Dicht am rechten Rand einer Fahrbahn entlang radeln, ist keine gute Idee. Man wird schlechter gesehen, enger überholt und womöglich von einer Autotür erwischt.
Das am meisten unterschätzte Risiko geht vom Dooring aus. Also Autofahrer stößt seine Fahrertür auf, ohne sich vorher zu vergewissern, dass kein Fahrrad kommt. Das können wir als Radfahrende nicht vorhersehen, es geschieht für uns völlig überraschend. Wir haben auch nicht die geringste Chance der Kollision zu entgegen, denn unser Anhalteweg (Reaktionszeit + Bremsweg) ist bei gemäßigten 20 km/h bereits etwa zwei Autos lang. Auf dem Foto sieht man, wie weit eine Autotür in die Fahrradstraße (Tübinger Str.) hineinragt, nämlich deutlich über den blauen Begrenzungsstrich hinweg. Der Radfahrer, der uns links entgegenkommt, würde dem Kontakt mit der Türkante nur knapp entkommen oder mit dem Knie noch anstoßen. Hinzu kommt, dass Autofahrende jemanden, der ganz rechts an den Autos entlang radelt, noch schlechter sehen, wenn sie vor dem Türöffnen immerhin mal nach schräg hinten umgucken. Ein Radfahrer, der mitten auf der Fahrbahn kommt, hat größere Chancen, gesehen zu werden, ganz abgesehen davon, dass er nicht mit der Tür in Kontakt kommt.
Im unteren Kreuzungsbereich ist die Situation eine andere. Ein Auto fährt geradeaus. Rechts am Bordstein fährt ein Radfahrer in dieselbe Richtung. Von oben kommt ein Auto, dessen Fahrer nach links abbiegen will. Er sieht das Auto, das ihm entgegenkommt, und stellt sich darauf ein, dass er hinter ihm einbiegen kann, startet also schon mal. Der Radfahrer befindet sich aus seiner Sich höchsten mit dem Kopf sichtbar hinter dem entgegenkommenden Auto. Fährt der Radler aber, wie rechts unten dargestellt, mittig, dann kann der abbiegewillige Autofahrer ihn ganz hinter dem Heck des Autos sehen.
Zu weit rechts radeln provoziert einige Autofahrende außerdem dazu, sehr eng zu überholen. Das sieht man auf diesem Foto. Die Radfahrerin, erkennbar am grünen Helm, befindet sich inter dem Kleinwagen. Der Fahrer hat sie gerade eben viel zu eng überholt, weil er dafür nicht auf die Gegenfahrbahn fahren musste. Ist zwar verboten, geschieht aber halt dann, und die Polizei dahinter interessierte das gar nicht.Ein Autofahrer, der hier links abbiegen wollte, würde sie nicht auch nur schlecht sehen, was er aber sehr gut sieht, ist die Polizei auf den Motorrädern hinter dem Kleinwagen, weil die nämlich - übrigens stolz nebeneinander - mitten auf der Fahrbahn fährt. Wäre der Radfahrer, den wir von hinten dem Auto und der Polizei entgegen fahren sehen, ebenfalls mittiger geradelt, hätte das den Fahrer des Kleinwagens vermutlich davon abgehalten, für sich Platz zum Überholen zu sehen. Oder auch nicht. Denn manche Autofahrende halten Radfahrende für langsamer als sie sind und überholen trotzdem.
Wir tun uns jedenfalls überhaupt keinen Gefallen, wenn wir uns aus Schüchternheit oder Respekt vor dem Autoverkehr an den rechten Fahrbahnrand drängen lassen. Den Autofahrenden tun wir übrigens damit auch keinen. Sie müssen dann nämlich ständig überlegen, ob sie nun an uns vorbeikommen und suchen permanent nach Möglichkeiten. Fahren wir selbstbewusster, dann wissen sie, sie bleiben erst einmal hinter uns, bis die Straße breiter wird oder wir oder sie abbiegen.
Leider gibt es keine hundertprozentige Lösung, es kommt nämlich alles drauf an, wes Geistes Kind der oder die Autofahrer/in ist.
AntwortenLöschenGlaubt er oder sie an das Recht des Stärkeren, und das ist bei einem Gutteil der Menschen so (ich würde sogar behaupten, dass viele nur deshalb hauptsächlich Auto fahren), dann wird er es durchsetzen wollen:
- Fährt man zu weit rechts, zwängt er sich zu eng vorbei (das tun die meisten dieser Menschen)
- fährt man einen Meter links oder mittig auf der Spur, drängeln viele und manche hupen sogar und
- zwängen sich bei der nächsten Gelegenheit zu eng vorbei, manchmal auch in voller Fahrt, mit 50, 60, oder 70, und ziehen wenn die Lücke doch unweigerlich zu klein war, gnadenlos rüber und zwingen den Radler zum Ausweichen, Abbremsen oder gar Anhalten. Letzters sind zwar nur wenige Fälle, aber sie kommen trotzdem regelmäßig vor, und es ist definitionsgemäß immer sauknapp und extrem gefährlich.
