12. Mai 2021

Radfahrer stirbt in Untertürkheim

Am Sonntag hat es in Untertürkheim einen tödlichen Radunfall gegeben. Die Polizei berichtet darüber in dürren Worten, die Stuttgarter Zeitung hat einen längeren Artikel veröffentlicht. 

Laut Polizeimeldung kam der Liegeradfahrer aus der Lindenschulstraße, auf der es einen Schutzstreifen mit Ampel gibt, und wollte den vierspurigen Bruckwiesenweg überqueren. Ein VW kam von links und stieß mit den Radfahrer zusammen. Der Radfahrer starb. Der Autofahrer erlitt einen Schock und musste ins Krankenhaus. Aus der Stuttgarter Zeitung erfahren wird, dass das Liegerad völlig zerstört wurde. 

Die Zeitung berichtet, dass die Radspur an der Einmündung des Bruckwiesenwegs an einer Ampel endet, deren Rotlicht der Radler nicht beachtet habe. Die Frage, ob nicht vielleicht der Autofahrer seine rote Ampel missachtet haben könnte, diskutiert der Zeitungsbericht nicht. Zu Recht, denn meine Nachfrage bei der Polizeipressestelle ergab, dass es Zeug:innen gab, die den Radfahrer bei Rot haben fahren sehen. Die Ermittlungen dauern noch an. Dennoch wäre der Hinweis auf die Zeug:innen im Zeitungsbericht hilfreich gewesen, um Spekulationen vorzubeugen. 

Es könnte sein, das schreibt die StZ und das hat mir die Polizei auch gesagt, dass im Sonnenlicht das Rot der Ampel nicht erkennbar gewesen war. Aber klar ist das noch nicht.  Den Fotos zu folge, die Mitglieder des Zweirats und Radentscheids von der Unfallstelle gemacht haben, hat der Autofahrer noch versucht auszuweichen und sein Fahrzeug auf die Verkehrsinsel hinter der Kreuzung gelenkt. Der Zusammenprall muss kurz vor der Verkehrsinsel geschehen sein. 

Der Radler, der die Lindenschulstraße entlang kommt, trifft 18 Meter vor dem Bruckwiesenweg auf eine Ampel und Haltelinie an einem Fußgängerüberweg (siehe Karte). Der Radstreifen  geht dahinter weiter und vor bis zur Seitenbegrenzungslinie des Bruckwiesenwegs. Ich erlebe es oft, dass Radfahrende Interpretationsfehler begehen und die Infrastruktur anders verstehen als sie gedacht ist. Autofahrende machen solche Fehler auch, aber ihre Wege sind sehr viel einfacher und im Grunde auch immer gleich organisiert, die der Radfahrenden nicht. Radfahrende müssen eigentlich an jeder Ecke und Straßenkreuzung herausfinden, wo ihr Weg weitergeht und welche Lichtzeichensignale für sie gelten. Es könnte aber eben auch sein, dass im Sonnenlicht die Ampel für den Liegeradler grün ausgesehen hat, aber das muss die Polizei noch klären, das ist noch nicht sicher. 

Ich denke mit Trauer an die Angehörigen dieses Radfahrers und wünsche Ihnen viel Kraft.

 

Nachtrag: Am Mittwoch, den 19. Mai war der Ride of Silence. Das ist der Tag im Jahr, an dessen Abend (meist 19 Uhr) weltweit mit stillen Raddemos in Radfahrten der Toten Radfahrenden gedacht wird. Wir haben ein Ghostbike an der Kreuzung aufgestellt und des Toten still gedacht.









Achtung, der unten folgende erste Kommentar bezieht sich nicht auf diesen Fall, sondern auf wohl einen anderen, den die Schreiberin kennt. 

20 Kommentare:

  1. Es gibt auch Zeugen, die behaupten der Radfahrer ist bei rot gefahren, obowhl in dessen Helmkamera nach dem Unfall eindeutig zu sehen war, dass es grün war.
    Das sind sogenannte Knallzeugen. Die sehen hin, wenn der Unfall passiert ist und "basteln" sich dann aus der Ansichtssituation und dem Umfeld (Radfahrer fahren immer bei rot) den Vorgang. Also bei Unfällen, die man selbst gesehen hat, immer genau hinterfragen, was habe ich denn tatsächlich gesehen, wirklich den Vorgang oder erst das Ergebnis, das ist ganz wichtig. Da hakt die Polizei auch hartnäckig nach, die wissen das nämlich.
    Karin

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    1. Ja, das ist schon richtig, Zeug:innen sind etwas sehr Unzuverlässiges. Aber das weiß die Polizei auch. Es ist aber auch wichtig, dass wir bei solchen fürchterlichen Unfällen nicht zu sehr spekulieren, ob alles ganz anders gewesen sein könnte, bevor die Polizei alles ermittelt hat, was sie herausfinden kann.

