Tübingen ist beim Fahrradklimatest des ADFC auf Platz 3 der fahrradfreundlichsten Städte Deutschlands gelandet. Die Radbrücken kommen gut an. Und die Radfahrenden fühlen sich mehrheitlich sicher.
Er schreibt: "Irgendwie ist es nicht zu glauben, dass dieselben Bundes- und Landesgesetze wie in Stuttgart gelten. Es gibt ganz viele Fahrradstraßen, durchgängige Radführungen, wenn auch zum Teil chaotisch, aber doch vorhanden. Am Ortsrand geht es weiter, asphaltierte Wege mit weißen Rändern außerorts. Auch neben Landstraßen wird für die Radfahrenden Geld ausgegeben und Boden versiegelt." Auch im Landkreis Böblingen fand er es noch ganz gut. Der Radweg Schönaich bis zum Radschnellweg neben der viel befahrenen Landstraße ist gut asphaltiert. Die Brücke auf Böblinger Seite des Radschnellwegs ist auch bald fertig. "Aber an der Stadtgrenze Stuttgart gelten andere Gesetze und schon ist der Mist da", stellte er fest.
Er hat mir ein paar seiner Fotos zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür.
Tut mir Leid - da muss ich mal kurz Wasser in den Wein gießen:
AntwortenLöschenDas Foto oben zweite Spalte Mitte zeigt die Fahrradstraße Schaffhausenstraße: Das ist eine Einbahnstraße in Richtung Osten, die aber für den Radverkehr freigegeben ist. Dort ist jedoch die Einfahrt von Osten seit über einen Jahr gesperrt. Grund: damit der viele Autoverkehr in Gegenrichtung an einer Baustellen-Engstelle nicht behindert wird. Ja geht's noch?! Dachte das wäre eine Fahrradstraße...
Dummerweise fährt durch diese Fahrradstraße auch eine Buslinie. Weil man die seitlichen Autoparkplätze aber nicht opfern wollte, muss man als Radfahrer bei einem entgegenkommenden Bus auf den Gehweg ausweichen. Auch sonst rasen einem die Autos mit ca. 30-50 cm Abstand entgegen.
Wenn man in Richtung der Einbahnstraße mit der Fahrrad fährt, sind tagsüber fast immer Autos hinter einem, die bei jeder Gelegenheit versuchen gefährlich zu überholen.
Das Ganze hat eigentlich nichts mehr mit dem Sinn einer Fahrradstraße zu tun. Ist halt wie die beheizten Radbrücken nur ein Feigenblatt, um weiterhin nicht den MIV einschränken zu müssen.
Das finde ich extrem scheinheilig und erbärmlich.
Tja, ob die diversen Verradwegungen (aka Fahrbahnverbote) in den Themenbereich 'zukunftsgerecht' fallen können, wenn ein Konzept verfolgt wird, in welchem - NL lässt grüßen - dem weiter steigenden Autoverkehr mit nebenan verlaufenden naturversiegelnden Radwegen am Ende gar noch zu größerer Akzeptanz (aus den Augen aus dem Sinn) verholfen wird?
AntwortenLöschenVolksmund sagt: "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass".
Wie wär's denn damit, den Erfolg/Misserfolg von verkehrspolitischen Interventionen nicht wie bei den Radentscheiden in zusätzlich gebauten Radwegemetern, sondern (verwegenerweise?) in Umwelt-/Klimaschäden bzw. in Verbesserungen bei Klima/Umwelt/sozialer Gerechtigkeit zu messen, also vor allem in Rückgang der kfz-Dichte und im Rückgang der kfz-Fahrleistungen, sowie dem Rückgang des weiterhin stark ansteigenden Strassengüterverkehrs?
Im 21.Jhd. haben wir halt andere Problemlagen als noch in den 80ern, in denen die NL Konzepte entstanden sind, und die autogerechte Parallelentwicklung von steigendem MIV und steigendem Binnen-Radverkehr auf separaten Wegen noch als Maß der Dinge gesehen werden konnte.
Aber o.k., wenn es in Nachbarstädten nicht ganz so arg zugeht wie daheim, liegt dann evtl. schon - im Kontrast - ein kleines Loblied nahe.
