11. Juli 2025

Wut auf Radfahrende zieht immer

Der Bayrische Rundfunk hat einen Beitrag veröffentlicht, in dem es um einen Radschnellweg geht und um die "Wut auf die Rennradler". 

Allerdings sind es nicht die Berufsradpendler:innen, die sich über Rennradler:innen ärgern, sondern - wie sollte es auch anders sein - die Menschen in Autos, (die aussteigen müssen und dann zu Fuß unterwegs sind), die ihre Wut rauslassen dürfen gegen "rasende Radler".  Es sollen sogar bereits Nägel auf den Radschnellweg geworfen worden sein. Und Autofahrende beschweren sich, dass sie vor lauter Radler:innen nicht mehr aus einer Garage fahren könnten. Den BR-Beitrag kann man hier nachlesen. Wieder einmal wird der Radverkehr problematisiert, eigentlich skandalisiert und der Wut preisgegeben, in einem Maß, in dem der Autoverkehr nie problematisiert wird, obgleich er die eigentliche tödliche Gefahr für alle darstellt, die nicht im Auto sitzen.  

Ich habe deshalb mal kurz die Perspektive gewechselt und im BR-Text das Fahrrad durch das Auto ersetzt, was auch deshalb naheliegt, weil die Medien gerne bei Radschnellwegen von "Fahrradautobahn" oder "Autobahn für Radfahrer" reden und schreiben: 

9. Juli 2025

Framing - so beschönigen wir den Autoverkehr

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat hat Mitte Mai an einen Polizisten der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster den den DVR-Förderpreis für seine Masterarbeit über das Framing in der Presseberichterstattung der Polizei verliehen. 

In seinem Bericht darüber verwendet der DRV selbst bereits nicht mehr das Wort "Unfall" oder "Verkehrsunfall", sondern "Verkehrskollision". Mehr als neunzig Prozent der Zusammenstöße seien auf menschliches Versagen zurückzuführen, heißt es. Fehlverhalten müsse klar benannt werden, damit (Auto-)Fahrende ihr Verhalten ändern. Der DVR fordert einen Kulturwandel in der Berichterstattung über das Geschehen im Straßenverkehr. Die Masterarbeit selbst ist mir nicht zugänglich. Sie stammt aus dem Jahr 2023. Ich habe immer wieder über das Thema geschrieben, sei es über die Mär vom starken und schwachen Verkehrsteilnehmer, über die tückische Doppeldeutigkeit des Bergriffs der "Verkehrsopfer" oder wie unsere Sprache die wahren Gewaltverhältnisse im Straßenverkehr verschleiert und die Verkehrswende verhindert. Zum Framing gehört auch, dass Radfahren in Artikeln regelmäßig als gefährlich (für einen selbst) dargestellt wird, Autofahren aber nie als gefährlich für andere, die nicht im Auto sitzen. Gleichzeitig wird der Radverkehr in den Medien oft als rowdyhaft, also rücksichtlos und gefährlich für Fußgänger:innen angeprangert, obgleich die tödlichen Gefahren vom Autoverkehr ausgehen. 

Es gibt aber auch ein softeres und beinahe unmerkliches Framing, mit dem wir in unserer Gesellschaft die Dominanz des Autoverkehrs über unser ganzes Leben als unabänderlich bestätigen. Etwa wenn der Autoverkehr als als Naturgewalt beschrieben und damit suggeriert wird, dass man ihm nachgeben, ihn fließen lassen muss. Darüber ließe sich eine Dissertation schreiben. Hier nur ein paar Beispiele für Soft-Framing: 

7. Juli 2025

Tempo 30 - pardoxer Widerstand gegen Vorteile

Tempo 30 flächendeckend in der Stadt, also auch auf Hauptverkehrsstraßen, bringt auch Vorteile für Autofahrende. Für alle anderen sowieso. 

