Die Polizei in Bayern wirbt mit dem Slogan "Abstand rettet Leben" bei Autofahrenden dafür, sich des Überholabstands bewusst zu werden.
Der ist nämlich, wie auch viele unserer Autofahrenden in Stuttgart nicht wissen, viel größer als man denkt. Auf 6,5 Meter breiten Straßen muss man mit dem Auto mit allen vier Reifen auf die Gegenfahrbahn fahren, wenn man einen Menschen auf dem Fahrrad überholen will. Was an der Originalgrafik der Polizei in Bayern bemerkenswert ist, ist aber eigentlich etwas ganz Anderes.
Der Radfahrer fährt genau in der Mitte der Richtungsfahrbahn.
Das ist deshalb bemerkenswert, weil sehr viele Radfahrende (und sehr viele Autofahrende) immer davon ausgehen, Radfahrende müssten näher an den geparkten Autos entlang fahren als an der gedachten oder tatsächlichen Mittellinie der Fahrbahn.
Das mittig auf der Richtungsfahrbahn Radeln wird als Behinderung oder sogar Nötigung empfunden. Oder vonseiten der Radfahrenden als allzu demonstratives Beansprunchen des ihnen zustehenden Raums. Es ist aber, wie die Grafik zeigt, zum Selbstschutz nötig.Der Radfahrer hält 1 Meter Abstand zu den geparkten Autos, was lebenswichtig ist, weil man auf dem Fahrrad nicht voraussehen kann, welcher Autofahrer seine Fahrertür aufstößt, und weil man, wenn man das bemerkt, nicht mehr bremsen kann.
Der Mensch mit Fahrrad ist knapp 1 Meter breit (normalerweise sagt man 75 cm, aber das gilt für viele Fahrräder nicht mehr, etwa Lastenräder) und von dessen linkem Ellbogen muss der Fahrer eines Autos mit dem Außenspiegel seines Autos wiederum 1,5 Meter Abstand halten, wenn er überholt.
Ich beobachte oft, dass Radfahrende viel zu dicht an geparkten Autos entlang fahren. Vor allem Eltern mit Kindern scheinen ihren Kindern einzuschärfen, dass sie sehr weit rechts fahren. Szenen wie diese sehe ich oft, wenn ich die Tübinger Straße entlang radle. Das Kind kann einer Autotür, die plötzlich aufgeht, nicht mehr ausweichen. Kinder verletzten sich dabei vielleicht nicht so schwer wie Erwachsene. Doch gerade Dooring-Unfälle sind auch gerade in der Fahrradstraße nicht selten und gehen meistens mit schweren Verletzungen einher. Sie sind wirklich gefährlich. Und man bilde sich nicht ein, dass man sie vorhersehen könne. Man sieht meist nicht, ob jemand im Auto sitzt, und man achtet meistens auch gar nicht darauf. Und manchmal daddeln Fahrer:innen noch auf dem Handy und entschließen dann plötzlich auszusteigen. Meistens wirklich, ohne nach hinten zu gucken.
Gutes Neues Jahr allerseits!
AntwortenLöschenIch musste (und muss) meine Kinder immer ermahnen, nicht so nah an geparkten Autos vorbeizufahren. Was zeigt, dass die intuitive Angst/der Respekt vor dem fahrenden motorisierten Verkehr größer ist, als die vor dem ruhenden und der unsichtbaren Gefahr der sich öffnenden Tür.
Dass Autofahrer in der Masse das irgendwie verstehen? Lächerlich. Es gibt einen Grund, warum Radfahren sich jedes Mal und immer wieder wie ein Kampf anfühlt.
Man muss halt auch mit Autofahrenden darüber reden. Ich habe mal gesehen, wie ein junger männlicher Radfahrer in der Fahrradstraße an der Paulinenbrücke mit einem rasanten Schwenk einer sich öffnenden Tür gerade noch ausweichen konnte. Der Fahrer, der ausgestiegen war, war sehr erschrocken. Ich hatte angehalten und fragte ihn, wie er das wohl verhindern könne. Er sagte einsichtsvoll: "Vorher gucken". Ich glaube, wir müssen Autofahrenden in unserer Bekanntschaft und Nachbarschaft öfter erzählen, wie gefährlich sich öffnende Fahrertüren für uns sind. Im Grunde wollen die ja auch keinen Menschen auf dem Rad umnieten. Sie denken (wie übrigens wir Radfahrende auch nicht) nicht über die Folgen nach, die ihr unbedachtes Handeln haben kann.
