22. Juni 2021

Des Radlers 7. Sinn - ständiger Systemwechsel

Radfahrende benutzen drei Verkehrssysteme: Fahrbahnen, Radinfrastruktur und Gehwege.

Oft in kurzer Folge. Alle drei Systeme sind anders organsisisiert und folgen eigenen Regeln. Die meisten Radfahrenden schauen im Pfadfindermodus, wie sie durch- und weiterkommen, ohne die teils sehr spezifischen Regeln zu kennen. Ängstlichere und Genervte radeln auch auf Gehwegen, die für den Radverkehr nicht fregegeben werden, andere radeln auf Fahrbahnen, ohne sich darum zu kümmern, ob es eine Radinfratruktur gibt. Die meisten sagen "Radweg" zu allem, wo ein Radzeichen auftaucht. Aber es gibt Radwege, Radstreifen, Schutzstreifen, freigegebene Gehwegein jeweils mehreren Nuancen und dazu noch die Fahrbahnen, Feldwege und Waldweg, wo unterschiedliche Regeln gelten

Als Radweg bezeichnet man im Gegensatz zum Radfahrstreifen nur die baulich durch einen Bordstein, manchmal auch noch durch einen Grünstreifen von der Fahrbahn abgesetzen Fahrweg für Fahrräder. Auf Radwegen muss man radeln, wenn man ein blaues Schild mit einem Fahrrad drauf (manchmal auch zusätzlich mit einem Fußgänger) sieht. Dann darf man nicht die Fahrbahn für Autos nehmen. Autos dürfen auf Radwegen nicht fahren, halten oder parken. Sie dürfen sie überfahren, wenn sie zu einer Grundstüchseinfahrt oder in eine Seitenstraße nicht anders hinkommen. Dabei müssen sie dem Radverkehr Vorrang geben. 

Radfahrende dürfen Radwege auf die Fahrbahn (niemals auf den Gehweg!) verlassen, wenn er nicht befahrbar ist, weil ein Auto drauf steht, eine Baustelle ihn blockiert, er voller Schnee und Eis ist, oder sonst irgendwas auf ihm herumliegt oder herumsteht. Und sie müssen ihn nicht nehmen, wenn er nicht erkennbar in die Richtung führt, in die sie wollen, oder wenn er auf der anderen Seite (der in Fahrtrichtung linken Seite) einer mehr als sechs Meter breiten Fahrbahn beginnt. Radlerverbände von mindestesn 16 Personen müssen den Radweg auch nicht benutzen, sondern dürfen auf der Fabrhan auch zu zweit nebeneinander fahren. Die Radzeichen auf dem Asphalt sind übrigens kein Hinweis auf eine Benutzungsplicht. Ohne das blaue Schild mit dem Radzeichen ist das Ganze kein benutzungspflichtiger Radweg, sondern ein Angebot.

1) Radwege gibt es in mehreren Varianten. 

Als Zweirichtungsradweg auf nur einer Seite einer Fahrbahn. Da kommen man sich auf ca. drei Metern Breite entgegen (König-Karls-Brücke, Böblinger Straße, Neckartalstraße in Münster), nur in Kurven wird dabei gelegentlich eine weiße Linie zur Trennung der beiden Richtungen mit jeweils Pfeilen auf den Asphalt gemalt. Kurven sind gefährlich, wenn man sie schneidet. Das blaue Schild mit dem Radzeichen gibt keinen Aufschluss darüber, ob man sich gerade auf einem Einrichtungsradweg befindet oder ob man mit Gegenverkehr rechnen muss. Eigentlich sollte ein weißes Zusatzschild das deutlich machen. Manchmal geben aber auch nur die Pfeile auf dem Asphalt einen Hinweis. 

Der Zweirichtungsradweg ist in Fahrtrichtung in der Regel obligatorisch (blaues Schild), muss es aber gegen die Fahrtrichtung nicht auch sein, dann wird er mit dem viereckigen weißen Schild mit dem Radzeichen darauf und mit "Rad frei" darauf freigegeben.

Ein Zweirichtungsradweg kann auch ein gemeinsemer Weg mit Fußgänger:innen sein (die Wege im Schlossgarten und manche Gehwege). Auf dem blauen Schild sieht man dann einen waagrechten Strich zwischen dem Fußgänger- und dem Fahrradzeichen. Fußgänger:innen können überall gehen, Radler:innen überall fahren, sie müssen allerdings auf die Fußgänger:innen Rücksicht nehmen und ihre Geschwindigkeit reduzieren, wenn es eng wird, oder wenn man kleine Kinder und Hunde sieht. Fußgänger:innen dürfen sich nicht fürchten auf solchen Wegen. Kommen sich zwei Radfahrende entgegen und muss eine:r von ihnen eine Gruppe Fußgänger:innen überholen, sollte er abwarten, bis der entgegenkommende Radler durch ist, so wie man das auch im Straßenverkehr macht. Wer das Hindernis auf seiner eigenen Seite hat, muss den Gegenverkehr durchlassen. Rechts radeln ist auch ganz nützlich. 

Als Einrichtungsradweg, der in Fahrtrichtung neben einer Fahrbahn verläuft. Es ist absolut verboten, ihn als Geisterradler in Gegenrichtung zu befahren. Kommt aber vor und ist einer der grundsätzlichen Nachteile von Radwegen. Sie werden, da sie geschützt wirken, auch in falscher Richtung benutzt. Die Begrenzung zum Fußgängerbereich darf vom Radler nicht überfahren werden, auch nicht mal eben ganz schnell, weil ein Hindernis auf dem Radweg umfahren werden soll. Man muss auch darauf achten, dass der Lenker nicht in den Gehwegbereich ragt, kommt es zu einer Berührung mit einem Fußgänger, ist man schuld und haftet für Verletzungen des Fußgängers.

Radwege können als Einrichtungs- aber auch als Zweirichtungsradweg auf der Ebene der Gehwege liegen und nur durch eine weiße Linie vom Fußgängerbereich abgetrennt sein. Man sieht auf dem blauen Schild eine senkrechte Linie zwischen dem Fußgänger- und dem Fahrradzeichen. Nicht nur, dass Fußgänger:innen nicht auf dem Radweg spazieren dürfen, auch Radfahrende dürfen ihren Bereich nicht in den Fußgängerbereich verlassen, etwa, um ein Hindernis zu umfahren. Legen sie sich in die Kurve, dürfen sie die weiße Linie nicht in den Fußgängerbereich überragen (kommt es zu einem Unfall mit einem Fußgänger, dann sind Radfahrende schuld.) Ist die Verteilung von Radweg und Fußweg ungeschickt (muss beispielsweise der Fußgänger einen Umweg gehen), dann funktioniert die Trennung nicht und es gibt Gebimmel und Geschrei.

