15. Mai 2020

35 Euro, 55 Euro, 80 Euro

Offenbar ist man im Ausnahmezustandsmodus unterwegs. Nicht nur die Fußgänger:innen und Radler:innen, auch die Autofahrer:innen. 

Auf den Gehwegen gibt es nicht genug Platz für den Fußverkehr mit Abstandsregelungen. Doch nicht genug, es stehen auch noch jede Menge Autos auf Gehwegen herum. Sie stehen auch exzessiv auf Radstreifen und Radwegen. Und die Gehwegecken sind auch zugeparkt. Alle scheinen sich irgendwie im "Wo soll ich denn sonst ..."-Notmodus zu befinden. Aber auch in Ausnahmezeiten bleibt Radweg- Radstreifen-, Schutzstreifen- und Gehwegparken verboten.

Und seit der Novelle der StVO kostet das nun auch richtig Geld und schnell auch einen Punkt in Flensburg.


 55 bis 70 Euro:
Auf Schutzstreifen für Radfahrende darf man jetzt nicht mehr mit dem Auto stehen, auch nicht halten, auch nicht mit einem Lkw. Das Bußgeld beträgt 55 Euro. Geht das mit Behinderung einher, und das ist immer der Fall, wenn ein Radfahrer den Schutzstreifen nicht mehr befahren kann, dann werden 70 Euro und ein Punkt in Flensburg fällig. Den haben sich zwei von denen (der dritte steht genau am Beginn des Schutzstreifens) auf dem Foto ganz oben gestern auf der Olgastraße verdient.

55 bis 80 Euro:
Auch die vielen, die vor dem Kiosk in der Böblinger Straße in Heslach ihr Auto aus Bequemlichkeit (nicht aus Parkplatzmangel) auf dem Radweg abstellen, dürften nun lernen, dass dies 100 Euro (und einen Punkt in Flensburg) kostet. Denn sie behindern den Radverkehr massiv. Er muss den Radsreifen verlassen, und wenn Autos neben ihm hochfahren, dann muss er zum Stillstand abbremsen und die Autos vorbeilassen. Das ist Behinderung (70 Euro), wenn nicht zugleich auch Gefährdung (80 Euro). Die Autos stehen außerdem zugleich auf dem Gehweg, das eine so, dass kein Fußgänger mehr vorbei kommt (er muss den Radweg betreten). Das ist Behinderung und Gefährdung: 70 Euro (mit Gefährdung schlägt erst nach einer Stunde mit 80 Euro zu Buche.)

55 Euro:
Die Motorrad- und Mopedfahrer:innen, die derzeit in ungeheuren Massen die Gehwege als Abstellflächen benutzen, dürfen ihre Fahrzeuge dort nicht hinstellen. Auch die drei auf der Fotocollage oben haben sich ihre 55 Euro verdient, genauso wie die hier auf der Collage nebenan. (Die Ordnungspolizei duldet das schon lange, weil auch sie der Meinung ist, "ja, wo sollen die denn hin? Und besser, sie nehmen Autos nicht die raren Parkplätze weg." Dennoch ist es verboten. Und gerade jetzt sollten Gehwege weite freie Flächen darstellen, keine Hindernisparcours.

80 Euro:
Schlimmer aber noch sind die Autos, die den Gehweg für Rollstuhlfahrende und Eltern mit Kinderwagen unpassierbar mschen. So wie diese beiden, die immer wieder und über viele Tage genau so im Mühlrain dauerparken. Manchmal hat er/sie von der Polizei ein Knöllchen bekommen, das dürfte nun teuer werden: 55 Euro samt Behinderung des Fußverkehrs, also 80 Euro und einen Punkt in Flensburg, weil sie über eine Stunde so stehen und Fußgänger:innen behindern.

