Immer, wenn Geld für den Radverkehr ausgegeben wird, regt sich medial verbreitete Kritik. Es scheint immer zu teuer.
Neuester Presseaufreger: In Saarbrücken sollen zwei Radparkhaustürme gebaut werden, ausgestattet mit automatischen Verstausystemen. Man stellt das Rad unten in eine Kabine und es wird automatisch eingelagert. Die Gebäude sollen mit Holz verschalt werden und sich in die Umgebung einpassen. 3,5 Millionen Euro sollen für 144 Radparkplätze ausgegeben werden. Das sind dann, wie man schnell ausgerechnet hat, 24.000 Euro pro Radabstellplatz. Für ein Auto kostet ein Stellplatz in einer Tiefgarage oder einem Parkhaus zwischen 15.000 und 45.000 Euro, je nachdem wie technisch aufwendig das Parkhaus ist. Platzsparend automatisch eingelagert wird da kein Auto mehr. Mein Vater hat Anfang der 60er Jahre in Hamburg seinen VW Käfer noch in einem Parkhaus untergebracht, wo das Auto per Lift in die entsprechende Etage gebracht wurde. Die Investitionen, die damals in die Zukunftsmoblität dieser Zeit und deren Wegebahnung und Unterbringung in den Innenstädten getätigt wurden, müssen unverhältnismäßig hoch gewesen sein. Und Autoparkhäuser (Foto weiter unten) haben sich selten schön in die Stadtarchitektur eingefügt und nehmen bis heute viel Platz weg. Fürs Auto scheint nichts zu teuer.
Man könnte in Saarbrücken vermutlich auch ein einfacheres Radparkhaus ohne technischen Schnickschnack aus Sichtbeton mit Einfahrtrampen und Gängen bauen. Das würde aber deutlich mehr Platz erfordern. Dass Leute ihre Autos in Häusern an Bahnhöfen und in der Innenstadt abstellen können, finden wir normal. Dass Radfahrende ihre Räder, deren Sättel und Bremsen dem Regen ausgesetzt sind, in Häusern an Bahnhöfen, an Universitäten, bei Theatern und Museen und an Zielen in der Innenstadt fahren und dort sicher für Stunden abstellen können müssen, erscheint uns irgendwie unangemessen luxuriös.
Natürlich geht es auch billig, aber Geld kostet es halt immer. Das Fahrradparkhaus am Bahnhof Karlsruhe hat 2018 710.000 Euro gekostet und bietet gut 600 Fahrrädern einen Stellplatz. Es wird privat betrieben und wurde auch von privaten Spenden finanziert. Und es wird rege genutzt. Man fährt mit dem Rad unter die Gleise und steigt direkt zu den Gleisen hoch. Es gibt Umkleideräume mit Schließfächern. Ein Tag Abstellen kostet 1 Euro, ein Monatsticket 8.50 Euro. Dem baden-württembergischen Rechnungshof waren 2004 ähnliche Pläne aber auch bereits viel zu teuer. Er verwies auf die draußen gelegenen Radparkplätze, die es schon gebe. Die sind übrigens immer voll. Ravensburg hat ein automatisiertes Fahrradparkhaus am Bahnhof für 120 Räder. Für das Radhaus hat die Stadt eine halbe Million Euro ausgegeben. Die CDU hatte übrigens den Bau beantragt. Und es ist voll ausgelastet, eigentlich längst schon zu klein. Das Foto habe ich 2017 gemacht, als der Bike-Turm nur auf dem Transparent sichtbar war. Seit 2019 steht er. Die unmittelbare Nähe zum Bahnhof und zu den Bahnsteigen ist vermutlich ein Pluspunkt und steigert die Akzeptanz.Das Fahrradparkhaus in Ludwigsburg am Bahnhof hat 3,85 Millionen Euro gekostet. Es bietet 700 Fahrrädern Platz, Ladestationen für Pedelecs, eine Radwaschanlage und eine Werkstatt, die aber noch nicht in Betrieb ist. Allerdings liegt es hundert Meter vom Bahnhof entfernt. Tickets muss man online anmelden. Ein Tag kostet 1 Euro, für einen Monat zahlt man 15 Euro. Wer in ÖPNV-Abbo hat, kann das Fahrrad kostenlos parken.
