10. Dezember 2025

Fahrradstraße Feuerbach - ein bisschen gruselig

Seit einem halben Jahr gibt es in Feuerbach eine neue Fahrradstraße, die fünfte in Stuttgart. 

Sie befindet sich in der Burgenlandstraße zwischen der Stuttgarter und Wiener Straße und könnte eine direkte Verbindung zum und vom Bahnhof darstellen, wäre da nicht derzeit wegen Baustelle alles gesperrt und kein Durchkommen. Auf der anderen Seite gen Weilimdorf soll sie - so hat es der Bezirk Feuerbach beschlossen - irgendwann auf der Salzburger Straße fortgesetzt werden. Die Fahrradstraße ist rund 500 Meter lang (siehe Karte ganz unten). Eines der Probleme ist, dass man nicht umstandslos hinkommt. Aber auch sonst hat sie ein paar Eigenarten, die das Radeln dort eher unangenehm machen. Die Idee, dass Autofahrende auf Fahrradstraßen eigentlich gar nicht, und wenn doch, nur als Gäste unterwegs sein sollen, scheint hier noch nicht angekommen zu sein.

Die für mich auffälligste Widrigkeit für uns Radfahrende sind die Baumbeete, die mit hohen Bordsteinkanten weit in die Fahrbahn hineinragen. Sie unterbrechen  die blaue Radstraßen-Leitlinie, die man besser vor ihnen vorbei gezogen hätte. Die Restbreite ist dann die Autobreite. Eine:r muss also ausweichen und anhalten, wenn sich Auto und Fahrrad begegnen. Radle ich auf der Baumbeetseite lang, dann erwarten Autofahrende - so mein Eindruck -, dass ich in die Lücke zwischen den Baumbeeten lenke, anhalte und sie durchlasse, weil ich ja das Hindernis auf meiner Seite habe. Die Parkstände an ihrem Fahrbahnrand empfinden sie nicht als Hindernis, das sie zum Warten und Durchlassen von Radfahrenden veranlassen sollte. Im Dunkeln möchte ich hier nicht zum ersten Mal lang radeln, geblendet von Autoscheinwerfern, an meinen rechten Rand gedrängt werden und auf die Bordsteine auffahren. Bei Stürzen hier heißt es dann wieder: Radfahrer war zu schnell, hat nicht aufgepasst, war schuld. Diese Gestaltung finde ich gruselig. 

Hinzu kommt, dass an dem Vormittag, wo ich dort war und Fotos gemacht habe, echt viele Autos in der Straße unterwegs waren. Sie ist zwar als Fahrradstraße mit "Anlieger frei" ausgeschildert, aber das kümmert niemanden. 

Vor allem der Abschnitt zwischen St. Poltener Straße und dem Ende der Fahrradstraße an der Leonberger Straße wird Richtung Bahnhof regulär und unverfroren von Autofahrenden als Durchfahrt genutzt. Um Parkplatzsuche ging es augenscheinlich keinem/r der Durchfahrenden.

Immerhin gut ist, dass auf der Bahnhofseite ein Einfahrtverbot für Autofahrende angeordnet ist, sonst hätten wir hier auch noch Autobegegnungsverkehr und Radfahrende würden ständig bremsen, anhalten und abwarten müssen, bis sich die Autos aneinander vorbei geschoben haben.  

Außerdem ist die Klagenfurter Straße eine offenbar für Autofahrende wichtige Verbindung zwischen Stuttgarter und Wiener Straße, und sie quert die Burgenlandstraße. Obgleich die Fahrradstraße als Vorrangstraße ausgeschildert ist und Autofahrende auf mich als Radlerin achten müssen, ist es mir gleich zwei Mal passiert, dass ich bremsen, anhalten und absteigen musste, weil eine SUF-Fahrerin und ein Sprinter-Fahrer blicklos (also ohne überhaupt nach rechts oder links zu gucken) über die Fahrradstraße fuhren. Das sich von von rechts oder links nähernde Auto hätten sie gesehen, Radfahrende aber werden nicht gesehen, sie fallen aus dem Raster dessen, was Autofahrende für sich für wichtig halten. Auch nach einem halben Jahr scheint etlichen Autofahrenden noch nicht bewusst zu sein, dass Radfahrende Vorrang haben, was auch daran liegen mag, dass noch nicht allzu viele Radfahrende den Weg in die und durch die Fahrradstraße finden. Die Klagenfurter Straße hätte jedenfalls unbedingt Gehwegüberfahrten bekommen müssen, damit Autofahrende auch wirklich merken, dass sie jetzt eine Straße überqueren werden, wo Verkehrsteilnehmende vorrangig unterwegs sind, die kein Blechschutz um sich herum haben, und deshalb besonders beachtet werden müssen. 