Auf dem Radweg hat man Vorrang vor den Seitenstraßen, wenn man sich auf einer Vorfahrtsstaße befindet (das ist bei Radwegen meist der Fall). Und auf Radwegen hat man immer Vorrang vor allen in die Seitenstraße einbiegenden Autos. Aber Vorsicht, Autofahrende sehen Radfahrende auf Radwegen oft nicht. Abbiegeunfälle gehören zu den häufigen und den gefährlichsten Unfällen überhaupt. 

Die Beschilderung von Radwegen kann auch mittendrin wechseln. Auf dem Foto sehen wir den Zweirichtungsradweg auf dem Pragsattel, vom Gehweg durch eine Linie getrennt, doch am Ampelmasten ist das Radzeichen des gemischen Fuß- und Radverkehrs angezeigt. Das gilt dann nur für den Überweg. Auch die Zeichen in der Streuscheibe stehen untereinander. Stehen die Zeichen in der Streuscheibe aber nebeneinander, dann haben Radfahrende entweder links oder rechts ihren Fahrbereich und die Fußgänger:innen habe ihren Bereich auf der jeweils anderen Seite (woran sich in der Regel niemand hält, Fußgänge:innen sehen so was gar nicht).  

Radwege können in Radfahrstreifen übergehen. Die Situation für Radfahrende ändert sich dabei vor allem in Bezug auf das Gefühl, dem Autoverkehr ausgeliefert zu werden. Auch können Radfahrstreifen in einen Radweg übergehen. Manche fühlen sich dort zwar sicherer, man wird aber hinter geparkten Autos von in Einfahrten abbiegenden Autofahrenden schlechter gesehen und befindet sich in objektiver Gefahr.

2) Ein Radfahrstreifen ist Teil der Fahrbahn. Eine durchgezogene Linie trennt den Bereich, der ausschließlich für Autofahrende da ist, von dem, der nur Radfahrenden vorbehalten ist. Wir dürfen nicht dort radeln, wo die Autos fahren, und Autofahrende dürfen auch nicht mit einem halben Reifen auf den Radstreifen fahren. Sie dürfen dort nicht halten und parken, was aber eben doch immer wieder geschieht. (Ab und zu dürfen sie es aber doch, siehe unten.) Auch an Radfahrstreifen steht das blaue Schild mit dem Fahrrad darauf und sagt: Hier musst du radeln. Radstreifen dürfen aber wie Radwege auch verlassen werden, wenn sie nicht befahrbar sind (Eis Schnee, Baustelle, Müll, geparkte Autos), und wenn sie nicht dorthin führen, wo ich hinwill. Man kann von einem Radstreifen also auf die Linksabbiegespur der Autofahrbahn wecheln.

Radfahrstreifen können ganz unterschiedliche Breiten und Farben haben. Die alten sind schmaler, teil gefährlich schmal, die neueren breiter und oft auch rot oder violett oder in manchen Städten grün, blau oder gelb asphaltiert. Rot sind sie in der Regel dann, wenn man Autofahrende und Fußgänger:innen warnen und ihnen "Achtung, Radweg!" singalisieren will.

Ist die Linie gestrichelt, dürfen Autos über einen Radfahrstreifen fahren, etwa, wenn ihre Fahrer:innen über ihn auf die Rechtsabbiegespur wollen oder wenn sie in eine Grundstückseinfahrt wollen.

Auch wenn die Linie durchgezogen ist, darf man mit dem Auto über einen Radfahrstreifen fahren, sogar auf ihm halten und rangieren, wenn rechts davon ausgewiesene Parkplätze sind und man dort ein- oder ausparken will. Autofahrer müssen dabei dem Radverkehr Vorrang gewähren. Moderne (neuere) Radstreifen stellen per Linien einen Abstand zu geparkte Fahrzeugen her, die verhindern sollen, dass man in sich öffnende Autotüren radelt. Man sollte dennoch nie ganz rechts auf einem Radstreifen radeln. Moderne Radstreifen sind auch so angelegt, dass Autos zu den dort radelnden Menschen den erforderlichen Seitenabstand von 1,5 Meter halten können. Das allerdings passiert dennoch oftmals nicht, weil etliche Autofahrende die rätselhafte Tendenz haben, nach rechts zu ziehen, sobald sie Fahrräder überholen. 

Radstreifen können sich vom rechten Fahrbahnrand lösen und als sogenannte Fahrradweiche zwischen zwei Autospuren geführt werden. Meistens werden sie dann mit roter Farbe markiert. Autofahrende dürfen den Streifen queren, müssen aber auf den Radverkehr achten. Aber so ganz sicher kann man sich da nie sein, ob sie es auch tun. Solche Radweichen werden auch gern Blutstreifen genannt, und es kommt hier durchaus zu schweren Unfällen. Das Sicherheitsgefühl ist jedenfalls minimal. Die Fahrradweichen sind lediglich für routinierte Radler:innen stressfrei und bequem. Die eigenen Kinder würde man da ungern lang schicken.

Radfahrstreifen gelten als sicherer als Radwege, weil Autofahrende die Radfahrenden immer sehen können und sie, wenn sie nach rechts abbiegen wollen, eigentlich wissen sollten, dass sie gerade einen Radler überholt haben. Radfahrstreifen sind aber nicht unbedingt ein Vorteil egenüber dem Radeln mitten auf der Autofahrbahn anstelle eines Autos. Die Chance, dann auch von einbiegenden Autofahrenden wahrgenommen zu werden, ist größer. 

Aber auch auf Radstreifen kommt es zu schweren Abbiegeunfällen. Die Sichtbeziehungen sind bei Radfahrstreifen dennoch besser. Auf ihnen fühlen sich viele Radfahrende aber unsicherer als auf Radwegen. Und sie sind schwerer gegen illegales Halten und Parken zu schützen. 

Grundsätzlich ist das an den rechten Rand der Autowelt Verbanntsein für Radfahrende eine Gefahr, nicht gesehen und nicht bewusst wahrgenommen zu werden. 

Das Linksabbiegen ist fast immer ein Problem. Weil Radfahrstreifen Teil der Fahrbahn sind, kann man von Radstreifen aus leichter links abbiegen, was bei Radwegen nicht möglich ist. Um links abzubiegen und sich dafür auf einer linken Fahrspur einzuordnen, darf man den Radfahrstreifen verlassen. Denn grundsätzlich gilt: Man muss Radweg oder Radstreifen nur dann benutzen, wenn sie dort hinführen, wo man hin will.  

Diese beiden Typen und ihre Varianten von Radinfrastruktur, versehen mit dem blauen Lolly, also dem blauen Schild, auf dem sich ein Radzeichen befindet, müssen nur dann befahren werden, wenn sie befahrbar sind (also wenn sich kein Auto, kein Gerümpel, keine Schilder, keine Sandhaufen, kein Laub und kein Schnee auf ihnen befinden) und wenn sie auch in die Richtung führen, wo man selber hinwill, was manchmal gar nicht so leicht zu erkennen ist. Beginnt beispielsweise ein Radweg auf der gegenüberliegenden Straßenseite, und ich weiß nicht, wie ich da hinkomme, dann muss ich da auch nicht hin. Allerdings wissen so manche Autofahrer ganz genau, wo die Radwege sind, und hupen, weil sie uns von der Fahrbahn haben wollen. Das Radeln an einer Straße mit einem links neben ihr verlaufenden separierten Radweg, den ich nicht erreicht habe, ist allerdings ein Grauzone. 

