16. Dezember 2017

Fast 10 Millionen für den Radverkehr in den kommenden zwei Jahren

Die Haushaltsberatungen des Stuttgarter Gemeinderats sind zu Ende. Der Gemeinderat hat dabei auch mit großer Mehrheit einer Aufstockung des Radetats und zahlreichen Maßnahmen zur Unterstützung des Radverkehrs zugestimmt. 

Hier eine erste schnelle Information: Der Radetat wurde in den vergangenen Jahren schon erhöht. 2014 lag er bei 2,1 Millionen. Im Haushaltsvorschlag wurde der Etat nun auf  3,8 Millionen pro Jahr aufgestockt. Hinzu kommen 2,2 Millionen auf zwei Jahre, die die Grünen für konkrete Radinfrastrukturmaßnahmen, Winterräumung, Radabstellanlagen, Radparkhäuser und zur Förderung von Lastenrädern für Privatfahrräder gefordert haben. Auf Antrag der SPD wurde festgeschrieben, dass der Radetat auch über diesen Doppelhaushaut hinaus so bleibt (3,8 Mill pro Jahr. Das heißt aber nicht, dass man ihn bei den nächsten Haushaltsebratungen nicht noch einmal erhöht, was sicherlich nötig sein wird.) SÖSLi Plus forderte einen Gesamtetat von  zwischen 10 und 30 Millionen, wenn auch, ohne konkrete Vorschläge für Maßnahmen zu machen. Die Stadtisten hatten mehrere Anträge, darunter den, Leuten für die Probefahrt von Pedelecs einen Zuschuss zu geben (wobei man ja jetzt schon in jedem Laden Pedelecs kostenlos probefahren kann, wenn man ein echtes Kaufinteresse hat).

Das Personal wird in den zuständigen Ämtern zudem um 4,5 Stellen aufgestockt, die Stellen sind nicht befristet. Damit ist klar, dass Gemeinderat und Stadt inzwischen darauf setzen, dass die schöne Entwicklung im Radverkehr weitergeht, immer mehr Menschen Fahrrad fahren und dafür eine gute Infrastruktur zur Verfügung stehen muss. Oberbürgermeister Fritz Kuhn wies bei den Haushaltsberatungen darauf hin, dass zur Förderung des Radfahrens, 1. die notwendige Radinfrastruktur für das abgestellte Rad da sein müsse, 2. die Radrouten durchgängig sein müssten (was leider bei der Hauptradroute 2 bislang unter anderem an der CDU und dem Stadtisten gescheitert sei), und dass 3. das Thema Sicherheit bearbeitet werde. Radwege dürften nicht plötzlich aufhören, zu viele Leute hielten es derzeit noch für zu gefährlich, Rad zu fahren. An diesen drei Schrauben müsse gedreht werden. Dafür gab es erstmals eine schöne und überraschend breite Zustimmung im Gemeinderat.

Sicher auch dank eures Engagements, liebe Radlerinnen und Radler, Blogleserinnen und Blogleser und Radaktivistinnen und Radaktivisten auf der Straße, bei der Critical Mass und im Zweirat, dank eurer Briefe und Aktionen und dank dessen, dass ihr so ungeheuer zahlreich inzwischen auch im Winter radelt. Wir haben viel erreicht! Und wir erreichen auch noch mehr, wenn wir dranbleiben.

Was soll im Einzelnen passieren?
Die zusätzlichen 2,2 Millionen Euro sollen auf Antrag der Grünen ausgegeben werden für Planung und Bau von Radwegen entlang der Heilbronner Straße zwischen Milaneo und Pragsattel, auf der Epplestraße zwischen Degerloch und Möhringen, eine Radwegverbindung zwischen Degerloch und Stuttgart Ost über die Jahnstraße und einen attraktiver Radweg im oder um den Killesberg-Höhenparkt, damit Radfahrer nicht in Versuchung kommen, regelwidrig durch den Park zu radeln. Außerdem sollen 250.000 Euro als Zuschüsse zum Kauf von Lastenräder für Privathaushalte bereitgestellt werden. Die Einzelheiten, etwa die Fördersumme, müssen noch festgelegt werden. Im Winter sollen mehr Radwege geräumt werden als bisher, die Hauptradroute 1 komplett, also auch in den Nebenstraßen.

Zwei Radparkhäuser und zehn Boxen zum sicheren Abstellen von teuren Fahrrädern in Wohngebieten sollen geplant und aufgestellt werden (Orte müssen noch gesucht werden).
Abschließbare Garagen wie hier von Cervotec
(je nach Größe ab ca. 2800 Euro)
verwahren das Fahrrad wettergeschützt
(Mopeds würden bei uns nicht reinkommen.)
Diese Parkboxen für Radfahrer sind zugleich Parkplatzbeschaffer, denn ein Recht auf Abstellplätze für zwei Fahrräder oder ein Lastenrad bekommt nur, wer eine Parkberechtigung im Parkraummanagement zurückgibt. Die Maßnahme hat zum Ziel, Menschen, die bisher keine Möglichkeit haben, ein teures Fahrrad sicher unterzustellen (Pedelecs kann man nicht in den Keller tragen), dazu bewegt werden, sich Räder anzuschaffen und dafür auf ein Auto zu verzichten. Das bedeutet im Eergebnis, dass drei Parkplätze frei werden, und auf dem vierten die Radabstellbox steht.
Natürlich braucht man eigentlich viel mehr Radabstellanlagen im Westen oder Süden, auch sichere, aber das ist jetzt ein Anfang und ein Projekt, das es so noch nicht gibt. Ein Versuch ist es wert.


