Man muss sich nicht anstrengen, ist weniger fit, so die gängigen Vorurteile. E-Räder sind nur was für Alte und Unsportliche. Das stimmt aber so nicht ganz.
Junge Menschen, die - womöglich in nicht so bergigen Städten wie Stuttgart - viel mit Rädern ohne elektrische Untersützung unterwegs sind, schauen mit mehr oder minder gelinder Verachtung auf die Pedelec-Radler:innen herab. Die sind doch keine richtigen Radfahrer:innen. Außerdem, so höre ich immer wieder, beherrschten sie die Räder nicht und seien viel zu schnell unterwegs. Ich fahre seit 2006 Pedelec, denn ich muss immer lange den Berg hoch, wenn ich heim radle. Mit einem Standardrad wäre ich heute nicht auf fast allen Alltagswegen in Stuttgart unterwegs. Stuttgart entwickelt sich auch deshalb gerade zu einer Fahrradstadt, weil es E-Räder gibt, die die teils steilen Anstiege nivellieren. Pedelecs sind nicht die Räder für Leute, die sich nicht anstrengen wollen, sondern Fahrzeuge für Leute, die lange den Berg hoch radeln müssen und sonst Auto fahren würden. Auch mit dem Pedelec muss man sich bergauf anstrengen und kann es auch bewusst tun.
Discerning Cyclists hat deshalb zusammengetragen, was für E-Räder im Alltagseinsatz spricht.
Punkt 1: Tatsächlich fahren die meisten Leute, die Pedelecs haben, öfter mit dem Rad und sie fahren längere Strecken. Das tun sie einer Studie zufolge übrigens auch, wenn sie mal mit dem Normalrad fahren. Es scheint, als seien Leute, die E-Bikes zur Verfügung haben, auf lange Sicht mehr daran gewöhnt, sich fürs Fahrrad zu entscheiden, wenn sie irgendwo hin wollen. Damit sind Pedelec-Radler:innen nicht fauler, sondern in vielen Fällen aktiver als Normalradbesitzer:innen.
Punkt 2: Wenn E-Radler:innen im Durchschnitt öfter das Rad nehmen und längere Strecken fahren, dann verschwindet auch der Unterschied, was die körperliche Anstrengung und den gesundheitlichen Vorteil des Bioradelns betrifft. Zumal moderate Bewegung, also solche, die zwar den Atem erhöht, aber nicht auspowert, einen hohen Trainingseffekt für Kreislauf und Muskulatur hat. Pedelec fahren verlangsamt das Altern genauso wie Normalrad fahren.
Punkt 3: E-Radler:innen scheinen lieber ihr Fahrrad zu nehmen als das Auto, vor allem auch, wenn sie müde sind, denn sie wissen, dass sie sich nicht verausgaben müssen. Ersetzt ein Mensch so gut wie alle Autofahrten durch Pedelec-Fahrten, dann bewegt er sich oft mehr als der Durchschschnitt der Menschen, die ein Normalrad daheim stehen haben.
Punkt 4: Pedelecs bringen auch Menschen in die aktive Mobilität, die mobilitätseingeschränkt sind (Knie tut weh, Rückenprobleme, Fußprobleme). Das E-Rad verlangt keine außerordentlichen Anstrengungen am Berg. Zweispurige E-Räder (Dreiräder oder Vierräder, Liegeräder etc.) mit Elektromotor ermöglichen es auch Leuten mit Gleichgewichtsstörungen oder eingeschränkter Kraft, Fahrrad statt Auto zu fahren.
Punkt 5: Mit Hilfe von Pedelecs können wir bis ins ziemlich hohe Alter körperlich aktiv bleiben und Alltagswege ohne Auto zurücklegen, denn sie gleichen die Abnahme von Körperkraft aus. Das hält fit und auch geistig agil. Zwar steigt das Risiko von Stürzen mit schweren Folgen im Alter deutlich an (beim Gehen und Treppensteigen allerdings auch), aber die Alternative wäre Auto fahren (wo das Risiko vor allem für andere Verkehrsteilnehmer:innen steigt) oder Inaktivität, was andere schwerwiegende Gesundheitsprobleme erzeugt.