3) Es gibt sogenannte Schutzstreifen. Sie verlaufen auf der Fahrbahn und haben eine gestrichelte Seitenlinie zur Autofahrbahn hin. Meistens steht an ihnen kein blaues Radweg-Gebotsschild (das kann aber vorkommen), und sie sind eher ein Hinweis an alle, dass Radfahrende hier fahren. Da man mit dem Fahrrad ja eh rechts fahren muss, würde man ohnehin in diesem Bereich radeln. Diese Schutzstreifen werden dorthin gemalt, wo nicht genügend Platz für Radfahrstreifen und den Autoverkehr ist. Daraus folgt, dass sie oft eigentlich zu schmal sind und weder zu geparkten Autos, noch zum Fahrverkehr genügend Platz lassen. Auch wenn Autofahrende Radler auch auf solchen Streifen mit 1,5 Metern Abstand überholen müssen, tun das die meisten nicht, weil sie sich zwischen ihren beiden Fahrbahnmarkierungen im Recht fühlen. Auf Schutzstreifen durften Autos früher halten, das dürfen sie jetzt nicht mehr, Parken schon gar nicht. Auch fahren dürfen sie auf ihnen nur, wenn sie dem Gegenverkehr ausweichen müssen und wenn sie dabei keinen Radfahrenden gefährden oder bedrängen. Schutzstreifen gelten nicht als etwas, was die Sicherheit von Radfahrenden erhöht oder gar ein Sicherheitsgefühl schafft.  Man muss übrigens auf ihnen nicht radeln, und wer sich vor knappem Überholen und Dooring-Unfällen schützen will, radelt im Schutzstreifen ganz links an oder auf der gestrichelten Linie. Das stellt klar, dass man als Radler:in Platz beansprucht, ärgert aber manche Autofahrende maßlos. Eingeklemmt zwischen geparkten Autos und dem Risiko eines Dooring-Unfalls und den fahrenden Autos auf der anderen Seite, die zu dicht vorbeifahren, radelt man mit extremer Vorschau und extremer Aufmerksamkeit nach hinten und fühlt sich gestresst. Schutzstreifen verdienen jedenfalls den Namen nicht, den sie tragen und sind in einer modernen Radinfrastrukturpolitik kein Mittel der Wahl.

4) Es gibt fürs Fahrrad freigegebene Gehwege. Auf denen muss ich nicht radeln, ich kann aber. Man erkennt sie daran, dass unter dem blauen Fußgängerschild ein weißes Zusatzschild mit "Rad frei" (manchmal als Piktorgramm manchmal ausgeschrieben) hängt. Diese Wege sind keine Radwege, auch wenn viele glauben, sie seien es. Auf dem Gehweg haben Fußgänger:innen absoluten Vorrang, sie dürfen nicht weggeklingelt oder mit Tempo überholt werden. Auf freigegebenen Radwegen gilt tatsächlich Schrittgeschwindigkeit (3-5 km/h). Auch wenn bei leerem Gehweg niemand so langsam radelt, so sollten wir uns Fußgänger:innen gegenüber extrem rücksichtsvoll verhalten, sie haben jedes Recht, auf ganzer Breite den Gehweg zu belegen. Und wer darauf verzichten kann, auf so einem Gehweg zu radeln, der/die sollte es auch nicht tun. Die Fußgäner:innen werden es euch danken. 

5) Es gibt ja noch die Fahrbahn. Auf der gelten alle Regeln und Ampeln, die auch für Autofahrende gelten und ein Rechtsfahrgebot. Die größte Frage ist immer, wie weit rechts muss ich auf einer Autofahrbahn fahren? Man sollte mindestens 80 cm Astand zum Bordstein halten, gerne auch mehr, zu geparkten Fahrzeugen muss man schon mindestens 1 Meter Abstand halten, damit man nicht in plötzlich geöffnete Fahrertüren hagelt. Das passiert gar nicht so selten und geht meistens sehr böse für die Radfahrenden aus. Am besten man radelt genau dort, wo man im ausgefahrenen Asphalt die Spur erkennt, die die rechten Autoreifen eingedrückt haben. Am meisten Nerven kostet uns das Fahrbahnradeln, wenn ein Auto hinter uns ist und langsam fahren muss, weil der Fahrer nicht überholen kann. Das muss man aushalten. Keinesfalls darf man auf den Gehweg flüchten, wenn er nicht für Radler freigegenen ist.

Einen Unterschied zum Autoverkehr gibt es aber: An Ampelschlangen darf man mit dem Fahrrad langsam und achtsam zwischen Bordstein und Autos rechts bis ganz nach vorn fahren (wenn Platz ist). Aber nur, wenn der Verkehr steht. Rollen die Autoschlangen schon, weil Grün ist, dann dürfen wir nicht rechts vorbei sausen. 

Und noch einen Unterschied gibt es: Man darf gegen die Einbahnrichtung einer Einbahnstraße radeln, wenn ein Zusatzschild dies frei gibt. Der Autoverkehr hat dann übrigens keinen Vorrrang, wir aber auch nicht, wir müssen beide gucken, dass wir gut aneinander vorbei kommen.

Manchmal unterstützt ein kurzer oder längerer Radstreifen (mal rot markiert, mal nicht) die Einfahrt oder Fahrt des Radlers entgegen der Einbahnrichtung. Zumindest an den Ein- und Ausmündungen zeigt er den Autofahrenden, dass hier Räder entgegenkommen, was ihnen aber auch ein Zusatzschild unter dem Einbahnstraßenschild erklärt (das sehen nur viele gar nicht). Es ist inzwischen üblich, Einbahnstraßen, die es von der Breite her eben zulassen, in Gegenrichtung für Radfahrende freizugeben. Wo das noch nicht geschehen ist, bestehen meistens Sicherheitsbedenken einer Stadt (Fahrbahn reicht nicht zum aneinander vorbei Kommen oder es gibt eine unübersichtliche Kurve). Aber bei der Stadt nachfragen lohnt sich immer.

