5. Oktober 2018

Erster Bericht von der Machbarkeitsstudie Radschnellwege nach Stuttgart

Es geht los mit der Planung von Radschnellwegen und ihrer Weiterführung nach Stuttgart hinein. Der Gemeinderat hatte die von den Grünen beantragte Machbarkeitsstudie beschlossen. 

Am vergangenen Dienstag, den 2. Oktober, stellten die Planungsbüros VIA und Brenner Bernard vor, was sie vorhaben.

Mit dabei Vertreter/innen der Stadt, von Städten der Region Stuttgart, vom Verkehrsministerium und vom Regierungspräsidium, von Verbänden und des Gemeinderats (SPD, Grüne, Sösli und Stadtist). Das ganze wird so ablaufen: Zunächst einmal wurden die Korridore gesucht, in denen die Verbindungen zur Innenstadt verlaufen könnten. Darauf haben wir einen Blick geworden und Tipps gegeben, wie im Detail die Strecke verlaufen könnte und was gar nicht geht. Das war der Zweck des Treffens. Unsere Radler/innen-Expertise abholen (wobei ich wieder mal die einzige Frau war).

Als nächstes werden die Agenturen die Korridore mit ihren Rädern abfahren und dabei gucken, wie genau man die Routen führen könnte, auf denen Radler schnell vorankommen. Auf einen Kilometer darf der Zeitverlust außerorts durch Ampeln oder andere Stopper nicht größer als 15 sec sein, innerorts 30 sec.  80 Prozent einer Strecke, die sich Radschnellweg nennen darf, müssen breit und schnell sein, auf den restlichen Prozent darf es auch mal etwas enger zugehen. (In der Innenstadt, prognostiziere ich mal, werden wir keine echten Schnellwege anlegen können, aber doch deutlich bequemer als derzeit.) Diese Suche nach bequemen Strecken soll im Dezember abgeschlossen sein. Danach (bis April) sollen die Strecken so weit klar sein, dass man sie uns vorschlagen kann. Dabei werden Lösungen für schwierige Stellen vorgeschlagen. Beachtet werden dabei auch die Prinzipien des Umweltschutzes, der geringen Eingriffe in die Natur und des Vorrangs von bereits versiegelten Wegen zur Neuversiegelung und so weiter. Höchst kompliziert jedenfalls.

Sobald wir uns dann auf machbare Strecken geeinigt haben, wird eine Kostennutzenrechung aufgestellt. Dabei gilt grundsätzlich: Der Radverkehr (den man erwartet) sollte im Durchschnitt bei mehr als 2.000 Radfahrenden pro Tag liegen. Da Radverkehr grundsätzlich auch einen finanziellen Gewinn für die Stadt darstellt (Radler sind gesünder, leiser und brauchen weniger Platz), fließt auch das in die Rechnung ein. Die Frage ist, wie errechnet man den zu erwartenden Radverkehr? Wir hörten, man schaue sich an, was jetzt schon so fährt, und gucke auf Ziele und Quellen. Wo kommen viele Leute her, wo wollen viele hin. Steigen sie vom Auto aufs Fahrrad um, steigen sie vom Öffentlichen Nahverkehr (bislang noch nicht in der Rechnung enthalten) um. Diese Kostennutzenabschätzung soll bis Juni gemacht sein, gerade rechtzeitig vor den dann im Herbst anstehenden Haushaltsberatungen.

Mich haben die Korridore und die grobe Planung hoffnungsvoll gestimmt. Es wäre möglich, uns Radlern bessere Verbindungen von den Stadträndern in die Innenstadt anzubieten, wenn man sie mal ordentlich ausbauen würde. Schon das wäre ein Gewinn. Etliches kann man über Fahrradstraßen machen, an so mancher kurzatmigen Ampelfolge, die die Autofahrer brauchen, wird dann wieder vieles unmöglich erscheinen, und es geht auch nicht ohne dem Autoverkehr hier und dort Raum wegzunehmen. Und dafür werden wir im kommenden Gemeinderat (der im Mai neu gewählt wird) schon eine sehr starke und zuverlässige Mehrheit brauchen, damit das auch umgesetzt wird.

Leider darf ich euch die Korridorpläne nicht zeigen, weil sie eben noch nicht öffentlich sind, und auch in keiner Weise eine auch nur annähernd endgültige Planung darstellen. Deshalb hier nur die Collage der Kennzettel der Korridore.




12 Kommentare:

  1. Ich würde mir wünschen, dass die Korridore dem (geplanten) Hauptradroutennetz entsprechen. Oder wurde für die seit vielen Jahren vorliegende Radroutenkonzeption keine Machbarkeitsstudie erstellt? Gibt es keine Ausbaupläne für das Hauptradroutennetz, das die Umlandgemeinden einschließt?