35 Euro: Aber auch das Halten oder Parken an Gehwegecken ist teuer geworden. Teils stehen solche Autos lange dort, weil sie irgendwann Samstagabend so abgestellt worden sind. Fußgänger:innen müssen um sie herum gehen, wenn sie über die Staße wollen. Für Kinder sind sie so hoch, dass sie nicht über sie hinwegblicken können. Und von Autofahrenden, die die Straße entlang kommen, können sie nicht gesehen werden, bevor sie hinter dem Auto hervortreten.

70 Euro: Dieses Fahrzeug steht nun allderdings nicht nur an einer Gehwegecke, sondern auch auf dem durchgezogenen Gehweg mit Koplettbehinderung (ich muss auf die Fahrbahn ausweichen): 35 Euro + 70 Euro.

11 Kommentare:

  1. Die Punkte fehlen! Ab 60 Euro gibt es immer einen Punkt und da ist schnell der Lappen länger als ein Monat weg. Woher stammt die Gefährdung erst ab einer Stunde? Das greift sofort oder gar nicht. Doch Minister Scheuer will schon wieder ran und wie Focus gestern berichtete, die Strafen wieder senken. Wohl "nur" für Raserei. Das wäre ein Skandal. 21km/h zu schnell bei Tempo 30 sind 70 Prozent mehr als erlaubt und kein Kavaliersdelikt.
    Da ist Fahrverbot angemessen. Das ist der Hauptunfallgrund und das macht es tödlicher. Ein Skandal vom Autokorruptionsminister Scheuer.

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  2. Hallo Christine,
    Du hast sehr schöne Beispiele gespostet, die wir Stuttgart ja auch jeden Tag sehen und erleben. Aber wird denn nun auch geahndet? Ich habe eher den Eindruck, dass es zur zeit weniger Ordnungsamt auf den Strassen gibt. Auch bei Eckenparkern sehe ich kaum noch Zettel umterm Scheibenwischer, auch wenn die tagelang da stehen.
    Und ob die Stadt nun die Motorräder auf den Gehwegen wirklich nicht mehr toleriert, wage ich sehr zu bezweifeln. Erst vor 2 Wochen hat eine Dame des Ordnungsamtes einem Motorradfahrer dies an der Ecke Falkert-/Kornbergstr. explizit erlaubt! Danke dafür!
    Ist die Stadt mal wieder monatelang in dem "der-Autofahrer-muss-sich-erst-noch-an-die-neuen-Regeln-gewöhnen"-Modus?

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    1. @Bernd B.:
      Weniger Ordnungsamt auf den Straßen?
      Klar! Die müssen die bösen Mountainbiker im Wald kontrollieren, die halten sich ja alle nicht an das Waldgesetz und befahren Wege die weniger breit als zwei Meter sind.
      Es ist doch verständlich dass so etwas schwerer wiegt als so ein bisschen Falschparken.
      Vorsicht, Sarkasmus.

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  3. "35 Euro: Aber auch das Halten oder Parken an Gehwegecken ist teuer geworden."
    Bist du sicher? Ich meine, dass das immer noch 10 € kostet.

    --> "Sie haben 5 Meter vor einer Kreu­zung oder Einmün­dung, vor Grund­­­stücksein- und -aus­­fahrten, im Bereich von Taxi­­­ständen, vor und hinter Andreas­­­kreuzen oder über einem Schacht­­deckel geparkt" im Bussgeldkatalog

    An die Kreuzungen hat sich unser Verkehrsminister, der gute Andi, wohl nicht rangetraut, denn wo sollen die Leute denn sonst parken?
    Mal davon abgesehen hat Andi ja auch wirklich über die Stränge geschlagen und rudert deswegen wieder zurück:
    https://www.zeit.de/mobilitaet/2020-05/strassenverkehrsordnung-andreas-scheuer-ueberarbeitung-bussgeldkatalog

    Christine ... seit wann machst du die Kennzeichen nicht mehr undeutlich? Das ist neu.