Tut man dann sein Missfallen kund, kommt es mitunter zu Notigung und verbalen Drohungen (der Mensch, der vorher keine 10 Sekunden warten konnte, hat auf einmal alle Zeit der Welt, anzuhalten und eine Auseinandersetzung anzufangen), oder gar zum Androhen von Gewalt. Anzeigen verlaufen immer im Sande, oder können sich sogar gegen den Radler wenden.
Jörg
AntwortenLöschenBei den geschilderten Situationen bin ich dacor. Wenn man die Stadt verlässt sieht es anders aus. Auf der Landstraße ist scharf rechts fahren angesagt. Da kommt man bei Kreuzungen, Kreisverkehren und anderen Engstellen in die Fahrbahnmitte
Natürlich wird man unter Umständen dicht überholt. Aber lieber dicht überholt als harte Bremsungen hinter mir. Wer weiß wie oft das gut geht. Mittlerweile sind die Geraden am gefährlichsten da wird viel an Handy und Multimedia herum gespielt.
Ich hoffe auf bessere Fahrassistenten. Radwege ausserorts gut asphaltierten hat mehr Gegner als Freunde, schon in den Reihen der Oekos und Radfahrenden.
Stimmt, mit außerorts radeln habe ich mich hier nicht beschäftigt. Landstraßen radeln ist wirklich nur was für Hartgesottene.
LöschenEs wurde von den Nazis und den italienischen Faschisten im Nachgang des 'Futurismus', des 'Triumpfs der Technik', des Rausches der Geschwindigkeit und der Utopie von umfassendem Aufbau einer Technosphäre, die sich über die profanen und beschränkten Dynamiken der 'Natur' zu erheben vermag, quasi als Gegenmodell der planetaren Begrenztheit und als Manifestation des modernen 'Übermenschen' - unter anderem - eigens ein dichtes schnelles Autobahnnetz, sich anschmiegend an die Topografie der Landschaft und zugleich diese überwindend, errichtet, das seitdem recht gründlich und ziemlich profan den Planeten mit einer stetig anwachsenden CO2 Hülle zum kochen bringt und hunderttausende Menschen zu Tode brachte.
AntwortenLöschenEn passant wurde dabei das ökologisch verträgliche Eisenbahnnetz mehr oder weniger zerstört, die aktive Mobilität fast vollständig verdrängt und die Landschaft im Sinne der 'Autogerechten Regionen' kaputt-zersiedelt.
Warum zur Hölle sollen wir nach dieser fatalen Fehlentwicklung jetzt damit beginnen neben dem Autobahnnetz, das mittlerweile auf bizarre >13.000Km hochgewuchert ist, auch noch das dichte Netz der Bundes- Land- und Kreisstraßen zu 'autobahnisieren', also vollständig dem Exklusivgebrauch der Blechkisten und LKW zu übergeben, statt uns dafür einzusetzen das Recht auf inklusiven Allgemeingebrauch des Straßennetzes und die Perspektive auf zukunftsfähige Mobilität zu erstreiten?
Ist es wirklich an der Zeit zu kapitulieren, dem Autoverkehr alle letzten noch verbliebenen 'Hindernisse' aus dem Weg zu räumen und mit zusätzlichen meist viertklassigen Radwegelchen die wenige verbliebene Landschaft voll zu asphaltieren?
Schon seit langem leidet die Landwirtschaft unter Flächenfraß, was die Übernutzung der noch verbleibenden Flächen fördert, seit langem werden immer mehr Böden kaputt versiegelt und wichtige ökologische Systeme dem Straßenverkehr zum Fraße vorgeworfen von den hunderttausenden jährlich totgefahrenen Wildtieren mal ganz zu schweigen.
Wir reden dabei, abzüglich der Autobahnen, von ca. 215.000 Straßenkilometern des überörtlichen Verkehrs.
Halbwegs sicher nutzbare Kapazitäten für den Radverkehr brauchen im Zweirichtungsverkehr Breiten ab 3 Meter. Macht pi x Daumen eine zusätzliche Versiegelungsfläche von 60.000 Hektar (ca. das zehnfache der zur Zeit verbrochenen jährlichen Bodenversiegelung), plus die durch die Autobahnisierungseffekte induzierten Folgen der zusätzlich induzierten MIV-Fahrleistung.
Wie und womit soll denn das kompensiert werden?
Versiegelte Flächen sind nicht einfach durch Entsiegelung wieder instand zu setze, das dauert lange bis sich die Böden erholen.
Sehr lange sogar.
Ich präferiere da klar die Durchsetzung einer ökologisch und sozial ohnehin notwendigen Domestizierung des Autoverkehrs und den Vorrang für das Recht auf inklusive Mobilitätsformen, auch wenn ich die gegenwärtigen Widrigkeiten des Fahrradfahrens im überregionalen Verkehr seit zig Jahren sehr ausführlich kenne, und ich gut nachvollziehen kann, dass sich Menschen Refugien zum Schutz vor der ausgeuferten 'Automobilen Gewalt' in unserem Straßennetz wünschen.
(*die Versiegelungszahlen hab ich grad nur im Kopf grob überschlagen, also ausdrücklich 'Ohne Gewähr'!)
Alfons Krückmann
Oh, bei obigem Kommentar hab ich wohl vergessen auf 'antworten' zu klicken.
LöschenDas ist gemeint als Antwort zu >Jörg<, nicht zum Artikel.
Alfons Krückmann