31. Oktober 2016

Radfahren darf keine Mutprobe sein

Eine moderne Radinfrastruktur setzt nicht auf Gehwege und Fußgängerampeln sondern auf Radfahrbahnen entlang aller Hauptverkehrsachsen durch eine Stadt. 

"Ich radle eh auf dem Gehweg", hört man sogar von Radfahrern. Was man persönlich braucht oder nutzt, ist aber keine geeignetes Kriterium für eine Stadtpolitik, die den Radverkehr nicht behindern, sondern fördern will. Übrigens aus der dringenden Notwendigkeit heraus, den Autoverkehr zu verringern, damit es weniger Stau und Feinstaub- und Stickoxidbelastungen gibt und damit Lieferanten, Handwerker und Notärzte in zumutbarer Zeit durchkommen. Eine Verkehrspolitik, die alternative Verkehrsmittel fördert, ist elementar wichtig für die wirtschaftliche Zukunft und Attraktivität einer Stadt.


Radwege/Radspuren entlang der Fahrbahnen und Aufstellplätze an Ampeln haben auch den großen Vorteil, dass Autofahrende hinterm Lenker im Stau sehen, dass es für sie eine Alternative gibt, nämlich das Fahrrad, mit dem sie schneller vorankommen würden. Nur darf er oder sie dann keinen Horrortrip haben, wenn er oder sie emal probeweise aufs Rad umsteigt.

Geschütztes Rechtsabbiegen, Leipzig
Deshalb darf eine Radinfrastruktur nicht nur Radfahrende objektiv nicht gefährden, sie muss auch ein subjektives Sicherheitsgefühl erzeugen. Sie muss den Stress, den Autos bei Radfahrenden erzeugen, gering halten. Sonst wird sie nicht genutzt. Und sie darf Radfahrende nicht so oft stoppen wie den Autoverkehr, und wenn, dann nicht lange bei Rot stehen lassen. Sonst werden die Routen nicht genutzt.

Eigentlich gibt es nur einen Grundsatz für eine Radförderung: Radfahrende müssen sicher, bequem und zügig vorwärts kommen und ihr Rad sicher und trocken abstellen können.

Meine 16 Grundsätze einer Radförderung 

1. Radfahrer und Fußgänger werden getrennt. Räder fahren grundsätzlich auf der Fahrbahn.

Karlsruhe
2. Radfahrer treffen an Kreuzungen auf Regelungen, die sie sichtbar machen und sie vor den Fehlern von Autofahrern schützen. Eine Möglichkeit sind Aufstellflächen für Radler vor den Autos, Radlerampeln, die vor dem Autoverkehr grün werden, kurze Rotphasen, und ein leichtes direktes Linksabbiegen.

Engstelle auf der Hauptradroute 1
Eingang eines Supermarkts
3. Hauptradrouten werden nicht durch Mischverkehrszonen und Spielstraßen gelegt, wo nicht schneller als 20 km/h geradelt werden darf. (Fußgängerzonen werden aber sehr wohl für einen sehr langsamen Konsum-Rad-Verkehr freigegeben.)

4. Radfahrstreifen und Schutzstreifen sind so breit, dass ein schneller Radler einen langsamen überholen kann. Sie waren einen Sicherheitsabstand zu geparkten Autos. Und sie erlauben es Autofahrern, den Sicherheitsabstand zu den Radlern einzuhalten.

5. Radrouten haben keine engen Kurvenradien (ein Rad mit Kinderanhänger muss die Kurve bewältigen können, ohne die Spur zu verlassen oder den Gegenverkehr zu behindern) und führen nicht verwinkelt über Kreuzungen oder durch Grünanlagen.

6. Eine Stadt bietet für Hauptrouten Schnellradwege an: möglichst kreuzungs- und ampelfrei, mit Brücken über Querstraßen, sanften Steigungen und großen Kurvenradien.

