Kürzlich wäre ich selber fast auf dem Kreisverkehr Kernerplatz umgefahren worden.
Mein Fehler: Ich bin nicht mittig, sondern am Rand gefahren. Das ist lebensgefährlich.
In der Schweiz dürfen und müssen Radler schon seit den 90er Jahren in der Mitte fahren. Und schon 2010 hofften die Schweizer Radverbände, dass dies ein europäischer Exportschlager wird. Wurde es nicht. Hier ein sehr aufschlussreiches Video, das die Gefahren und die überlebenswichtige Gegenstrategie gut darstellt.
Wer als Radfahrer einen Kreisverkehr außen herum fährt, läuft akute Gefahr, von Autofahrern an der nächsten Ausfahrt umgemäht zu werden.
So verdeutlicht es das Video des Schweizer Fernsehens.
Gefährlich fand ich bis dahin nur Kreisverkehre, wo Radler wie Fußgänger (radwegähnlich getrennt vom Autofahrer) außen drum herum geleitet werden. Radler kommen schneller als Fußgänger, sie werden von aus dem Kreisverkehr hinaus fahrenden Autofahrern nicht gesehen. Sie sind plötzlich da.
Und leider ist deutschen Autofahrer/innen noch immer nicht wirklich klar, wie man sich auf Kreisverkehren verhält. Zum Beispiel ist es außerordentlich nützlich zu blinken, wenn man raus will. Dann wissen nämlich die anderen, die an der Einfahrt warten, dass sie fahren können. Engländer, hat man mir berichtet, können das viel besser als wir.
Wichtig für Radler bei Kreisverkehren: nie am Rand fahren, sondern mitten auf der Kreisverkehrsfahrbahn!
Es geht leider nicht anders, wenn man überleben will. Ich habe kürzlich am Kernerplatz den Fehler gemacht, mich am Rand zu halten. Ich dachte, die Autofahrerin, die nach mir kam (und übrigens beim Einfahren das Stoppschild missachtet hat), habe mich ja gesehen. Aber sie fuhr einfach an der nächsten Ausfahrt raus, den Blick starr geradeaus, und ich musste eine Vollbremsung machen, sonst hätte sie mich umgenietet. Der nachfolgende Porsche wollte übrigens auch noch vor mir raus und hupte sogar.
Das war jetzt das, was ich mir denke. Das Foto links zeigt das, was sich Michael Meschik in seinem "Planungshandbuch für Radverkehr" (Springer, 2008) dazu gedacht hat. Kleine Kreisverkehre innerorts sieht er als Mischverkehr. Hier sollten Radler mittig einfahren, sodass sie von Autos nicht überholt werden können. Mischik schlägt sogar eine Fahrbahnverengung vor der Einfahrt vor, allerdings nicht für die Radspur, sondern für die Autospur (Abbildung auf dem Foto oben).
In der Mitte sieht man das, was er sich für große Kreisverkehre denkt. Hier will er die Radler auf einer Extraspur, getrennt von der Fahrbahn der Autos außen herumführen. Etwa so wie auf meinen beiden Beispielsfotos, wo ich die Variante als gefährlich beschreibe, weil der Autofahrer die schnellen Radler beim Hinausfahren womöglich nicht rechtzeitig sieht. In diesem Vorschlag sind Radweg und Fußgängerüberweg eine ganze Autolänge vom Kreisverkehrrand entfernt, sodass der Autofahrer nach dem Rausfahren bremsen und halten kann, ohne den nachfolgenden Kreisverkehr zu behindern.
Die gefährlichste Variante ist für Mischik die unten, wo der Radler außen auf der Fahrbahn um den Kreisverkehr herumfährt (das war meine Situation mit dem Beinaheunfall), weil da die Richtung, die der Radler nehmen wird - fährt er raus oder fährt er noch eins weiter - überhaupt nicht vorhersehbar ist. Stimmt, diese Erfahrung habe ich auch gemacht.
Die beste Variante des Kreisverkehrs scheint mir immer noch die oben, wo der Radler vor dem Autofahrer (zwischen den Autos) in den Kreisverkehr einfährt und ihn umrundet. Da muss der Radfahrer nur aufpassen, dass die Einfahrenden ihn auch sehen. Aber das sieht der Radler vor sich. Kreisverkehre müssen von der Stadt so gestaltet werden, dass Autofahrer Radler nicht überholen können.
