Solche Radwege gehören zu den gefährlichsten Wegen für Radfahrende. Der Radweg ist durch einen Grünstreifen von der Fahrbahn getrennt. Autofahrende können nach rechts einbiegen.
Der Kurvenradius - hier an der Heilbronner Straße bergauf - ist so weit, dass Autofahrende vor dem Abbiegen kaum abbremsen müssen. Sie können praktisch mit Tempo 40 in die Seitenstraße reinschießen.
Radfahrende haben hier Vorrang, weil sie geradeaus fahren. Auf dem Asphalt ist ein Radstreifen aufgemalt. Aber auch wenn er rot markiert wäre, für Autofahrende macht das keinen großen Unterschied. Wenn sie nicht auf Radfahrende achten wollen, dann sehen sie sie nicht. Nur wenige Autofahrende nehmen uns Radler:innen im Seitenraum (also auf dem Gehweg) wahr, für sie kommen wir unvermittelt, wenn sie abbiegen, wie aus dem nichts. Sie haben uns vorher nicht gesehen, und wir sind schneller auf der Fahrbahn als Fußgänger:innen. 20 Prozent aller Zusammenstöße mit einem Fahrrad haben mit falschem Abbiegen der Autofahrenden zu tun. Ungefähr 10.000 Menschen werden jedes Jahr verletzt, weil Autofahrende ohne zu gucken abbiegen, ungefähr 140 Radfahrende oder Fußgänger:innen werden dabei getötet, wobei zu 90 Prozent Radfahrende die Opfer sind. Es empfiehlt sich also, dass wir Radfahrende uns vergewissern, ob da ein Auto kommt, dessen Fahrer oder Fahrerin womöglich - auch ohne zu blinken - abbiegen will. Ein solcher Zusammenstoß (Autofahrer wollte über den Radfahrestreifen auf ein Grundstück einbiegen) hat sich am vergangenen Dienstag auf der Waiblinger Straße ereignet. In Leinfelden-Echterdingen gab es Anfang des Monats einen ähnlichen Zusammenstoß. Es passiert also oft.
Dennoch: Nach links scheinen nur knapp 30 Prozent der Radfahrenden zu schauen.
Die meisten scheinen sich darauf zu verlassen, dass Autofahrende die Regeln kennen und beachten, oder sie verlassen sich auf ihr Glück, denn meistens geht es ja gut.Der Radler oben auf dem Foto hat sich auch nicht nach links umgeschaut. Wenn in diesem Moment ein Auto zu schnell einbiegt, dann wird er angefahren. Eine Studie, die sich mit der Frage beschäftigt, wohin Radfahrende gucken und über die ich schon berichtet habe, hat bei der Bobachtung eines solchen Knotenpunkts festgestellt, dass nur bei 28 Prozent der Radfahrenden, eine Kopfbewegung sichtbar war, die darauf hindeutet, dass der Radler sich nach herankommenden und eventuelle einbiegenden Autos umgeschaut hat. Unmittelbar nach kritischen Begegnungen (Auto ist eingebogen) hat man Radfahrende befragt. Nur die Hälfte berichtete, dass sie das gleichzeitig abbiegende Fahrzeuge wahrgenommen hätten. Ob das auch mit Nicht-Erinnern zu tun hat, ist im Nachhinein nicht feststellbar, scheint mir aber nicht wahrscheinlich, so unmittelbar nach dem Ereignis.
Ich halte es für nützlich, wenn wir uns auf Radwegen wirklich nach hinten umschauen, bevor wir über Einmündungen drüber radeln. Es tut nämlich höllisch weh, wenn ein Autofahrer uns auf den Kühler nimmt. Und Lastwagen töten. Das ist auch der Grund, warum ich nicht sonderlich gern Radwege radle. Sie sind gefährlich für mich, immer dort, wo der Autoverkehr sie kreuzen kann. Eigentlich muss man die Kurvenradien sehr viel enger machen, damit Autofahrende wirklich abbremsen müssen, bevor sie einbiegen. Und der Radstreifen muss eine Autolänge von der Ecke entfernt liegen. Aber Stellen, wo sich der Autoverkehr und der Radverkehr kreuzen, blieben immer gefährlich. Entscheidend ist, dass die Infrastruktur dafür sorgt, dass der Autoverkehr dort sehr langsam ist.
Jörg
AntwortenLöschenDie Gemeinheit der gezeigten Stelle ist, dass die Autos ansatzlos abbiegen können. Das heißt bevor das Autofahry ohne Blinken rüber zieht kann ich nichts ungewöhnliches erkennen. Bei Tempo 40 fährt man 11 m/s. Ein Schelm kann sagen gucken hilft da nicht, da hilft nur hoffen.
