9. September 2025

Der Frauenanteil bei Verkehrsdelikten viel geringer

Falschparker auf dem Zebrastreifen
Der Straßenverkehr ist ein Kriminalitätsschwerpunkt, habe ich vor einem knappen Jahr geschrieben. Jede vierte bei Gericht verurteilte Straftat betrifft den Verkehr. Wie bei allen Straftaten gibt es auch bei Verkehrsdelikten  enorme Unterschiede zwischen Männern und Frauen. 

Das Kraftfahrtbundesamt listet jedes Jahr die "Verkehrsauffälligkeiten" auf und hat das auch für das Jahr 2024 getan. Demnach wurden 238.223 Straftaten registriert, darunter Alkoholverstöße (fast 78.000), Unfallflucht (ca. 33.000) oder Kraftfahrzeugrennen (1.912). Ordnungswidrigkeiten wurden 3,88 Millionen vermerkt, darunter Alkohol, Drogen, Radarwarngeräte, Rotlichtfahrten, Handynutzung.  (Übers Falschparken habe ich nichts gelesen.) Als häufigste Ordnungswidrigkeit der Männer werden Geschwindigkeitsübertretungen (1,8 Millonen) genannt. Auch bei den Frauen sind sie die häufigste Ordnungswidrigkeit (547,000), allerdings liegen sie bei nur knapp ein Drittel der der Männer. 

Ich habe keinen Zugang zu den Statistiken, die für das Jahr 2024 die Delikt-Häufigkeit nach Männern und Frauen im Straßenverkehr auflisten. Aber ZDF Info hat das in einem Insta-Video optisch hübsch aufbereitet. Demnach ist das Verhältnis von Männern zu Frauen bei 

  • keine Rettungsgasse bilden: 86,7 % (m) zu 13,3 % (w)
  • alkoholisiert fahren: 85,4  % zu 14,5 %
  • zu schnell fahren:  77,2 % zu 22,6 %
  • Handy am Steuer benutzen:  73,3 % zu 26,6 %
  • bei roter Ampel fahren:  67,0 % zu 32,2 %

Frauen sind im Auto immer noch eher unterrepräsentiert, allerdings nicht in dem Maß, wie es nach der Verkehrsdeliktverteilung aussieht. Knapp 80 Prozent der Frauen dürften einen Führerschein haben, bei den Männern waren es 2020 rund 85 Prozent. Daten, wieviel Prozent der Frauen und Männer tatsächlich regelmäßig Auto fahren, habe ich nicht gefunden.  Bekannt ist nur, dasss deutlich weniger Pkw auf Frauen zugelassen sind (38 % w zu 62 % m), aber das  könnte mit einer Zweitwagen-Ehe-Konstruktionen zusammenhängen. Das Auto als wichtigstes Verkehrsmittel nennen EU-weit 48 Prozent der Frauen und 61 Prozent der Männer. Männer fahren also immer noch öfter Auto und auch durchschnittlich weitere Strecken. Das Verhältnis von Männern und Frauen, die mit Pkws unterwegs sind, ist aber keinesfalls 77 zu 22 Prozent (wie beim Verkehrsdelikt zu schnell fahren). 

Schaut man sich die Unfallversursachung genauer an, zeigt sich, dass Pkw-Fahrerinnen zu 54 Prozent die Hauptschuld an einem Unfall trugen, Männer jedoch zu 59 Prozent. Auch waren die Unfälle, die von Fahrerinnen verursacht wurden, weniger folgenschwer. Frauen töten im Straßenverkehr nur halb so viele andere Menschen wie Männer und verletzten etwas weniger Menschen schwer als Männer. Das gilt übrigens auch für Lkw-Fahrerinnen. Einer britischen Studie (in diesem Blogpost beschrieben) zufolge kosten Männer am Steuer eines Pkw auf eine Milliarde gefahrene Kilometer 4 Menschen das Leben, bei Frauen sind es auf derselben Strecke 2. Ein Lkw-Fahrer ist auf einer Milliarde Kilometer für mehr als 17 Tote verantwortlich, eine Lkw-Fahrerin aber nur für zwischen 4 und 5. Es spricht also viel dafür, dass Frauen besser Auto fahren und auch im Straßenverkehr weniger kriminell unterwegs sind als Männer. 

Übrigens verunglücken auch viel mehr Männer im Straßenverkehr als Frauen, Männer mehrheitlich in Autos und auf Motorrädern und Fahrrädern, Frauen mehrheitlich als Beifahrerinnen und als Fußgängerinnen. Noch deutlicher ist der Unterschied bei den Todesfällen. 2020 starben je eine Million Einwohner:innen 16 Frauen, aber 50 Männer im Straßenverkehr. Diese und noch sehr viel mehr vergleichende Zahlen kann man in der Statistik für das Jahr 2020 nachlesen. 


8 Kommentare:

  1. Der 'deutsche Mann' scheint mittlerweile ein riesen Problem zu sein: Rückwärtsgewandter Neandertaler, Fett, Säufer, vergreift sich täglich an Kindern und Frauen und fährt daueraggressiv und rücksichtslos im Straßenverkehr. Hab ich was vergessen? Würden Testosteronhemmer helfen? Anja

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    1. Ganz so pauschal würde ich das nicht formulieren. Und um eine ernsthafte Antwort zu geben: Nein, Testosteronhemmer helfen eher nicht. Es ist eher das gesellschaftliche Klima, das das Verhalten von Geschlechtern definiert und Männern Gewalt zugesteht. Wir leben in einem Patriarchat, das die Spielregeln macht, und wir Frauen spielen da mit.