Ein Problem entsteht aber, wenn daraus ein 'Let's go Tübingen' oder 'Lets go Münster' oder 'Lets go NL' wird und so zentrale ökologische (und soziale) Dimensionen systematisch und immanent hinten rüber fallen.
Alfons Krückmann
In Stuttgart geht man bei der Verkehrsplanung (alle Verkehrsarten9 immer noch davon aus, dass man den Autoverkehr von heute an in die Zukunft hochrechnet. Daraus ensteht eine Gegenwehr gegen Veränderungen von derzeit autodominierten Straßen in Richtung mehr Platz für Bäume, Fußverkehr und Radverkehr. Der Straßenzuschnitt erscheint praktisch unveränderlich, auch wenn sich die Stadt bereits das Ziel gegeben hat, den Autoverkehr zu halbieren. Wenn es um konkrete Umsetzungspläne geht, erscheint weniger Autoverkehr undenkbar und wird um Raum für Autoverkehr gekämpft. Es ist enorm schwierig, ins allgemeine Denken die Idee zu bringen, dass die Mobilität ja nicht aufhört, wenn man nicht mit dem Auto iin die Innenstadt fahren kann, weil man ja auch das Fahrrad oder die Öffis nehmen könnte. In Kopenhagen hat sich der Autoverkehr wohl stark reduziert, weil man ihm Platz weggnommen hat. In London scheint der Radverkehr sich verdoppelt zu haben, weil es eine Citymaut gibt. Ich kenne aber auch Leute, die aus rein pragmatischen Gründen jetzt mit dem Pedelec zur Arbeit fahren. Der Wandel ist durchaus im Gange.
LöschenLaut Tübinger OB sollen die Investitionen in den Radverkehr (aktuell geht das meiste Geld wohl in die beheizten Brücken) helfen, Tübingen bis 2030 klimaneutral zu machen.
LöschenDa kann ich Alfons nur Recht geben: Was nützt das, wenn man nicht gleichzeitig den MIV einschränkt sondern gerade bei den neuen Brücken schaut, dass man dem MIV ja keinen Platz weg nimmt?
Genau so wie wenn mehr Leute Öffis benutzen, der MIV und der Flugverkehr gleichzeitig aber nicht abnehmen...
Wenn man sich dann hinstellt und auf die Schulter klopft was für einen tolle Klimapolitik macht, dann sind mir die Betonköpfe aus Stuttgart eigentlich lieber - da die wenigstens ihre Prioritäten ehrlich aussprechen.
Meiner Meinung nach kann man dem Klimaschutz nicht mehr schaden als durch eine verlogene populistische Klimapolitik.
Auch der Tübinger OB hat einen Gemeinderat, der die Entscheidungen trifft. Er alleine ist das eben nicht.
LöschenEs hat noch nie eine Transition gegeben, es wird immer nur draufgesattelt.
AntwortenLöschenIm Energiebereich wird heute soviel Kohle verbraucht wie noch nie, bei den anderen Energieträgern ist es genauso. Von einer Wende keine Spur.
Warum sollte es im Verkehr anders sein?
Im Folgenden ein paar Beispiele aus dem Tübingen meiner Wege:
AntwortenLöschenHier
https://www.google.com/maps/place/Schlossberg+Tunnel+(Rad+und+Fu%C3%9Fg%C3%A4nger)/@48.5213015,9.0425338,3a,37.5y,167.73h,93.74t/data=!3m7!1e1!3m5!1skfVIFDy5cd-MpCJqmJxp9Q!2e0!6shttps:%2F%2Fstreetviewpixels-pa.googleapis.com%2Fv1%2Fthumbnail%3Fcb_client%3Dmaps_sv.tactile%26w%3D900%26h%3D600%26pitch%3D-3.7430714307923836%26panoid%3DkfVIFDy5cd-MpCJqmJxp9Q%26yaw%3D167.72852842620912!7i16384!8i8192!4m6!3m5!1s0x4799fad61cb36c95:0xebb56d719b3796f4!8m2!3d48.518591!4d9.0482206!16s%2Fg%2F11gd4k2pxt?entry=ttu&g_ep=EgoyMDI1MDcwOS4wIKXMDSoASAFQAw%3D%3D
haben wir den Schlossbergtunnel in Tübingen. Bolzgerade, moderate Steigerung, gut beleuchtet, hervorragender Straßenbelag. Für Radfahrer gesperrt, um sie zu "schützen". Klar, was sonst. Mit dem Auto ein Traum (auch weil keine Radfahrer stören).