7. Die Stadt weist Fahrradstraßen aus und begrenzt dort ernsthaft den Autoverkehr.

8. Die Ordnungspolitik zeigt ernsthaftes und dauerhaftes Interesse daran, dass Radwege nicht zugeparkt oder vom Lieferverkehr zugestellt werden. Notfalls mit entsprechenden baulichen Maßnahmen.

9. Radler dürfen an bestimmten Stellen bei Rot weiterfahren. Die Stadt versieht Ampelanlagen an T-Kreuzungen und fürs Rechtsabbiegen mit einem Grünen oder Gelben Pfeil für Radfahrer.
Radfahrende dürfen auch an Fußgängerampeln bei Rot weiterfahren, wenn keine Fußgänger behindert werden.

10. Für Radfahrende ist der Rolling Stopp an Stoppschildern erlaubt.

11. Bei Baustellen wird grundsätzlich eine praktikable Radführung/Umleitung mit geplant und eingerichtet.

12. Auf keiner Radroute steht ein Schild "Radfahrer bitte absteigen", es gibt keine Treppen, keine hohen Bordsteine und keine vorübergehenden Sperrungen ohne rechtzeitig ausgeschilderte Umleitungen, die auch fahrbar sind.

13. Der Autoverkehr steht auch einmal zugunsten des Radverkehr zurück, gibt also, etwa an einer Baustelle, eine Fahrspur für Radler her.

14. Die Stadt wirbt in mehreren großangelegten Campagnen fürs Radfahren und ein freundliches Miteinander im Straßenverkehr.

15. Radrouten sind anständig und unmissverständlich ausgeschildert, am besten mit großen Schildern und großer Schrift, damit man sie beim Heranrollen auch lesen kann.

16. Die Stadt schafft ausreichend sichere und bevorzugt überdachte, Radabstellplätze. Übrigens auch und gerade in städtischen Wohngebieten mit fünfstöckigen Altbauten.

Radspur, Radweg, Fahrradstraße, Mischverkehr und Co.  

So nicht!
Radstreifen sind Schutzstrefen vorzuziehen, weil auf ihnen Autos  (Lieferwagen) auch nicht halten dürfen und weil ihr Signal an Autofahrer deutlicher ist, nicht darüber zu fahren. Sie werden auch von automatisch fahrenden Autos besser erkannt. Radstreifen und Radwege erregen allerdings oft Zorn bei routinierten Radlern, wenn sie dort fahren müssen, weil das blaue Schild mit dem Rad dort steht. Schildert man sie so aus, müssen sie in perfektem Zustand sein: glatt, breit, sauber, scherbenfrei und mit Sicherheitsabstand zu geparkten Fahrzeugen. Und sie müssen im Winter auch geräumt werden. Radfahrende werden den Radstreifen auch ohne ein Schild wählen, wenn sie ihnen geeignet erscheinen.

Sehr gefährlich! Rechtsabbieger sieht
Radfahrer nicht kommen.
Linksabbieger von Gegenüber auch nicht!
Radwege (von Fahrbahnen getrennt) scheinen zwar sicher, sind es aber nicht. Hochgefährlich sind Kreuzungen und Querstraßen. Sie müssen an Kreuzungen deshalb auf die Fahrbahn zurück verschwenkt werden, damit Autofahrer die Radfahrenden auch rechtzeitig sehen. Sie dürfen nicht an Fußgängerüberwege gekoppelt sein, sondern müssen unmittelbar neben der Autospur über die Kreuzung führen. Das mildert das sehr hohe Risiko für Radler, dass ein Autofahrer sie beim Rechtsabbiegen übersieht.

Können Fußgänger und Radfahrer nicht getrennt werden (im Schlossgarten, auf einem breiten Gehweg ohne Platz auf der Fahrbahn, einer Fußgängerbrücke), dann ist es nicht immer günstig, Fußgängern und Radlern getrennte Spuren zuzuweisen oder einen gesonderten Radweg auszuweisen. Radfahrende halten sich zwar daran, aber Fußgänger sehr oft nicht. Sie merken es nicht, wenn sie auf einem Radweg gehen. Hier ist ein chaotischer Mischverkehr oft konfliktfreier. Für Fußgänger bedeutet er aber deutlich mehr Stress als für Radfahrende.