Das hat ein Modellprojekt in niedersächsischen Kommunen ergeben. Den Modellversuch hätte man eigentlich gar nicht machen müssen, denn man weiß seit langem, dass der Autoverkehr in Städten sich weniger staut und besser fließt, wenn nicht schneller als 30 km/h gefahren wird. Das ist ohnehin die Durchschnittsgeschwindigkeit eines Autos in einer Stadt, alle Ampelhalts und Hindernisse mit eingerechnet. Deshalb ist man mit dem Fahrrad in der Regel schneller am Ziel. Außerdem bessert sich die Luftqualität und die Anwohner:innen müssen weniger Lärm erdulden. Die Zusammenstöße von Autofahrenden mit Fußgänger:innen oder Radfahrenden wurden zwar auf den Versuchsstrecken nicht weniger, aber die Verletzungen waren nicht so schwer. 

Währenddessen Pforzheim: Da hatte man Tempo 30 eingeführt und hebt es nun tagsüber wieder auf. Auf Hauptverkehrsstraßen darf dann wieder 50 km/h gefahren werden. Die Begründung dafür ist, dass man "Staus vermeiden" wolle. Das ist sicherlich kein haltbarer Grund, sondern eher eine Ausrede, um den konservativen Autofahrenden das vertraute Gaspedal-Gefühl zurückzugeben. Rational ist es nicht. Denn je höher die Geschwindigkeit, desto größer die Gefahr von Staus, die aus den Verzögerungen des Abbremsens und wieder Anfahrens entstehen.

5. Juli 2025

Zürich kapituliert vor dem Autoverkehr

Quelle: Apple Karten
In Zürich gibt es seit einem Jahr eine Fahrradstraße, dort Veloroute genannt, die theoretisch frei vom Autoverkehr sein müsste. So hat es das Stimmvolk  beschlossen. 

Es ist aber nicht so. Zur Hauptverkehrszeit stauen sich die Autos auf der Fahrradstraße, Radfahrende kommen nicht mehr durch, stehen im Autostau oder weichen auf die Gehwege aus. Es handelt sich um die Bullingerstraße, die ein Meilenstein für den städtischen Radverkehr werden sollte. Aber davon sieht man heute nur grüne Streifen am Straßenrand, sonst nichts. Von Anfang an schaffte es die Stadt nicht, die Velostraße vom Autoverkehr zu befreien. Sie wollte wohl einfach nicht, obgleich 70 Prozent des Stimmvolks für ein 50 Kilometer langes und grundsätzlich vom Autoverkehr befreites Volovorzugsroutennetz in Zürich gestimmt hatte. 

Pro Velo Züric kritisierte das von Anfang an. Nach gut zwei Jahren hat sich immer noch nichts geändert, der Autoverkehr staut sich auf der Straße und blockiert den Radfahrenden die Durchfahrt. Die Stadt hat zwar ein Konzept erarbeitet, wie der Kraftfahrzeugverkehr aus der Bullingerstraße rauskommt, aber nicht umgesetzt, denn man befürchtet, dass der Autoverkehr sich dorthin verlagert, wo er den öffentlichen Nahverkehr behindern würde, also die Straßenbahn. 



3. Juli 2025

Die Fahrradbranche in und um Stuttgart herum

Es gibt einen Branchenatlas für Radlogistik, also für Unternehmen, die Lastenräder herstellen,  Kurierdienste oder Akkuwechselstationen anbieten oder städtische Monilität konzipieren. 

Auf dem seit einem Jahr eingerichteten "Atlas der Radlogistik" gibt es 450 Einträge und für Stuttgart acht. Die Liste im Atlas ist nicht vollständig und sie enthält auch Unternehmen, deren Internetseite nicht mehr zugänglich ist, oder die doch ihre Kundschaft eher in der Autoindustrie suchen. Die Interessen der Fahrradwirtschaft in Deutschland vertritt der Verband Zukunft Fahrrad und hat nach eigenen Angaben 100 Mitglieder. Ich habe mich mal in Stuttgart und Umgebung umgeschaut. Die hier aufgeführten Unternehmen kümmern sich um Hardware, also Lastenräder, Spezialfahrräder und Pedelecs, aber auch um die Software, also Fahrradelektronik, Antriebe und Bremskraftverstärker oder um die Organisation der Firmenlogistik und des Transports von Waren auf der letzten Meile. Hier meine Liste: 