Auch Fußgänger:innen reagieren nur auf die Autos und weniger auf Radfahrende. Ich musste auch bremsen und durch Klingeln und "Achtung"-Rufen auf mich aufmerksam machen, weil eine Frau mit Einkaufsroller ohne zu gucken diagonal über die Fahrbahn ging. Aber okay. Fußgänger:innen haben es schwer genug. 

Am westlichen Ende macht die Fahrradstraße beim Alten Friedhof einen Knick nach rechts und führt zur Wiener Straße (auch als Anlieger frei ausgeschildert). Will man die Wiener Straße mit dem Rad überqueren, und durch die Nebenstraßen weiter radeln, muss man gucken und kann Hilfe von der parallelen Fußgängerampel bekommen, wenn da gerade Fußgänger:innen gedrückt haben. In Gegenrichtung zur Radstraße hin scheinen Induktionsschleifen im Asphalt zu helfen. Sicher bin ich mir aber nicht, ob sie für uns Radler:innen da sind oder doch nur für den Autoverkehr. 

Wer mit dem Rad vom Pragsattel her kommt und in Feuerbach auf dem linksseitigen Radweg bis zur Dornbier Straße (die rechts abzweigt und an der gelben Kirche gut erkennbar ist, siehe Karte unten) gekommen ist, muss die Fußgängerampel nutzen, um auf die andere Straßenweite und in die Dornbier Straße zu kommen, oder sich an der Dekra-Ausfahrt am Bordstein aufstellen und den Querverkehr abwarten. Dann radelt man die Dornbier Straße weiter und biegt die nächste links ab in die Burgenlandstraße, die dann zwei Querstraßen später auch zur Fahrradstraße wird. Auch bei der Ausfahrt auf den Radweg Richtung S-Zentrum und Pragsattel, muss man die Stuttgarter Straße queren und auf den Radweg aufspringen und hat dafür hier keine eigen Ampelanlage. Es sei denn, man schlingert quer über die Dornbier Straße auf die linke Gehwegecke und stellt sich an der Ampel auf. (Auch so Manöver, die man hier sieht.) 

blau: Radstraße, gestrichelt: Plan, rot:Zu- und Abwege, grün: Radweg
Diejenigen, die hier regelmäßig und häufig radeln, werden noch noch andere Aspekte nennen können, die für sie positiv oder negativ sind. Mein Eindruck war nicht so richtig positiv angesichts der Minimallösungen für Radfahrende. Es genügt nicht, eine Nebenstraße zwischen zwei Hauptstraßen als Fahrradstraße zu markieren und auszuschildern, wenn der Autoverkehr nicht beschränkt und gebremst wird, ohne dabei den Radverkehr seinerseits durch Hindernisse auszubremsen. Das macht sie nicht sicherer für Radfahrende und erhöht vor allem auch das Sicherheitsgefühl nicht nennenswert. Aber immerhin gibt es jetzt mal diese Fahrradstraße, und wenn sie Richtung Bahnhof und über die Salzburger Straße Richtung Weilimdorf) verlängert wird,  ist es ein kleiner Gewinn für die Radfahrenden in Stuttgart. 

15 Kommentare:

  1. Tagsüber ist das hier das eine. Du musst die Straße man abends ab 20 Uhr erleben. Da wird wild halb auf dem Gehweg, halb auf der Fahrradstraße geparkt, und in jedem kreuzungsbereich, gerne auch direkt unter dem Halteverbotsschild. Unter einem Dutzend Falschparker kommst du hier selten durch.

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  2. Der Teil Richtung Pragsattel wird wohl erst mit der Umgestaltung der B 295 besser, dann wird die aktuelle Fahrbahn stadteinwärts beruhigt und mit einem breiten Fahrradweg versehen. Bis dahin ist Feuerbach was den Verkehr angeht für alle sehr kompliziert.

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  3. Aus Richtung Pragsattel ist wohl eher vorgesehen über die Leobener Str. zur Fahrradstraße zu gelangen. Bis zu der reicht auch der Zweirichtungsradweg der Stuttgarter Str.
    Andere Richtung geht so nicht da die Leobener Str. Einbahnstraße ist.
    Der Schleichverkehr muss noch besser unterbunden werden, der ist ziemlich nervig.
    Grazer Str. recht gefährlich, habe ich auch so erlebt.