Fahrradstraße Eberhardstr.
Autostau
Fahrradstraßen sind ein nettes Gadget, weil sie Rädern Vorrang einräumen. Allerdings sind sie konfliktträchtig, wenn sie für den Autoverkehr, und sei es nur einen Anliegerverkehr, weiterhin freigegeben sind. Sie entwickeln sich dann nämlich schnell zu Park- und Halteplätzen mit exzessivem Halten und Parken in zweiter Reihe. Das zwingt Radfahrende zum Slalomfahren. Damit entstehen gefährliche Situation für Radfahrende, die es zuvor auf der regulären Straße nicht gab. Fahrradstraßen, die einen Autoverkehr noch zulassen, müssen mindestens Einbahnstraßen für den Autoverkehr sein und sie sollten so wenig Parkplätze wie möglich anbieten (nur Elektroaufadestationen und Behindertenparkplätze), um den Parkplatzsuchverkehr zu unterbinden.

Tübinger Str., Mischverkehr.
Hauptradroute 1
Dominanz der Autos.
Mischverkehrsbereiche, auch Shared Space genannt, sind in Deutschland nicht zugelassen, aber beliebt bei Stadtplanern, weil sie den Fußgängern mehr Raum geben. Es sind tatsächlich schilderarme Straßen, in denen Rechts vor Links gilt und die Fußgänger ermuntern, auf der Fahrbahn zu gehen. Verkehrsteilnehmer/innen sollen sich per Blickkontakt arrangieren. Das ist von großem Nachteil für Radfahrende. Sie müssen sich zwischen oft sehr langsamen Autos (die Fahrer suchen permanent Parkplätze und parken auch illegal) und Fußgängern, die queren, hindurchschlängeln. Und sie werden von Fußgängern als "rasende Radler" empfunden, selbst wenn sie wie Autos auch nur 20 km/h fahren. Fußgänger erleben solche Bereiche als gefährlich wegen der Radler, nicht wegen der Autos. Hauptradrouten sollten deshalb nie durch solche verkehrsberuhigte Bereiche mit Mischverkehrscharakter führen.

Kontrolle

Es nützt alles nichts, wenn die Ordnungskräfte die Radinfrastruktur nicht auch schützen. Radler, die ständig von Radspuren herunter in den Tempo-50-Verkehr schwenken müssen, weil auf der Radspur die Post steht oder ein Lieferwagen oder Pkws parken, fahren mit zunehmendem Groll und halten sich ihrerseits seltener an Regeln (nach dem Motto: Für mich sorgt ja keiner, also sorge ich für mich).
Dass Radstreifen für Radfahrer da sind und für sonst niemanden, muss ins Bewusstsein der Stadt und ihrer Autofahrer/innen und Fußgänger/innen dringen. Und dazu bedarf es zunächst einiger Anstrengungen. Die Polizei muss kontrollieren und von Radwegen abschleppen. Die Stadt muss in einer Campagne fürs Radfahren werben. Unternimmt man gar nichts, dann produziert man Kampfradler und Autofahrer und Fußgänger, die Radfahrer hassen.