Das Fahrbahnradeln ist eigentlich das einfachste Fahren, weil die Straßen oft nur mäßige Steigungen haben, weil man nach überallhin abbiegen kann, weil sie oft die kürzesten Verbindungen zwischen Ortsteilen sind. Nur der Autoverkehr nervt halt und macht zuweilen auch Angst. Am meisten Angst haben ungeübte Radfahrende auf vierspurigen Straßen (mit Tempo 40-50 km/h), obgleich es dort für Autofahrende am leichtesten ist, einen langsameren Radler zu überholen. In den vielen Tempo-30-Zonen einer Stadt fahren Radfharer:innen zwischen Autos auf den Fahrbahnen, ohne dass das sonderlich gefährlich ist (die Geschwindigkeiten sind ja langsam). Aber auf Rechts vor Links muss man schon achten, und zuweilen nimmt einem ein Autofahrer die Vorfahrt, weil er denkt, er schafft es noch vorher.

Man darf allerdings nicht jede Straße mit dem Fahrrad befahren. Verboten sind sie, wo das runde rote Schild mit Fahrradsymbol steht oder wo das viereckige blaue Schild mit dem Auto drauf für eine Kraftfahrtstraße hängt. Oft ist auf großen Kreuzungen das Linksabbiegen auf Autofahrbahnen verboten, weil die Räumzeiten als zu kurz eingeschätzt werden. So in Stuttgart auf dem Charlottenplatz oder dem Rotebühlplatz bei, Finanzamt. Und unsere langen Tunnels sind meist auch verboten, also Schwanenplat- und Heslacher Tunnel und der Wagenburgtunnel. 

Und dann gibt es noch die Fahrradstraße. Auf der herrschen eigentlich dieselben Regeln wie auf jeder anderen Straße, sie befindet sich aber in einer Tempo-30-Zone und ist gegenüber den Seitenstraßen Vorfahrtstraße. Eigentlich sollten auf ihr keine Autos fahren, weil aber auch dort Menschen wohnen und parken wollen, lässt man meist Anlieger rein (was nicht-Anlieger gerne auch zum Durchfahren ausnutzen). In seltenen Fällen sind sie für den gesamten Kfz-Verkehr freigegeben.

Auf Gehwegen, wo keinerlei Schilder stehen, darf man nicht radeln. Sie sind niemals Teil der Radinfrastruktur. Sie sind tabu. Gehwege sind grundsätzlich ausschließlich Fußgänger:innen vorbehalten. Radfahren müssen dort nur Kinder bis 8 Jahre und dürfen Kinder bis 10 Jahre und eine Begleitperson. In Fußgängerzonen, wo nur das blaue Fußgängerschild steht, darf man auch nicht radeln. Allerdings gibt es Zweifelsfälle, etwa, wenn ein mit Radzeichen ausgestatteter Fußgänger-/Radübergang über eine Straße an einem Gehweg endet, wo aber kein Schild steht.

37 Kommentare:

  1. Eins schöne Übersicht. Vor allem in der Kombination von der verkehrsrechtlichen Bedeutung und den Praxishinweisen auf spezifische Sicherheitsprobleme ist das selten zu finden.

    Ein paar kleine Fehler haben sich leider eingeschlichen. Könntest Du die bitte korrigieren?

    1. Für Radfahrer gilt grundsätzlich das Rechtsfahrgebot. Und zwar auch dann, wenn sie auf freigegebenen Gehwegen fahren oder auf gemeinsam genutzten Geh- und Radwegen. Das ist schwierig zu verstehen für Radfahrer, die im Fußgängermodus unterwegs sind, eigentlich gerne Fußgänger-Vorteile für sich in Anspruch nehmen würden und typischerweise langsam sind.

    Fußgänger dürfen auf Gehwegen die ganze Breite in Anspruch nehmen, in jede Richtung laufen, plötzlich umdrehen und anhalten, auf jeder Seite überholen, eng überholen, Kopfhörer tragen und Smartphones benutzen. Für Radfahrer gilt das alles nicht - vor allem ist die Gegenrichtung verboten, wenn sie nicht durch Verkehrsschild freigegeben ist. Die schwächeren Verkehrsteilnehmer (hier die Fußgänger) haben weitgehende Vorteile und Freiheiten und sind rechtlich besonders geschützt.

    (Radfahrer als die schwächeren Verkehrsteilnehmer auf der Fahrbahn, also in gemeinsam mit PKWs, Motorrädern, Bussen, Transportern, LKWs und Straßenbahnen genutzten Verkehrsflächen haben keine weitgehende Vorteile und Freiheiten und sind rechtlich nicht besonders geschützt. Es gilt das Rechtsfahrgebot, Nebeneinanderfahren ist stark eingeschränkt und Umsicht und Vorsicht wird zum Eigenschutz von den Radfahrern erwartet.

    2. Schutzstreifen haben keine Benutzungspflicht. Ein blauer Lolli darf an ihnen nicht stehen. Ist er vorhanden, ist das (einer der reichlich vorhandenen) Fehler der Straßenverkehrsbehörde, die sich nicht an ihre Vorschriften gehalten hat.

    3. Radfurten hast Du nicht behandelt. Das sind sozusagen Radfahrstreifen auf Kreuzungen. Wenn es sie gibt und wenn es sie nicht gibt, ist ein ziemlich wichtiger Unterschied, vor allem bei linksseitigem Radfahren: Wann muss man absteigen über die Kreuzung, wann darf man fahren, welche Ampeln gelten jeweils, was macht man, wenn die Straßenverkehrsbehörde für alle anderen Verkehrsarten eine Ampel aufgestellt hat, nur die für den Radverkehr für unwichtig gehalten und weggelassen hat?

    4. Auch die Regelung mit der erlaubten Weiterbenutzung am Beginn und Ende einer Radwegeführung habe ich nicht gesehen (vielleicht übersehen). Wenn nämlich z.B. wegen normalem (nicht abgesenkten) Bordstein oder Grünstreifen nicht zwischen Seitenraum und Fahrbahn gewechselt werden kann, dann darf man bis zur nächsten befahrbaren Wechselstelle weiterfahren.

    Es ist doch herzerfrischend, wie es der Gesetzgeber geschafft hat, für die Fahrzeugführer mit der schlechtesten Ausbildung (Jugendliche, keine Führerscheinpflicht) klare und übersichtliche Benutzungsregeln aufzustellen und wie die Straßenverkehrsbehörden und Tiefbauämter es schaffen, das auch übersichtlich, benutzungsfreundlich, eindeutig erkennbar und sicher befahrbar "auf die Straße zu bringen". [ironisch gemeint!]

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    1. Im einführenden Absatz hast Du Wirtschaftswege noch erwähnt. Dann bist Du aber nicht mehr darauf eingegangen, obwohl es da in Baden-Württemberg noch eine spezielle Ergänzung der radverkehrsrelevanten StVO gibt: je nach der Vegetation, in der der Wirtschaftsweg verläuft, gilt ein breitenabhängiges Radverkehrsverbot: Feldwege dürfen uneingeschränkt befahren werden, Waldwege nur dann, wenn sie mindestens 2 Meter breit sind.