Gucken ist einfacher und lohnt sich an den Stellen wo Autos langsam fahren müssen und der Weg zum Radweg noch weiter ist. Ein Beispiel ist die Media-Markt Einfahrt an der Heilbronner Straße. Hier haben wir die Chance das Autofahry welches uns die Vorfahrt nimmt vor zu lassen.
Ja, im Grunde ist das für den Radfahrenden ein unlösbares Problem, denn er/sie sieht schlichtweg nicht, ob der Autofahrer gleich abbiegen wird oder nicht, wenn der nicht blinkt, und darauf kann man sich nicht verlassen. Mich hat kürzlich an einer anderen Stelle, wo man so schnell einbiegen konnte (auf einen Parkplatz) fast eine Polizeistreife angefahren, die hatten mich auch nicht gesehen, ich aber hatte die gesehen und bereits gebremst.
LöschenDer Grund, dass es oft passiert ist m.E., dass es als "Unfall" gewertet wird. Dabei ist es genausowenig "Unfall", als wenn ich beim Spazierengehen Pflastersteine über hohe Gartenhecken werfe. Aber Letzteres "macht man nicht", man könnte ja jemanden treffen und verletzen. Aus irgendeinem Grund ist das "Treffen und Verletzen" beim Autofahren nicht so schlimm.
AntwortenLöschenStefan, Fürstenfeldbruck, Bayern
Der Radweg ist direkt an der Schule, auf die ich bis vor zwei Wochen ging (Abschluss!!!), nämlich der Werner-Siemens-Schule. Direkt daneben befinden sich auch weitere Berufsschulen, sowie eine Realschule und ein Gymnasium. Man müsste sich auf dem zweiten Bild nur ein Stückle nach links drehen, um das Schulzentrum sehen zu können. Ich persönlich frage mich da, warum es nicht Ziel ist, dass man in der Stadt insbesondere die Schulwege sicherer macht.
AntwortenLöschenDas Thema mit der Sicherheit vom Radverkehr insbesondere an dieser Straße war tatsächlich schon Thema im Religionsunterricht bei mir in der Klasse. Der Lehrer versuchte für Naturschutz zu werben und für Rücksicht gegenüber Radfahrenden, was aber der Großteil der Klasse negativ aufnahm. Man konnte über jeden Tag froh sein, wo man nicht Sprüche von Mitschülern bekam, dass sie den nächsten Radfahrer umnieten würden, oder ähnliches machen würden. Dieses Verhalten zeigten sie dann häufig auch im Straßenverkehr. (Krass fand ich auch, dass sich einer von seinem Ausbildungsgehalt einen AMG C63 geleast hat, den Rest haben die Eltern dazu gegeben, und so wie es auf dem Parkplatz aussah war er nicht der einzige).
Ich weiß nicht woran es liegt, aber ich finde es total schade, dass kaum jemand mit dem Fahrrad zur Schule gekommen ist. An meinem Gymnasium in Fellbach-Schmiden war jeden Morgen gefühlt eine Kidical Mass und ich vermisse das sehr.
Tut mir leid, wenn ich etwas melancholisch zum Schluss geworden bin...
Ja!
AntwortenLöschenArtikel bringt wichtigen Aspekt zum Ausdruck.
Gern übersehen dabei allerdings:
gerade bzw. ausgerechnet die Gruppen, die ja durch Radwege (angeblich) 'geschützt' werden sollen sind oft nicht, noch nicht, oder nicht mehr in der Lage den in solchen und vergleichbaren Situationen notwendigen Schulterblick überhaupt ausführen zu können.
Diese Tücke der mangelnden Inklusivität (es gibt bekanntlich noch etliche andere) der Radseparation wird gern mal unter den Tisch gekehrt, genauso wie die pro gefahrenem Radkilometer sehr deutlich höheren Todesrisiken im auf Separation setzenden 'Radelparadies Niederlande', das im Übrigen, ebenso wie Deutschland, Jahr für Jahr mit höherer Autodichte und Autofahrleistung aufwarten kann.
Alfons Krückmann
Kleine Ergänzung:
AntwortenLöschenich gehe fest davon aus, dass Verbesserungen bzw. 'Flickschusterei' an der real existierenden Radverkehrsseparation nicht in der Lage sind die notwendigen substantiellen Verbesserung bringen zu können, sondern dass stattdessen eine von bloßer Rhetorik in die Realität hinein transportierte Abkehr von autokonformer Politik notwendig sein wird.
Es braucht, auch wenn das gegenwärtig angesichts der 50mio. autobesitzenden Einwohner*innen noch ein wenig verwegen erscheinen mag, eine sehr deutliche Reduktion der Autodichte auf vielleicht 5-10% von heute (siehe Knoflacher) und eine fast ebenso deutliche Reduktion der MIV-Fahrleistung.