Ampeln und Fußgängerüberwege 

Radler fahren mit Muskelkraft (auch wenn es eine elektrische Unterstützung gibt), und das aus dem Stand Starten verlangt am meisten Energie und Kraft. Deshalb stoppen Radfahrende ungern zum Stillstand. Räder wollen rollen. Den Autoverkehr kann man alle hundert Meter stoppen (was man gar nicht tut, der hat meist grüne Welle), den Radverkehr nicht, was leider allzuoft geschieht. Radfahrende sehen sich an Kreuzungen oft mehrzügigen Fußgängerampeln gegenüber, wo sie oft auch noch lange warten müssen. Wenn sie über Fußgängerampeln geschickt werden, bedeutet Linksabbiegen oft vier bis sechs Mal an roten Fußgängerampeln warten, teils auf zu schmalen Verkehrsinseln.
Starten Radler gemeinsam mit Autos auf Fahrspuren, sehen sich sich oft von Autofahrern bedrängt, die unbedingt noch auf der Kreuzung am Radler vorbei wollen, bevor die Straße drüben zu schmal zum Überholen wird. Hier schaffen Radlerampeln, die zwei Sekunden früher grün werden, Abhilfe. Das Dilemma einer Radverkehrsführung entlang der Autofahrbahnen sind die oft kurz hintereinander gesetzten Ampeln, die Autofahrern (50 km/h) eine grüne Welle anbieten, die aber für Radfahrende (ca. 20-27 km/h) nicht reicht. Das führt zu Rotlichtverstößen bei Radfahrenden oder einem Ausweichen über die Gehwegecke zum Fußgängerüberweg an Kreuzungen, vor allem aber beim Rechtsabbiegen.

Autofahrer muss noch warten, Radler kann hier schon
fahren, hinter der Fußgängerin. Für eine
Fußgängerfurt mit Ampel gilt das Gleiche. 
Abhilfe könnte hier ein Grüner Pfeil (Gelber Pfeil) schaffen, der in Frankreich bereits verwendet und in Ulm getestet wird und in Leipzig wohl Usus ist. Wo der an einer Ampelanlage angebracht ist, erlaubt er es Radfahrern auch bei Rot nach rechts abzubiegen oder an T-Kreuzungen am Bordstein entlang geradeaus weiterzufahren, ohne Autos zu behindern. Vorausgesetzt, sie beachten den Verkehr, vor allem den Fußgängerverkehr. Ein solcher Gelber/Grüner Pfeil kann auch an Fußgängerfurten mit Ampeln den Radlern die Durchfahrt erlauben. Eine Gefährdung oder Behinderung von Fußgängern ist viel geringer als Ordnungskräfte einer Stadt und Fußgänger immer glauben. Räder sind so schmal, dass sie am Fußgängerüberweg (auch Zebrastreifen) nur die Fahrt verlangsamen müssen und dann hinter dem Fußgänger durchkommen, während ein breites Auto lange stehend warten muss, bis der Fußgänger vor seinem Kühler vorbei gegangen ist.

Eine lebensgefährliche Radlerampel am
Wilhelmsplatz Cannstatt. Hier Rot, drüben Grün.
Übrigens sollten Radierampeln gut sichtbar sein. Das sind sie erstaunlich oft nicht. Sie müssen in der Blickrichtung anfahrender Radler stehen. Orientiert sich ein Radler nach links, weil er abbiegen will, darf die Radierampel nicht rechts stehen, sondern muss in seiner Blickrichtung angebracht sein. Sonst besteht Gefahr, dass sie von ortsfremden Radlern gar nicht gesehen wird.
Rot, Grün? Nicht zu erkennen












Und die Farben ihrer Streuscheiben dürfen nicht bei Sonnenlicht unsichtbar werden, sodass man nicht erkennt, ob Rot ist oder wann es Grün wird. Auch das ist erstaunlich oft der Fall.
Die stehen im Fußgängermodus hinter
der Radampel und schauen nach
gegenüber. Die Ampel steht falsch.

Radampeln müssen übrigens auch an der richtigen Stelle stehen, also nicht im Rücken des Radlers, der sich an einer Haltelinie aufstellt. Wenn ein Haltering an dem Mast angebracht ist, an dem sich auch die Radampel befindet, muss der Radler sich verrenken, um sie im Auge zu behalten. Eine Mischung von Radierampel (steht diesseits der Fahrbahn) und Fußgängerampeln mit Radzeichen (steht jenseits der Fahrbahn) ist lebensgefährlich für einen Radfahrer, der sich an der Stelle nicht ausgekannt. Er muss nämlich konzentriert umschalten von diesseits-Rot zu Jenseits-Rot und darf sich von einem Jenseits-Grün nicht verlocken lassen loszufahren, falls diesseits die Radlerampel noch Rot zeigt.

