Auf der Straße sollen sie sich an die Verkehrsregeln für Autofahrer halten, unter Fußgängern in Parks und Mischverkehrswegen sollen sie sich bewegen wie Fußgänger, und wo ein blaues Schild mir Rad steht, sind sie Fahrer auf (zugeparkten) Radwegen. Die Fahrt eines Radlers durch die Stadt ist ein ständiger Konzeptwechsel. Welchem anderen Verkehrsteilnehmer mutet man das zu? Und so kommt es, das Radler ihr Durchkommen selbst regeln und zuweilen rote Ampeln missachten.
Fußgängermodus: Weder Fußgänger noch Radlerin wartet auf Grün |
Fußgänger haben hinten keine Augen und treten gern mal plötzlich seitwärts. Kinder kreuzen, zwischen Fußgänger und Hund spannt sich eine Leine über den Weg. Ich schlängle mich durch, muss hochkonzentriert aufpassen. Und plötzlich stoppt ein Trupp Ausflugsradler auf ganzer Breite. Auch Radfahrer haben hinten keine Augen und rechnen nicht mit schnelleren von hinten. Dann fahre ich durch den Schlossgarten. Wieder muss ich mich durchschlängeln, Lücken erspähen, zuweilen auf die linke Wegseite ausweichen. Rechts fahren gilt auf Mischwegen nicht. Auch Radfahrer trudeln herum. Fast nie zeigt irgendjemand an, dass er jetzt abbiegen will.
Vor dem Hauptbahnhof stehen wieder die Autos auf meinem Radweg. Ich schwenke zur Ampel ein. Da gibt es zwar einen Streifen für Radfahrer, aber das kapieren die Fußgänger nie. Sie stehen auf ganzer Breite. Wieder schlängle ich mich durch, dabei ist dies mein Weg. Dann kommt die Radspur, mein Weg. Leider parkt ein Auto auf der Radspur. In mir sammelt sich Ärger. Auf der Fahrradstraße kommen mir reihenweise Autos entgegen, die dort gar nicht fahren dürfen. Und die Fahrradampel wird dann wieder sehr viel später grün als die Fußgängerampel parallel dazu. Am einfachsten ist es für mich, auf einer Straße, die sonst nur von Autos genutzt wird, zu radeln. Autos fahren immer geradeaus und blinken meist, wenn sie abbiegen wollen. Und auf Autostraßen gucken die Fußgänger links und rechts, bevor sie sie überqueren.
Radfahrer müssen ständig ihr Konzept ändern. Ich habe es auf diesem Weg drei Mal ändern müssen. Erst war ich Fußgängerin (schlängeln, Lücken erspähen), dann Radlerin (auf einem nicht respektieren Weg, der eigentlich nur für mich ist), dann Autofahrerin (wo rechts vor links, Rechtsfahrgebote und Ampeln gelten).
Und dabei ist mir klar geworden: Für uns Radfahrer gelten keine Regeln. Oder vielmehr, sie ändern sich ständig. Logisch, dass wir Radfahrer uns dann auch so wenig an die geltenden Verkehrsregeln halten. Oft gelten gar keine, weder rechts vor links, noch Richtungswechsel anzeigen, dann wieder werden unsere Wege nicht respektiert. Welcher andere Verkehrsteilnehmer muss schon ständig das Konzept ändern, mit dem er die Strecke bewältigt?
Dies war mein erster Post, mit dem das Radblog begonnen hat. Er war auch der Beginn meines Wegs in die Lokalpolitik, der mich in den Stuttgarter Stadtrat gebracht hat.
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