Eigentlich gehören reichlich wettergeschützte Radabstellanlagen und Radparkhäsuer an jeden Bahnhof. Sonst sieht es so aus wie beispielsweise am Bahnhof Obertürkheim: die Räder überall an verfügbaren Geländern angekettet. Und den Zugreisenden, die ihr Fahrrad mal für ein paar Tage oder übers Wochenende am Bahnhof stehen lassen wollen, sind Radgaragen oftmals ganz willkommen.Radparkhäuser an Zielen, wo Leute ihre Räder lange stehen lassen, sind eine Investition in die Zukunft, in der wir in unseren Städten mit weniger großen, breiten, schnellen und energiehungrigen Autos auskommen wollen und müssen. Das wollen viele nicht, die nur Auto fahren, aber es wollen eben viele, die lieber Fahrrad als Auto fahren würden oder es bereits tun. Vor allem in dicht bebauten Wohngegenden braucht es diebstahlsichere und wettergeschützte Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, die nicht in einen Keller getragen werden können. Denn Mobilität beginnt vor der eigenen Haustür. Solange es leichter ist, das Auto am Straßenrand abzustellen, als einen diebstahlsicheren und trockenen Platz fürs Fahrrad zu finden, fahren die Leute Auto, statt Fahrrad.
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| Autoparkhaus, Heilbronner Str. |
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| Radparkhaus und Radstation Möhringen |
Mit dem Radparkhaus am Stuttgart-Möhringer Bahnhof gab es ebenfalls Probleme. Obgleich an einer der Türen "Neue Arbeit" steht, hatte sich zunächst keine Betreiber gefunden. Bis vor ein paar Tagen war es noch gänzlich leer und ungenutzt. Aber mittlerweile führt "Stuttgart fährt Rad" es in der Liste als Radparkhaus mit gut 400 Plätzen. Registrierung und Buchungen gehen wie bei allen Stuttgarter Radparkhäusern über die Seite Bike-and-Park. Außerdem sind sie mit der Polygo-Karte nutzbar.
Ein bisschen Zeit muss man neuen Radgaragen allerdings auch geben. Sie sind nicht gleich voll, kaum stehen sie. Dass die Fahrradboxen unter der Paulinenbrücke in Stuttgart so gut wie gar nicht genutzt werden, ist allerdings auch nicht weiter verwunderlich. Die Ecke ist finster und in einer Einkaufsgegend lässt man Räder ohnehin nicht lange stehen. Tatsächlich wurden die Radboxen von der Stadt damals als Schauobjekte aufgestellt. Aber auch am Hauptbahnhof sind die Boxen nicht rammelvoll. Ich habe den Eindruck, dass das auch damit zusammenhängt, dass Radfahrende - so wie früher Autofahrende - meinen, das Abstellen ihrer Göppel müsse auf jeden Fall kostenlos sein. In Stuttgart kostet wie fast überall das Abstellen eines Rades in einer der Fahrradboxen 1 Euro pro Tag (90 Euro im Jahr). Nicht eben viel. Aber die Frage ist auch grundsätzlich, wie leicht oder umständlich ist es für den einzelnen Radler oder die Radlerin, das Rad hineinzubekommen. Wie viele Apps braucht man und dann wie viele Klicks, und wie zuverlässig funktioniert das alles?
Fazit: Radparkhäuser funktionieren, wenn die Zugänge und Zufahrten stimmig sind, das Radparkhaus nahe am Hauptzielort (Bahnhof, Theater, Volksfest) liegt und es einen zuverlässigen Betreiber gibt. Die Buchung muss einfach sein und unbedingt funktionieren, und die Parkhaustechnik muss zuverlässig sein. Zu viel Automation scheint eher abzuschrecken.
Übrigens: Nein, Radfahrende müssen nicht endlich Fahrradsteuern zahlen, sie zahlen nämlich schon Steuern und subventionieren damit auch den Autoverkehr (samt Parkhäusern und Straßenrandparkplätzen), selbst, wenn sie gar kein Auto haben. Denn die KfZ-Steuern decken bei Weitem nicht das ab, was der Autoverkehr die Gesellschaft, also uns alle, kostet.





Ich würde für das sichere und trockene Abstellen meines Rades gerne Geld ausgeben. Unser (Mannheim) Fahrradparkhaus ist am Bahnhof. Zu weit weg, um sein Rad für einen Stadtbummel abzustellen. So muss ich mein Rad in zu enge Radbügel zwängen, mir den Platz mit diversen Roller- und Motorradtypen teilen oder an einem Verkehrsschild oder Baumschutzbügel anbinden.