Bisheriger Winterdienst, HRR1 Heslach
Zur Verbesserung der Sicherheit für Radfahrende haben  die Grünen einen erweiterten Winterdienst für Radwege vorgeschlagen und erstmals tatsächlich auch durchgesetzt. Er sieht eine breite Zustimmung fand. Der erweiterte Winterdienst kann allerdings vor Weihnachten nicht beginnen und vermutlich auch im Januar und Februar noch nicht greifen, weil es an genügend Geräten fehlt und die Fremdfirma, die der AWS hilft, nicht so schnell starten kann. Die Räumung aller Radrouten würde 1,2 Millionen Euro im Jahr kosten, das muss allerdings unser Ziel sein. Denn gerade im Winter (Feinstaubalarmzeit) ist jeder Radler wichtig, der nicht im Auto sitzt und nicht die Stadtbahnen verstopft.

6 Kommentare:

  1. Ich finde es schön, das mehr investiert wird. Im Artikel fehlt allerdings die Messlatte. Das Projekt Rosensteintunnel, eine einzelne Maßnahme für den Autoverkehr, kostet alleine im Bau und ohne Betriebskosten über 200 Millionen oder 40 Jahre mit dem neuen Fahrradetat. Die Forderung, das Radfahren seinem Anteil am Verkehr entsprechend finanziert wird und ihm seinem Anteil am Verkehr entsprechend Verkehrsraum eingeräumt wird ist daher noch immer unerfüllt. Aber ein japanisches Sprichwort sagt: auch ein Weg von tausend Meilen beginnt mit einem Schritt in die richtige Richtung.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja, mehr geht immer. Wobei die Wandlung einer Stadt zur Fahrradstadt nicht allein am Geld hängt. Wir haben so manche Maßnahmen, die bisher an der politischen Mehrheit gescheitert sind. Die Prozesse von Planung und Umsetzung sind langwierig, und es bestünde die Gefahr, dass man das Doppelte oder Dreifache an Etat gar nicht in zwei Jahren ausgeben könnte, weil die Radstreifen oder Radwege erst im Bezirksbeirat scheitern, dann im Gemeinderat, zurückgegeben werden, neu geplant werden, dann den Prozess der demokratischen Billigung noch einmal durchlaufen, und so weiter. Zwei Jahre sind schnell rum, wenn man einen ordentlichen Radweg plant, etwa die Heilbronner Straße hoch (was eine unlösbare Aufgabe ist, wenn man nicht entweder den Autos eine Spur nimmt oder Bäume fällt) oder die Planung und Umsetzung einer Radroute entlang der Epplestraße nach Möhringen, wo man ins Grün eingreifen müsste. Da regen sich von zahlreichen Seiten dann, wenn es soweit ist, stets zahlreiche Widerstände, die bedacht werden wollen.

      Löschen
  2. Super, mich freut die höhere Investition und das breite Einverständnis im Gemeinderat sehr. Ein großer Schritt in die richtige Richtung, dem hoffentlich bald weitere folgen werden. Es gibt so viel tun, aufzuholen und aufzubauen.

    Wer entscheidet eigentlich über die Orte der Radabstellboxen? Kann man da Vorschläge machen? Oder wird das hochseriös statistisch entschieden? ;)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Im Idealfall läuft das so, dass sich die Radler eines Viertels oder einer Straße oder eines Wohnblocks zusammentun, überlegen, was sie brauchen und wo man es hinstellen könnte, und sich damit dann an den Bezirksvorsteher oder an mich wenden. Dann muss sich nämlich die Stadt nicht auf die Suche machen und solche Findungsprozesse initiieren. Es ist immer gut, wenn die Radler eines Gebiets sich zusammentun und der Verwaltung einen guten und praktikablen Vorschlag machen.

      Löschen
    2. Statistisch wird da nichts entschieden, weil es solche Statistiken nicht gibt. Am ehesten guckt man nach einer Stelle, wo es hinpassen könnte. Wenn du es genauer wissen willst, schreibe mir eine E-Mail oder ruf mich an.

      Löschen
  3. Insgesamt eine sehr erfreuliche Entwicklung. Vor allem, wenn sich die Mehrheiten im Gemeinderat sukzessive verbreitern sollten. Weißt du, wie hoch der von Bund und Land geförderte Anteil an diesen städtischen Investitionen ist? Vielen Dank und herzliche Grüße.

    AntwortenLöschen