Schutzstreifen in der Innenstadt:
https://www.google.com/maps/place/Wilhelmstra%C3%9Fe,+72074+T%C3%BCbingen/@48.5228351,9.0502586,3a,75y,118.12h,83.11t/data=!3m7!1e1!3m5!1sqIZX6naWxuI_p3MHvJyClw!2e0!6shttps:%2F%2Fstreetviewpixels-pa.googleapis.com%2Fv1%2Fthumbnail%3Fcb_client%3Dmaps_sv.tactile%26w%3D900%26h%3D600%26pitch%3D6.888216551995001%26panoid%3DqIZX6naWxuI_p3MHvJyClw%26yaw%3D118.11814808544008!7i16384!8i8192!4m6!3m5!1s0x4799e533e85702a1:0xd474f223f376e459!8m2!3d48.5287383!4d9.0639797!16s%2Fg%2F1td2sw4k?entry=ttu&g_ep=EgoyMDI1MDcwOS4wIKXMDSoASAFQAw%3D%3D
Und das
https://www.google.com/maps/place/Schnarrenbergstra%C3%9Fe,+T%C3%BCbingen/@48.5246158,9.0502722,3a,75y,352.73h,81.08t/data=!3m7!1e1!3m5!1s6T9bnlB22con9AFbTJVJqw!2e0!6shttps:%2F%2Fstreetviewpixels-pa.googleapis.com%2Fv1%2Fthumbnail%3Fcb_client%3Dmaps_sv.tactile%26w%3D900%26h%3D600%26pitch%3D8.920098413546597%26panoid%3D6T9bnlB22con9AFbTJVJqw%26yaw%3D352.7322847902583!7i16384!8i8192!4m6!3m5!1s0x4799e4d1c28a603b:0x43bc02c6d88bff43!8m2!3d48.5324348!4d9.0405371!16s%2Fg%2F1vpq5vfm?entry=ttu&g_ep=EgoyMDI1MDcwOS4wIKXMDSoASAFQAw%3D%3D
ist die Schnarrenbergstraße in Tübingen. Sie ist die vielleicht wichtigste Verbindung aus der Stadtmitte zu den CRONA-Kliniken und zu den Naturwissenschaftlichen Instituten der Uni (tausende Angestellte und Studierende). Sie wurde vor ein paar Jahren u. a. mit Mitteln der Radfahrförderung so ausgebaut wie hier zu sehen. Hier ist das illegale Überholen von Radfahrern allgemeiner und vollkommen konsequenzfreier Volkssport der Autofahrer. Palmers Verwaltung sieht die Situation als optimal an.
Wenn man in Tübingen die Radinfrastruktur verbessern kann, ohne Autofahrer zu tangieren, dann mancht man das manchmal und auch meistens ganz ordentlich. Dafür versiegelt man dann auch großzügig Grünflächen. Falls aber Autofahrer auch nur die geringsten Einschränkungen zu befürchten haben, dann lässt man es.
Thomas
Ich kann Thomas nur 100% Recht geben: "Falls aber Autofahrer auch nur die geringsten Einschränkungen zu befürchten haben, dann lässt man es."
LöschenLetztlich ist es aber nach meinen Erfahrungen noch schlimmer: Rad- und Fußverkehr wird bewusst an belebten Knotenpunkten nicht getrennt (z.B. Europaplatz, blaue Brücke). Das erzeugt dann Stress bei den Fußgängern, was ich verstehen kann.
Als Folge wurde bei mir im Viertel z.B. eine beliebte Radroute einfach so durch eine Umlaufsperre gekappt. Oder kürzlich wurde ich abgemahnt, dass ich in einer Spielstraße nicht wie vorgeschrieben Schritttempo fahre.
Habe langsam den Eindruck, dass die Verantwortlichen das ganz bewusst in Kauf nehmen, damit sich der Fokus auf gefährliche Radfahrer verschiebt und man beim MIV aus der Schusslinie ist.
(Ich werde nie nie mehr in meinem Leben die Grünen wählen.)