Radverkehr fördert den lokalen Handel 

In den Vororten Stuttgarts leisten die Bezirksbeiräte aller Couleur oft heftigen Widerstand gegen Vorschläge einer funktionierenden Radinfrastruktur, sobald ein paar Parkplätze verschwinden sollen. Dem lokalen Handel erscheinen Parkplätze auch oft notwendig, damit Kunden kommen. Das aber ist ein Denkfehler. In von Autos im fahrenden und ruhenden Verkehr beherrschten Straßen kümmert der lokale Handel, denn Fußgänger/innen und Radfahrende finden die Gegend unattraktiv. Sie warten zu lange an roten Fußgängerampeln, erleben sich dem Autoverkehr nachgeordnet. Schafft man jedoch verkehrsberuhigte Bereiche mit Aufenthaltsqualität für Fußgänger und bequemer Radinfrastruktur, dann belebt sich der lokale Handel deutlich. Autoparkplätze nehmen viele Meter Raum weg, doch es steigt aus jedem einzelnen Auto immer nur einer. Zwei Parkplätze erzeugen gerade mal zwei bis drei  Kunden in einer halben Stunde. Sechs Radparkbügel und ein Café auf einem verbreiterten Gehweg erzeugen dagegen ein Dutzend Kunden mit schnellerem Durchlauf. In den USA hat die Verkehrsberuhigung auf zentralen Plätzen für eine Steigerung des Umsatzes in Geschäften von 50 Prozent gesorgt. Und gerade Vororte eigenen sich für Einwohner/innen gut dafür, die oft nur ein bis zwei Kilometer langen Strecken mit dem Rad zu rückzugegen statt mit dem Auto.  Weniger Autos und mehr Rad- und Fußgängerverkehr macht eine Stadt lebenswert und reich. 








15 Kommentare:

  1. Haben Sie das Buch "walkable city" von Jeff Speck gelesen? Absolut empfehlenswert, Sie scheinen vielen seiner Quellen auf die Spur gekommen zu sein. Super Artikel, man wünscht sich nur, das es auch in dieser Richtung sich bewegen könnte.

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  2. Sauberer Artikel. Leider fallen mir aus dem Stehgreif zu jedem Punkt mindestens 2 Stellen in Stuttgart ein, bei denen diese Empfehlungen nicht beachtet werden. Na dann viel Glück bei den 20% Radfahranteil, Herr Oberbürgermeister!

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  3. Zitat (Anfang):
    In den USA hat die Verkehrsberuhigung auf zentralen Plätzen für eine
    Steigerung des Umsatzes in Geschäften von 50 Prozent gesorgt. Und gerade
    Vororte eigenen sich für Einwohner/innen gut dafür, die oft nur ein bis
    zwei Kilometer langen Strecken mit dem Rad zu rückzugegen statt mit dem
    Auto. Weniger Autos und mehr Rad- und Fußgängerverkehr macht eine Stadt
    lebenswert und reich.
    Zitat (Ende).


    Das stimmt so natürlich nicht!
    Jeder Bürger/Käufer/Kunde etc. kann sein Geld nur EINMAL ausgeben.
    Die Stadt wird also keineswegs reicher, es würden sich allenfalls
    die Bereiche, in welchen das Geld ausgegeben wird, innerhalb der
    Stadt verschieben!

