18. Januar 2016

Fahrrad fahren, damit es keine Fahrverbote gibt

Ab heute gilt in Stuttgart Feinstaubalarm. Autofahrer/innen sind aufgefordert, das Auto stehen zu lassen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu gehen. 

(Übrigens sollen auch Leute ihre Kamine nicht anmachen.) Dieser Feinstaubalarm wird ausgerufen, wenn eine Wetterlage vorhergesagt wird, in der sich der Feinstaub sammelt. Die Stadt möchte es zunächst mit solchen Aufrufen probieren, ehe man sich Gedanken über echte Fahrverbote machen muss. Irgendwelche Maßnahmen müssen jedenfalls ergriffen werden, sonst stehen Klagen und EU-Strafen an.


Tut die Stadt gar nichts und zeigt auch gar nichts Wirkung, dann könnte das bedeuten, das Stuttgart (so wie jede andere Stadt) für jeden Tag einer unzulässigen Überschreitung der Grenzwerte zwischen 50.000 und 100.000 Euro zahlen muss. 36 mal im Jahr dürfen am Neckartor zu hohe Grenzwerte gemessen werden, wir überschreiten die Werte aber rund 70 Mal im Jahr. Das Geld kann man wahrlich sinnvoller ausgeben als für Strafen. Beispielsweise für bequeme und einladende Radinfrastruktur. Das entlastet den Straßenverkehr zudem noch von Autos.

Eigentlich sollten heute auf der Cannstatter Straße so viele Autos unterwegs sein, wie das Foto oben vom Sonntagmorgen zeigt. Ich vermute aber, dass wir heute nicht sichtbar weniger Autoverkehr in Stuttgart haben werden. Eher das typische Montagschaos wie immer an Schneetagen. Klar, das Wetter ist schlecht, um Autofahrer, die es warm und trocken gewohnt sind, zu Fuß oder im Fahrrad auf die Straße zu jagen.

Für Radler sollten die Straßen übrigens auch gut geräumt und eisfrei sein. Eher noch als für Autofahrer. So jedenfalls sollte eine Hangstraße nicht aussehen, wenn man will, dass Menschen sich aufs Fahrrad schwingen.

Ich vermute aber auch, dass es deshalb der Verkehr nicht nennenswert geringer ist, weil viele gar nicht mitgekriegt haben, dass Feinstaubalarm ist. Wer gestern nicht durch Stuttgart gefahren ist, hat die Schilder nicht gesehen. Im Radio lief es nur am Samstag, Und wer keine Zeitung liest, hat es gestern auch nicht gelesen.

Mal sehen. Ich bin gespannt. Übrigens, wir Radler sind in den nächsten Tagen diejenigen, die den Autofahrern, die es gar nicht einsehen wollen, helfen, dass sie vielleicht noch um Fahrverbote herumkommen. Wir helfen, tun wir gerne. Wir freuen uns auf das Dankeschön der Stadt und der Autofahrer.

Und das mit dem Feinstaub und den Stickoxiden ist kein Mumpitz. Nur weil wir beides nicht spüren, heißt es nicht, dass es nicht gesundheitsschädlich ist. Stickoxide lösen Asthma aus, gefährlich für Kinder, Feinstaub Herzinfarkte.



12 Kommentare:

  1. Liebe Kollegin,

    ich kann mir nicht vorstellen, dass es ein Fahrverbot geben wird, eher zahlt die Stadt Millionen für Nix, als etwas zu tun, was mit dem Untergang des Abendlandes gerne vorschnell gleichgesetzt wird.

    Ist aber anderswo auch nicht viel anders.

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    1. Doch, ich kann mir das gut vorstellen. OB Kuhn hat keine Lust, Millionen für Strafzahlungen rauszuschmeißen, mit denen man was anderes machen kann. Fahrverbote werden kommen, wenn die Leute, wie sich ja heute zeigt, gar keine Lust haben, freiwillig mal aufs Auto zu verzichten. Die Frage ist nur, und da wären tatsächlich gute Ideen gefragt, wie man so ein Fahrverbot gestaltet. Sagt man gerade und ungerade Nummern, dann kaufen sich die Reichen zwei Autos mit unterschiedlichen Endziffern und der Verkehr reduziert sich um etwa ein Drittel weniger als bei einer anderen Idee. Die hat aber gerade noch niemand. Vielleicht ja einer von euch.

