17. September 2024

Wenn der König Fahrrad fährt

In Dänemark benutzte schon Anfang des 20. Jahrhunderts die Königsfamilie lieber das Fahrrad als prunkvolle Kutschen und Autos. Sie radelten und waren dem Volk nahe. 

Wie die Plattform Discerning Cyclists schreibt, war das entscheidend für den stadtplanerischen Weg, den Kopenhagen einschlug. Das öffentliche Radfahren war vor und zwischen den Weltkriegen eher ungewöhnlich, denn Fahrräder wurden als Transportmittel für die Armen oder einfachen Leute angesehen. Die radelnden Könige und Prinzen machten es jedoch zu einem Symbol eleganter Bescheidenheit. Es war auch ein demokratisches Symbol. Das animierte viele Bürger:innen, ebenfalls Fahrrad zu fahren. Fahrräder waren billig, für alle zugänglich und unterstützten einen gesünderen Lebensstil. Radfahren wurde in Kopenhagen Teil der kulturellen Identität der Stadt. 

Die königliche Begeisterung fürs Radfahren hat die Stadtplanung verändert.

Schon in der Zwischenkriegszeit wurden städtische Räume fürs Radfahrenden geschaffen. In der Nachkriegszeit fuhr man damit fort. In den 1970er Jahren, mit Königin Margarethe II, erlebte das Radfahren einen weiteren Aufschwung. Die Bevölkerung war offensichtlich in hohem Maß damit einverstanden, dass Radwege angelegt, Straßen in Fußgängerzonen umgewandelt wurden und weniger Autos in der Stadt unterwegs sein sollten. Heute gilt Kopenhagen als fahrradfreundlichste Stadt der Welt und ist bekannt für ihre immens hohe Aufenthaltsqualität für Menschen zu Fuß. 

Auch heute verhalten sich die Mitglieder des Königshauses wie normale Leute. Der dänische Kronprinz Frederik holt seine Kinder mit dem Lastenrad von Schule und Kindergarten ab. Auf die Vorbilder kommt es offenbar an. Gleichzeitig aber scheint die Radbegeisterung der Kopenhagener:innen abzunehmen, was - wie dieser Artikel am Schluss andeutetet - wohl daran liegt, dass die Radwege für allerlei andere Fahrzeuge wie E-Scooter und Mopeds freigeben wurden. Es kommt also weiterhin vor allem auf die Stadtplanung an. 





5 Kommentare:

  1. Ja, im Stadtkern wird gern Rad gefahren, der 'Einbruch' dürfte wohl eher auf Corona zurückzuführen sein.
    Dumm aber, dass ausgerechnet der steigende Autoverkehr in der Metropolregion Kopenhagen dafür verantwortlich ist dass DK - ansonsten Klimaeuropameister - die Klimabilanz im Verkehrssektor verhagelt. Das wird nicht gern kommuniziert, auch im SZ Artikel nicht.
    Dem hohen und vom Marketing stets ausführlich kommunizierten 'Radverkehrsanteil' in der extrem teuer gewordenen kleinen durchgentrifizierten 'grünen' Kernstadt (Kommune Kopenhagen) steht ein stetig steigender Autoverkehr auf den mittleren und längeren Distanzen in Kopenhagen (Metropolregion) gegenüber.
    Die Autodichte steigt, und die Autofahrleistung steigt.
    Das sollte im 21. Jhd. kein Vorbild mehr sein, sondern eher als Fallbeispiel dienen wie es möglich ist in einem Land mit umweltbewußter Bevölkerung und hoher Radaffinität einen stetig ansteigenden Stadt/Umland Autoverkehr zu induzieren.
    Die Fahrbahnnutzung bei vorhandenem Radweg ist übrigens strikt untersagt und wird mit hohen Strafen belegt, was zu einem flüssigen und ansteigenden Autoverkehr beiträgt.
    Immerhin aber gibt es seit längerem die Bestrebungen den MIV-Parkraum systematisch zu reduzieren, was aber leider eher in Richtung einer autoarmen Innenstadt wirkt, und nicht zur eigentlich notwendigen Reduktion der Autodichte in der Metropolregion geführt hat.
    Die meist deutlich unterhalb des Radschnellwegstandards ausgebauten Cycelsuperstier scheinen ebenfalls nicht in Richtung einer Reduktion des Autoverkehrs zu wirken.
    Was immerhin nach wie vor hervorragend läuft:
    Das 'Copenhagenize' Marketing.
    Alfons Krückmann

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    1. Der gestrige Artikel hier hat mal wieder gezeigt, dass die deutsche Art, Radverkehr zu organisieren auf jeden Fall nicht besser ist, als die der Dänen oder Niederländer. Im Gegenteil, sie führt offenbar zu einem Klima in der Gesellschaft, wo der Radfahrer, bzw. die Radfahrerin zu Freiwild wird (siehe den ersten Polizei-, sowie die darauf beruhenden Zeitungsberichte).

