit und die Abschaffung dessen unsere eigentliche zivilisatorische Aufgabe. Beim Verkehr empfinde ich den Zustand als besonders bitter, da er in der aktuellen Form doch eher ein Luxusproblem ist.

    Tho

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  4. Sehr guter Artikel, danke.
    Ich möchte passend dazu mein Erlebnis vom 21. Oktober 19 Uhr abends schildern.
    Ich fuhr in S-Kaltental die Böblinger Str. Richtung Innenstadt als mich auf Höhe Hausnummer 411 ein Fahrzeug bedrängte, dessen Fahrerin nach eigener Aussage Polizistin war.
    Ich fuhr etwa 40 km/h (erlaubt ist 50), sie kam mit ihrem Fahrzeug mir extrem nahe und blieb sekundenlang auf meiner Höhe. Obwohl ich ihr mit Schreien deutlich machte, dass ich mich bedrängt fühlte kam sie näher. Der OpenBikeSensor maß 17cm Abstand. Um deutlich zu machen, dass sie mir durch ihre Annäherung Angst machte, klopfte ich mit der linken Hand ohne hinzusehen gegen ihr Fahrzeug. Dann endlich gab sie Gas und entfernte sich. Blockierte dann aber den Schutzstreifen und zwang mich zum Anhalten.
    Ich rief die Polizei, um sie wegen Gefährdung anzuzeigen.
    Kurzfassung:
    Die Beamten machten deutlich:
    - enges überholen ist keine Gefährdung, solange ich nicht berührt werde oder ausweichen/bremsen muss
    - Enges Überholen ist nur eine Ordnungswidrigkeit
    - Mein Vergehen wäre weit gravierender, da das als Sachbeschädigung und gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr sehen kann.
    Erwartungsgemäß war das KFZ nicht beschädigt. Kein Wort der Beamten, dass das Fahrzeug niemals an diesem Ort hätte sein dürfen. Die Fahrerin fand bei sich keine Schuld, da ich ja eine eigene Fahrspur hatte. Die 1,5m Abstandsregel kennt sie, aber ich müsste ja wohl einsehen, dass die Fahrbahn zu eng ist, um einen solchen Abstand einzuhalten, sie wäre bereits ganz links gefahren.


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    1. Was für eine krasse Geschichte. Da wäre eine Dienstaufsichtsbeschwerde dran.

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    2. Also sich mit Klopfen und Schreien bemerkbar zu machen, dass man nicht angefahren wird, kann wohl kaum Sachbeschädigung und Gefährdung sein. Wenn ein Autofahrer so nah kommt, dass ich mich durch Klopfen bemerkbar machen muss, dann war das wohl eindeutig zu nah vom Autofahrer. Bitte beim Polizeipräsidenten Beschwerde einlegen.Hier stimmt ja wohl etwas überhaupt nicht.
      KArin

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    3. Ich rege mich auch täglich über solche Situationen auf. Aber ist es das wert? Selbst grüne Politiker sind nicht mehr bereit dem Auto irgendwas wegzunehmen, damit auch nur die Verkehrswende gelingt. Geschweige denn, dass man den Radverkehr in irgend einer Weise dadurch fördern will.
      Die Automobilkonzerne entlassen doch gerade reihenweise die Leute. Daimler, Mahle, Bosch, Continental und Co. haben den Technologiewandel komplett verschlafen und in ihrer Arroganz gedacht, dass in China gute Geschäfte machen können und von dort billige Zulieferteile bekommen...
      Porsche geht es noch etwas besser, weil die vielen Reichen ihr Geld in Form eines Porsches vor der Inflation retten wollen.

      Aber genau wie die CDU sich gerade in Chaos auflöst wird ihr größter Gönner, die Autoindustrie, auch an Bedeutung verlieren. Und wenn nicht mehr die ganze Politik mit Geld aus der Autoindustrie geschmiert wird, weil einfach kein Geld dort mehr vorhanden ist: Dann hört der Spuk hoffentlich auf.

      Denke es macht jetzt mehr Sinn, den Niedergang der Autoindustrie abzuwarten. Dann klärt sich das mit den vielen Autos (= oft Dienstwagen) von alleine :-)

      Nur so als Tipp um nicht depressiv zu werden.

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    4. Im Polizeipräsidium Stuttgart herrscht die Auffassung, dass von Polizisten, die Auto fahren, prinzipbedingt keine Gefahr ausgehen kann. Ein Radfahrer-Rüpel im Schlossgarten, den ich zur Rede gestellt habe, weil er mit 35 km/h in Mini-Abstand um kleine Kinder gekurvt ist, gab sich als Polizist auf dem eiligen Weg zur Dienststelle zu erkennen. Polizeiautos, die an der Theo so geparkt werden, dass sie auf den Radfahrstreifen ragen: keine Gefahr. Auch Christine hat einen Blog-Beitrag berichtet über Polizisten, die sie mit einem Bulli gefährlich eng überholt haben. Die haben sie auch aufgeklärt, dass von Polizeiautos keine Gefahr für Radfahrer ausgehen kann.

      Ich habe mal gelesen, dass die Polizei empfiehlt, gegen die Scheibe zu klopfen, weil da keine Gefahr besteht, dass es Kratzer oder Dellen im Blech gibt.

      Selbst wenn die Autofahrerin Dir die Vorfahrt nimmt, sodass es zur Berührung kommt, aber es bei abgeschrubbeltem Lenkerband bleibt, also kein größerer Sach- oder Personenschaden, nimmt das die Polizei nicht als gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr auf. So mir geschehen in Remseck (m.W. Ludwigsburg).

      Und spätestens bei der Staatsanwaltschaft endet es dann. So mir geschehen nach Unfall in Stuttgart. Den Ablehnungs-Brief der Staatsanwaltschaft auf meine Strafanzeige schicke ich Dir, Christine. Der Unfall kam übrigens auch nicht in der Zeitung, denn die Polizei fand es nicht wert, eine Pressemitteilung zu schreiben oder eine Notiz auf ihrem Portal. Aber 8-10 mal bin ich danach gefragt worden, ob ich den Helm auch auf hatte - von den Polizisten, von den Sanitätern, von den Ärzten im Krankenhaus. Das war wichtig. Nicht so wichtig war die Frage, ob/warum die Autofahrerin die Kurve geschnitten hat. Überhaupt gar nicht wichtig war die Frage, warum die Radverkehrsführung auf der Kreuzung fiese Mängel hat.

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    5. Die Polizei ist nicht zum Schutz der Bürger da, so viel ist klar.

      https://www.theguardian.com/commentisfree/2021/oct/04/radical-police-not-fit-for-purpose

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  5. Systematische Benachteiligung des Radverkehrs zugunsten des Autos. Statt vorfahrtsberechtigte Radfahrer durch Furten mit viel zu hohen Bordsteinen auszubremsen, sollte man Bodenwellen für Rechtsabbieger einführen: vergleichsweise günstig und wirksam. Ist aber leider keine High-Tech-Lösung...

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  6. Mit den zuletzt beschlossenen verkehrspolitischen Maßnahmen, wurden erste zaghafte Schritte hin zu einer Verbesserung unserer Situation thematisiert, etwa der Mindestabstand beim Überholen o.ä.
    Obwohl diese Maßnahmen größtenteils umgehend wieder zurück genommen wurden und im Alltag so gut wie nicht einfroderbar sind, geschweige denn sanktioniert werden, stelle ich ein deutlich erhöhtes Aggressionsverhalten der MIV gegenüber uns Leistungsträgern fest.
    Frei nach dem Motto: jetzt erst recht!

    Wir brauchen Lösungen.
    Jetzt.

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