3. Juni 2025

Das ist in Stuttgart ein autofreies Viertel

Im Neckarpark in Cannstatt werden emsig Häuser hochgezogen. Vieles ist schon fertig. Die Straßen sind weitestgehend autofrei geplant, Autos sollen hier nicht abgestellt werden. Es gibt Quartiersgaragen.  

Die Realität sieht krass anders aus. Die Wege hinter den Neubauten an der Ecke Daimler-/Mercedesstraße beim neuen Sportbad, sind als Fußgängerzonen angelegt. Doch wenn Stuttgart etwas autofrei plant und anlegt, dann sieht das so aus: alle Gehwegränder sind zugeparkt. Heck an Kühler stehen die Autos doppelseitig auf 260 Metern Länge im Bertha-Thalheimer-Weg am Veielbrunnenpark. Poller sollen die Einfahrt von der Daimlerstraße aus verhindern, allerdings kann man sie rechts über den breiten Gehweg umfahren. Ob das die "Einfahrt" ist, die all die hier genutzt haben, weiß ich allerdings nicht. 

Der Durchgangsweg vom Bertha-Talheimer-Weg zur Leonore-Volz-Straße ist so zugeparkt (Foto rechts), dass Menschen mit Kinderwagen da kaum noch durchkommen. Die E-Scooter tuen ein Übrigens, um den Gehweg zu verengen. Und Menschen zu Fuß gibt es hier durchaus, auch wenn es noch nicht viele sind.  

Auch der Sophia-Linch-Weg ist zugestellt, auf beiden Seiten der Poller, die die Einfahrt verhindern sollen (siehe auf dem Dreierbild das Foto oben).

Überall wurde bereits abgepollert, aber irgendeinen Zugangsweg haben die Autofahrenden sich ausgeklügelt. All diese Autofahrenden, die ihre Autos hier abgestellt haben, sind an einem Schild vorbei gefahren, das die Anlage als Fußgängerzone mit Freigabe für den Radverkehr ausweist. Hier darf mit Autos weder gefahren noch geparkt werden. Offenbar hat sich da ein massenhafter Verkehrsverstoß eingeschlichen, der nicht geahndet wird. Augenscheinlich scheint sich keine Verkehrsüberwachung darum zu kümmern. 

Ich finde das so unfassbar, dass ich es nicht unerwähnt lassen kann, auch wenn es nicht direkt etwas mit dem Radfahren zu tun hat. Abgesehen davon, dass vom ruhenden Autoverkehr eine nicht unerhebliche Gefahr für den Radverkehr (und Fußverkehr) ausgeht, nämlich dann, wenn die Autofahrenden Autotüren öffnen, ein- und ausparken, rangieren und wenden. 

Falschparken in Fußgängerzonen ist in Stuttgart eine üble Angwohnheit. So stehen etwa hinterm Rathaus an den Wochenenden abends Dutzende von Autos. Tagsüber natürlich auch, aber umso mehr, desto weniger deren Fahrer mit Kontrollen rechnen. Und selbstverständlich fahren die da irgendwo am Fußgängerzonenschild vorbei rein und kurven dann auch rund ums Parkhaus. Die Verkehrsüberwachung kommt nicht mehr hinterher, und es fehlt die Entschlossenheit in der Stadt, diesem Treiben wirklich Einhalt zu gebieten. Die Abschleppunternehmen reichen nicht, um hier regelmäßig in großem Stil abzuschleppen. Wahrscheinlich geht es praktisch nur mit einer rigorosen Abpollerung. Lieferanten müssen dann halt von der Nadlerstraße aus mit Sackkarren zulieern. Von den Posern, die ihre Autos im Parkverbot auf den Fahrbahnenabstellen, reden wir da noch gar nicht, aber die Stuttgarter Zeitung hat es getan. Und auch hier wird es nicht ohne Umbauten gehen. 