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  2. "Und unsere langen Tunnels sind auch verboten, also Schwanenplatz- Wagenburg- und Heslacher Tunnel. "

    Bin neulich bei einem Besuch in Stuttgart von "oben" (Schwarenbergstr) durch den Wagenburgtunnel zum Bahnhof gefahren. Es gab' aber nirgendwo einen Hinweis, dass das nicht erlaubt wäre. Woraus ergibt sich das Verbot?

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    1. Stimmt, wenn man von Ost her kommt, kann man den Wagenburgtunnel offenbar radeln, ein Schild, das es verbietet, habe ich auch noch nicht gesehen. Es gibt ein Hüberholverbot und ein Verbot für Fußgänger:innen, aber am Tunneleingang kein Verbot für Radfahrende. Und wenn man von Stadtmitte kommt, kann ich auch kein Verbottschild erkennen. Offenbar habe ich nur angenommen, dass es verboten ist. Aber ich garantiere hier nicht, dass ich nicht doch was übersehen habe.

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    2. Stadteinwärts bin ich den Wagenburgtunnel oft gefahren, wenn ich es eilig hatte. Da ist man flott, aber unten hab ich dann auch einen Puls von 160. Stadtauswärts muss man allerdings völlig gaga sein, um den Tunnel zu benutzen, Verbot hin oder her. Ich bin ja schon so ziemlich überall in Stuttgart gefahren, aber das hab ich mich noch nie getraut.

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    3. Der Wagenburgtunnel ist in beiden Richtungen als Kraftfahrstraße beschildert, da darf man nicht mal mit dem Mofa durch.

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    4. "Der Wagenburgtunnel ist in beiden Richtungen als Kraftfahrstraße beschildert"
      Hmm... ich habe gerade nochmal bei Google Streetview geschaut, und kann das Kraftfahrstraßenschild von unten entdecken, nicht aber oben.
      Stadteinwärts scheint also erlaubt zu sein.

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    5. So geht es mir auch wie Matthias, aber da muss man wohl mal hinradeln, um zu schauen, ob inzwischen ein Schild da steht oder ob es etwa eine Kreuzung weiter vorn steht.

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    6. Die Aufnahmen von Google-Streetview sind 13 Jahre alt. Ihr könnt ja selbst hinfahren und nachschauen. Das Schild steht wenige Meter nach der Einmündung der Wagenburgstraße.

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    7. Au weia :). Wer lesen kann, ist deutlich im Vorteil. Das Datum steht unten am Bildrand.
      Ich hätte nicht gedacht, dass Streetview so Asbach Uralt ist.
      Danke für die Bestätigung!

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    8. Habt ihr eine Ahnung, warum der Wagenburgtunnel anders "behandelt" wird als der Schwabtunnel? Am Gehweg im Schwabtunnel kann es nicht liegen. Beide haben Gefälle. Durch beide wird ÖPNV geführt. Überregionale Bedeutung im Kfz-Routennetz haben beide nicht (und im Rad-Routennetz auch nicht). Super breit sind beide nicht. Hochmoderne Belüftungsausstattung haben beide nicht. Macht die Länge des Tunnels einen Unterschied?

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  3. Als Vorschlag, was Du der Vollständigkeit auch noch ergänzen könntest:

    a) Radschnellwege
    Das sind die mit dem neuen grünen Schild und mit der subtilen Regelung, dass das Schild vor allem dort aufgestellt werden soll, wo ein Radschnellweg gar nicht als breite schnell befahrbare Trasse ausgebaut ist und Fußgänger irgendwie doch noch ein bisschen darauf zugelassen sind: mal wieder anders als für den Kfz-Verkehr, wo Kraftfahrstraßen und Autobahnen ausnahmsfrei den einen Verkehrsmittel vorbehalten sind und auch nicht zu 20% als schmaler Matsch- und Schotterweg ausgebaut sein dürfen).

    b) Für den Radverkehr freigegebene Busspuren und Straßenbahn-/Stadtbahnspuren mit den besonderen Ampeln, die Radfahrer dann beachten müssen.

    c) Die jeweiligen Geschwindigkeitsbeschränkungen für Radfahrer und die jeweiligen Mindestbreiten, ab denen Radfahrer andere Radfahrer und Fußgänger überholen dürfen. Die auf freigegebenen Gehwegen hast Du aufgeführt, die anderen noch nicht.

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  4. Eine super Zusammenfassung, danke. Dass eine Zusammenfassung so umfangreich ist, zeigt den ganzen Wahnsinn.

    Eine Sache habe ich so bisher noch nie gelesen: "Und sie müssen ihn [den Radweg] nicht nehmen [...] wenn er auf der anderen Seite (der in Fahrtrichtung linken Seite) einer mehr als sechs Meter breiten Fahrbahn beginnt."

    Habe ich das sinnerhaltend gekürzt und richtig verstanden? Das würde bedeuten, dass viele linksseitige Radwege trotz eines blauen Schildes nicht benutzungspflichtig wären. Hast du eine Quelle dafür? Dann wäre ich gerne bereit, an Stellen wo einem für wenige hundert Meter eine zweimalige Überquerung der Fahrbahn zugemutet wird, auf die Benutzung eines linksseitigen Radwegs zu verzichten.

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    1. Wenn man nicht hinkommt (ohne zwei Spuren einer befahrenen Straße zu überqueren, oder wenn eine Stadtbahnlinie dazwischen liegt (z.B. Neckartalstraße bei Rilling-Sekt) oder wenn man das Radweg-Zeichen nicht erkennt oder nur schwer erkennt (etwa, weil man beim Radeln niemals in die Richtung links irgendwo guckt),dann kann man den linksseitigen Radweg gar nicht nehmen. Wird man hingegen ordentlich von einer Radwegseite mit Übergang rüber geleitet, dann muss man ihn nehmen.

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    2. Hier noch ein Link zu Sluka, wenn man ein bisschen liest, kommt man an die Stelle, wo er erklärt, wann Radwege nicht benutzt werden müssen: http://bernd.sluka.de/Radfahren/rechtlich.html

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    3. Ah, OK. So klingt das "sinnvoll". (Aus der Perspektive, aus der üblicherweise Verkehrsplanung gemacht wird.)

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    4. Bernd Sluka weist auch auf den "fun fact" hin, dass Fußgänger, die ein Fahrrad schieben, Fußgänger zweiter Klasse sind (im Gegensatz z.B. zu Fußgängern, die einen Rollkoffer ziehen o.ä.):

      Wenn Du mit Deinem geschobenen Fahrrad ein störendes Hindernis für andere Fußgänger bildest, musst Du auf die Fahrbahn ausweichen.

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  5. Jörg
    Wenn ich da an die Fahrradprüfung in der vierten Klasse denken. Es wurden dazu vor Jahren die Vorbereitungsstunden gekürzt die Kinder können nicht alle sicher Radfahren. Kein Wunder dass die Polizisten die Regeln vereinfachen und damit falsches Sachen verbreiten.