So sieht nun allerdings auf der Löwentorstraße Richtung Hallschlag die Einfahrt vom Radstreifen in den Kreisverkehr aus. Hier verengt sich die Spur für die Radler, nicht für die Autofahrer.
Eine lebensgefährliche Variante plant gerade Berlin am Moritzplatz. (Schnell den Link aufmachen und gucken.) Offenbar können Städte der Versuchung einfach nicht widerstehen, Radler am äußersten Rand um Kreisverkehre zu leiten. Die Trennung vom Autoverkehr scheint irgendwie Gebot zu sein. Mit dem Effekt, dass Radfahrer den aus dem Kreisverkehr rausfahrenden, immer vor den Kühler sausen. Autofahrer können den Radler nicht sehen, er kommt in ihrem toten Winkel, in dem Moment, wo sie den Kreisverkehr verlassen wollen und auf sehr viel anderes achten.
Die Situation, dass ein Radfahrer an einer Verkehrsinsel in der Mitte der Spuren warten muss gibt es meines Wissens in Deutschland nicht.
AntwortenLöschenFalls der Radweg als straßenbegleitend gesehen wird hat er den gleichen Vorrang wie ein Verkehrsteilnehmer im Kreisverkehr, also auch auf der Seite, an der die Autos in der Kreisverkehr einfahren. Hier fehlt natürlich die Markierung der Radwegfurt und ein Vorfahrt-Gewähren-Schild für die einfahrenden Fahrzeuge, um das ganze auch für alle klar zu machen.
Wie bei Radwegen außerorts oft angeordnet und vermutlich auch sicherer, wenn der Radverkehr zu weit weg von der Fahrbahn geführt wird müsste man ein Vorfahrt-Gewähren-Schild für den Radweg aufstellen, dann müsste man aber schon vor der Straße warten.
Die Regelung mit Vorrang vor Abbiegern und Nachrang nach Einfahrenden gilt glaube ich nur für Fußgänger. Deshalb wird auch oft ein Zebrastreifen an Kreisverkehren angebracht, um Fußgänger diese verwirrende Situiation zu ersparen.
Er wartet im Fahrbahnteiler, und zwar logischerweise. Doch diese hier geschilderte Situation ist völlig unhaltbar. Niemand hat eine Ahnung, was hier wirklich gilt. Situationen, wo man sich die Rechtslage erst ergrübeln muss, sind untauglich für den Straßenverkehr.
LöschenDas hier eine Beschilderung fehlt ist ohne Frage. Handelt es sich bei dem Überweg in Wangen um einen Radweg auf der anderen Seite? Dort ist kein Schild zu erkennen. Um welche Art Kreisverkehr handelt es sich? Ist Zeichen 205 an der Kreisverkehreinfahrt angebracht?
LöschenKreisverkehre bei denen Autofahrer im Kreisverkehr rechts vor links beachten müssen gibt es doch außerorts kaum.
Falls für den einfahrenden Verkehr Vorfahrt gewähren gilt, hat der Verkehr im Kreisverkehr Vorrang. Und solange kein kleines Zeichen 205 auf dem Radweg steht genießt dieser die gleichen Vorrfahrtsrechte wie die Fahrbahn, die er begleitet, also in diesem Fall die Fahrzeuge im Kreisverkehr. Damit muss der einfahrende Verkehr warten, auch wenn das Zeichen 205 mit Kreisverkehr erst nach der Radquerung steht.
Worauf ich hinaus möchte ist, dass Radfahrer auch Fahrzeuge sind und damit die Situation "im Fahrbahnteiler warten" nur dann auftreten kann, wenn für den Verkehr im Kreisverkehr rechts-vor-links gilt.
Falls ein Vorfahrt-Gewähren-Zeichen für den Radverkehr dort steht muss er schon vor der ersten Spur warten, kann die Insel jedoch als Querungshilfte verwenden. Wenn dieses Zeichen dort nicht steht hat er über die gesamte Strecke hinweg die gleiche Vorfahrt wie der Kreisverkehr, muss also nicht im Fahrbahnteiler warten.