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    1. Das stimmt, die Frage ist nur, wo die Leute ihr Geld ausgeben. Rad fahrende Kunden sind gut für Innenstädte und Stadtteile, also für den lokalen Handel, für kleine Geschäfte und so weiter. Man weiß, dass Radler durchschnittlich 1,5 Tüten aus dem Laden tragen und dazu noch öfter kommen als Autofahrer, die auch nur durchschnittlich 1,5 Tüten aus dem Laden zum Auto tragen. Autofahrende fahrend vermutlich einmal in der Woche zum Großeinkauf in irgendein Einkaufscenter am Stadtrand oder auf der grünen Wiese. Werden Innenstadtstraßen verkehrsberuhigt und für Fußgänger und Radfahrer einladend (übrigens auch Fußgängerzonen für Fahrräder geöffnet), dann wird so eine Straße insgesamt lebendiger, Gastronomie siedelt sich an, mehr kleine Läden siedeln sich an, der lokale Handel, wo das Geld auch in der Stadt bleibt (also die Einnahmen nicht an eine Konzernzentrale gehen), nimmt Aufschwung. In sofern stimmt die These schon.

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    2. Das sehe ich komplett anders.
      Eine Stadt wie Stuttgart (gilt auch für alle anderen Städte/Großstätte) generiert einen Umsatz XY durch all seine Geschäfte/Märkte/Lokale etc.
      Sollte nun zum Beispiel die Königsstraße in Stuttgart-Mitte für Radfahrer komplett frei gegeben werden, dann würde hier durch das mehr an Radfahrern auch mehr umgesetzt. Nur, dieser Mehrumsatz fehlt dann an anderer Stelle der Großstadt! Und, nicht zu vergessen, einige (viele?) Fußgänger würden ob der Radfahrer künftig die Königsstraße in Stuttgart-Mitte meiden.

      Radfahren in Fußgängerzonen? Weshalb das denn?
      Nun kommt bestimmt wieder: "doch, allerdings nur mit Schrittgeschwindigkeit".
      Darauf frage ich dann immer: "was nur ist der Unterschied ob man AUF dem Rad in Schrittgeschwindigkeit fährt oder das Rad schiebt?
      Keiner, denn beides ist Schrittgeschwindigkeit und schieben ist vor allem für die Fußgänger (deshalb ja auch Fußgängerzone) deutlich ungefährlicher, als wenn ein Radfahrer versucht sich mühsam balancierend bei ca. 4-6km/h
      auf dem Gefährt zu halten und somit die Fußgänger aus den Augen verliert!

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    3. Ob Radler durch eine Fußgängerzone fahren ist ein anderes Thema. Klar stehen Innenstadtläden im Wettbewerb miteinander um die Kunden, und die Stutttgarter Radfahrenden kaufen eher woanders ein als in der Königstraße. Es ist eigentlich nur für Handel treibende wichtig, darauf zu dringen, dass die Radfahrenden Kund/innen auch zu ihnen kommen und nicht dort einkaufen, wo sie mit ihren Räder hinkommen und sie auch abstellen können. Und ich sehe schon einen Unterschied, ob Kund/innen ihr Geld bei inhabergeführten Läden lassen oder in großen Ketten, wo der Gewinn nicht in der Stadt, sondern im Konzern landet. Aber auch Ketten-Läden müssten ein großes Interesse daran haben, dass die RAdler zu ihnen kommen, denn gerade in Stuttgart sind Radfahrende ja keine armen Leute.

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    4. Verehrter Friedemann, mir ist das völlig egal, ob Radfahrer in so genannten Fußgängerzonen fahren dürfen oder nicht. Entscheidend ist die Frage, ob wir den Radverkehr in Stuttgart fördern und ermöglichen wollen, oder nicht. Und falls ja, mit welchen Methoden. Fußgängerzonen sind so ein typisches Klein-Klein-Thema, das in jeder Hinsicht vernachlässigbar ist. Als Radfahrer in Stuttgart hab ich mit Fußgängerzone das geringste Problem, egal ob ich da durchfahren darf oder schieben soll. Ich habe jedenfalls ganz andere Probleme.

