27. November 2015

Wer hat Vorrang, Auto oder Fußgänger? Kaum jemand weiß das.

Diese Fußgängerinseln auf Fahrbahnen helfen Fußgängern, eine Straße zu überqueren, sind aber eine echte Herausforderung für alle. Denn fast niemand kennt die Verkehrsregel, die hier gilt.

Müssen die Autofahrer halten, und die Fußgänger zur Verkehrsinsel gehen oder von der Verkehrsinsel weitergehen lassen?

Mich hat kürzlich eine Fußgängerin angepfiffen, die hier an dieser Stelle die Fahrbahn überquert hat (ein Auto hielt und ließ sie durch) und sich ärgerte, dass ich als Radlerin hinter ihr weitergefahren bin. "Verkehrsregeln gelten auch für Radfahrer!", rief sie erbost.
Ganz offensichtlich hatte sie keine Ahnung, wie die Verkehrsregeln hier sind. Sie hatte nämlich keinen Vorrang als Fußgängerin vor mir und den Autos, die geradeaus auf diese Situation zu fahren. Es ist kein Fußgängerüberweg, es gibt hier keinen Zebrastreifen (auch das dazugehörige Schild für die Autofahrer nicht), es gibt keinerlei Fahrbahnmarkierung, auch keine Fußgängerampel. Fußgänger/innen haben hier keinen Vorrang.

Die Insel dient nur dazu, ihnen das überqueren einer Straße zu erleichtern. Erst müssen sie nur nach links gucken, und wenn sie die Insel erreicht haben, dann nur noch nach rechts. Manche nennen sie deshalb auch "Hüpfinsel".

Anders ist das natürlich, wenn ein Auto oder Radfahrer hier einbiegt, etwa von oben (von der Kreuzung vor dem Finanzamt) kommend nach links oder von unten (von der Tübinger Straße her) nach rechts. Denn geradeaus hat immer Vorrang, eben auch geradeaus gehende Fußgänger. Abbieger müssen hier warten und die Fußgänger durchlassen.

Im Grunde bedeutet so eine Insel eben gar nichts, was über die normalen Regeln im Straßenverkehr hinaus geht, sie ist nur eine Erleichterung für Fußgänger, damit sie eine viel befahrene Straße in zwei Zügen überqueren können.

Sehr viele Autofahrer glauben allerdings, dass sie hier warten und die Fußgänger rüberlassen müssen. (Ist ja nicht schlecht, wenn sie das tun. Es verlangsamt den Verkehr und ist ein Vorteil für Fußgänger). Gefährlich wird es nur, wenn Fußgänger meinen, sie hätten hier Vorrang und blicklos durchmarschieren, weil sei meinen, der Verkehr auf vier oder zwei Rädern müsse warten.

Für Radfahrer gelten hier genau dieselben Regeln wie für Autofahrer. Auch sie müssen beim Einbiegen, den Fußgängern Vortritt lassen.

Auf dem Foto ganz oben sieht man eine Radlerin, die vom Gehweg runterkommt. Der Autofahrer, der sehr langsam unterwegs ist, macht eine Vollbremsung, die Radlerin übrigens auch, dann lässt der Autofahrer die Radlerin rüber. (Hätte er nicht müssen, ist aber nett, die Radfahrerin nicht zum, Absteigen zu zwingen.) Man sieht aber auch, wie gefährlich das Radeln auf Gehwegen ist, selbst an so einer Stelle, gerade weil man schneller da ist, als ein Fußgänger und Autofahrer einen viel zu spät bemerken.

Übrigens, obgleich an solchen Stellen ausgesprochen große Unklarheit über die genauen Regeln herrscht, sind diese Hüpfinseln überhaupt nicht konfliktträchtig. Vor allem Autofahrer sind extrem vorsichtig und fahren abwartend, auch Fußgänger gucken, und manche beeilen sich mehr als nötig, um rüberzukommen und das Auto nicht aufzuhalten. Das ist ein Vorteil des Miteinanders im Straßenverkehr.


5 Kommentare:

  1. Zur Ausfahrt-Situation, "Es ist kein Fußgängerüberweg, es gibt hier keinen Zebrastreifen (auch das dazugehörige Schild für die Autofahrer nicht), es gibt keinerlei Fahrbahnmarkierung, auch keine Fußgängerampel. Fußgänger/innen haben hier keinen Vorrang."

    Ja, so ist das. Insbesondere haben die Fußgänger auch aufgrund des angebrachten "Vorfahrt gewähren"-Schild keinen Vorrang. Dieses gilt, zusammen mit der entsprechenden Vorfahrtsberechtigung, nämlich nur für den fließenden Verkehr.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Wobei Fußgänger nicht auf Schilder achten, die für Autos aufgestellt sind. Das Signal für Fußgänger ist hier die Verkehrsinsel, die ihnen suggeriert, dass das ihr Weg ist. Und da die Ampel fehlt, dass sie hier einfach gehen können. Zum Glück passen Autofahrer hier sehr auf, weil auch ihnen nicht ganz klar ist, was das bedeutet. Eigentlich witzig. Und funktioniert offenbar unfallfrei, sonst würde man das nicht immer wieder machen.

      Löschen
    2. Dein Beispiel ist aber schlecht in dem Sinne das es an dieser Stelle nur abbiegende Radfahrer und Autofahrer gibt, oder willst du in den Segmüller mit dem Rad fahren?

      Löschen
  2. Ganz genial sind auch die Vorrangregelungen bei abknickenden Vorfahrtstraßen.
    Z.B. vier-arm-Kreuzung mit einer links abknickenden Vorfahrtstraße und einem linksseitigen Fußgängern der geradeaus in die untergeordnete Seitenstraße möchte.Ähnlich der 7ten Situation im folgendem Bild. https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Abbiegen_bevorrechtigt_Fu%C3%9Fg%C3%A4nger.svg

    AntwortenLöschen
  3. Was mich eher wundert ist, warum es an solchen Stellen nicht grundsätzlich einen Zebrastreifen gibt. Gut, in Stuttgart muss einen eigentlich sowas nicht mehr wundern, aber gerade an einer solch eher gefahrenträchtigen Stelle fände ich es sinnvoll, klare Verhältnisse zu schaffen anstatt auf eine relativ komplexe Vehrkehrsregelung zu vertrauen bei der ja keiner so recht zu wissen scheint, wie es funktioniert. Und selbst wenn man die Regelung kennt kann man sich auch nicht darauf verlassen, dass die anderen Verkehrsteilnehmer dies auch tun. Darum: Warum nicht dem Fußgängern, der immer der Schwächste von allen ist, den Vorrang einräumen? Durch das Vorfahrt-Gewähren-Schild sind Fahrzeuge ohnehin gezwungen an der Kreuzung den vorrangigen Verkehr gewähren zu lassen - also warum nicht einfach 5 m davor die Fußgänger mit einschließen? Zumindest wäre dies für alle Beteiligten eindeutiger.

    AntwortenLöschen