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  2. Ehrlich gesagt würde ich einen Warnschuss mit Fahrverbot jedes zweite kennzeichnen sehr gut finden. Das entstehende Chaos würde den Ausbau des Nahverkehrs und der Radwege endlich ankurbeln. Das luschige und lustlose Arbeiten an diesen Punkten spricht jedenfalls Bände

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  3. Hallo Christine, gugst du Fernsehen? Dort wurde Kuhn schon gezeigt und der Reporter hat schon gesagt, das es Fahrverbote frühestens 2017/2018 geben könnte. Die Strafzahlungen werden "zähneknirschend" in kauf genommen. Wer zahlt die Strafe? Natürlich jeder Bürger der Stadt. Der Feinstaub tut ja auch nicht weh. Bluthochdruck auch nicht!

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    1. Ja, es ist von vorn herein so geplant, dass es Fahrverbote erst in zwei Jahren gibt, wenn Appelle an Freiwilligkeit nicht fruchten. Auch wenn ich jetzt nichts gegen Fahrverbote hätte und auch wenn man skeptisch sein kann, ob genügend Leute freiwillig aufs Auto verzichten, so ist das dennoch ganz klug überlegt: In einer Autostadt wie dieser mit großen Autoproduzenten und einer autobegeisterten Mehrheit im Gemeinderat ist es ganz geschickt, den Autofahrern und dieser Autofahrergesellschaft eine Chance zu geben, bevor man dann Konsequenzen zieht. Ich vermute, wir werden Fahrverbote bekommen. Freiwillig ist halt schwierig, wenn die Nachbarn sich nicht überbieten im Auto-Stehen-lassen. Die Nachbarschaft ist da ganz wichtig. Also rede mit deinem Nachbarn.

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  4. Das Ganze ist doch ein Witz. Von den eingefleischten Autofahrern wird kein einziger aufs Auto verzichten so lange es nur eine "Bitte" ist.
    Stuttgart wird auch dieses Jahr die erlaubte Feinstaubgrenze um ein vielfaches an Tagen überschreiten...... und es wird wieder keine Konsequzenzen haben. Zumindest in den nächsten Jahren.
    Und wenn man als überzeugter Radfahrer Autofahrer auf das Thema anspricht wird man bemitleidet und ausgelacht.

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    1. Ganz so glatt wird es für die Autofahrer, die jetzt lachen, nicht laufen. Der Feinstaubalarm wird sich immer weiter verlängern.. Und wenn es beim zweiten und dritten Alarm so läuft wie jetzt gerade, dann wird es Fahrverbtote womöglivch doch schon früher geben als geplant.

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    2. Was heißt denn immer "eingefleischte Autofahrer"? Man tut ja gerne so, als stünden die StuttgarterInnen aus Überzeugung im Stau weil sie so doof und engstirnig sind. Glaubt ihr das wirklich? Oder dient das nicht eher dazu, den schwarzen Peter möglichst weit von den politisch Verantwortlichen wegzuschieben?

      Wie ist das denn in Stuttgart?

      Wie viele Menschen wohnen wohl in einem Außenbezirk und arbeiten in einem anderen? Je nach Lage ist die Fahrzeit mit dem ÖPNV ganz regulär schnell mal 3-4x länger als mit dem Auto, weil dann wirklich jede Verbindung über die Innenstadt führt. Und das dann 2x täglich. Und so richtig günstig ist es bekanntermaßen ja auch nicht.

      Warum steigert man für "Alarmzeiten" nicht wenigstens die finanzielle Attraktivität? Andere Großstädte bieten in solchen Fällen z. B. einen Einzelfahrschein als Tageskarte an o. ä.