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    2. Joachim
      Ja, dass mit der Wahrnehmung ist so ein Problem. Mir fällt dazu folgender Fall ein:

      "Nach ersten Informationen und Zeugenaussagen war man davon ausgegangen, dass die Fahrradfahrerin entgegen der Fahrtrichtung und trotz „roter Ampel“ in Richtung Martinistraße gefahren sei."

      https://www.hasepost.de/fahrradunfall-vor-osnabrueckhalle-dashcam-belastet-lkw-fahrer-es-war-alles-ganz-anders-200649/

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    3. Wir sollten dennoch sehr vorsichtig sein mit Interpretationen des Geschehens aus der Ferne. Der obre Kommentar von Karin bezieht sich auch nicht auf diesem Fall, sondern auf einen anderen, den sie kennt. Es kursieren bereits bezogen auf diesen Fall falsche Gerüchte.

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  2. Ist es ausgeschlossen, das der Radfahrer noch bei Grün in die Kreuzung eingefahren ist, der Autofahrer aber bereits grün bekam, bevor der Radfahrer die Kreuzung wieder verlassen hatte ? Weil die Räumzeiten der Ampel Radfahrer nicht berücksichtigen.

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    1. Es ist nichts ausgeschlossen, das muss die Polizei untersuchen. Wir sollten uns dennoch mit Spekulationen zurückhalten. Die Polizei ist in der Regel sehr betroffen, wenn sie zu solchen Unfallstellen kommt. Das macht denen auch was aus. Ich habe selber mal, als ich Zeugin eines Unfalls war, wo ein Autofahrer ein Signal missachtet und eine Radlerin auf den Kühler genommen hatte, ausgesagt und erlebt, wie wütend der Polizist auf den Autofahrer war.

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    2. Ich habe das Verhalten und die Einschätzung/Vorverurteilung seitens der Polizisten bei meinen Unfällen sehr unterschiedlich erlebt. Polizisten sind eben auch Menschen mit ihren jeweils individuell eigenen Erfahrungen, Vorlieben (begeisterte Autofahrer und begeisterte Radfahrer) und den darauf beruhenden jeweiligen Vorurteilen.

      Beachtlich finde ich die neutral formulierte Pressemeldung der Polizei. Und bei diesem tödlichen Unfall war sie wirklich neutral, nicht einmal das berühmt-berüchtigte "übersehen" war in einer Formulierung, auch kein Hinweis auf den Helm.

      Man macht sich doch ziemliche Gedanken nach einem dermaßen schrecklichen Unfall an einem Tag, den man gleichzeitig unbeschwert genossen hatte.

      Bei einem Liegeradfahrer in diesem Alter kann man von einem erfahrenen Radfahrer mit vielen Kilometern ausgehen. Ein Liegerad schafft man sich nicht nebenbei und per Zufall aus "auf Verdacht", dass es zum eigenen Bedarf passen könnte. Daher unterstelle ich einen überdurchschnittlichen Pflege- und Wartungszustand (aber natürlich auch bei höherem Verschleiß). Und ein Liegeradfahrer weiß, dass Liegeräder von anderen Verkehrsteilnehmer noch schlechter beachtet und/oder falsch eingeschätzt werden, als Fahrräder der gängigen Bauform. War der Fahrer Gast/Tourist in Stuttgart oder kannte er die Strecke gut? Liegeräder sind in Stuttgart selten, da sie in der hügeligen Umgebung Nachteile wegen des hohen Gewichts haben.

      Ein nachlässiges Missachten der Ampel kann ich mir kaum vorstellen. Selbst wenn er die Ampel missverstanden haben sollte und sie nur auf den Fußgängerüberweg bezogen hat oder sie komplett übersehen hat. In die Kreuzung einer 4-spurigen Straße mit Mittelinsel, Sperrflächen und Abbiegespur fährt kein erfahrener Radfaher "auf Verdacht" ein, wenn er sich nicht sicher ist, Vorfahrt zu haben. Ich hoffe, Gutachter und Pathologen finden die tatsächliche Ursache heraus, möglicherweise ein gesundheitliches Problem oder ein technischer Defekt oder ein Beitrag durch die Gestaltung der Kreuzung oder der Ampel aus der niedrigen Perspektive eines Liegeradfahrers. Oder die oben erwähnte Ampelsteuerung. Nach einem tödlichen Unfall leisten die Spezialisten gründliche Arbeit und werden hoffentlich herausfinden, was zum Unfall geführt hat und mit welchen Maßnahmen man ähnliche Unfälle vermeiden kann.