12 Kommentare:

  1. Ich kann Dir nur beipflichten. Alles ist und wird Parkplatz. Schilder werden konsequent ignoriert. Anordnungen können quasi nur noch mit "Hardware" umgesetzt werden. Unsere Gesellschaft wird immer egoistischer und ignoranter. Eigentlich helfen da nur noch drastische Maßnahmen, aber dazu fehlt vor allem der (politische) Wille das anzugehen.
    Karin

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    1. Der poliische Wille müsste doch viel viel früher und tiefer ansetzen. Wir sind inzwischen bei 50 Millionen - in Worten fünfzig Millionen- PKWs in Deutschland angelangt. Und jeden Tag werden es mehr. Als ich Kind war vor 40 Jahren, hatten nur ein paar Leute in der Straße ein Auto, heute ist dort alles restlos voll!
      Ein politischer Wille, der den Wahnsinn dieser Entwicklung nicht einmal im Ansatz erkennen will, der will und kann doch natürlich auch die Konsequenzen davon nicht ernsthaft bekämpfen.

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  2. Möge die Landeshauptstadt die Möglichkeiten der digitalen Parkraumüberwachung mit Scan-Cars nutzen, die im Landesmobilitätsgesetz angeboten wird. So könnte das Personal entlastet und die Kontrolldichte deitlich erhöht werden. Leider verweigert Stuttgart unter OB Nopper sogar die Mitwirkung beim entsprechenden Pilotversuch auf dem Hohenheimer Campus.

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  3. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Stadt Stuttgart ein Problem mit diesen absolut dreisten Querfeldein-Parkern hat.

    Bin schon oft bei Events im Neckarpark dort vorbeigekommen und habe nicht ein einziges Mal einen Zettel hinter dem Scheibenwischer eines Fahrzeugs gesehen. Teilweise werden ja sogar Rettungswege und Feuerwehrflächen zugeparkt, aber die Stadt interessiert sich eher dafür bewirtschafteten Parkraum zu kontrollieren.

    Gab zu dem Thema ja auch schon Artikel in der Stz, wonach sich die Stadt oftmals genötigt fühlt etwas zu unternehmen oder das Problem zumindest oberflächlich zu beheben. In diesem Fall ist aber nichts passiert.

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  4. Die Privaten können so etwas in jedem Fall besser. Also: Die Überwachung des ruhenden Verkehrs einfach privatisieren. Die Einnahmen und Bußgelder gehen an den Dienstleister (der sinnvollerweise auch ein paar Abschleppfahrzeuge hat). Ich würde auch gleich eine Firma gründen ("Safer-Streets" oder so) und mich um den Auftrag bewerben.
    Thomas

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  5. Solange Falschparken nur mir 10 Euro geahndet wird, wird kein Autofahrer einsichtig werden.

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  6. ... ist wie bei kleinen Kindern, wenn das mal eine Weile geduldet wird, dann versteht keiner mehr wenn man dann anfängt das doch zu ahnden.
    Die Bilder sind krass, denn die Flächen hätten durchaus potential für eine hohe Aufenthaltsqualität, aber eben nicht mit den Autos die da rum stehen.
    Ich wette viele derer, die ihr Auto da abstellen lästern über Radfahrer die mit viel zu hoher Geschwindigkeit viel zu nahe an Fußgängern vorbeifahren, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wieso denn der Platz für großzügigen Abstand nicht reicht.

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  7. Auch dieses Problem gibt es in Düsseldor genau so. Ich liebe deinen Blog weil er IMMER ins Schwarze trifft. Vielen Dank und mach bitte weiter!

    Fußgängerzone z.B.
    Harkortstraße 12, 40210 Düsseldorf
    https://www.google.de/maps/place/Elterninitiative+Die+sieben+Zwerge+e.V.+Kindertagesst%C3%A4tte/@51.2191772,6.7907411,111m/data=!3m1!1e3!4m6!3m5!1s0x47b8ca30c05f8215:0x8fc849a638834ad1!8m2!3d51.2192217!4d6.7905512!16s%2Fg%2F1tgn_x0z?hl=de&entry=ttu&g_ep=EgoyMDI1MDYwMS4wIKXMDSoASAFQAw%3D%3D

    Es fehlt die korrekte Beschilderung vor Ort.

    Besonders absurd, die Verwaltung behauptet eine Begrünung einer als Parkplatz missbrauchten Fläche, die mit Folie abgedeckt wurde (wegen "Unkraut") und dann mit Rindenmulch bedeckt wurde, soll nicht bepflanzt werden, weil Junkies da Drogen verstecken könnten. Kann man auf und in Autos natürlich nicht, oder unter der Folie die durch das illegale befahren mit Fahrzeugen entsprechend aussieht.