Im Zweifel hilft das natürlich nicht, wenn man überfahren wird, weil die Schilder fehlen.
Der Grund, warum Kreisverkehre so groß bzw. breit sind, liegt unter anderem an den LKWs und Busse. Jene benötigen den Platz, um überhaupt ohne Anecken durch den Kreisel zu kommen. Den Platz, den Autofahrer zum Überholen verwenden. Vernünftiger währe es eher, das Überholen in einspurigen Kreisverkehren zu verbieten.
AntwortenLöschenVolle Zustimmung zum mittig fahren, und dazu passt super das Video "Mit Cruiser und Bella ab durch die Mitte" http://www.persoenlich.com/news/marketing/mit-cruiser-und-bella-ab-durch-die-mitte-230735#.VNu-pDUS37B
AntwortenLöschenIch kann dem Beitrag nur zustimmen. In Bedrängnis komme ich in den Stuttgarter Kreisverkehren regelmäßig. Entweder nehmen mich die einbiegenden Autos nicht wahr wenn ich schon im Kreisel bin, oder Sie überholen mich und versuchen noch eben schnell vor mir auszufahren. Das war für mich schon mehrmals sehr gefährlich. Und das kann man auch nicht nur auf das falsche Einschätzen meiner Geschwindigkeit begrenzen und verharmlosen. Da spielt leider auch viel Ignoranz mit.
AntwortenLöschenIch komme in Kreisverkehren sehr gut zurecht. Auch und gerade am Kernerplatz. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich eben nicht an den Rand drängen lasse. Aber dies ist ein wunderbares Zitat aus Deinem wie immer sehr lobenswerten Beitrag, für mich vorläufig eine verkehrsrechtliche Analyse des Jahres: "Autofahrer haben es manchmal unerklärlich eilig. Sie können und wollen nicht einen Moment langsam tun." Beste Grüße von Stefan K.
AntwortenLöschenDanke. Ich komme mit dem Kernerplatz jetzt auch blenden zurecht. Ich fahre mittig drum herum.
LöschenDas zweite Kreisverkehrdesign, das du als besonders gefährlich empfindest, ist das in den Niederlanden bevorzugt verwendete. Entscheidend ist dabei, dass der Vorrang der Radfahrer sehr deutlich gemacht wird - durch doppelte Markierung auf der Straße (rote Furt plus kleine weiße Vorfahrt-gewähren-Zeichen/Haifischzähne, die gibt es bei uns nicht) plus große Vorfahrt-gewähren-Schilder, es gibt also keinerlei Verwirrung über den Vorrang. Die zurückversetzten Radwege haben den Sinn, dass die Radfahrer nicht im toten Winkel, sondern im Blickfeld der abbiegenden Autofahrer sind. In dieser Form ist es für Radfahrer das angenehmste Design für (größere) Kreisverkehre.
AntwortenLöschen(Mehr dazu auf Englisch auch hier: http://www.aviewfromthecyclepath.com/2014/05/the-best-roundabout-design-for-cyclists.html)
Sorry, du beschreibst die Variante ja gar nicht als besonders gefährlich. Dass kommt davon, wenn man eigentlich zu müde ist zum Posten :-/
AntwortenLöschen»Der nachfolgende Porsche wollte übrigens auch noch vor mir raus und hupte sogar. Ich bin sicher, die beiden Autofahrer haben die Situation nicht einmal begriffen.«
AntwortenLöschenDer Porsche‐Fahrer hat die Situation sehr wohl begriffen (hat ja gehupt): Dieses Gesocks, das mich aufhält, blaffe ich jetzt an und überhole es noch schnell, soll es doch bremsen, das hat es davon, wenn es mir im Weg herumgurkt. Wäre ihm ein Kleinwagen statt einer Radfahrerin im Weg gewesen, hätte er es wahrscheinlich genauso gemacht, falls ihm der Platz zum Überholen gereicht hätte.
Friedhelm Waitzmann, Stuttgart, <publicJJJJMM.fwnsp@spamgourmet.com>
Bitte (jeden Monat neu) JJJJ durch das Jahr und MM durch den Monat ersetzen.
