4. Dezember 2025

Dürfen wir für Fahrradparkhäuser Geld ausgeben?

Immer, wenn Geld für den Radverkehr ausgegeben wird, regt sich medial verbreitete Kritik. Es scheint immer zu teuer.   

Neuester Presseaufreger: In Saarbrücken sollen zwei Radparkhaustürme gebaut werden, ausgestattet mit automatischen Verstausystemen. Man stellt das Rad unten in eine Kabine und es wird automatisch eingelagert. Die Gebäude sollen mit Holz verschalt werden und sich in die Umgebung einpassen. 3,5 Millionen Euro sollen für 144 Radparkplätze ausgegeben werden. Das sind dann, wie man schnell ausgerechnet hat, 24.000 Euro pro Radabstellplatz. Für ein Auto kostet ein Stellplatz in einer Tiefgarage oder einem Parkhaus zwischen 15.000 und 45.000 Euro, je nachdem wie technisch aufwendig das Parkhaus ist. Platzsparend automatisch eingelagert wird da kein Auto mehr. Mein Vater hat Anfang der 60er Jahre in Hamburg seinen VW Käfer noch in einem Parkhaus untergebracht, wo das Auto per Lift in die entsprechende Etage gebracht wurde. Die Investitionen, die damals in die Zukunftsmoblität dieser Zeit und deren Wegebahnung und Unterbringung in den Innenstädten getätigt wurden, müssen unverhältnismäßig hoch gewesen sein. Und Autoparkhäuser (Foto weiter unten) haben sich selten schön in die Stadtarchitektur eingefügt und nehmen bis heute viel Platz weg. Fürs Auto scheint nichts zu teuer. 

2. Dezember 2025

Eine Bemerkung zu Sparmaßnahmen beim Radverkehr

Im Rahmen der allgemeinen Sparmaßnahmen in Stuttgart steht auch der Radetat zur Disposition. In den kommenden zwei Jahren sollen 16,5 Millionen Euro beim Straßenbau eingespart werden, darunter 3 Millionen beim Radverkehr. 

Auch das sehr erfolgreiche Förderprogramm für E-Lastenräder für Familien endet. Bis zum 31. Dezember (Eingangsdatum) können noch Förderanträge gestellt werden und bewilligt wird, solange noch Geld übrig ist. Infos und Antragsformulare gibt es hier

Wie die Stuttgarter Zeitung berichtet, treffen die Einsparungen den Radverkehr am stärksten. Er soll auf 1,5 Millionen pro Jahr verzichten. 2025 hatte das Tiefbauamt für den Ausbau der Radinfrastruktur knapp 6 Millionen Euro zur Verfügung. Wieviel Geld Stuttgart für den Autoverkehr ausgibt, kann ich mit meinen Mitteln nicht herausfinden, weil viele verschiedene Ämter dazu Geld beisteuern und auch Stuttgart diese Unsummen nicht beziffert. Aber Städte geben laut VCD im Durchschnitt pro Jahr ungefähr 15 Milliarden für den Autoverkehr aus (Straßenbau, Folgekosten), die nur zu 15 bis 45 Prozent durch Einnahmen (Parkgebühren, Zuschüsse von Land und Bund etc.) gedeckt sind. Wollte man die Verluste durch Lkw- und Pkw-Verkehr durch eine City-Maut ausgleichen (was niemand will), dann müsste man zwischen 30 und 60 Cent pro Kilometer berechnen. Der Radverkehr hingegen richtet keinen gesellschaftlichen Schaden an und bringt einer Stadt sogar Geld ein, weil Radfahrende, CO2 sparen, weniger schwere Unfälle verursachen, gesünder sind und mehr im lokalen Handel einkaufen. Schon kurios, dass eine Stadt ausgerechnet dort Investitionen einspart, wo sie finanziell gewinnen könnte. 

Der Haushalt wird am 19. Dezember vom Gemeinderat beschlossen, üblicherweise eine gut 12 Stunden lange Sitzung, in der über viele Einzeletats noch mal diskutiert und einzeln abgestimmt wird. Noch kann man nicht sagen, was der Gemeinderat konkret beschließen wird. 

Mit größerem Nachdruck hat die Stadt seit dem Zielbeschluss 2019 zur Förderung des Radverkehrs Fahrradstraßen ausgebaut, wenn auch nicht so viele, wie im Zielbeschluss verlangt.

30. November 2025

In den Städten nimmt der Autoverkehr ab und der Fußverkehr zu

München, irgendwo
München hat eine ausführliche Mobilitätsstudie vorgelegt, aus der hervorgeht, dass immer mehr Menschen zu Fuß und mit dem Fahrrad unterwegs sind und immer weniger mit dem Auto. 

Die Stauhauptstadt werde zur Fußgängerstadt, meint die Süddeutsche Zeitung (Bezahlschranke). Dabei ist das in Stuttgart auch nicht viel anders (siehe unten). 

Befragt wurden von der Technischen Universität Dresden mehr als 40.000 Münchner:innen. Demnach stieg der Anteil der Fußwege am Modal Split in München zwischen 2017 und 2023 um 9 Prozentpunkte auf 33 Prozent. Der Radverkehr nahm um drei Punkte auf 21 Prozent zu. Der Autoverkehr aber sank um 10 Prozentpunkte auf 24 Prozent. Die Öffentlichen nutzten  22 Prozent (-2). Damit stieg der klimafreundliche Verkehr (Fuß, Rad, Öffis) auf 76 Prozent und bildet in München mehr als eine Zweidrittelmehrheit im Stadtverkehr. Die Menschen, die in Autos fahren und den meisten Platz belegen, sind eindeutig in der Minderheit. 