AntwortenLöschenIch hatte der Stadt mal den Vorschlag gemacht, ob man nicht Radabstellplätze im Parkhaus vorsehen könnte, damit das Rad bei Regen trocken bleibt. Antwort: sei nicht vorgesehen und außerdem gäbe es ja das Fahrradparkhaus am Bahnhof. Im Umkreis der Innenstadt gibt es über 10 Parkhäuser, aber ums Rad trocken abzustellen muss ich einen Kilometer entfernt abstellen und dann laufen? Warum parken eigentlich nicht alle Innenstadtbesucher am Bahnhof? Da gibt es ein 5 stöckiges riesiges leeres Parkhaus. Ach ja, der Weg für Autofahrer ist ja zu weit zu Fuß in die Innenstadt. Ist doch irgendwie alles unlogisch. Merken eigentlich die Verantwortlichen nicht, was sie da von sich geben?
Ich bin für stadtnahe Fahrradparkhäuser. Wenn der Drahtesel sicher untergebracht ist, fahren sicher auch noch mehr Leute mit dem Rad. Es braucht einfach einen Umdenkungsprozess.
Und zum Thema Kosten. Es wird soviel Geld für Blödsinn ausgegeben, da ist ein Fahrradparkhaus sicherlich kein Blödsinn, wenn richtig und an der richtigen Stelle geplant.
Karin
Reptilienhirn gegen Großhirn. Man muss seine Verlustängste irgendwie rationalisieren, und tut das über Geld. Hält natürlich keine 10 Sekunden Überlegung stand, aber fürs Nachdenken werden Journalisten ja offenbar nicht bezahlt.
AntwortenLöschenIch war in Amsterdam und hab mir die Radabstellanlage beim Bahnhof angesehen. Die hat ca so viele Stellplätze wie alle Parkhäuser bei der Allianz Arena in München zusammen (9000) und ist innen hell und so gestaltet, dass man gerne rein geht, auch ohne Rad.
AntwortenLöschenWenn man unbedingt wollte könnte man dort sicher auf 12000 Stellplätze verdichten.
Klar Kostet auch Radinfrastruktur Geld, und die Türme sind weder spektakulär groß (Anzahl der Stellplätze) noch wirklich günstig. Man kann also durchaus fragen ob die Gestaltung so optimal ist.
Allerdings dürfte da auch gelten, dass Technik oft billiger als Fläche ist und unter dem Aspekt kann die Ausführung dann auch wieder das beste sein was alle Anforderungen erfüllt.
Der teure Grund ist auch warum es Parkhäuser mit Liften gab. Die Lifte sind nicht ausgestorben weil sie teuer waren (denn im Vergleich zu der Fläche die Rampen brauchen sind die billig) sondern weil die Kapazität einfach sehr gering ist, und wenn man Durchsatz braucht dann ist ein Fahrzeug in x Minuten einfach zu wenig.
D.h der Kostentreiber ist dann eine Anlage die so einen Durchsatz hat, dass man nicht länger auf sein Rad wartet als man mit dem Zug gefahren ist. denn aus dem Zug kommen ja immer mehrere Menschen gleichzeitig, Und wenn wenig Fläche zur VErfügugn steht und man auch hochwertige Räder sicher abstellen will ist so ein Hochregallager gar keine schlechte Idee.
Aber um das so zu sehen, müsste man eben akzeptieren, dass Radfahrer nicht nur zum Spaß rum fahren, und dass so ein Parkhaus den P&R Parkplatz massiv entlasten kann, denn da kann man auch das 3k€ Pedelec abstellen ohne dass man Angst haben muss dass es gestohlen oder beschädigt ist wenn man zurück kommt. Denn für weiter 140 KFZ dürfte in Bahnhofsnähe kein Platz sein.
Ein Parkhaus mit Lift habe ich in Barcelona mal benutzt. Um mein Auto fünf Tage lang abzustellen, in einer Stadt, wo man sein Auto an der Oberfläche nicht zentral parken kann. So war ich im absoluten Zentrum. Ich habe davon profitiert, dass ich kein riesen SUV habe und mein Fahrzeug in ein kleineres, günstigeres Fach geschoben werden konnte.
AntwortenLöschenBeim Abholen habe ich allerdings gute 10 Minuten gewartet, bis es wieder hochkam.