      Ich ziehe dem eine Fahrradpolitik, die mit großem Erfolg ein positives Bild des Radfahrens schafft, und viele Menschen zum Radfahren bringt, vor.

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    2. Ja o.k. da ist was dran, aber die Frage sollte doch nicht 'Pest oder Cholera' sein, sondern es gilt stattdessen zukunftsgerechte Konzepte zu entwickeln, zu promoten und durchzuführen, statt die diversen bislang allesamt ökologisch gescheiterten Projekte der unterschiedlichen Varianten von 'Autogerechter Radverkehrsförderung' als Vorbild herzunehmen?
      Positive Einzelaspekte wären ja durchaus zu finden (ÖPV-Planung plus MIV Einschränkung plus Rad-Aktivierung in Paris, zirkulare MIV-Führung in Groningen, MIV-Obergrenze in Singapur, Straßenbahnreaktivierung in Teilen Frankreichs, und etliche weitere Einzelaspekte in etlichen Städten/Regionen), aber das wird noch nirgendwo zu einem wirksamen Cocktail gebündelt, der in der Lage wäre die in Sonntagsreden angeblich angestrebte MIV-Reduzierung ernsthaft in Angriff zu nehmen.
      Das was in NL/DK/usw. derzeit geplant wird ist doch fast noch destruktiver als einfach nichts zu machen, da es den Anschein erweckt die Weichen würden in Richtung 'Ökologische Verkehrswende' gestellt, was aber nachweislich nicht der Fall ist, was aber durchaus in der Bevölkerung die Meinung verankern kann: "Wir bauen doch schon überall Radwege, da haben wir genug 'Verkehrswende', es braucht nicht noch nervige 'illiberale' gängelnde und Industriefeindliche Einschränkungen beim Autoverkehr, usw usw.
      Höhere Dosen eines Mittels, das sein Versagen bereits unter Beweis gestellt hat sollen es dann richten? Ein 'Weiter so' mit noch höherer Dosis von flächenversiegelnden Radwegen, obwohl das in anderen Ländern (vornehmlich NL und in teilen von DK) bereits unter Beweis gestellt hat, dass auch mit Dosiserhöhung keine ökologische Verkehrswende erreicht oder auch nur ansatzweise eingeleitet werden kann?
      Es bräuchte doch langsam mal eine tatsächliche "Wende", keine leichten beradwegten Kurven auf dem langen breiten Highway zu immer mehr und mehr und mehr Autoverkehr?
      Alfons Krückmann

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    3. Warum nicht mal "Pest oder Cholera" als Denkschablone. Cholera verläuft ja entgegen der Pest weit weniger tödlich, (nicht allzusehr) überspitzt ist die wichtigste Behandlung genug zu trinken und dauert etwa solange wie es bei der (unbehandelten) Pest zu sterben dauert. Sind wir gesund, wollen wir natürlich beides nicht haben oder auch nur als Möglichkeiten abwägen, genauso wenn wir 'nur' Cholera haben.
      Haben wir aber Pest, so darf die Frage sehr wohl "Pest oder Cholera" sein, mit den Ratten und ihren Flöhen (als Überträger der Pest *räusper*) wird kaum darüber zu diskutieren sein, dass wir lieber alles 100prozentig toll haben würden (wovon es mutmaßlich unterschiedlichen Zielvorstellungen gibt).
      Hannes

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  2. Vor langen Jahren hatte Karlsruhe einen Verkerhsverantwortlichen, der die Straßenbahn auf die Bahnschiene und damit ins Umland gebracht hat. Sein Ansatz war, den ÖPNV so attraktiv zu machen, dass Autofahrer freiwillig auf das Auto verzichten.
    Man konnte innerhalb von 20min von Bretten nach Karlsruhe Stadt fahren. Mit dem Auto hat man locker eine Dreiviertelstunde gebraucht.
    Ob sich das Konzept weiterentwickelt hat oder wie es weiterverfolgt wurde, da fehlt mir leider der Einblick. Ich fand den Ansatz interessant. Nicht vergrämen, sondern mit Vorteilen locken. Der Mann war ein guter Psychologe. Da arbeitet man auch besser mit Belohnung als mit Strafe.
    Man sollte vielleicht die Vorteile des Radfahrens in die Innenstadt oder des ÖPNV herausstellen, als immer nur auf die Unzulänglichkeiten abzuheben. Beim Autofahren wird ja auch nicht ständig der Stau thematisiert. Beim Radfahren sieht man übrigens viel mehr als im Auto und man kann einfach mal so anhalten. Einfach genial. Ich glaube das machen sich viele garnicht klar. Man sieht die Nachbarin und kann einfach anhalten und schwätzen. Im Auto geht das nicht so einfach. Man hat viel mehr Kontakt, auch zu Fremden. Und da sind echt nette Leute drunter. Im Blechkasten merkt man das nicht.
    Fahrt mehr Fahrrad. Hat echt viele Vorteile.
    Karin

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