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    5. dass das Geld nur einmal ausgegeben werden kann stimmt so natürlich auch nicht. Wenn Du z.B. deinen Kaffee beim Starbucks kaufst, ist das Geld bei dir weg, dafür geht es in die große Firmenzentrale ins Ausland; wie wir immer wieder lernen müssen, bleiben davon nicht mal Steuern hier.
      Solltest du deinen Kaffee allerdings z.B. beim Mokuschka in S-West kaufen hat der Inhaber dieses Ladens jetzt dein Geld und gibt es tatsächlich ein zweites Mal aus, vielleicht sogar wieder in Stuttgart. Und Steuern zahlt er davon auch, von denen die Stadt Stuttgart dann wieder etwas beim lokalen Handwerk kaufen kann oder "nur" ihre lokalen Mitarbeiter bezahlt (die dieses Geld dann bestenfalls wieder in Stuttgart ausgeben, etc.)

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    6. an Stefan K.:
      nach meinem Umzug in die Innenstadt habe ich beides,
      KfZ und Fahrrad, verkauft und erledige alles zu Fuß
      oder mit dem ÖPNV.
      Und da ist mir das Thema Fußgängerzone schon wichtig,
      es wurde von der Blogbetreiberin hier auch angesprochen.

      Natürlich akzeptiere ich, daß es ihnen nicht so wichtig ist!

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    7. an Anonym31. Oktober 2016 um 15:00:
      da habe ich mich wohl zu oberflächlich ausgedrückt.
      Gemeint war, daß ich als Kosument nur die mir zur Verfügung stehende Menge an Geld ausgeben kann. Und wenn ich mir pro Monat einmal einen Besuch eines etwas besseren Essenslokales leisten kann und dort 150.- liegen lasse, dann spielt es keine Rolle WO in der Stadt ich dies tue. Die Stadt wird nicht reicher, (erzielt nicht mehr Umsatzsteuereinnahmen) wenn ich als Radfahrer mein Gefährt direkt vor dem Lokal
      abstellen kann. Es ist "Wurst", ob ich dies in Stuttgart-Mitte / Feuerbach oder Bad Cannstatt tue, ich kann es mir nur einmal pro Monat leisten.
      Wenn nun gewisse Betriebe keine Umsatzsteuer abführen,
      dann ist das doch eher ein Fall für die Politik.
      So etwas gab es übrigens schon einmal:
      es wurde der "lange Donnerstag" eingeführt, auch mit dem Argument, daß die Kosumenten länger und deshalb auch mehr einkaufen könnten (würden). Natürlich war und ist das nicht der Fall, es haben sich lediglich die Zeiten der getätigten Umsätze verschoben, das Umsatzvolumen ist gleich geblieben.

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    8. Hier wird immer unterstellt, dass alle Menschen all ihr Geld ausgeben.
      Auf mich bezogen ist das nicht so, es bleibt immer was übrig.
      Wenn ich "etwas" kaufen will, bevorzuge ich grundsätzlich kleine Läden mit persönlicher Beratung. Ich finde einen vollen "Mega-Store" abstoßend, da kaufe ich nicht ein wenn es anders geht. Ich bin meist mit dem Rad unterwegs, besitze auch Autos (mehrere) aber die gefahrenen km haben sich durch Änderungen meines Verhaltens auf einen Bruchteil reduziert.
      Empfinde ich einene Shop als umständlich mit dem Fahrrad erreichbar, weil er in einer Fußgängerzone liegt die ich mit dem Rad nicht befahren darf und (!!) ist der dafür anfallende Fußweg zu weit oder gibt's keine Fahrradabstellplätze, dann kaufe ich da nicht ein. Das meiste was ich nicht mit dem Rad besorgen kann, kaufe ich im Internet, das ist nie ein Gewinn für meine Stadt.
      Allerdings bin ich durchaus auch der Meinung, dass es Bereiche geben darf, die z.B. für Fußgänger reserviert sein müssen, als Beispiel darf gerne die Königstraße dienen, hier würde ich auch nie auf die Idee kommen während der Ladenöffnungszeiten mit dem Rad zu fahren.