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    1. Ja, die Fahrradprüfung und die eigentlich vorgesehene Verkehrserziehung in den folgenden Schuljahren wird sehr unterschiedlich gehandhabt. Bei meinen Kindern war das lapidar "Ihr wisst ja sowieso, worauf es ankommt: Radweg nehmen. Nicht bei Rot über die Ampel. Immer Helm tragen. Bremsen, Licht und Klingel muss am Rad sein. Hat noch jemand Fragen?". Hatte natürlich keine(r), schon war das Thema nach 2 Minuten für ein weiteres Jahr erledigt.

      Polizisten sind mit so vielen Regeln und Vorschriften konfrontiert. Man kann nicht erwarten, dass sie alle in jedem Detail kennen. Manche kennen sich beim Radverkehr sehr gut aus, andere haben das übliche naive Halb"wissen" und Vorurteile bzw. Vorbehalte gegenüber Rad fahrenden und schicken Radfahrer schon mal unnötig runter von der Straße, wenn sie ihnen "zu breit" vorkommt und auf den eigentlich verbotenen Gehweg, "gerne" auch mal linksseitig in gefährlicher Gegenrichtung.

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  6. Gut zu wissen: Die meisten Radverbots-Schilder sind in der Grünen-Ära unter Kuhn aufgestellt worden.

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    1. Der OB hat im Gemeinderat auch nur eine Stimme - und der Gemeinderat ist geprägt von ziemlich labilen Zweckbündnissen - so mein Eindruck von außen. Der Gemeinderat regiert der Verwaltung ziemlich stark herein und kann sich dabei offensichtlich über die eine oder andere Verwaltungsvorschrift hinwegsetzen.

      Neben dem Oberbürgermeister haben natürlich auch der Baubürgermeister (Tiefbauamt) und der Ordnungsbürgermeister (Ordnungsamt und Straßenverkehrsbehörde) starken Einfluss und ein "Eigenleben". Kann und wird sich ein OB über deren Expertise, Vorlagen und Entscheidungen hinwegsetzen oder dem Killer-Argument "Dafür haben wir die letzten 10 Jahre schon keine Kapazität frei gehabt und wir werden uns auch die nächsten 10 Jahre lieber um höher priorisierte Themen kümmern müssen, wo juristische Klagen oder Strafzahlungen drohen."?

      Es geht erst dann schnell voran (und dann tatsächlich schnell), wenn massiver Druck von außen aufgebaut wird. In der Hinsicht hat die Autolobby noch wesentlich mehr Know-how und Erfahrung als die Fahrradlobby.

      Alles schwer zu durchschauen, da in diesem Machtgefüge ja nicht unbedingt mit offenen Karten gespielt wird. Die Sachlage ist komplex und unübersichtlich und somit immer in Gefahr, im Endeffekt nur eine untergeordnete Rolle zu spielen.

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    2. Verkehrszeichen werden generell nicht vom OB aufgestellt, sondern von der Verkehrsbehörde, die zum Ordnungsamt und damit zum Ordnungsbürgermeister gehört (was damals CDU ist jetzt ein Freier Wähler).

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    3. Jörg
      Die Verwaltung legt Pläne vor. Wenn dort Radstreifen drin sind, stellt man fest, dass eine Autospur und oder Parkplätze wegfallen. Dann darf die Verwaltung einen neuen Plan erstellen und ihn erneut vorlegen.
      Für meinen Geschmak werden die Pläne die man irgendwo unter Ratsdokument findet oder nicht https://www.domino1.stuttgart.de/web/ksd/KSDRedSystem.nsf/ zur ersten Vorlage zu detailiert erstellt. Das bindet Ressourcen.
      Unsere Verwaltung geht auf Nummer sicher gegen Klagen wegen z.B. T30 wo viele Fußgänger queren und legt alle Regeln sehr konservativ aus. Damit bleibt dann T50 in der Epplestraße. Sie sagen sie gehen dabei an die Grenze. Von einer verlorenen Gerichtsverhandlung weiß niemand was. Ich sage: Ein Motorradfahrerrennfahrer der nie aus der Kurve geflogen ist, weiß gar nicht wo die Grenze ist.

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    4. Der OB repräsentiert die Verwaltung im GR. Er verantwortet m.E. daher insgesamt schon das, was die Verwaltung abliefert (und wo die Ämter eben zuarbeiten). Bei der Auslegung der Regeln kann er mitmischen. Und er kann dem GR die Regeln nahelegen (z.B. dass es kein verbrieftes Recht auf Parkplätze auf öffentlicher Verkehrsfläche gibt und dass es andererseits Vorschriften darüber gibt, bei welchem Verkehrsaufkommen welche Führungsform des Radverkehrs vorgeschrieben ist und was die Mindestbreiten des Radverkehrs sind. An der Neuen Weinsteige beispielsweise ist die aktuelle Situation mit Parkplätzen aber ohne Radweg/Radfahrstreifen unzulässig. Auf die Vorschriften, die den Autoverkehr betreffen (Mindest-Höchstgeschwindigkeit entsprechend verkehrlicher Bedeutung der Route, Anzahl Fahrstreifen abhängig vom Verkehrsaufkommen) wird penibel geschaut, auf die entsprechenden Vorschriften, die den Radverkehr betreffen, wird nur in Ausnahmefällen geschaut. Die Tendenz der Verwaltung derzeit geht aber in die richtige Richtung mit recht ausgeglichener Berücksichtigung des Radverkehrs (Theo, Cannstatter Straße).

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    5. Ralph Gutschmidt23. Juni 2021 um 20:07

      Nein, lieber Holger,der Gemeinderat hat da nun wirklich nicht mitzureden. Verkehrszeichen sind die Umsetzung der StVO, also Aufgabe der Verwaltung. Verantwortlich ist der Oberbürgermeister. Der Gemeinderat ist für die kommunale Selbstverwaltung zuständig.

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  7. Wie wäre es, wenn wir die sogenannten "Schutzstreifen" als "Radfahrergefährdungsstreifen" betiteln? Was anderes sind diese meiner Meinung nach nicht: liegen oft in der Dooring-Zone und die Autofahrer überholen trotzdem knapp, wie du bereits geschrieben hast. Denn sie haben das Gefühl, sich richtig zu verhalten, fahren sie doch exakt in "ihrer" gekennzeichneten Spur und der Radfahrer in "seiner".

    Neulich habe ich gelesen, dass genau solche Streifen unter anderem von den Grünen im Bezirksbeirat NORD gefordert werden für die Hauptradrouten 5 und 22.
    Holen sich deine Kollegen nicht deinen Expertenrat ein, bevor sie solche Forderungen aufstellen?

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    1. Ganz meine Meinung. Eine Infrastruktur, die Scheinsicherheit vorgaukelt, objektiv aber Unfälle provoziert, müssen sich die Verantwortlichen verkneifen. Auch wenn dadurch mancher naive potentielle Radfahrer vom Radfahren abgehalten wird, denn Bürger wider besseres Wissen in vermeidbare Gefahrensituationen zu schicken, ist (speziell in unserer sicherheitsversessenen Gesellschaft) moralisch und ethisch nicht vertretbar.