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  2. "Daten, wieviel Prozent der Frauen und Männer tatsächlich regelmäßig Auto fahren, habe ich nicht gefunden."
    Das ist der entscheidende Punkt, der sämtliche Schlüsse aus den übrigen Daten mehr als zweifelhaft aussehen lässt.

    Denn wenn man nicht weiß, wie viele Frauen bzw. Männer wirklich Auto fahren, sind sämtliche Prozentangaben für die Tonne.

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    1. Da ist ein ganzer Ansatz zu dem Thema.
      Ansonsten einfach mal 15 Minuten an die Straße stellen und zählen.

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    2. "Oft argumentieren Männer: «Logisch bauen Männer mehr Unfälle – Frauen fahren ja weniger.» Falsch! Studien belegen, dass pro Kopf heute kaum noch Unterschiede in der Kilometerleistung bestehen – maximal im einstelligen Prozentbereich. Und es haben auch nicht deutlich weniger Frauen einen Führerausweis: Im Jahr 2022 waren knapp 2,9 Millionen Frauen im Besitz einer Fahrerlaubnis gegenüber 3,3 Millionen Männer. Das entspricht einem Verhältnis von 47 zu 53 Prozent – weit weg also vom Frauen-Männer-Unfallverhältnis 25 zu 75 Prozent."

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    3. Der Hinweis auf die fehlenden Daten zur tatsächlichen Fahrleistung von Frauen und Männern trifft für mich einen zentralen Punkt. Ohne diese Basis lässt sich nur schwer seriös beurteilen, ob Männer im Straßenverkehr tatsächlich „riskanter“ sind – oder ob sie einfach nur häufiger fahren.
      Interessant ist, dass die Führerscheinquote offenbar bei etwa 47 % Frauen zu 53 % Männern liegt, und es angeblich nur noch geringe Unterschiede bei der durchschnittlichen Kilometerleistung gibt. Falls das zutrifft – was ich gerne noch genauer belegt sähe – relativiert das zumindest teilweise das Argument, Männer seien allein wegen ihrer Fahrhäufigkeit statistisch prominenter bei Unfällen vertreten. Dennoch wirken viele der präsentierten Prozentwerte im Artikel eher suggestiv als belastbar. Ohne klare Bezugsgrößen bleibt das Bild unscharf.
      Auch bei der Überschrift frage ich mich, ob sie bewusst so formuliert wurde. Sie ist zwar formal korrekt, hinterlässt aber den Eindruck, dass hier ein bestimmtes Narrativ gestützt werden soll, statt eine nüchterne Analyse zu liefern.
      Was die Idee betrifft, sich einfach mal 15 Minuten an die Straße zu stellen: Das mag für einen Eindruck genügen, ersetzt aber keine belastbare Datenlage.
      Trotzdem finde ich es wichtig, über geschlechterspezifische Aspekte im Verkehr zu sprechen – aber bitte mit einer gewissen methodischen Sorgfalt.

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  3. Es ist leider so, wir Männer tendieren mehr zur Selbstüberschätzung und damit zu Verhalten das statistisch gesehen in nicht beherrschbaren Situationen resultiert. Leider wird das vor Gericht dann oft auch bagatellisiert und führt dazu dass Fahrmanöver die nur durch Glück nicht zu einem Unfall führen, nicht als das geahndet werden was sie sind "vorsätzliche Gefährdung"
    Und das ist für mich ein Grund, warum das Verhalten bleibt wie es ist, denn die Unfälle der anderen sind ja wegen derer Unfähigkeit passiert. Die Tatsache dass man selber bisher nur Glück hatte ist vielen, mir auch, nicht immer bewusst. Und solange es gesellschaftlich akzeptiert wird sich im Straßenverkehr so zu verhalten dass andere richtig reagieren müssen um Unfälle zu vermeiden. Diese Einstellung führt dann auch dazu, dass wenn mal kontrolliert wird schnell von Abzocke gesprochen wird, denn die Gefährlichkeit des Verhaltens wird ausgeblendet, und sei es nur, weil man selbst ja überdurschnittlich gut Auto fährt und daher nicht an die Beschränkungen gebunden ist, die für die weniger guten Autofahrer gemacht wurden.
    Diese Selbstüberschätzung, und der Glaube, dass man mit konsequent riskantem Fahrverhalten irgendjemanden beeindrucken zu können ist wohl auf dem Y Chromosom codiert. So ein bisschen Gockel steckt in den meisten Männern und nicht alle sind reflektiert genug das nicht auf den Fahrstil abfärben zu lassen.
    Ich bin einer der Männer, der hoffentlich aus selbstverschuldeten, knappen Situationen genug gelernt hat.

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    1. Danke für diese Überlegungen. Übrigens habe ich in der Zeitung einen Betrag über einen Fahrlehrer gelesen, der die anwesenden Frauen fragt, ob sie gern bei einem jungen Mann im Auto sitzen, der rast und riskante Manöver fährt. Die Frauen sagen Nein. Es beeindruckt sie nicht und es ist ihnen unangenehm. Der Fahrlehrer sagte dann zu den jungen Männern: "Hören Sie auf die Frauen!" Die meisten Frauen sind wirklich nicht beeindruckt von einem Mann der "gockelt". Aber ich vermute, das ist ein Verhalten, mit dem ein Mann einen anderen beeindrucken will. Und ich denke, viel davon ist auch einfach soziale Tradition und tradiertes Selbstbild, nicht unbedingt nur dem Y-Chromosom geschuldet.

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