1. Juli 2025

Selbstjustiz von Autofahrern verstört Radfahrende

Die Beinsteiner Straße in Weinstadt bei Waiblingen ist Teil des Radnetzes Baden-Württemberg. Es handelt sich um einen schmale Straße am Rand eines Wohngebiets, die im Westen einen Feldwegcharakter hat.  Seit Jahren ist die Straße zugeparkt. 

Dort hat sich ein von der Presse (Waiblinger Zeitung; hinter der Bezahlschranke) aufmerksam begleiteter für uns in Deutschland leider typischer Konflikt um öffentliche Autoabstellflächen entfaltet, der in Selbstjustiz mündete: Anwohnende - offensichtlich Autobesitzer:innen -  haben die im April aufgestellten Parkverbotsschilder umgedreht oder ganz umgelegt. Da die nur zur Bekräftigung eines ohnehin geltenden, aber seit Jahren nicht beachteten und nicht geahndeten Parkverbots dort stehen, nützt deren Entfernung nichts. Das Parkverbot kann trotzdem geahndet werden. Die Stadt Waiblingen, die für diese Straße in Weingarten zuständig ist, droht nun mit Strafanzeige. Denn das Entfernen von Verkehrszeichen ist keine Ordnungswidrigkeit, sondern ein Straftat. Selbstjustiz kann keine Stadt, kein Staat, keine rechtsstaatlich verfasste Gesellschaft dulden, sie stellt all unsere Übereinkünfte für ein friedliches Zusammenleben infrage. Dass Autofahrende Schilder abmontieren, die ihnen nicht passen, ist keine Seltenheit. Das war auch bei den Überholverbotsschildern  in der Böblinger Straße in Kaltental der Fall, die auch nur die bestehende Regel bekräftigten. Auch die ostentative Missachtung von Verkehrszeichen ist nicht selten und passiert derzeit beispielsweise im Schwabtunnel in Stuttgart. 

Auf mich wirkt das Verhalten dieser Autofahrer:innen beängstigend aggressiv und ziemlich verstörend. So sieht das auch Blogleser Miran, der mich auf diese Geschichte aufmerksam gemacht hat. Was ist das für eine Mentalität bei manchen Autofahrenden, dass sie keinerlei Regeln mehr akzeptieren wollen, die ihnen nicht passen? 

Aber von Anfang an: 

29. Juni 2025

Wäre alles nicht nötig, wenn sich Autofahrende an die Regeln halten würden

Würden sich Autofahrende ans Überholverbot halten, würden wir nicht über Lösungen für den Schwabtunnel diskutieren müssen, die den Rad- und Fußverkehr schützen. 

Und wir müssten nicht am 4. Juni (17 Uhr, Start Merlin) für sicheren Rad- und Fußverkehr im Tunnel demonstrieren. Auch der Bezirksbeirat Süd müsste nicht am 1. Juli über den Schwabtunnel beraten. 

Die Sachlage: Autofahrende dürfen im Tunnel Radfahrende nicht überholen. Sie tun es trotzdem in einem Ausmaß, das fassungslos macht und sehr viele Radfahrende einschüchtert und ängstigt. Würden sie das nicht tun, würden Forderungen nach einer Schließung des Tunnels für den Autoverkehr  gar nicht erst aufkommen. Niemand würde über Einschränkungen für den Autoverkehr diskutieren. 

Ich habe bereits sämtliche Lösungsvorschläge vorgestellt. Die Stuttgarter Zeitung ist mit etlichen Artikeln an diesem Thema drangeblieben. Eine Demonstration ist nun auch geplant, und der Bezirksbeirat Süd berät. Das Thema wird uns noch eine ganze Weile beschäftigen. Solange, bis es eine Lösung für einen sicheren Rad- und Fußverkehr gibt.