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  4. Schön zusammengefasst. Mal sehen wie sich das weiter entwickelt - da sind nämlich auch schon andere drauf gekommen:

    https://www.spiegel.de/auto/neue-strassenverkehrsordnung-andreas-scheuer-will-haertere-strafen-fuer-autofahrer-wieder-streichen-a-850c1b7b-1d29-4866-b375-5e91a832aad2

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  5. Jörg
    Das man in Stuttgart mehr als den Basis-Tarif Eco-illegal-Parking zahlt glaubt wohl keiner. Traurig, nicht wahr. Nur sollte der Tarif Eco-illegal-Parking jetzt auch verlangt werden. Das bringt u.a. Geld in die von Corona ausgeräumten Kassen. Über die Wegeheld App auf dem Handy könnt ihr die Verwaltung gerne an ihre Pflichten erinnern. Leitet aber nur die wirklich krassen Fälle weiter. Das sind schon verdammt viele.

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    1. Wie sind denn die Erfahrungen mit der Wegeheld App? Bewegt sich da das Ordnungsamt auch oder ist das ein weiterer zahnloser Tiger?

      Ich meine mal vor einiger Zeit einen Artikel gelesen zu haben, in dem Herr Schairer von der Nutzung dieser App abgeraten hat, weil das zu Denuntiantentum führe (und der arme Stuttgarter Autofahrer ist ja eh schon genug damit gestraft, durch diese Stadt fahren zu müssen).

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    2. Jörg
      Die Wegeheld App ist eigentlich der einzige Ort wo wir das Aussmaß das staatlichen Wegguckens, wie es hier in Kommentare geschildert wird, dokumenntieren können. Es ist doch ein Erfolg wenn sich der Odrnungsbürgermeister beschwert, dass er an seine nicht erledigten Aufgaben erinnert wird.
      Das Thema, wo sollen sie denn sonst parken, ist uralt. Es gibt keine einfache Lösung. Das Tool Wegeheld App ist neu. Probieren wir das neue Mittel einfach mal aus, umso mehr mitmachen desto besser. Meldet nur Autos 500 m von eurem Wohnort. Die Stimmung ist aufgeheitzt. Viele Autofahrys* wollen sich nicht an Regeln halten siehe Fahrverbot bei Raserei.
      *Entgendern nach Phettberg

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  6. Hallo Christine, ich weiß nicht, wie es in Stuttgart ist, aber bei mir wird nichts mehr im Straßenverkehr kontrolliert. Es ist wie auf den Bildern. Kraftfahrzeuge parken tagelang im absoluten Halteverbot. Keinen kümmert es. Über den ausserörtlichen Radweg fahren die Traktoren und keinen kümmert es. Nach dreißig Jahren wurden endlich 3 Stellen, von 25 markierten, auf dem Radweg ausgebessert. In allen Medien wird über Corona geredet, aber nichts über Chancen, den Verkehrsraum neu zu gestalten oder umgestalten. Fazit: Nach Corona wird weiter gemacht wie vorher- Herr Scheuer will ja jetzt das Strafmaß für Raser zurückdrehen. Wer in einer 30er Zone 51 km/h fährt, kann ruhig mal einen Monat darüber nachdenken. Eigene Erfahrung: In jeder 30er Zone überholen mich Kraftfahrzeuge mit meinem Pedelec. Ich fahre deutlich schneller als 25km/h. Also werde ich mit deutlich mehr als 30km/h überholt. Sonst würde man ja ein "Elefantenrennen" machen, welches ja verboten ist. Original Aussage eines Autofahrers: "Ich lasse mich doch von einem E-Bike nicht versägen".

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  7. Papier ist geduldig!! Der Scheurer braucht wieder Aufmerksamkeit als Minister und möchte jetzt als Wohltäter bei seinem Wählervolk mit ihren PS-starken Autos gut dastehen anstelle gefährdete Verkehrsteilnehmer zu schützen 😒!

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  8. Kalle: Die Überschrift bitte ändern in 0 Euro, 0 Euro, 0 Euro. Richtung Kaltental hoch ist es immer noch sehr gefährlich. 1,5 m Abstand? Dann können die Autos nicht mehr überholen. Wer ist denn so naiv zu glauben, dass diese Novelle mehr sein soll als Augenwischerei.

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