Und ein weiterer Vorteil ist: Alle, die das Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel nutzen, sind immer auch ein gutes Beispiel für andere, die darüber nachdenken, vom Auto wegzukommen. Je mehr Menschen allen Alters und aller möglichen Fitnessgrade Rad fahren, desto normaler erscheint es. Wer sich ein Pedelec gekauft hat, spricht außerdem im Familien- und Bekanntenkreis begeistert darüber, wie bequem und schön das ist (anregend, keine Parkplatzsuche, immer pünktlich), und verführt den einen oder die andere dazu, sich auch ein Pedelec zuzulegen. Die allermeisten Menschen, die ein E-Rad haben, fahren es gern und fahren es im Lauf der Zeit immer öfter, auch bei Regen und Kälte.
Als ich vor 12 Jahren mit dem Pedelec angefangen hab, brauchte ich noch eine Entschuldigung vor mir selbst, und die lautete: Du pendelst ab jetzt 58 km am Arbeitstag, und dafür bekommst du Motorunterstützung.
AntwortenLöschenUnd das hat perfekt funktioniert: ich brauchte mit dem Pedelec nur eine 3/4 Stunde länger für die 58 Kilometer, weil ich am Stau vorbeifuhr, und war innerhalb eines Vierteljahres fit wie Schmidt. Die Menge hat es gemacht.
Meine Hausärztin sagt: das Pedelec ist perfekt für den Körper mit seiner Belastungssteuerung. Aber man muss häufig damit fahren.
Heute ist mir ehrlich gesagt wurscht, was irgendwelche Leute sagen, die fast alle weniger Zeit auf dem Rad verbringen als ich. Hier im Stuttgarter Raum fährt mittlerweile eh die große Mehrheit mit Motor. Also warum noch die Schlachten von gestern schlagen?
Wenn ich Kommentare lese oder höre, die behaupten el unterstützte Räder wären was für Senioren ü 75 und Faule, dann meistens von Menschen die das Rad niemals als Verkehrsmittel nutzen würden. Natürlich nicht weil sie zu faul sind, sondern weil die Umstände die Nutzung eines Rades unmöglich machen.
AntwortenLöschenViele meiner Kollegen pendeln elektrisch, aus einem oder mehreren der im Beitrag genannten Vorteile. Ich überlege auch ob das nächste Rad eine Pedelec sein soll oder nicht, und keiner der das macht ist faul, und alle die das Rad als Alltagsfahrzeug verwenden haben sich wegen Wind, Steigungen, schlechter Tagesform oder sonst was schon mal gewünscht ein bisschen elektrischen Rückenwind zu haben.
Ich fahre mittlerweile meist Rennrad (ohne Motor) mit voller Sensorik, auch wenn ich bis vor zwei Jahren mehr mit dem S-Pedelec unterwegs war. Die meisten Kilometer und Stunden beim bewussten Fahrradtraining verbringt man im "Base" Training in der sogenannten "Zone 2". Hier baut man am Besten und effizientesten (Zeit) Basisfitness (Kreislauf) auf und auch der Fettstoffwechsel (wenn man abnehmen will) wird am stärksten angeregt.
AntwortenLöschenEs ist oft schwierig nicht zu viel Anstrengung aufzuwenden und damit die Laktanzschwelle zu überschreiten (in der "Zone 3"). Mit dem S-Pedelec kann man konstant die eigene Wattzahl und Pulsrate halten, egal wie viel Gegenwind oder Steigung man hat. Mit dem Pedelec kann es schwieriger sein, zumindest mit den "Standard-Bosch-Systemen" da die Grundleistung doch recht hoch ist. Meine "Zone 2" auf dem S-Pedelec hielt ich meistens bei 120 eigenen Watt zwischen 23 und 28 km/h, die Standardpedelecabregelung hätte da -erm- sehr gestört.
Jetzt fahre ich meistens Rennrad wenn ich "Sport" mache weil es einfach mittlerweile mehr Spass macht und ich mit/auf dem S-Pedelec genug abgenommen habe um überhaupt Rennrad fahren zu können. Für den Einstieg in das "Zone 2 Training" oder in gebirgigeren Regionen würde ich trotzdem ein S-Pedelec empfehlen, oder vielleich eines der neuen "sportlich-leichten" Pedelecs mit dem Mahle X-20 oder TQ HPR50 System.