      In anderen Lebensbereichen kann sich niemand eine so absurde Vorgehensweise vorstellen - wie auch bei der Ablehnung des Radentscheids offensichtlich wurde, wo die Stadtverwaltung (der OB?) eine Anwaltskanzlei beauftragt hat, deren Spezialgebiet die Energiewirtschaft ist und nicht das Verkehrswesen. So kam es zu der absurd fehlerstrotzenden ablehnenden Bewertung. Einen derart ignoranten Umgang mit den Verwaltungsvorschriften und Missachtung vom Stand der Technik konnten sich die sachfremden Gutachter schlicht nicht vorstellen.

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    2. Die Ziele des Radentscheids wurden nicht abgelehnt, sondern aufgrund von einer Vorlage des OB, in der drinsteht, dass das Auto Raum zugunsten des Fahrrads hergeben muss mit einer Ergänzung mit knapper Mehrheit zugestimmt. Rechtlich prüfen lassen musste man ihn, und aus rechtlichen Gründen war er so nicht zulässig, ist ja aber dann eben doch Grundlage der Gemeinderatspolitik geworden. Aber wie überall regt sich vor Ort und in den Gremien Ablehnung, wenn es konkret wir und wenn dann tatsächlich Parkplätze wegfallen sollen. Der Widerstand gegen den Wegfall von Parkplätzen wird dabei allerdings leiser und geringer. Die sogenannten Schutzstreifen mögen zwar von mehrheitlich konservativ besetzen Bezirksbeiräten (den Gremien) gefordert werden, aber der Stadtverwaltung ist auch klar, dass man sie heute nicht mehr neu anlegen wird. Allerdings kann irgendwo immer noch mal eine Planung, die fünf Jahre alt ist, aufploppen, weil sie erst jetzt umgesetzt wird. Ich persönlich bin fürs Fahrbahnradeln, aber ich sehe auch, dass viele Menschen nicht dort radeln. Als man auf der Olgastraße Schutzstreifen anlegte, so wenig perfekt wie sie sind, nahm dort das Radfahren deutlich zu. Und Dooringunfälle gab es in der Tübinger Srraße, die Fahrradstraße ist und wo Radfahrende mittig radeln können, aber nicht auf der Olgastraße.

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    3. Ich hatte das wohl nicht ganz korrekt ausgedrückt: der Radentscheid wurde auf Basis einer rechtlichen Bewertung von der Verwaltung als nicht zulässig erklärt (und nicht "abgelehnt"). Dieses rechtliche Gutachten und die Auswahl des Gutachters kritisiere ich. Nach meiner persönlichen Einschätzung (die aber nicht von juristischen Profis stammt und mit der sich kein Gericht beschäftigt hat), enthält das Gutachten, das dem Radentscheid 4 Fehler vorwirft, selbst 11 Fehler und an den Haaren herbeigezogene Argumentationen.

      Hast Du Dir die Ablehnungsgründe im Gutachten mal genau angeschaut und hinterfragt? Nicht zuletzt als Schriftstellerin, was hältst Du z.B. davon, dass "Stuttgart entscheidet" für die Gutachter steht für "Stuttgarts Bürger entscheiden quasi im Sinne einer direkten Demokratie" und nicht für "das in Stuttgart angesiedelte politische Gremium entscheidet" und nicht für "Stuttgarts Verwaltungsapparat entscheidet" oder allgemein "eine in Stuttgart angesiedelte zuständige Institution entscheidet" und der Radentscheid deshalb falsch adressiert war und diejenigen, die den Radentscheid unterschrieben haben, in die Irre geführt worden wären? Mir ist das Sprachmittel absolut geläufig: "Karlsruhe entscheidet" meint nicht "die Bürger von Karlsruhe", sondern i.d.R. das Bundesverfassungsgericht. "Bonn hat entschieden" (früher) oder jetzt "Berlin entscheidet" meint i.d.R. die Bundesregierung und so weiter.

      Ein zugelassener Radentscheid hätte eine weitergehende Verbindlichkeit für Gemeinderat und für die Bezirksräte bezogen auf jede einzelne verkehrsrechtliche und bauliche Maßnahme als das politische Signal der knappen Zustimmung im Gemeinderat. Ja, es ist positiv, dass es die gegeben hat, und dass sich der Gemeinderat somit damals gegen den Widerstand aus der Verwaltung gestellt hat. Und es ist eine positive Entwicklung derzeit, dass durch den Corona-bedingten Fahrradboom, durch den bundesweiten politischen "grünen Aufwind" und durch höchstrichterliche Entscheidungen, dass die politischen Gremien die Klimaschutzmaßnahmen nicht auf Sanktnimmerlein verzögern dürfen, nicht mehr stur an der autozentrierten Politik und Planung festgehalten wird. Aber ein Radentscheid hätte eine zusätzliche, nachhaltigere und konsequenter einzuhaltene "Arbeitsgrundlage" gebildet. Gegen die hat sich die Verwaltungsspitze von Stuttgart mit Hilfe des fragwürdigen Gutachtens massiv gewehrt.

      Kannst Du diese Sichtweise nachvollziehen oder ist sie aus Deiner Sicht sachlogisch falsch?

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  8. Ralph Gutschmidt23. Juni 2021 um 20:14

    Grundsätzlich erlebe ich Stuttgart als sehr fahrradfeindlich. Besonders zeigt sich das am Fahrradverleihsystem, das die Nutzer zwingt, bei der Rückgabe Stationen zu suchen.

    Aber auch die wörtlich vielen wirklich offensichtlich rechtswidrigen Verbotsschilder oder sonstigen Schikanen sind in Stuttgart einzigartig. Eine Besserung habe ich nicht feststellen können.

    Tolle Radwege weit außerhalb der Innenstadt kann ich leider nicht beurteilen, die kenne ich nur aus der Zeitung.

    Also bleibt in all den Jahren nur die Tübinger Straße als einziger Lichtblick.

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    1. Die Tübinger Straße enthält Ansätze eines Lichtblicks, aber auch äußerst fragwürdige Elemente. Fragwürdig sind sie vor allem, weil die Tübinger Straße Teil der HRR1 ist, also nicht irgendeiner unwichtigen Verkehrsverbindung. Somit sind die Verwaltungsvorschriften und Empfehlungen der höchsten Radverbindungskategorie anzusetzen und z.B. Radfahrgeschwindigkeiten von über 35km/h zu ermöglichen. Das passt nicht gut mit dem Testfeldcharakter zusammen, den die Tübinger Straße derzeit hat.

      Wo es noch krankt (spontan und ohne Garantie der Vollständigkeit):

      1. Viel zu häufiger Moduswechsel zwischen Radfahrstraße, Shared Space-Testfeld, Gehweg-Radeln und (ab Eberhardstraße) wieder anderen Führungsformen des Radverkehrs (grenzwertig, ob das so zulässig ist).