Das eröffnet dann auch endlich die Chance die Machtverhältnisse (s.a.: 'Automobile Gewalt') umzukehren und planetengerechter Mobilität den längst überfälligen Vorrang zu gewähren, ohne dass das für die jungen, alten, 'behinderten' und nicht-'behinderten' Radfahrenden im Alltagsverkehr zur Mutprobe und ggf. zum Gesundheitsrisiko wird.
Das Gesundheits- und Todesrisiko für die Lärm- und Abgasopfer des metastasierenden Autoverkehrs würde zudem parallel mitsinken.
Was bei solchen Diskussionen übrigens nie vergessen werden sollte:
das Gesundheits- und Todesrisiko (egal mit welcher 'Infra') bei Nicht-Radfahren ist sehr sehr deutlich höher als das objektiv recht geringe Risiko eines schweren Unfalls beim so oder so sehr gesunden Radfahren.
Alfons Krückmann
Der Punkt ist ja der: Wie kriege wir die Gesellschaft, in der wir leben, dazu, dass sie en Radverkehr lieben lernt und den Autoverkehr verachtet? Ich weiß es nicht. Bis dahin wird man um jeden Meter Radinfrastruktur kämpfen müssen, blöde Kompromisse machen müssen und unzufrieden sein mit halbherzigen Lösungen und schwierigen Situationen, die bleiben.
AntwortenLöschenIch weiss es auch nicht, aber quasi im Ausschlussverfahren hat sich doch gezeigt, dass der NL-Weg mit autogerechter Radverkehrsseparation das Wachstum des Auto- und Strassengüterverkehrs nicht etwa aufhalten kann, sondern dieses sogar noch weiter befördert.
LöschenWäre ja schön und praktisch, wenn die tiefhängenden Früchte des Aufbaus von 'Radinfra' einen positiven Beitrag leisten könnten, aber ich kann da bislang keinerlei empirischen Belege finden.
Diese Art von Radverkehrsförderung (separate 'Infra') ist nach gegenwärtiger Datenlage in allen Ländern wo dies angewendet wurde offenbar komplett ungeeignet das Problem des weiter wachsenden Automobilismus in den Griff zu bekommen.
Paradigmenwechsel?
Alfons Krückmann
Es geht, wenn man will, das kann man in NL, DK und S sehen. Und die ERA ist voll von Musterlösungen. Die Reform des Strassenverkehrsrechts würde einen Schub bewirken und war im Ampel-Koalitionsvetrag vereinbart, aber eine kleine konservative Splitterpartei fährt lieber mit Vollgas in die Katastrophe ...
AntwortenLöschenDummerweise steigt aber in diesen 'Vorbildländern' der Autoverkehr unverdrossen weiter an.
LöschenGerade auch die Niederlande sind klimapolitisch weit hinten, das klimapolitisch tatsächlich ziemlich vorbildliche Dänemark hat nur einen 'Totalausfall':
den überbordenden Autoverkehr.
Wir brauchen das genaue Gegenteil dieser Entwicklungen.
Ich habe schon ganz irre "Lösungen" gesehen: manche Behörden stellen auf den Radweg ein "Vorfahrt gewähren"-Schild. Natürlich kann man mit so einem Schild nicht den Vorrang des geradeaus-Fahrenden aufheben.
AntwortenLöschen5m Entfernung herstellen schon kann man das Vorfahrt beachten Schild aufstellen 👹
LöschenIch kenne die Stelle gut, sie ist sehr problematisch wie so vieles auf der Heilbronner Str. Nach links blicken ist notwendig aber wie angemerkt sieht man dann ggf nur früher was einen auf die Hörner nimmt. Das darauf folgende Stück Weg auswärts bis zur Presselstr. ist stark frequentiert aber unerklärlicherweise enger als davor/danach.
AntwortenLöschenAuch schön bei der Ecke: Zeichen 240 über den Z-Übergang der Haltestelle. Sollte ziemlich einmalig in Stuttgart sein.
AntwortenLöschenVor Homeoffice bin ich da jeden Tag entlan ggefahren und Chistine hat recht, an dieser Stelle muss man den Schulterblick machen oder man spielt Lotto. Der Schulterblick muss zum Automatismus werden, überall wo Autos rechts abbiegend unseren Weg schneiden bei solchen Kreuzungsdesigns. Es wäre schon viel gewonnen, wenn der Winkel zum Abbiegen größer wäre. So wie es jetzt ist, kann man da ohne die Geschindigkeit zu verringern abbiegen. Heilbronnerstr, ein leidiges Thema an das man nicht ran will. Auch der Bezirksbeirat Nord nicht.
AntwortenLöschenSehr viele ältere Menschen sind körperlich nicht imstande diesen Schulterblick auszuführen. Während der Fahrt schon gleich gar nicht.
LöschenAlfons Krückmann