28. November 2025

Zwei Radwegblockaden auf der Heilbronner Straße

Baustellen, die einen Rad- und Gehweg komplett blockieren, sind heikel. Sie schicken den nicht motorisierten Verkehr auf weite, teils unzumutbare Umwege. 

Während der Autoverkehr auf vier bis sechs Spuren rollt, müssen sich entlang der Heilbronner Straße Fußgänger:innen und Radfahrende denselben Seitenraum teilen, teils als gemischte Geh-/Radwege ausgeschildert, teils getrennt in Rad- und Fußweg. Komplettblockaden müssen deshalb gut begründet sein. Am Montag bin ich auf der Heilbronner Straße auf zwei solche Baustellen gestoßen, eine echte und eine unechte. Die Umleitungsbeschilderung stimmt und ist auf dem Fahrrad akzeptabel. Für Fußgänger:innen sind sie schon wesentlich unbequemer und zeitraubender. 

26. November 2025

Sicherheitsempfinden muss Maßstab für Radwege sein

Das geht aus einer Befragung hervor, deren Ergebnisse die Seite Zukunft Mobilität veröffentlicht und auf die mich Blogleser Werner aufmerksam gemacht hat. 

Die Gestaltung der Radverkehrsanlagen hat einen maßgeblichen Einfluss darauf, ob Menschen das Fahrrad nehmen oder nicht, vor allem auf diejenigen, die noch keine routinierten Radler:innen sind, es aber werden könnten. 

Dabei schätzen Radfahrende und Autofahrende die Situation auf einer Straße ziemlich ähnlich ein. Was uns Radfahrenden unsicher erscheint, erscheint auch Autofahrenden unsicher für uns. Sowohl Radfahrende als auch Autofahrende finden geschützte Radstreifen oder Radwege auf Gehwegniveau sicherer. Nur die Dooringgefahr entlang von Autoabstellstreifen halten Autofahrende für deutlich geringer als Radfahrende (das heißt, sie sind sich dessen kaum bewusst). Daraus folgt auch, dass Menschen, die ihre Alltagswege derzeit noch in Autos zurücklegen, nur dann davon überzeugt werden können, das Fahrrad zu nehmen, wenn sie dort, wo sie gerade fahren, eine sichere Radinfrastruktur sehen und das Gefühl haben, da könnten auch sie stressfrei radeln. Das Potenzial derer, die im Alltag Rad fahren würden, wenn sie keine Angst vor dem Autoverkehr hätten, ist ziemlich groß. 2017 wurde es in einer Studie mit 60 Prozent beziffert. Aber auch, wenn es nur 40 Prozent wären und 20 Prozent auch wirklich machten, wäre das enorm viel. Dafür muss es aber einladende Radverkehrsanlagen auf unseren Straßen geben, die alle als sicher empfinden. 

Der Mischverkehr mit Autos wird durchweg negativ bewertet.

24. November 2025

Hauptradroute 2 mit Kompromissmängeln

Die Hauptradroute 2 Wangen-Hedelfingen zwischen Otto-Konz-Brücken und Hedelfinger Platz ist fertig. Sie war politisch so heftig umstritten, dass man ihr die Kompromisse zugunsten des Autoverkehrs und Parkplatzerhalts ansieht. 

Die Stadt findet die Strecke toll und schreibt, damit stünde Radfahrenden nun eine rund 1,5 Kilometer lange, durchgehende und sichere Strecke in beide Richtungen zur Verfügung. Sie solle das Radfahren attraktiver machen. Für routinierte Radfahrende ist die Strecke sicher besser als vorher, für unerfahrene und eher furchtsamere Radfahrende bietet sie aber viel zu viele Abschnitte, in denen es zu Konflikten mit Autofahrenden kommen kann. Es ist eine verschenkte Chance, mehr Menschen aufs Fahrrad zu bekommen, denn die Zögerlichen und Ängstlicheren überzeugt man nur mit einer Radinfrastruktur, die sich immer sicher anfühlt.

Ein Vorteil der Umbauten, die dazu führen, dass Autofahrende zwischen den Knotenpunkten nur eine Fahrspur haben, ist, dass der Schwerlastverkehr nicht mehr durch die Hedelfinger Straße geschickt wird, sondern durch die Kesselstraße. 

22. November 2025

Nur wenige sitzen optimal auf dem Fahrrad

Eigentlich sitzt fast niemand optimal auf dem Fahrrad. Das sagt Bikefitter Kim Alexander Tofaute in einem langen Interview mit der Süddeutschen Zeitung. 

Bei kurzen Fahrten von einer Viertelstunde ist alles super. Aber bei längeren Radfahrten entstehen Schmerzen oder Taubheitsgefühle. Meist liegt das am Sattel, oft aber auch an der falschen Rahmengröße. Auch Tofoute warnt davor, sich zu große Fahrräder verkaufen zu lassen, was wohl besonders oft im Pedelec-Bereich passiert. Sitzt man zu weit nach vorn gebeugt, werden die Hände taub und im Genitalbereich gibt es Probleme. Ist der Sattel zu tief oder zu hoch eingestellt, dann wird das Radeln bei langen Strecken anstrengend oder schmerzhaft. Ein paar Zentimeter können da viel ausmachen.