LöschenMeiner Erinnerung nach wird das den Kindern beim Verkehrstraining in der Schule auch so beigebracht. Ausserdem sollten die Kinder auch in Parklücken nach rechts rücken, anstatt gut sichtbar in Linie zur bisherigen Fahrspur zu bleiben.
LöschenVielleicht wäre es sinnvoll, dieses Training nicht von autofahrenden Polizisten sonder von ausgebildeten Trainern des ADFC, beispielsweise, durchführen zu lassen.
Es war jedenfalls nicht einfach, meine Töchter wieder zu einer pragmatischeren und sicheren Fahrweise zu ermutigen.
Problem beim korrekten Fahren in der Mitte der Spur ist das es dann regelmäßig zum sogenannten "Punishment overtake" kommt, der Radfahrer wird mit bewusst knappem Abstand überholt um Ihm sein "gefährliches" Verhalten zu verdeutlichen und ihn gleichzeitig zu bestrafen. Somit ist der Autofahrer Ankläger, Richter und Vollstrecker in einer Person.
Löschen1 Meter Abstand reicht nicht mehr aus, 1,20 m sollten es schon sein:
AntwortenLöschenhttps://fahrradfreundliches-griesheim.de/dooring-unfallpraevention-10-gruende-warum-12-meter-abstand-zu-parkenden-autos-fuer-radfahrende-notwendig-sind
Ja, ich weiß, Autofahrende überholen strafend, wenn man aus ihrer Sicht zu mittig radelt. Ich strecke übrigens immer mit einer bremsenden Geste die linke Hand aus, wenn sie ansetzen und es mir wirklich viel zu knapp wird. Das bremst sie zufällig erst einmal aus. Und dass die Polizei den Kindern das direkt an den Autotüren entlang Radeln beibringt, habe ich auch schon selbst beobachtet. Leider aus so großer Entfernung (von einem Hochhaus aus), dass ich die Polizisten nicht ansprechen konnte.
LöschenDas mit der Geste ist sehr cool.
LöschenEs wirkt. Ich glaube, dass die meisten Autofahrenden denken, ich wolle irgendwie nach links abbiegen, sie bremsen immer sofort. Aber ich strecke mit bremsender Gester (flache Hand mehrmals nach unten bewegend) nur die Hand aus. Dann denken die Autofahrenden eine Weile nach, bleiben hinter mir, überholen aber irgendwann doch mit Getöse.
Löscheniebe Christine,
AntwortenLöschendas Erstaunliche an dieser Meldung ist, dass die Bayern offenbar in einem alternativen Universum leben (bzw. von der anderen Perspektive aus die Stuttgarter), Das Beispiel zeigt ziemlich eindrücklich, wie breit Straßen oder Radinfrastruktur sein MUSS, um andere Verkehrsteilnehmer nicht zu gefährden. Und die Breite eines Weges kann einmal mit dem Meterstab gemessen werden oder die Breite wird suggeriert -- und im letzteren sind die Stuttgarter Spezialisten. So wird einfach in einer Durchgangstraße (wo die Busse breiter sind als die Fahrspur) wie in der Silberburgstraße eine Radinfrastruktur suggeriert, d.h. die Radler bewusst abgedrängt (wie auch bei den unzähligen Radspuren in der dooring zone). Wenn ich dort in der Mitte der Straße fahre (was ja notwendig ist), stellt sich das als Harakiri dar. Oder die für den Radverkehr Verantwortlichen (bei der Stadt Stuttgart wie auch bei der Polizei) stellen amtlicherseits fest, dass auf einer 5,1 m breiten zweispurigen Straße selbstverständlich und mühelos die Radler mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Abstand überholt werden können, auch wenn die Gesetze der Physik dem eindeutig widersprechen. Die KFZler sind dann erschrocken, dass die Breite doch nicht ausreicht, aber für die Radies ist es dann ja schon zu spät. Müssen wir nach Bayern auswandern oder können wir hoffen, dass etwas Hirn auch die Schwaben trifft?