    Wenn wir jetzt bei den Radschnellwegen mit Korridoruntersuchungen wieder von vorne anfangen inklusive dem ganzen Planfeststellungsgedöns und den unsicheren Mehrheiten im Stadtrat, sehe ich keinerlei Realisierungschance vor dem Jahr 2050. Denn grundsätzlich haben wir kein Erkenntnisproblem, das verkehrsplanerische Untersuchungen rechtfertigen würde, sondern einzig und allein ein konkretes Umsetzungsproblem.

    Viele Grüße und herzlichen Dank dafür, dass du uns auf dem Laufenden hältst.

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    1. Das wird automatisch so passieren, denn die Hauptradrouten stellen ja schon eine Art Machbarkeitsstudie dar. Allerdings gelten für Schnellwege andere Kriterien, sie müssen deutlich bequemer und schneller sein als unsere Hauptradrouten. So viele Möglichkeiten gibt es ja auch tatsächlich nicht, das werden die beim Abradeln auch merken. Stuttgart ist eng und steil und hat ja nur wenige Straßen, die in den Kessel hinunter führen. Ich bin gespannt, ob Beispielsweise die Neue Weinsteige in den Fokus gerät, denn von Degerloch (Leinfelden-Echterdingen, Möhringen) ist das eine naheliegende Route, ebenso, wie man auf die Idee kommen könnte, die Karl-Kloß-Straße (die am Waldfriedhof vorbei führt), in eine reine Fahrradstraße umzuwandeln (hat ja eine gemäßigte Steigung). Auf solche Ergebnisse bin ich gespannt. Ob sie kommen.

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    2. Die neue Weinsteige fände ich auch total naheliegend. Ich bin da diese Woche mit dem Lastenrad rauf und runter gefahren, das geht jetzt trotz Autoverkehr schon recht gut. Spuren hat's auch genug, da könnte man gut was abzwacken für die Radelnden. Und der Ausblick ist natürlich traumhaft.

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    3. @Anonymus JA mit LAstenrad hast du viel weniger Bedrängnis. Fahr mal mit dem normalen Fahrrad die Weinsteige hoch, da wirst du weggemobbt. Spur abzwacken klingt genauso traumhaft wie die Aussicht :)

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  2. Neuer Anlauf, altes Ziel: Umverteilung von Verkehrsraum. An Planungen und Machbarkeitsstudien ist kein Mangel, und wenn diese Planungen schließlich öffentlich werden passiert das selbe wie immer: großer Aufschrei in den Printmedien, Politiker die es nicht umsetzen. Wir sind eine Stadt, in der die einzige Hauptradroute ein Stück weit einem Einkaufszentrum geopfert wird, durch einen Park verläuft, und eine Fahrradstraße dem Autoverkehr geöffnet wird. Aber heute ist ja wieder Mal critical mass, und Tausende Radfahrende zeigen Flagge. Ohne dass die Printmedien oder die Politik davon nennenswert Notiz nimmt.

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    1. die paar hundert personen sind eben nicht wichtig genug um etwas zu bewirken. weshalb sollte die presse grossartig notiz davon nehmen? fast jede kirbe in den vororten/stadtteilen oder jedes stadtteilfest bringt deutlich mehr leute auf die beine, von sportveranstaltungen soll erst gar nicht die rede sein. weshalb wohl? das ist vergleichbar mit diesen eigenartigen montagsdemos. über die berichtet die presse gerade mal wenn ein jubiläum ansteht oder wenn wieder mal heftig randaliert und beschädigt wurde. klar denkt die mehrheit der radfahrenden dass ihr tun wichtig ist und sie die "besseren" und/oder die "guten" sind. die sehr deutlich überwiegende mehrheit jedoch sieht das vollkommen divergent.

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    2. Es hängt halt alles doch auch immer davon ab, welche Mehrheiten die Stuttgarter/innen , in den Gemeinderat wählen. Es ist ja klar, dass es eine starke und zuverlässige Mehrheit derer braucht, die das Radfahren fördern wollen. Machbar wäre so vieles, wenn es der Gemeinderat beschlösse. Und da können alle was dazu tun, auch mit Briefen an die Gemeinde/rätinnen.

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    3. @siggi1992: ein paar tausend, wenn schon dann richtig. Ich kenne keine andere Bewegung, die regelmäßig derart viele Menschen auf Stuttgarts Straßen bringt, die Montagsdemos sind ebenfalls abgeklungen.