      Wieso geht das in Stuttgart nicht? Oder - noch schlimmer: wieso habe ich den Eindruck, dass dieses Geld von einem Unternehmen abgezogen wird? Moovel ist eine gewinnorientierte Daimler-Tochter und finanziert als Werbeaktion einen 50%-Rabatt während der ersten beiden Alarme - ohne jede Beschränkung. Wie rechnet sich das?

      Wie hoch ist eigentlich die Vermittlungsprovision, wenn ich ein normales Ticket über moovel kaufe? Wieso bezahle ich jedes Jahr mehr für die Fahrkarte während plötzlich ein Unternehmen auch noch davon leben kann? Fragen über Fragen...

      Und wer wegen des Alarms am Montag auf die Bahn umgestiegen ist, hat live erlebt, worüber die Bahnpendler regelmäßig schimpfen: Wenn was ist, stehst Du buchstäblich da wie ein Depp. Beim VVS gibts keinerlei Konzepte, wie eine blockierte Strecke umfahren werden kann. Deshalb gibt es wohl auch keine vernünftige Info an die Fahrgäste, die dann ratlos in der Kälte stehen. Denn auch wenn man das Netz noch so gut kennt braucht man ein bisschen Info um eine Alternative zu finden.

      Und um hier noch On-Topic zu kommen - nein, für mich ist das Fahrrad keine allgemeingültige Alternative. Ich bin keine Supersportlerin im Sommer und bekennende Memme im Winter.

      Übrigens ist Radfahren für mich eine sehr schöne Freizeitbeschäftigung, die ich gerne mit meinem Mann ausübe. Wie groß ist wohl die Chance, dass wir am gleichen Ort einen Job finden und dann zusammen hin- und zurückradeln können? Eben. Deshalb verbringt niemand gerne mehrere Stunden täglich auf dem Arbeitsweg, wenn er das irgendwie vermeiden kann.

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    3. Liebe Andrea, ich gehöre nicht zu denen, die von allen fordern, dass sie nicht mehr Auto fahren. Ich fahre selber Auto. Und es ist doch völlig klar, dass diejenigen, für die Fahrrad und ÖPNV nicht geht oder viel zu lange dauert, mit dem Auto zur Arbeit oder in die Stadt fahren sollen. Es gibt aber viele, die haben in den letzten Tagen in ihr Auto freigekratzt, um zwei Kilometer zum Einkaufen zu fahren oder die Kinder (ist ja sooo kalt) in den Kindergarten zu fahren, statt mit ihnen mal zu Fuß zu gehen. Machen wir uns nichts vor, es gibt viele Autofahrten, für die es eine gute Alternative gibt, und die gerade jetzt nicht stattfinden müssten. Und wenn mehr Leute Rad fahren, entlasten sie den ÖPNV und die Straßen für jene, die mit dem Auto fahren müssen, weil es nicht anders geht. Das Fahrrad ist auf unseren Stadtstrecken das pünktlichste Verkehrsmittel. Und leider zeigt sich in diesen Tagen, dass der ÖPNV für die, die sonst Auto fahren, vielfach zu umständlich und langwierig ist und nicht funktioniert. Aber hier schreibe ich übers Radfahren.

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  5. Den Feinstaub merkt man als Asthmatiker wirklich, ich habe seit Jahren Asthma, hatte aber nie Probleme. Seit ich in Stuttgart wohne habe ich regelmäßig Beschwerden. Im Kessel ist es mitunter wirklich kaum auszuhalten.

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    1. Das sind wohl eher die Stickoxide, weniger der Feinstaub, denn den merkt man nicht, der ist nur deshalb so enorm gefährlich, weil er so winzig ist, dass die Partikel in die Blutbahn geraten. Die Stickoxide hingegen lösen direkt spürbare Reizungen der Atemwege aus.

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  6. Das Schlimme an der Sache ist dass wir Stuttgarter die Suppe(besser den Feinstaub), die uns die Pendler und einbrocken, auslöffeln müssen. Ich glaube die wenigsten Stuttgarter fahren selber mit dem Auto sondern nutzen schon Bahn, Bus Fahrrad etc. Deshalb : CITY MAUT für alle Fahrzeuge ohne ein Kennzeich mit "S" nach Stuttgart wollen.

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