    Wichti: Verkehrsberuhigte Bereiche sind auch grundsätzlch Autofrei!
    Nur in besonders gekennzeichneten Bereichen darf geparkt werden, gibt es keine Kennzeichnungen darf NICHT geparkt werden. Leider sind die Strafen lächerlich billig.

    Das Mannesmannufer und das Rathausufer sind in Düsseldorf ständig zugepakrt, dabei ist das die Visitenkarte der Stadt und des Tourismus. Der Radweg wird häufig wegen Veranstaltungen gesperrt, aber Parken geht immer. Absurdistan Düsseldorf unter CDU OB Dr. Keller und einer Grünen Steigbügelpartei, die die Koalition besser längst hätte sprengen lassen.

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    1. Danke, Jan-Philip. Alles ist Parkplatz all überall. Die Geister, die wir riefen, kriegen wir nun nicht mehr weg. Aber der OB macht nicht die Politik, sondern der Gemeinderat. Vermutlich ist das auch so in Düsseldorf. In Stuttgart gibt es ja keine Koalitionen im Gemeinderat, aber eine etwas wacklige grün-sozial-linke Mehrheit. Die Umfall-Partei ist bei uns eine andere. Daran, dass ich sie nicht nenne, siehst du, dass es mir lieber ist, wenn wir hier so wenig wie möglich Parteien anprangern. Politik ist kompliziert und spiegelt halt auch immer unsere Gesellschaft wider. Sie wird ja von uns gewählt.

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    2. Ich wurde schon ganz gerne Parteine anprangern. Nämlich diejenigen, die am aktuellen neoliberal-kapitalistischen System eigentlich nichts ändern wollen. Und somit auch nichts am Verkehrssystem.
      Das sind große Teile des politischen Spektrums.

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    3. Ich weiß, das tut man gerne, und für mich ist es absolut okay, Parteien in einem sachlichen Beitrag zu nennen, ohne sie herabzuwürdigen, also mit einem negativen Schlagwort ins Aus zu katapultieren. Und natürlich ist jeder Radfahrblog auch politisch, geht ja gar nicht anders. Ich finde nur, dass Parteien-Bashing (also mit negativen Attributen versehen) unnötig aufregt und die Debatte entsachlicht. Sachlichkeit ist mir sehr wichtig, denn sie ist das Einzige, was wir haben in diesen irren Zeiten.

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  8. Da ich mit der dortigen Umgebung und der dazugehörigen Bebauungshistorie vertraut bin, kann ich die ganze Aufregung über die Parksituation nicht nachvollziehen.
    Ich selber wohne nicht all zu weit von diesem entfernt, komme mal mehr mal weniger , -übrigens nur mit ebike dorthinn,- wenn ich in das zugegebenermasen schöne Sportbad betrete.
    Warum ich das so sehe: Dieses seelenlos hingeworfene Quartier hat doch nicht gehalten, was versprochen wurde.Und was wollte man in der Planungsphase da hineinpacken: Klimagerecht; gemeinsames,auch soziales Wohnen, Begrünung etc.p.p.
    Was ist daraus geworden? Seelenlose Investorbauweise mit grünem Touch, teure
    Apartmentblöcke, der dringend gebrauchte soziale Wohnungsbau: ein Witz.Selbst eine bekannte Wohnbaugenossenschaft mit großer Tradition winkte ab. Und das weiß ich aus erster Hand. Und das bei der derzeitigen demographischen Entwicklung.
    Und immer genannte Aufenthaltsqualität? Hab ich da was übersehen? Vor dem ehem. Zollamt nur eine Asphaltfläche, Keine Gebäuden mit Arkadden, kaum Bepflanzung und das in einem Gebiet mit hoher Sonneneinstrahlung . Da ist das Kulturwerk mit seinen
    paar Gemüsekästen: ein schlechter Witz.
    Fazit: Mir als Radfahrer ist es ziemlich wurscht, wo die Autos parken.Die kommen mir fast schon wie Stadtmöbelierungvor.Und vor dem Stadtbad ist genügend Platz für mein Fahrrad.
    Andreas

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