      Die Spekulationen, die im Zeitungsartikel (der gleichlautend auch u.a. in der Winnender Zeitung und der Waiblinger Kreiszeitung erschienen ist) angestellt wurden, sind doch sehr einseitig herausgegriffen. Da hätte der Journalist m.E. besser ganz darauf vezichtet. Und der Verweis darauf, dass die Verkehrsentwicklung durch Corona zwar zu mehr verletzten und getöteten Radfahrern geführt hat, aber verringerte Zahl an verletzten und getöteten Autofahrern durch das reduzierte MIV-Aufkommen nicht erwähnt: erwarte ich zu viel Neutralität und Objektivität, wenn man aufgewühlt ist?

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    3. Als Liegeradfahrer würde ich sagen, dass der eine enorme Vorteil eines solchen Gefährts ist, wie viel Beobachtung man im Straßenverkehr kriegt. Früher auf dem Rennrad haben Autofahrer*nnen mir oft die Vorfahrt genommen, nachdem ich mit denen Blickkontakt gehabt habe. Wenn ich denen nichts Böses unterstellen wollte, würde ich sagen, dass ein normales aufrechtes Fahrrad gesehen aber nicht wahrgenommen wird. Ein Liegerad wiederum wird immer wahrgenommen. Vielleicht täuscht der Eindruck, aber der gefühlte Sicherheitsgewinn ist riesig.

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    4. Danke, Edouard, für diesen interessanten Hinweis.

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  3. ein schreckliches Ereignis und mein herzliches Beileid für die Angehörigen.
    Nur ist es mir immer ein Rätsel wie man darauf kommt mit einem Liegerad unbedingt in die Stadt fahren zu müssen.
    Ich bin oft am Mainradweg unterwegs auf dem viele Liegeradler für die paralympics trainieren, da hat es sich eingebürgert, dass alle Fahrer eine etwa 1,50 m hohe Stange mit einer blinkenden Signalleuchte montiert haben....
    Wie ich finde, eine sehr gute Idee.
    Ich hatte gestern einen ähnlich gefährlichen Fall:
    Ich fuhr - ausnahmsweise - mit dem MIV und überholte einen Rollerfahrer, der den Radweg befuhr. Beim Rechtsabbiegen war der Rollerfahrer plötzlich verschwunden. Nur da ich wusste, dass er doch irgendwo sein müsse, bog ich nicht ab, sondern wartete...
    Da kam er - wohl zur Enlastung - sitzend ( also etwa in Höhe eines Liegeradlers) auf dem Radweg an mir vorbei....
    ich hatte keine Chance, ihn zu sehen!!
    Eine Konsequenz muss sich jeder selber überlegen, ich finde es jedoch nicht verständlich, mit solch einem Gegenstand wie einem Liegerad am Straßenverkehr teilzunehmen.....

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    1. Es gilt §1 (2) STVO jeder hat sich so zu verhalten, dass man andere nicht gefährdet! Mit einem Liegerad zu fahren ist nicht verboten und für viele die einzige Möglichkeit, das Stichwort Paralympics ist ja schon gefallen. Wenn man schon weiß das Leute auf Liegerädern unterwegs sind hat man sich halt JEDERZEIT entsprechend zu verhalten.

      Jan

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    2. Man findet ohne weiteres Stellen im Straßenbild wo dieses oder jenes Verkehrsmittel besser oder schlechter gesehen wird. Seltsamerweise will aber niemand Ferraris verbieten, weil sie tiefer sind als SUVs (genausowenig verlangt der Gesetzgeber, dass eine S-Klasse beim Fahren ein zusätzliches Geräusch erzeugt, weil die zu leise ist).

      Hätte man auch an dieser Stelle ein Kleinkind auf einem Fahrrad oder einem Go-Kart gesehen?