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    1. Vorgesehen... von wem?
      Die können mich mal!

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  4. Wenn man vom Pragsattel her Feuerbach (hoffentlich) nur queren will, würde ich immer über die Oswald-Hesse-Str. fahren, dann spart man sich auch die Hölle an der Siemensstr.
    Nicht erwähnt wurde die etwas absurde westliche Fortführung der Radstrecke Burgenlandstr. zur Stuttgarter Str. durch einen engen Weg, der wirklich Fußgängern vorbehalten sein sollte.

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  5. In dem Zusammenhang erinnere ich mich daran, dass es auch Urteile gibt nach denen "Fahrradstraßen dem Radverkehr auch einen echten Vorteil bieten müssen". Konkret finden konnte ich gerade dieses vom VG Hannover (also noch nicht gerade auf höchster Ebene) aus 2021:

    https://www.fahrradstadt-braunschweig.de/2022/02/02/fahrradstrassen-urteil-als-argumentationshilfe-wo-fahrradstrasse-drauf-steht-muss-auch-fahrradstrasse-drin-sein/

    Im Grunde wird da die Einrichtung einer unechten Fahrradstr erfolgreich angegriffen weil sie ihre Funktion Radverkehr sicherer/schneller zu machen so nicht erfüllt. Die Stadt hat sich dann wohl entschieden bei den gefundenen Punkten nachzubessern.

    Der Bericht zitiert als Ausschlusskriterien aus dem Urteil:
    * Gericht identifiziert Ausschlusskriterien
    Allgemeine Freigabe für Kfz-Verkehr per Zusatzschild muss die Ausnahme bleiben. Überhaupt müssen Freigaben konkret begründet werden (z.B. für Anlieger wegen Grundstücken) (Rn. 58-60)
    * Wenn eine Fahrradstraße durch Kfz-Freigabe Autofahrenden die Möglichkeit eines Schleichweges eröffnet und damit geeignet ist Durchgangsverkehr zu provozieren, darf sie allein deswegen schon nicht angeordnet werden. (Rn. 61)
    * Fahrbahnbreiten von mind. 4,00 m + 0,75 m pro beparkter Seite müssen eingehalten werden, damit Radfahrende tatsächlich nebeneinander fahren oder sich überholen können. (Rn. 62-64)

    Der zweite Punkt scheint ja auf die Situation zu passen, ggf. auch der dritte. Der erste ist ja eher nur Unterhaltung.

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    1. Da haben die mutmaßlich Auto fahrenden Richter:innen in der Autostadt Hannover wohl im Blick behalten, dass verschärfte Regeln für die Anordnungsfähigkeit den Status des Instruments 'Fahrradstraße' als 'Exot' absichern.
      Flächendeckende Anwendung, wie sie zB von H.Monheim gefordert wird (1.000 Fahrradstraßen für Köln) wird damit de facto ausgeschlossen, was ja auch die Gefahr bannt, dass Quantität in Qualität umschlägt und am Ende die weitere gedeihliche Entwicklung des systemrelevanten Autoverkehrs behindert werden könnte.
      Die gern von 'Radaktivist:innen' gestellte Forderung nach nur noch 'echten' Fahrradstraßen geht aus ökologischer Perspektive bzw. aus Verkehrswende Perspektive eher nach hinten los.
      Alfons Krückmann

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    2. Das lese ich weniger zynisch, auch wenn dem der Ruf Hannovers natuerlich nicht hilft. Das Urteil, oder vielmehr die folgende Entwicklung, duerfte so nicht im Sinne des Klaegers gewesen sein. Die Kleefelder Str. ist 2025 immer noch Fahrradstr. Daher sehe ich auch erstmal keine Probleme die sich damit ergeben wuerden.

      Eine "flaechendeckende Anwendung" sehe ich auch nicht als ausgeschlossen (wenn man denn da hin will): Dafuer ist die "Fahrradzone" gedacht, die ich mir in der Ausgestaltung leichter so vorstellen kann wie Fahrradstrassen typischerweise ausgestaltet sind.