»In diesem Vorschlag« (Meschiks Entwurf Nr. 2) »sind Radweg und Fußgängerüberweg eine ganze Autolänge vom Kreisverkehrrand entfernt, sodass der Autofahrer nach dem Rausfahren bremsen und halten kann, ohne den nachfolgenden Kreisverkehr zu behindern.«
AntwortenLöschenDas heißt jedoch leider nicht, dass Radfahrer vor ausfahrenden Autofahrern immer Vorrang hätten, weil Meschik ein Hintertürchen offen lässt: »bei Verschwenkungen der um den Kreis führenden RW oder GRW Nachrang für RF (FG) anordnen«.
Somit brauchen Verkehrsplaner nur für eine Radwegverschwenkung sorgen, um den Radfahrern Nachrang reinzudrücken. Und weil jegliche »Vorfahrt achten«‐Zeichen am Radweg seine Zugehörigkeit zur Fahrbahn in Frage stellen (sonst gelten Vorfahrt regelnde Zeichen nämlich für alle befahrbaren Flächen einer Kreuzung und nicht nur für gewisse), ist die Arschkarte wieder bei den Radfahrern, weil sie nur zwischen eindeutigem Nachrang (auf dem Radweg) oder möglicherweise Ärger mit der Polizei (auf der Fahrbahn) wählen können. Ich sehe demnach absolut keinen Grund, diesen Entwurf gut zu finden.
Eine Frage: Wie könnte den Fußgängern (FG) Nachrang angeordnet werden? Gibt es das in Deutschland überhaupt? Ich kenne nur Übergänge mit Zebrastreifen oder ampelgeregelte.
Und noch eine Frage: Ist ein »GRW« ein Gegenrichtungsradweg oder ein gemeinsamer Fuß‐ und Radweg? Von den Symbolen »Fahrrad« oder »Radfahrer« im Entwurf ist keines in Gegenrichtung zu sehen.
Entwurf 3 ist noch schlimmer als am Kernerplatz, weil er Radfahrer auf einen wahrscheinlich benutzungspflichtigen Radfahrstreifen (RFS) am Rand mit Totwinkelrisiko zwingt.
Aber auch hier muss ich leider sagen: »sehr unfallträchtig und soll nicht verwendet werden« (Meschik) wird Verkehrsplaner bei uns nicht davon abhalten, es genau so anzuordnen, denn sie werden denken: »Es soll zwar nicht, aber von einem Verbot steht nichts da, also machen wir es trotzdem für die Flüssigkeit ›des Verkehrs‹«. Man kennt die Pappenheimer ja, wie sie mit den weichen Wunschvorstellungen der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung umgehen.
Friedhelm Waitzmann, Stuttgart, <publicJJJJMM.fwnsp@spamgourmet.com>
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Die Neugestaltung der Löwentorstraße ist in jeder Hinsicht ein Griff ins Klo. Ob als Autofahrer oder als Radler kotzt mich diese Verkehrsplanung an. Die Fahrbahn wurde so eng gestaltet, das überholende LKWs mich vom Rad wehen trotz Radspur, die dann auch noch vor jedem Kreisel plötzlich zum Strich wird. Die Ampelanlage zum Pragsattel hin vertsehe ich sowieso nicht, hier halte ich mich an die Fußgänger und radel die Heilbronner nach Feuerbach herunter und hoffe jedesmal, das der abbiegende ATU-Besucher respektvoll wartet. Auf meinem täglichen Arbeitsweg von Feuerbach nach Ditzingen fällt mir besonders negativ das Inselwarten auf. 3 von 4 Ampeln zeigen in folge Grünes Licht, während an der 4.Ampel auf der Insel erst eine Anforderung gedrückt werden muss. Was glauben die Planer, was es da zum verweilen gibt, das sie dort keine freie Fahrt geben? Auch kurios: Nach einem Abbiegefehler eines Autofahrers, der den Radler ignoriert hat obwohl das Dreieck auf der Spitze gut ersichtlich war. Die Stadt hat kurzerhand den Radlern die Vorfahrt entzogen mit der Installation selbiger Schilder. Wer jetzt Vorfahrt hat, ist vollkommen unklar.
AntwortenLöschenIn einen Kreisverkehr fahren heißt, auch wenn es andersrum scheint, ein Linksabbiegevorgang zu machen, dafür sollte man sich natürlich auch links, bzw. mittig halten.
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