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    4. Zwar ist die CDU stärkste Fraktion im Gemeinderat in Stuttgart, aber die Grünen und SPD stehen dem Gegenüber ja auch nicht schlecht dar und es scheint nichts zu bringen, denn egal wer da die Mehrheit hat, Stuttgart wird immer eine Autostadt bleiben, kein Politiker der Welt, egal welcher Partei wird sich je trauen gegen den Autoverkehr zu schießen. Radschnellwege wird es in Stuttgart nie geben, jedenfalls keine brauchbaren.

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  3. Gibt es bei euch eine vernünftige Reisezeitanalyse in der Planungsphase?
    Wenn nein, warum nicht?
    Eigentlich sind ja erst dann überhaupt Erreichbarkeitsradien/flächen bestimmbar. Im ÖPV und beim MIV längst Standard, beim Fahrrad dagegen wird in D gelegentlich immer noch gemauert, und die Planungsbüros werden gar nicht erst mit einer Analyse der Reisezeit/Reisezeitgewinne/Erreichbarkeitsradien beauftragt, weils ja eh nur um Radverkehr geht.
    Idealerweise lässt sich das für verschiedene Fahrgeschwindigkeiten (z.B: T25-Pedelec) sehr übersichtlich als Karte mit Isolinien oder Farbverläufen darstellen.
    In NL wird die Reisezeitanalyse bei RSW einbezogen, in Kopenhagen ist Rad-Reisezeitverbesserung von 1% pro Jahr in der Verkehrsentwicklungsplanung festgeschrieben.
    Selbst bei kleineren Projekten finden sich gelegentlich Schilder wie: "Diese Fahrradbrücke kostet xx-Mio. und verkürzt die Reisezeit nach xy um 3 Minuten". Schnellere Asphaltsorten werden entwickelt, um die gewünschten Erreichbarkeitsradien realisieren zu können.

    " an so mancher kurzatmigen Ampelfolge, die die Autofahrer brauchen, wird dann wieder vieles unmöglich erscheinen, (...) "
    Gerade wenn es um die Akzeptanz von Massnahmen geht, die endlich auch mal an die 'Pfründe' der MIV Vorherrschaft gehen (MIV-Verkehrsqualität herabsetzen) können Reisezeit-Visualisierungen durchaus eine Hilfe bei der Vermittlung sein (Bürgerbeteiligung, Ratsbeschlüsse, etc.).
    Wie sowas in etwa aussehen kann lässt sich z.B. hier (für den ÖPV) sehen.
    https://hpi.de/fileadmin/user_upload/fachgebiete/doellner/publications/2010/GKD10/KartographischeNachrichten.pdf

    Interessant wäre auch eine Berechnung der Kapazitäten, wobei, im Ggs. zum Autoverkehr, berücksichtigt werden muss, dass auch zu Stoßzeiten im Pendelverkehr bei gleichzeitigem Gegenverkehr überholt werden können muss/soll. Bremsen und Wiederbeschleunigen erhöht beim MIV hauptsächlich den Spritverbrauch, beim Radfahren wird direkt der Erreichbarkeitsradius geschrumpft.

    Alfons Krückmann

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  4. Es wird doch gerade der Radschnellweg zwischen Böblingen und S-Vaihingen begonnen/ auf den Weg gebracht. Gell, das ist doch richtig?
    Nun denn, ist auch bekannt, dass die Anbindung an ebendiesen Radschnellweg mehr schlecht als recht ist?

    Siehe dazu den Antrag "Anbindung von Radschnellwegen des Landes auf der Stuttgarter Gemarkung sicherstellen – Beispiel: mangelnde Anbindung des Radschnellwegs auf der "Panzerstraße" in S-Vaihingen" als AntragsNr. Nr. 276/2018 dem Stuttgarter Gemeinderat vorgelegt anno 18.09.2018

    Sollte die Stadt bzw. Land ernsthaft erwägen Radschnellwege zu bauen, dann sollten diese Wege aus Radlersicht von Radlern konzeptioniert werden und nicht von Autofahrern, die mal so eben mit einem Rad die Strecke begutachten, ob die Wegeführung geeignet erscheint!

    Was dann dabei herauskommen könnte, würde man so verfahren, lässt sich an diesem Video erahnen: https://dms.licdn.com/playback/C5605AQElvR6g1DH57Q/d75c9d3f9c1b459abef9ae17e27128b8/feedshare-mp4_3300-captions-thumbnails/1507940147251-drlcss?e=1539201600&v=beta&t=k_l4o7Ln1lx5qk1KwtaNlONE92bqMEBRYZvooT-0bI0

    Doch ich glaube, dass hier dann schnell davon geredet wird, für solch weitreichende Planungen weder Geld noch Grips zu haben.

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