      Übrigens macht es durchaus einen Unterschied ob ich ein Rad schiebe oder langsam (in Schrittgeschwindigkeit) damit fahre. Das Rad ist mit einem daneben gehenden Fußgänger deutlich gefährlicher für andere, es ist weniger wendig, schwerfälliger als Fußgänger und wird nicht als Fahrrad wahrgenommen (weil es geschoben wird). Schon mal mit dem Fuß / Schienbein an einem Pedal hängen geblieben? Und es braucht auch mehr Platz.
      Ich wohne nicht direkt in Stuttgart, aber auch in meiner Stadt ist die Einkaufswelt eine Autowelt. Schade für die vielen kleinen Läden die um Kunden werben. Mich kann man nicht mit 30 Minuten kostenfreiem Parken locken, ein Fahrradbügel würde mehr helfen, das einzige Objekt an dem ich das Rad anschliessen könnte ist der Parkschein-Automat, das ist gaga.

      Ich denke es wird in Zukunft auch Shops geben, die sich weiter auf ihre Kunden ausrichten werden, nach "Drive Inn" wird es "Bike welcome" geben, einige Hotels haben das schon kappiert, die Läden, Boutiken, Shops, Caffees, usw. werden das auch noch schaffen.

      Übrigens finde ich die "Anspruchsliste" mit den 16 Punkten von Christine gut.

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    9. Zitat:
      Das meiste was ich nicht mit dem Rad besorgen kann, kaufe ich im Internet, das ist nie ein Gewinn für meine Stadt.

      Das ist Unsinn.
      Fast alle Geschäfte/Läden in Stuttgart unterhalten eine Onlinepräsenz inkl. Shop. Viele glauben offenbar noch immer das Onlinehandel = Am...n sei.

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  4. Herzlichen Dank an Christine für dieses Manifest. Ich bin begeistert. Das ist ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung. Es geht voran! Ich würde ergänzend unter anderem anregen, dass die sehr bemühte Stuttgarter Fahrradpolizeistaffel nicht nur Radfahrer drangsaliert mit ihrem ahnungslosen Geschwätz, sondern auch mal in unserer einzigen Fahrradstraße nach dem Rechten sieht.
    Ich bin diesen Teil der so genannten Hauptroute heute mal wieder in west-östlicher Richtung gefahren und musste feststellen, dass die orientierungslosen Piloten der Panzerwagen sich nicht nur nicht an die Verkehrsregeln halten, sondern an mehreren Stellen auch den Straßenverkehr auf der Fahrradstraße vollständig zum Erliegen bringen. Besonders krass vor der Paulinenbrücke und dann natürlich in der Eberhardstraße. Als Ausweichroute habe ich dann jeweils den Gehweg genutzt. Im Gegensatz zu den hilflos plärrenden Chaoten ist man als Radfahrer ja flexibel und mobil – auch in einer Fahrradstraße á la Stuttgarter Hauptroute Nummer 1.

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  5. Viele Deiner 16 Punkte wiederholen eigentlich nur, was sowieso vorgeschrieben ist. Die sog. "Empfehlungen für Radverkehrsanlagen" von 2010 sind ja in Baden-Württemberg verbindlich und schreiben z.B. Mindestbreiten und Mindestabstände vor. Seitens der Stadtverwaltung hat Herr Köhnlein daran als Autor mitgearbeitet. Um so mehr verwundert, dass selbst die Hauptradroute Nr. 1 die Kriterien nur auf kurzen Teilstrecken erfüllt.

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    1. Ich sehe allerdings auch, dass Stuttgaert arg eng ist. Und andererseits, dass die Mindestbreiten gar nicht reichen. Ein Dilemma es geht manchmal nur schlecht, solange der Gemeinderat echte Radkonzepte dann im konreten Fall ablehnt.

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