      2. Shared Space (und eigentlich sogar die Ausschilderung als Radfahrstraße) setzen die Höchstgeschwindigkeit auf unzulässig niedrige Werte. (Bei vergleichbaren Situationen im Kfz-Routennetz wird penibelst darauf geachtet, dass keine zu strengen Geschwindigkeitsbeschränkungen angeordnet werden).

      3. Als das vordere Stück der Tübinger Straße noch "normale" Stadtstraße war, gab es noch keine Felgen-, Rahmen- und Wirbelsäulen-mordenden Bordsteinkanten quer zur Fahrtrichtung. Jetzt bremsen solche Installationen die Radfahrenden auf ihrer Hauptverbindung (weiter via) Eberhardstraße aus. Vergleichbare Installationen auf der B14, die den Kfz-Verkehr gleichermaßen behindern und ausbremsen würden, vermisse ich noch.

      4. Die Verkehrsführung der Anbindung von Tübingerstraße an den Wilhelmsplatz und den weiteren Verlauf der Hauptradroute entspricht auch nicht dem Stand der Technik und der Unfallforschung und schon gar nicht den Maßstäben einer Hauptradroute.

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  9. Nur um einer etwaigen Legendenbildung vorzugreifen. Kein Gericht hat je über den Radententscheid juristisch geurteilt. Der Gemeinderat kam zu dieser Meinung aufgrund eines vom Ordnungsamts bestellten Gutachtens der Kanzlei Dolde Mayen & Partner. Eine zwar renomierte Kanzlei, aber nicht unfehlbar. Die haben auch schon Prozesse verloren. Die Aussage, der Radentscheid wäre rechtlich nicht zulässig ist in dieser Form so nicht richtig.

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    1. Wie gesagt, prinzipiell eine renommierte Kanzlei, die ihre Expertise aber in einem ganz anderen Fachgebiet hat. Null Kompetenz in Verkehrsangelegenheiten. Welchen Grund mag es gegeben haben, dass sie die Stadt diese Kanzlei ausgeguckt hat?

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  10. Korrektur zum Thema Fahrradstraßen (ich wusste das bis letzte Woche auch nicht...):
    Das Fahrradstraßenschild an sich hat keine Vorfahrtbedeutung. Allerdings besagen die Richtlinien, dass Fahrradstraßen als Vorfahrtstraßen angelegt werden _sollen_. Das benötigt aber dann extra Schilder oder Bordsteine. Quelle: https://www.stvo2go.de/fahrradstrasse-einrichten/#Ausbau_einer_Fahrradstrasse

    Dort sieht man dann auch ganz viele lustige Schilderkombinationen für Fahrradstraßen in 30er-Zonen. Hier sollte dringend eine sinnvolle einheitliche Regelung geschaffen werden.

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    1. Fahrradstraßen sind eigentlich ein seltsames Konstrukt, denn fast nie werden sie für den Autoverkehr komplett gesperrt (bei der einen, die wir in Stuttgart haben, dürfen noch Behinderte zu ihren Behindertenparkplätzen rein, was auch viele Unberechtigte Autofahrende animiert, ebenfalls reinzufahren), sodass wir da zwischen Autos und an geparkten Autos entlang radeln. Komischerweise aber verstärken sie dennoch den Radverkehr. Und ja, sie werden erst per Zusatzschilder zu Vorrangstraßen, was an sich nicht verkehrt ist, denn ohnehin weiß niemand, welche Regeln in Fahrradstraßen gelten und es wüsste auch niemand, dass sie gegenüber Seitenstraßen dann Vorrang hätten.

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    2. Ja, das ist eine recht auffällig gehäufte Merkwürdigkeit in der Planung der Straßenverkehrsbehörden:

      Eigentlich exklusive Radinfrastruktur wird mit wenigen Ausnahmen dann doch auch für andere Verkehrsmittel freigegeben und Überschreitungen bei den wenigen exklusiven Ausnahmen werden fast nie sanktioniert.

      Schutzstreifen sind nach StVO immer auch "ein bisschen" für Autofahrer da. Autofahrer dürfen in bestimmten Situationen auf Schutzstreifen ausweichen, Radfahrer aber absolut nicht auf einen angrenzenden Gehweg.

      Radwege sind ganz häufig gemischt mit Fußgängern ausgeschildert (und Radfahrer haben dann "natürlich" auf die Fußgänger Rücksicht zu nehmen, aber nicht umgekehrt).

      Fahrradstraßen sind selten exklusiv, wie Du auch beobachtet hast.

      Selbst auf Radschnellwegen sind dann doch wieder Fußgänger und Autofahrer zugelassen (siehe Teilstrecken des Panzerstraßen-Radschnellwegs in Böblingen).

      Sehr verwunderlich ist da schon, dass ich noch nie ein Schild gesehen habe: Kraftfahrstraße mit "Radfahrer frei" oder
      Autobahn mit "Radfahrer frei".

      Oder dass die Kfz-Hauptverkehrsader in Stuttgart zum Shared Space gemacht wird wie die Fahrrad-Hauptverkehrsader. Ich habe nicht gehört, dass darüber ernsthaft nachgedacht wird.

      Und auf gemischtem Rad- und Kfz-Verkehr werden Radfahrer an den Rand gedrängt, dürfen (meines Wissens als einzige Verkehrsteilnehmer) nicht grundsätzlich nebeneinander fahren (oder gehen) und sollen "zur eigenen Sicherheit" auf den schnellen Kfz-Verkehr Rücksicht nehmen. Fußgänger auf gemischtem Rad-/Fußweg dürfen die ganze Breite nutzen - von wegen Rechtsverkehr.

      Nicht einmal eine schützende Überhol-Geschwindigkeitsbegrenzung gibt es für Autofahrer gegenüber Radfahrern und Fußgängern, dagegen durchaus für Radfahrer gegenüber Fußgängern.

      Eine längere tatsächlich exklusive Fahrradstraße habe ich übrigens in einem Urlaub kennengelernt, und zwar bei Waren/Müritz.

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    3. In Stuttgart verstärkt noch jede halbherzige Verbesserung den Radverkehr. Das liegt an der gruseligen Ausgangssituation.

      Und doch, Fahrradstraßen sind ein starkes Signal, weil sie eben dem Radverkehr erkennbar Vorrang einräumen. Das "funktioniert" auch bei Leuten, die die StVO nicht so genau kennen und das pragmatisch für einen sehr breiten Radweg halten und irgendwie davon ausgehen, dass da Radfahrer erlaubt und womöglich erwünscht sind.

      Diese Grundannahme ist bei vielen Autofahrern, die im Wissen um die StVO noch nicht mal bis Paragraph 2 vorgedrungen sind, bezogen auf "normale" Straßen nicht vorhanden. Allein das macht einen gewaltigen Unterschied.

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