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    3. Liegeräder werden unter Umständen besser wahrgenommen als Fahrräder. Aber dein Hinweis, hätte man ein Kind gesehen, ist viel wichtiger. Kinder bis 8 müssen auf Gehwegen radeln. Aber in der Tat ist unser Straßenverkehr, allemal mit den riesigen SUVs überhaupt nicht mehr darauf ausgelegt, das Kleine auf der Fahrbahn zu sehen, Kinder, Menschen in Rollstühlen, kleinwüchsige Erwachsene und so weiter. Wobei ich zunächst einmal annehme, dass der Autofahrer bei diesem Unfall halt seine Straße entlang kam und den RAdfahrer sah, als er aus der Seitenstraße kam. Er hat ja reagiert. Und dabei spielte es keine Rolle, ob der Radfahrer nun in einem Liegerad saß oder auf einem Normalrad. Er war sichtbar.

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  4. Wahrscheinlich hätte sich der Unfall vermeiden lassen, wenn wir innerorts generell eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h anstatt 50 hätten ...

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  5. Es gilt §1 (2) STVO jeder hat sich so zu verhalten, dass man andere nicht gefährdet! Mit einem Liegerad zu fahren ist nicht verboten und für viele die einzige Möglichkeit, das Stichwort Paralympics ist ja schon gefallen. Wenn man schon weiß das Leute auf Liegerädern unterwegs sind hat man sich halt JEDERZEIT entsprechend zu verhalten.

    Jan

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  6. Moment, ich hatte doch mein Erlebnis geschildert, da ist es toll darauf zu verweisen, dass es eine StVO gibt oder dass ich so fahren muss, dass ich JEDERZEIT auch ein Liegerad sehen kann... es war ein ganz normaler Abbiegevorgang aus dem Stand, nicht bei 30 und nicht bei 50, was soll das dann hier?? nochmal: ich konnte Ihn NICHT sehen!! und ich habe nur mein Unverständnis geäußert mit diesem Gegenstand ernsthaft am Straßenverkehr teilzunehmen

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    1. Etwas nicht [sehen zu] können ist jetzt kein Argument auf der Haben-Seite.

      Wenn bei der Fahrzeugwahl (oder Einstellung der Spiegel?) nicht so wichtig war, dass man es ohne Beifahrer/Einweiser auch benutzen kann, weil man ohne Dinge nicht sehen kann, braucht man eben immer jemand und kann es nicht allein nutzen, oder?

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    2. Eigentlich muss der STraßenverkerh so geordnet sein, dass kleine Fehler, die immer gemacht werden, nicht zu tödlichen Folgen führen. Andererseits wird auf einer vierspurigen Straße eben vergleichsweise schnell gefahren (50 km/h) und desalb regeln Ampeln den Kruezungsverkehr, sonst wird es zu gefährlich. Wiederum andeererseits müssen alle so fahren, dass sie auf unerwartete Störungen noch reagieren können, an Kreuzungen beispielsweise aufmerksamer, auch die schnellen Autofahrenden! Es machen aber eben alle Fehler, auch die Radfahrenden. Es ist gut, wenn wir mit solcher Aufmerksamkeit fahren, dass wir uns noch erinnern, eben einen Rollerfahrer oder Radfahrer überholt zu haben, und dann nach im Ausschau halten, bevor wir abbiegen. So soll es sein. Dass nicht alle sich sonderlich klug im Straßenverkehr verhalten, steht außer Frage, aber wir Menschen sind eben nicht immer in allen Lebenslagen klug.

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  7. Die Sichtbarkeit von Liegerädern sehe ich als Nutzer zwiespältig. Ich habe zwei davon. Auf dem Tourer bin ich auf Augenhöhe mit einem normalen PKW, da ist die Sichtbarkeit sehr gut, und ja, man ist SEHR auffällig. Mein neuer Tieflieger ist allerdings noch mal 20 cm niedriger. Auf einer Landstrasse kein Problem, aber an Kreuzungen verschwindet man schon etwas hinter den parkenden Autos, hier muss ich im Stadtbereich (ich kann mich ja nicht aufs Land beamen) entsprechend achtsam sein. Andere Faktoren: wie ein PKW schiebe ich erst mal Material vor mir her, bevor ich an Kreuzungen etwas sehen kann. Dazu kommt, dass ein gutes Liegerad sehr, sehr schnell ist, aber nur, wenn man nicht ständig bremst und anhält. Das führt dazu, dass ich eher weniger Probleme mit Autofahrern habe als mit dösigen Sonntagsradlern, die mit 15 km/h nebeneinander zu zweit oder alleine in Fahrbahnmitte herumeiern. Letztlich aber hatte ich "liegend" über 10 Jahre weniger Unfälle als mit meinem Rennrad allein im letzten halben Jahr.

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