      Ich weiss nicht warum du mit der Forderung nach "nur echten Fahrradstrassen" kommst (stelle ich nicht, das war nur eine Randbemerkung). Aber vielleicht magst Du erklaeren, warum das nach hinten los geht. Was ich zum Beispiel schon gerne haette, sind durchgaengige Verbindungen, gerne auch ueberwiegend autofrei, zum Beispiel durch Verdraengung des Durchgangsverkehrs mit Durchfahrtssperren oder aehnlichen Massnahmen.
      Ich sehe auch nicht, warum Radfahrer:innen die oekologischen Verfehlungen des Kraftverkehrs ausbaden sollen indem sie auf komfortable Strecken verzichten.

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    3. @ Alfons: die Autofahrenden haben so unendlich viele Straßen ganz für sich allein und in Feuerbach gibt es zwei Parallelstraßen als Alternative.

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  6. Ich muss immer mal wieder vom Pragsattel kommend einmal durch Feuerbach Richtung Weilimdorf durch radeln. Ich hab schon so viele Varianten ausprobiert, aber alles war immer irgendwie doof!
    Das letzte Mal vor paar Wochen wollte ich die neue Fahrradstaße Burgenlandstaße austesten. Ich habe fälschlicherweise geglaub sie beginne am Bahnhof Feuerbach und kam aus Richtung Heilbronner-/Kruppstraße. Was soll ich sagen, war jetzt nicht wirklich meine beste Idee. Überall Baustelle, überall Fußgänger und diese doofe Radfahrerin mittendrin, die ihren Weg so gar nicht fand. :-)
    Es war damals auch schon dunkel, aber man findet halt auch keine Wegweiser! Wenn man sich nicht auskennt ist das schon sehr schwierig.
    Ich gebe aber nicht auf, vieleicht finde ich ihn sie ja noch, die beste Radroute einmal durch Feuerbach!
    Gruß Sandy

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    1. Wenn du sie gefunden hast, gib mir Bescheid und ich lasse sie mir von dir zeigen. Viel Erfolg.

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  7. Ich habe die gleiche Herausforderung, Pendelstrecke von Stuttgart über Pragsattel nach Weilimdorf. Nach vielen Versuchen hat sich als das kleinste Übel rausgestellt: Die Tunnelstraße runter links über den für Fahrräder freigegebenen Gehweg (nicht schön, aber halt am kürzesten nach Feuerbach runter), dann links die Stuttgarter Straße entlang (geht ganz gut über den neuen Zweirichtungsradweg), über die Leobener Straße rüber zur besagten Burgenlandstraße, dann geradeaus über (besser: durch) diesen Mini-Gehweg (der aber hier tatsächlich ein richtiger Radweg mit blauem Schild ist!) zur Stuttgarter Straße, dann links abbiegen die Föhrichstraße rauf und weiter nach Weilimdorf (auch ein recht okayer Radweg).

    Werde aber mal die Variante Linzer/Salzburger Straße dann weiter Föhrichstraße ausprobieren. Da war ich in meinen vielen Versuchen tatsächlich noch nicht daruf gekommen.

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    1. Hallo Bernd!
      Diese Variante bin ich auch oft geradelt. Aber gerade auf zurück fand ich die doof! Wie machst Du das?
      Linzer/Salzburger Straße find ich angenehmer.
      Was ich auch schon versucht habe Linzer/Salzburger Straße dann aber weiter auf der Weilimdorfer.
      Grüße Sandy

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    2. Ich fahre zurück fast die gleiche Strecke. Nur die Leobener geht ja nicht wegen Einbahnstraße, da fahr ich entweder weiter vor bis fast zum Bahnhof und dann rechts rüber zur Stuttgarter, oder schon eine früher, bei der zweispurigen Bludenzer Autostraße. Ist aber alles nicht so optimal. Alternativ Stuttgarter Straße runter mit dem Autoverkehr mitschwimmen geht runterwärts besser als rauf, aber Spaß macht das auch nicht gerade. Stimmt schon, alles irgendwie doof.

      Weilimdorfer mag ich eigentlich gar nicht, sich die Straße mit den Autos teilen müssen, da find ich echt Föhrich wesentlich angenehmer.

      Insgesamt ist Feuerbach durchqueren wirklich kein Vergnügen, und ich teile die Kritik an der Fahrradstraße. Mir haben auch schon x Mal Autos einfach die Vorfahrt genommen, als ob die Fahrradstraße gar nicht existieren würde, und Fußgänger passen oft nicht auf. Aber wenigstens hat sich die letzten Jahre ein bisschen in die richtige Richtung getan, besser als nix.

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